Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 08.03.2005
Aktenzeichen: 7 W 22/05
Rechtsgebiete: ZSEG, JVEG


Vorschriften:

ZSEG § 3 Abs. 1
ZSEG § 3 Abs. 2
ZSEG § 16 Abs. 2
ZSEG § 16 Abs. 5
JVEG § 25
Der entschädigungsfähige Umfang der gedanklichen Leistung eines Sachverständigen bei der Ausarbeitung eines Gutachtens läßt sich grundsätzlich nicht verbindlich anhand der Seitenzahl des gefertigten Gutachtens ermessen.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

Geschäftszeichen 7 W 22/05

In dem Rechtsstreit

hat der Senat7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch den Richter am Landgericht R. - als Einzelrichter -

am 08.03.2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Sachverständigen wird der Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 18.01.2005 teilweise abgeändert:

Die dem Sachverständigen durch die Antragsteller zu zahlende Sachverständigenentschädigung wird auf insgesamt 4.523,38 EUR festgesetzt.

Die dem Sachverständigen aus der Staatskasse zu erstattende Entschädigung wird auf 4.590,66 EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gem. § 16 Abs. 2 ZSEG zulässige Beschwerde des Sachverständigen gegen den Beschluss des Landgerichts vom 18.01.2005 hat auch in der Sache Erfolg. Gemäß § 25 JVEG finden auf den vorliegenden Sachverhalt noch die Vorschriften des ZSEG Anwendung, da der Sachverständigenauftrag vor dem 01.07.2004 erteilt wurde.

1.

Hinsichtlich der Gebührenrechnung vom 16.09.2002 war die dem Sachverständigen zu erstattende Vergütung auf 2.397,95 EUR festzusetzen. Bezüglich der Festsetzung für Laborkosten, Fahrtkosten, Schreibgebühren, Kopien und des angesetzten Stundensatzes von 50,00 EUR pro Stunde wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen, denen sich der Senat insoweit anschließt.

Zu Unrecht hat das Landgericht allerdings den Zeitaufwand für die Erstellung des Gutachtens mit nur 17 Stunden statt der vom Sachverständigen angesetzten 36 Stunden angenommen. Für die Ausarbeitung des Gutachtens ist der Sachverständige für einen Zeitaufwand von 24 Stunden und nicht nur von 5 Stunden zu vergüten. Gemäß § 3 Abs. 2 ZSEG ist der Sachverständige für jede Stunde der erforderlichen Zeit zu entschädigen. Erforderlich ist der Zeitaufwand, den ein Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind. Ein Anlass zur Nachprüfung besteht dann, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch ist (LSG Thüringen, Beschl. vom 01.08.2003, L6SF 220/03). Die vom Sachverständigen hier angesetzten 24 Stunden sind nicht ungewöhnlich hoch. Das Landgericht hat hier zu Unrecht unter Berufung auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 01.08.2001 (Az.: L4SF 3/01) für die Ausarbeitung des Gutachtens einen Zeitaufwand von nur 5 Stunden für erforderlich gehalten. Die Berechnungen des LSG Niedersachsen, wonach für Diktat und Korrektur eines medizinischen Gutachtens im Regelfall 4 bis 6 Seiten pro Stunde anzusetzen seien, betreffen aber nur die rein schreibtechnische Niederlegung des Gutachtens, nicht aber die geistige Ausarbeitung. Der Entschädigung zugänglich ist nämlich auch die Zeit der Sachverständigenbeurteilung im engeren Sinne, also der Ausarbeitung des Gutachtens. Der Sachverständige muss die von ihm erkannten Anknüpfungstatsachen und seine Befundtatsachen gedanklich sortieren und bewerten sowie zu einem fachlichen Ergebnis gelangen. Diesen Aufwand hat das Landgericht zu Unrecht nicht berücksichtigt.

