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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 27.10.2003
Aktenzeichen: 7 W 62/02
Rechtsgebiete: LandwAnpG, GBO, VZOG


Vorschriften:

LandwAnpG §§ 53 ff.
LandwAnpG §§ 57 ff.
LandwAnpG § 61 Abs. 3
GBO § 78
VZOG § 1
VZOG § 2
VZOG § 3
VZOG § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

Geschäftsnummer 7 W 62/02

In der Grundbuchsache

betreffend die im Grundbuch von A., Bl. 73, Gemarkung A. Flur 1, Flurstück 33, Flur 5, Flurstücke 18/8, 18/10, 28, Flur 9, Flurstücke 177/1, 177/3

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

die Richterin am Oberlandesgericht E., Richterden Richter am Oberlandesgericht B. und den Richter am Landgericht B.

am 27.10.2003 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde des Amtes für Landwirtschaft F. gegen den Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 08.05.2002 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin verfolgt einen Grundbuchberichtigungsanspruch infolge eines durchgeführten Bodenordnungsverfahrens nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 08.05.2002 (Gründe I).

Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die mit der Grundbuchberichtigung auch begehrte "Neueintragung von Eigentum des Volkes" sei nicht möglich. Seit dem 03.10.1990 könnten lediglich die nach dem Einigungsvertrag Berechtigten als Eigentümer eingetragen werden. Deshalb habe das Grundbuchamt zu Recht verlangt, dass zunächst die Vermögenszuordnung in dem dafür vorgeschriebenen Verfahren abzuwarten sei. Sinn und Zweck der Regelungen des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes und des Flurbereinigungsgesetzes könnten nur erreicht werden, wenn neben der Neuordnung der Grundstücke auch eine Klärung der Eigentumsverhältnisse erfolge.

Die Flurordnungsbehörde habe vor Erstellung des Bodenordnungsplanes die Beteiligten zu ermitteln. Allein hierauf habe das Grundbuchamt mit der angegriffenen Zwischenverfügung hingewiesen. Das Grundbuchamt verlange keine Selbstfeststellung durch die Beschwerdeführerin, es habe vielmehr zutreffend auf die zuständigen Behörden verwiesen.

Gegen die Zurückweisung der Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer weiteren Beschwerde vom 07.06.2002, eingehend bei Gericht am 17.06.2002.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Entscheidung des Landgerichts verletze geltendes Flurbereinigungsrecht, insbesondere die Regelungen des Bodenordnungsverfahrens nach §§ 57 ff. LandwAnpG. Das Grundbuchamt sei verpflichtet, dem Ersuchen (das keinen Antrag darstelle) der Beschwerdeführerin zu entsprechen. Das Eintragungsersuchen sei auch nicht auf eine unzulässige Eintragung gerichtet. Die Eintragung einer nicht existierenden oder unbekannten Person sei nicht unzulässig, weil auch die Eintragung einer Person, die nach der wahren Rechtslage nicht Eigentümer ist, möglich wäre. Durch die Eintragung würde das Grundbuch lediglich unrichtig. Das Eintragungsersuchen sei zudem nicht auf eine Änderung des ausgewiesenen Eigentums gerichtet. Das zuvor bestehende Eigentum des Volkes solle nicht geändert werden. Es gehe lediglich um die Änderung der Bezeichnung, der Lage, der Formung und der Größe des Grundstückes. Da ein Wechsel des Eigentümers nicht beabsichtigt sei, könne das Grundbuch nicht unrichtiger werden, als zuvor. Im Falle der späteren Vermögenszuordnung könne eine Berücksichtigung durch Grundbuchberichtigung erfolgen.

Nach den Regelungen des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes sei das Grundbuchamt verpflichtet, die Bücher entsprechend des Flurbereinigungsplanes zu berichtigen. Der eingereichte Flurbereinigungsplan sei unanfechtbar und damit bestandskräftig. Die außerhalb des Grundbuches eingetretenen konstitutiven Änderungen seien nunmehr im Grundbuch nachzuzeichnen.

Die Antragstellerin treffe zwar eine Ermittlungspflicht hinsichtlich der Beteiligten. Die Feststellung, wer Beteiligter ist, ergebe sich aber ausschließlich aus den Eintragungen im Grundbuch.

Es sei nicht erkennbar, dass es gesetzgeberischer Wille gewesen sei, das komplexe Flurbereinigungsverfahren mit den komplexen Vermögenszuordnungsverfahren zu verbinden.

Ein Zuwarten auf die Vermögenszuordnung würde gegen die Legitimationsvorschriften des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes und des Flurbereinigungsgesetzes verstoßen. Die Beschwerdeführerin selbst sei nicht verpflichtet, eine Eigentumsfeststellung zu betreiben. Jedes weitere Zuwarten würde zudem einen Verstoß gegen das im Flurneuordnungsverfahren geltende Beschleunigungsgebot darstellen.

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, § 78 GBO. Eine Frist zur Einlegung der weiteren Beschwerde ist nicht zu wahren. Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung der §§ 53 ff. LandwAnpG und entsprechender Regelungen des Flurbereinigungsgesetzes. Die weitere Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 08.05.2002, beglaubigt am 14.05.2002.

Die weitere Beschwerde ist nicht begründet.

