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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 11.09.2003
Aktenzeichen: 7 W 54/03
Rechtsgebiete: BGB, InsO, GBO, KO, ZPO, KostO


Vorschriften:

BGB § 728 Abs. 2
BGB § 892
InsO § 11 Abs. 2 Nr. 1
InsO § 32
InsO § 32 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 32 Abs. 2 S. 1
InsO § 80
InsO § 81
InsO § 84 Abs. 1
GBO §§ 13 ff.
GBO § 39
GBO § 47
GBO § 78
KO § 113
KO § 209
KO § 213
KO § 214
ZPO § 736
KostO § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

7 W 54/03

In der Grundbuchsache

betr. das im Grundbuch von A, Bl. 40, eingetragene Grundstück, Gemarkung A, Flur 32, Flurstück 58

hier: Antrag auf Eintragung eines Insolvenzvermerks

hat der Senat7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Richter am Oberlandesgericht Albert, Richterden Richter am Oberlandesgericht Braun und den Richter am Landgericht Brandt

am 11.09.2003 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 14.05.2003 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Göttingen als Insolvenzgericht begehrt die Eintragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beteiligten zu 1. im betroffenen Grundbuch. Als Eigentümer des Grundstücks sind die Beteiligten zu 1. und 2. als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragen.

Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners war am 13.06.2002 eröffnet worden. Daraufhin hatte das Insolvenzgericht mit Schreiben vom 24.06.2002 das Grundbuchamt Anklam ersucht, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Grundbuch einzutragen. Dies lehnte das Grundbuchamt ab und führte zur Begründung aus, dass das Grundstück Vermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und damit nicht von der Insolvenz des Schuldners betroffen sei. Die hiergegen eingelegte Erinnerung hat das Amtsgericht Anklam (Grundbuchrichter) mit dem angegriffenen Beschluss vom 09.09.2002 zurückgewiesen. Die hiergegen (§ 12 c Abs. 4 GBO) gerichtete Beschwerde des Insolvenzgerichts vom 13.09.2002 blieb erfolglos. Das Landgericht Stralsund hat die Beschwerde mit Beschluss vom 14.05.2003 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Mitgesellschafters nicht in ein Grundbuch eingetragen werden kann, wenn als Eigentümerin des Grundstücks die Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragen ist.

Mit der mit Schreiben vom 17.06.2003 eingelegten weiteren Beschwerde verfolgt das Insolvenzgericht das Eintragungsersuchen fort. Es hält an seiner Rechtsauffassung fest, dass die begehrte Eintragung auch dann vorzunehmen ist, wenn das Grundstück nicht im Eigentum des Schuldners, sondern im Eigentum einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Mitglied der Schuldner ist, steht. Die Eintragung sei erforderlich, weil sich der Gutglaubensschutz des § 892 BGB auch auf Verfügungsbeschränkungen nach § 81 InsO erstrecke.

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, § 78 GBO.

Das Insolvenzgericht rügt die Verletzung des § 32 InsO und damit die Verletzung des Rechts. Die weitere Beschwerde ist nicht fristgebunden. Das Insolvenzgericht ist nach § 32 Abs. 2 S. 1 InsO ermächtigt, Eintragungsersuchen zum Grundbuch zu stellen, daraus ergibt sich auch die Beschwerdeberechtigung im Falle der Antragsablehnung.

Die weitere Beschwerde ist nicht begründet.

Die begehrte Eintragung des Insolvenzvermerks ins Grundbuch ist unzulässig, weil als Eigentümer des Grundstücks nicht der Schuldner, sondern die beiden Gesellschafter als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragen sind, § 32 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

Eine Eintragungspflicht bestünde nur, wenn der Schuldner als Eigentümer eingetragen wäre. Die namentliche Benennung auch des Schuldners als Gesellschafter bewirkt nicht, dass er als Eigentümer eingetragen ist. Sie dokumentiert lediglich die Mitgesellschafterstellung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit Eigentümerin des Grundstücks ist. Das Grundstück ist daher nicht Schuldnereigentum und gehört damit nicht zur Insolvenzmasse, deren Schutz § 32 InsO bezweckt. Die Eintragung des Insolvenzvermerks nach § 32 InsO soll (lediglich) die Massezugehörigkeit kenntlich machen (Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 32 Rn. 1).

