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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 21.03.2006
Aktenzeichen: 8 U 113/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 412
ZPO § 522 Abs. 2
BGB § 839 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

8 U 113/05

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... den Richter am Oberlandesgericht .... und den Richter am Oberlandesgericht ....

am 21. März 2006 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichtes Schwerin vom 12.05.2005, Az: 4 O 88/04, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger nach einem Streitwert von 15.000,- €.

Gründe:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Da die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht erfordern, hat der Senat von der Zurückweisungsmöglichkeit gem. § 522 Abs. 2 ZPO Gebrauch gemacht.

Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf die Verfügung des Vorsitzenden vom 31.01.2006, die er sich zu eigen macht und ergänzt diese auf den Schriftsatz des Klägers vom 02.03.2006 wie folgt:

Die Stellungnahme des Klägers gibt keine Veranlassung, die Aussichten der Berufung des Klägers anders einzuschätzen als in der Verfügung vom 31.01.2006. In seinem Schriftsatz wiederholt der Kläger lediglich im Wesentlichen noch einmal den Ablauf des Verfahrens und seine bereits in der ersten Instanz vorgetragenen Rechtsansichten.

1.

Zunächst einmal ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger - auch in der Berufungsbegründung und den folgenden Schriftsätzen - nichts zum Verschulden des Beklagten vorgetragen hat. Gem. § 839 a BGB haftet der Sachverständige nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit und dieser schwerwiegende Vorwurf - Vorsatz dürfte von vornherein ausscheiden - versteht sich nicht von selbst. Grobe Fahrlässigkeit setzt voraus, dass der Beklagte die bei der Erstellung seines Gutachtens erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und dasjenige nicht beachtet hat, was im vorliegenden Fall jedem einleuchten mußte. Bei grober Fahrlässigkeit müssen zudem subjektive Momente hinzukommen, die eine gesteigerte Vorwerfbarkeit begründen (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. § 277 RdN 5). Alleine daraus, dass der Beklagte zwei Sachverständigengutachten erstellt hat, wobei das zweite in einigen wenigen Fragen von den Feststellungen eines Privatgutachters abweicht, während der Kläger den ihm günstigen Teil der Gutachten akzeptiert, ergibt sich der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens des Beklagten nicht ohne weiteres. Unterschiedliche fachliche Auffassungen zu einzelnen Punkten unter Sachverständigen sind in der gerichtlichen Praxis nicht ungewöhnlich und geben keinen Grund zu der Annahme, der Sachverständigen habe grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet. Hinzu kommt, worauf bereits der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, dass das Landgericht und das Oberlandesgericht in der Ursprungssache keinen Grund gesehen haben, die Gutachten des Beklagten in Zweifel zu ziehen, so dass der Kläger näher hätte erläutern müssen, warum auch die Gerichte nicht nur übersehen haben sollen, dass sie ihrer Entscheidung in Teilen unrichtige Gutachten zu Grunde legen, sondern dass dies auch jedem, also auch den entscheidenden Richtern, aufgrund naheliegender Überlegungen hätte einleuchten müssen.

2.

Abgesehen davon aber hat das Landgericht zu Recht festgestellt, dass die Begutachtung des Beklagten nicht "grob falsch" bzw. "falsch" gewesen ist. Zwar hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil eine unzutreffende Terminologie verwendet, weil § 839 a BGB ein "unrichtiges" Gutachten voraussetzt, es ist indes nicht zu besorgen, dass es damit die Anforderungen an die Fehlerhaftigkeit zu Lasten des Klägers zu hoch angesetzt hat. Die Unrichtigkeit des Gutachtens kann sich - ähnlich wie bei § 412 ZPO - zum einen daraus ergeben, dass der Sachverständige von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgeht oder dass er aus den Befundtatsachen unvertretbar falsche Schlüsse zieht (Palandt/Sprau BGB, 65. Aufl. § 839 a, RdN 3). Beide Voraussetzungen hat das Landgericht zu Recht verneint.

2.1

Der Kläger rügt zum einen, dass sich der Beklagte nicht mit der Frage auseinandergesetzt habe, welche Statik für sein Bauvorhaben maßgeblich gewesen ist und er lediglich auf eine später aus Gefälligkeit gefertigte ungeprüfte Statik vom 16.11.1998 abgestellt habe. Dieser Vorwurf trifft nicht zu, vielmehr hat der Beklagte in dem vom Kläger kritisierten zweiten Gutachten vom 19.12.2002 unstreitig darauf hingewiesen, dass die Parteien darüber im Streit liegen, welche Statik letztendlich gelten sollte. Diesen Streit oder darüber zu entscheiden, welche Bedeutung die nachträgliche ergänzende Statik hatte, war nicht Aufgabe des Beklagten, sondern oblag der Bewertung durch das Gericht.