Zutreffend verweist das Amtsgericht Ribnitz-Damgarten (GBA) darauf, dass mit der Ausführung des Ersuchens eine unzulässige Neueintragung von "Eigentum des Volkes" verbunden wäre. Im Ergebnis der durchgeführten Bodenordnung sind neue Grundbücher anzulegen. Bei der Neuanlegung ist der jeweilige Eigentümer neu einzutragen. In den vom Grundbuchamt - noch (s. Verfügung vom 22.05.2002) - beanstandeten Fällen wäre dies "Eigentum des Volkes". Seit Wirksamwerden des Beitritts der DDR zur BRD am 03.10.1990 sind die Eintragungsgrundlagen für "Eigentum des Volkes" weggefallen. Entsprechende Einträge darf das Grundbuchamt nicht mehr vornehmen; es würde sich um eine unzulässige Eintragung handeln. Auf eine derart unzulässige Eintragung ist das Berichtigungsersuchen der Beschwerdeführerin gerichtet.

Das Eintragungsersuchen hinsichtlich "Eigentum des Volkes" ist auch nicht vergleichbar mit einem Eintragungsersuchen gerichtet auf die Eintragung einer nicht existierenden oder unbekannten Person. Auch der Fall, dass eine Person eingetragen werden soll, die nach der wahren Rechtslage nicht Eigentümer ist, ist nicht vergleichbar. In diesen Fällen würde es sich jeweils um ein jedenfalls eintragungsfähiges Eintragungsersuchen handeln. "Eigentum des Volkes" ist nicht eintragungsfähig.

Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzugestehen, dass ihr Eintragungsersuchen nicht auf die Änderung der ausgewiesenen Eigentumsverhältnisse gerichtet ist. Gleichwohl irrt die Beschwerdeführerin, wenn sie darstellt, durch die Ausführung des Ersuchens würde das Grundbuch nicht unrichtiger werden, als es ohnehin schon ist. Durch die Neueintragung "Eigentum des Volkes" im neuanzulegenden Grundbuch würde ein unrichtiges Grundbuch erzeugt. Es bliebe also nicht bei einer schon bestehenden Unrichtigkeit. Dies wäre nur der Fall, wenn für die begehrte Berichtigung ein neues Grundbuch nicht anzulegen wäre.

Die Weigerung des Grundbuchamtes, die begehrten Änderungen vorzunehmen, stellt auch keinen Verstoß gegen § 61 Abs. 3 LandwAnpG dar. § 61 Abs. 3 LandwAnpG gebietet nicht, dass das Grundbuchamt unzulässige Eintragungen im Grundbuch vorzunehmen hätte.

Das Grundbuchamt greift auch nicht in unzulässiger Weise in den Bodenordnungsplan ein; die Unanfechtbarkeit und Bestandskraft des Flurbereinigungsplanes wird durch die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes nicht berührt. Das Grundbuchamt verweigert die begehrte Eintragung nur, soweit und nur, solange mit der gewünschten Eintragung die Eintragung "Eigentum des Volkes" verbunden wäre. Die gebotene formelle Nachzeichnung der materiell konstitutiven Änderungen außerhalb des Grundbuches ist damit zeitlich (nur) aufgeschoben. Die vom Grundbuchamt geforderte Bestimmung des tatsächlichen Eigentümers ist geeignet, dem Beschleunigungsgrundsatz Rechnung zu tragen.

Soweit die Beschwerdeführerin auf die gesetzlichen Bestimmungen zur Ermittlung der Beteiligten am Bodenordnungsverfahren bzw. Flurbereinigungsverfahren verweist, ist bei Anwendung dieser Normen die Besonderheit zu beachten, dass es einen beteiligten Eigentümer "Eigentum des Volkes" nicht geben kann. Der wirkliche Eigentümer kann daher nicht allein durch Einblick in das Grundbuch bestimmt werden. Soweit zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitrittes der DDR zur Bundesrepublik am 03.10.1990 "Eigentum des Volkes" begründet war, ist durch die Regelungen der Art. 21 und 22 EinigsV bestimmt, wer ab diesem Zeitpunkt Eigentümer ist. Für die Bestimmung der Beteiligung sind daher diese Vorschriften ergänzend zu beachten. Allein die Normierung in Art. 21 und 22 EinigsV ermöglicht allerdings nicht die rasche und grundbuchklare Feststellung der Eigentumsverhältnisse am Produktivvermögen der ehemaligen DDR. Allein die Regelungen des Einigungsvertrages ermöglichen eine Berichtigung der Grundbücher im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit zumeist nicht (vgl. BGH, DtZ 1995, 372 - 373). Um die gebotene rasche und grundbuchklare Feststellung zu ermöglichen, ist das Vermögenszuordnungsgesetz erlassen worden. Die Feststellung des Eigentümers nach den §§ 1 bis 3 VZOG ist allein Sache der in diesem Gesetz genannten Feststellungsbehörden. Eine solche Ausschließlichkeit bzw. ein solcher Vorrang kann lediglich für § 4 VZOG nicht festgestellt werden (vgl. BGH a. a. O.).

Wenn die Beschwerdeführerin im Zuge des Bodenordnungsverfahrens bzw. Flurbereinigungsverfahrens nicht auf die Feststellung des Eigentümers und damit des Berechtigten zuwartet und stattdessen die Verfügungsbefugten einbezieht, so bedeutet dies nicht, dass das Grundbuchamt verpflichtet wäre, aufgrund eines derart erstellten Flurbereinigungsplanes eine unzulässige Eintragung im Grundbuch vorzunehmen. Vielmehr ist dann im Nachgang des Flurbereinigungsverfahrens mit der Eintragung im Grundbuch solange zuzuwarten, bis der Eigentümer durch Zuordnungsbescheid festgestellt worden ist. Erst nach entsprechender Zuordnung kann die gebotene formelle Nachzeichnung der Regelungen des Flurbereinigungsplanes erfolgen, weil eine zulässige Eigentümereintragung im neuen Grundbuch erfolgen kann.

Eine Kostenentscheidung und eine Festsetzung des Beschwerdewertes sind nicht geboten, § 11 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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