Zur Insolvenzmasse gehört das Anteilsrecht des Schuldners als Mitgesellschafter an dem Gesellschaftsvermögen (BGHZ 23, 307, 314; noch zur - vergleichbaren - Rechtslage nach der KO). Gemäß § 728 Abs. 2 BGB führt die Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines Gesellschafters zur Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Auseinandersetzung findet nach den allgemeinen Regeln des Gesellschaftsrechts außerhalb des Insolvenzverfahrens statt, § 84 Abs. 1 InsO. Dieser Auseinandersetzungsanspruch - und damit lediglich ein Zahlungsanspruch - gehört zur Insolvenzmasse (vgl. insoweit Keller, Rpfl. 2000, 201 ff. m. w. N.). Die Massezugehörigkeit dieses Anspruchs kann nicht durch die Eintragung eines Insolvenzvermerks nach § 32 InsO kenntlich gemacht werden.

Soweit eine Eintragung im hier begehrten Sinne in der Rechtsprechung teilweise für möglich gehalten wird (LG Hamburg, ZIP 1986, 1590; LG Dessau, ZInsO 2001, 626; LG Neubrandenburg, ZInsO 2001, 425), kann dem nicht gefolgt werden.

Noch zur Rechtslage nach der KO hat das Landgericht Hamburg die Auffassung vertreten, durch die Eintragung eines Konkursvermerks müsse kenntlich gemacht werden, dass anstelle des Gemeinschuldners nunmehr der Konkursverwalter die Gesellschafterrechte des Gemeinschuldners wahrnehme. Diese Tatsache ist aber nach dem Wortlaut der §§ 113 KO bzw. 32 InsO nicht in das Grundbuch einzutragen. Einzutragen ist durch den Insolvenzvermerk die Zugehörigkeit des Grundstücks zur Insolvenzmasse, die im Falle der Insolvenz lediglich eines Mitgesellschafters der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (wie bereits geschildert) gerade nicht gegeben ist. Dass die Verwaltungs- und Verfügungsrechte über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter übergehen und nunmehr von diesem wahrzunehmen sind, ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung des § 80 InsO. Die Wirkung wird lediglich durch den Eröffnungsbeschluss dokumentiert, eine irgendwie geartete, allgemeine Eintragungspflicht (§ 32 InsO ist eine Spezialnorm) in Register oder Dokumentationen sieht das Gesetz nicht vor. Im Übrigen handelt es sich bei der Ausübung der Gesellschafterrechte als Verwaltungs- und Verfügungsrechte des Schuldners lediglich um Fragen der Vertretung der Gesellschaft und nicht um eine Verfügungsbeeinträchtigung der Gesamthand (vgl. Keller, a. a. O.). Es ist gesetzlich nicht normiert, dass die Vertretungsverhältnisse von Gesamthandsgemeinschaften in das Grundbuch einzutragen wären. Vielmehr ist das Grundbuchamt gehalten, nach den §§ 13 ff. GBO die Antragsberechtigung und damit auch die Vertretungsverhältnisse bei gemeinschaftlichen Antragstellern zu prüfen und zu beachten (vgl. OLG Zweibrücken, ZInsO 2001, 672 f). Eine Eintragung ins Grundbuch ist hierfür nicht erforderlich.