Teilweise wird insbesondere in der Sozialgerichtsbarkeit bei medizinischen Gutachten zur Verwaltungsvereinfachung der anzusetzende Zeitaufwand nach dem Umfang des Gutachtens festgesetzt. So geht etwa das Sächsische Landessozialgericht (Beschl. vom 08.06.1998, Az.: L1B 77/97 U-KO) von einem Zeitaufwand von einer Stunde pro Seite des Gutachtens und das Thüringer Landessozialgericht (Beschl. v. 01.08.2003, L6SF 220/03) von einem Zeitaufwand von 3 Stunden pro Gutachtenseite aus. Einer derartigen Bemessung der geistigen Leistung des Sachverständigen allein anhand des Umfangs des Gutachtens vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass es sich bei der Erstellung eines Gutachtens um eine geistige Leistung handelt, deren Ausmaß und Bedeutung im Einzelfall von der Schwierigkeit der jeweiligen Aufgabenstellung bestimmt wird. Sofern nicht offenkundige Anhaltspunkte für ein Übermaß des abgerechneten Zeitaufwandes vorliegen, lässt sich das nach den Kriterien des § 3 Abs. 2 ZSEG entschädigungsfähige Ausmaß der geistigen Leistung des Sachverständigen insbesondere nicht verbindlich anhand der Seitenzahl des Gutachtens, also eines rein quantitativen Faktors, ermessen. Der schriftlichen Fixierung der gutachterlichen Stellungnahme gehen nämlich gedankliche Vorarbeiten voraus, die in der Regel keinen Niederschlag in der Stellungnahme finden, gleichwohl zu den nach § 3 Abs. 1 ZSEG entschädigungsfähigen Leistungen des Sachverständigen gehören (OLG Düsseldorf, JurBüro 1995, 488). Hier hat der Sachverständige in seinem Gutachten vom 13.09.2002 zu insgesamt 17 Beweisfragen Stellung genommen. Zieht man von den vom Sachverständigen angesetzten 24 Stunden 5 für Diktat und Korrektur ab, so verbleiben weitere 19 Stunden. Dies wäre pro Beweisfrage lediglich ein Aufwand von etwas mehr als einer Stunde. Bei einem umfangreichen Bauprozess vermag der Senat diesen Ansatz nicht zu beanstanden.

Damit ergibt sich hinsichtlich der Kostenrechnung vom 08.06.2004 ein Zeitaufwand von 36 Stunden x 50,00 EUR, also 1.800,00 EUR netto. Die Vergütung war also insoweit auf 2.397,95 EUR festzusetzen.

2.

Hinsichtlich der Rechnung vom 05.04.2004 war die vom Sachverständigen verdiente Vergütung auf 1.400,70 EUR festzusetzen. Auch hier hat das Landgericht bei dem zur Abfassung des Gutachtens erforderlichen Zeitaufwand lediglich gem. den Ausführungen unter Ziffer 1 den Aufwand für Diktat und Korrektur berücksichtigt. Die vom Sachverständigen angesetzten 4 weiteren Stunden sind für seine geistige Tätigkeit bei der Ausarbeitung des Gutachtens nicht unangemessen hoch angesetzt. Hinsichtlich der übrigen Positionen in der Rechnung vom 05.04.2004 wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Damit ergibt sich ein hinsichtlich dieser Rechnung zu ersetzender Aufwand von 1.400,70 EUR.

3.

Zuzüglich der übrigen, hier auch nicht angegriffenen, Rechnungen vom 31.01., 28.04., 19.09.2003 und 08.04.2004 ergibt sich damit eine von den Antragstellern an den Sachverständigen zu erstattende Gesamtvergütung von 4.523,38 EUR.

4.

Soweit das Landgericht dem Sachverständigen einen weiteren Betrag i. H. v. 67,28 EUR zuerkannt hat, der aus der Staatskasse zu erstatten ist, wird ebenfalls auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

5.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 16 Abs. 5 ZSEG.

Ende der Entscheidung

Zurück