Das Landgericht Dessau hält die Eintragung eines Insolvenzvermerks für erforderlich, da nur auf diese Weise ein Gutglaubenserwerb nach § 892 BGB ausgeschlossen werden könne. Dieser in der Tat gegebene Regelungszweck des § 32 InsO kann sich lediglich auf die eintragungsfähige Tatsache der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des eingetragenen Eigentümers beziehen, nicht jedoch auf die Tatsache der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen Dritter. Dritte sind wegen der fehlenden Eigentümerstellung auch die Mitgesellschafter einer als Eigentümerin eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Letztlich will auch das Landgericht Dessau erreichen, dass durch den Insolvenzvermerk sichergestellt wird, dass der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsrechte über das Schuldnervermögen auf den Insolvenzverwalter im Grundbuch kenntlich gemacht wird, was, wie bereits ausgeführt, unzulässig ist. Nach Auffassung des Landgerichts Neubrandenburg soll es wegen des Normzwecks des § 32 InsO nicht auf die konkrete Eigentumsform ankommen. Dies widerspricht dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, wonach eine Eintragung nur bei Grundstücken erfolgen kann, als deren Eigentümer der Schuldner eingetragen ist. Diese Regelung findet ihre Entsprechung in § 39 GBO. Danach ist jede Eintragung von der Voreintragung des Berechtigten abhängig. Berechtigt im Sinne des § 47 GBO ist bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts aber die Gesamthand, nicht der einzelne Gesellschafter. Eintragungsvoraussetzung ist damit die Prüfung, ob der Schuldner auch als Eigentümer eingetragen ist. Wie bereits ausgeführt, können Sinn und Zweck der Norm lediglich im Rahmen des statuierten tatsächlichen Regelungsgehaltes berücksichtigt werden. Für den mit der Insolvenzeröffnung verbundenen Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter ist eine allgemeine gesetzliche Eintragungspflicht nicht normiert. Auch dies ist bei einer Auslegung nach Sinn und Zweck einer Spezialnorm zu berücksichtigen.

Im Übrigen widerspricht das Fürmöglichhalten der Eintragung des Insolvenzvermerks in den Fällen, die den Entscheidungen der vorgenannten Landgerichte zugrunde lagen, der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (zur Rechtslage nach der KO). Für den Fall, dass das Konkursverfahren nur über das Vermögen eines Mitgesellschafters eröffnet worden war, ging der Bundesgerichtshof davon aus, dass zur Konkursmasse nur das Anteilsrecht des Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen, nicht dagegen der Anteil an den einzelnen Gegenständen oder gar diese selbst gehörten. Deswegen ging der Bundesgerichtshof davon aus, dass Gläubiger, wenn die Voraussetzungen des § 736 ZPO gegeben waren, trotz des Konkurses über das Vermögen eines Gesellschafters nach wie vor Befriedigung aus dem gemeinschaftlichen Vermögen suchen konnten. Nur für den Fall, dass der Konkurs über das Vermögen jedes einzelnen Gesellschafters eröffnet wurde, hielt der Bundesgerichtshof die Zugehörigkeit des Gesamthandsvermögens zu allen Konkursmassen für gegeben (vgl. BGHZ 23, 307, 314). Allein bei dieser angenommenen Zugehörigkeit zu allen Konkursmassen wäre die Eintragung eines Konkursvermerkes in Betracht gekommen. Die Zugehörigkeit zu allen Konkursmassen hat der Bundesgerichtshof allerdings für Fälle ausgeschlossen, in denen das Gesetz, z.B. in §§ 209, 213, 214 KO, den Sonderkonkurs über das Gesellschaftsvermögen zuläßt, was für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach der KO nicht der Fall war (vgl. BGH a. a. O.). Gerade diese Rechtslage hat sich zwischenzeitlich mit § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO geändert. Unter Zugrundelegung der durch den Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung aufgestellten Rechtsgrundsätze ist nach der Schaffung der gesetzlichen Möglichkeit des Sonderkonkurses über das Vermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Möglichkeit der Zugehörigkeit von Gesellschaftsvermögen zu einzelnen Insolvenzmassen entfallen. Damit scheidet eine die (nicht gegebene) Zugehörigkeit zur einzelnen Insolvenzmasse dokumentierende Eintragung eines Insolvenzvermerks hinsichtlich der Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen eines einzelnen Gesellschafters aus. Die Schaffung der gesetzlichen Möglichkeit der Insolvenz der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwingt auch zur strikten Trennung der Vermögensmassen der Gesellschaft und der einzelnen Gesellschafter. Diese Trennung wäre nicht gewährleistet, wenn allein wegen der Insolvenz eines Gesellschafters (aber auch der Insolvenz jedes einzelnen Gesellschafters) eine Eintragung des Insolvenzvermerks in das Grundbuch erfolgen dürfte. Dadurch würde nicht mehr beachtet, dass das Grundstück (allein) zur Insolvenzmasse der insolvenzfähigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts gehört.

Eine Kostenentscheidung und eine Bestimmung des Beschwerdewertes sind entbehrlich, § 11 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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