2.2

Der Beklagte hat darüberhinaus den Sachverhalt auch insoweit aufgeklärt, als er unstreitig ausgeführt hat, dass die Beklagte des Ursprungsverfahrens eine Stahlarmierung nicht eingebaut hatte (S. 14 des Gutachtens vom 19.12.2002).

2.3

Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes meint der Kläger, allein das Fehlen der Stahlarmierung entgegen der von ihm, dem Kläger, für maßgeblich gehaltenen Statik hätte der Beklagte als Sachverständiger als Baumangel kennzeichnen müssen. Mit dieser Rüge verkennt der Kläger die Aufgabe des Beklagten im Ursprungsverfahren, der als Sachverständiger nur zur Klärung von Tatsachen, nicht aber zur Klärung von Rechtsfragen aufgerufen ist (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. § 402, RdN 1), so dass auch hierauf die Berufung nicht erfolgreich gestützt werden kann.

2.4

Auch die Ausführungen des Beklagten unter 5.4.3 des Gutachtens vom 19.12.2002 sind nicht unrichtig i.S.v. § 839 a BGB gewesen. Die - festgestellte - fehlende statische Bewehrung und die daraus zu ziehende Folgerung für die Standfestigkeit des Gebäudes hat der Beklagte vielmehr in Übereinstimmung mit den schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen .... entschieden. Diser Sachverständige, ein Architekt, hat ausführlich und nachvollziehbar dargestellt, warum es bei dem Bauvorhaben des Klägers einer statischen Bewehrung nicht bedurfte, mithin das Gutachten des Beklagten richtig war. Die Ausführungen des Privatsachverständigen ....., auf dessen Gutachten sich der Kläger stützt, und der ohne nähere Begründung festgestellt hat, die Abweichung der Bauausführung von der Gebäudestatik stelle einen erheblichen Mangel dar, da das Fundament so nicht die erforderlichen Lasten aufnehmen könne, hat der Sachverständige ..... hingegen nicht bestätigt.

2.5

Es macht das Gutachten des Beklagten auch nicht "offenkundig unrichtig, weil unvollständig", dass der Beklagte auf die jetzt im Verfahren vom Kläger aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen .... problematisierte Unterscheidung zwischen der konstruktiven und der statischen Bewehrung nicht eingegangen ist. Zwar war ausweislich des Beweisbeschlusses vom 27.06.2002 in der Ursprungssache dem Beklagten auferlegt worden, unter Berücksichtigung des Sachverständigengutachtens .... festzustellen, ob das Fundament gemäß Planung hergestellt worden ist und der Privatsachverständige hatte u.a. festgestellt, dass weder eine Korbbewehrung noch eine Einzelstabbewehrung - also die vermißte konstruktive Bewehrung - vorhanden war. Deswegen ist das Gutachten des Beklagten aber nicht unrichtig gewesen, denn es hat zu der Frage der konstruktiven Bewehrung gar nicht Stellung bezogen. Die jetzt diskutierte Unterscheidung hat im Ausgangsverfahren weder für den sachverständig beratenen Kläger noch für das Gericht eine Rolle gespielt und auch der Beklagte hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Er hat lediglich - richtig - festgestellt, dass eine Stahlarmierung nicht vorhanden ist. Zur fehlenden konstruktiven Bewehrung brauchte der Beklagte ohne besondere Aufforderung nicht Stellung zu beziehen, zumal das an dem Ergebnis nicht einmal etwas geändert hätte. Zutreffend ist das Landgericht nämlich mit dem Sachverständigen ...... davon ausgegangen ist, dass auch eine konstruktive Bewehrung als zusätzliche Sicherung nicht erforderlich gewesen ist.

2.6

Schließlich macht es auch das Gutachten des Beklagten nicht unrichtig, dass der Sachverständige ..... in der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2005 die Auffassung vertreten hat, der Beklagte hätte sich zur Frage der kostruktiven Bewehrung äußern müssen, wenn ihm die Statik des Statikers ..... vom 23.10.1998 bei der Abfassung des Gutachtens vorgelegen hätte. Auch hierbei handelt es sich um die Beantwortung einer allein vom Gericht zu beurteilenden Rechtsfrage, wohingegen die Auffassung des Sachverständigen lediglich eine eigene Meinungsäußerung des Sachverständigen zu einer Rechtsfrage ( ist das Gutachten unrichtig i.S.v. § 839 a BGB ? ) darstellt. Der Sachverständige hatte ausschließlich zu den in sein Wissen gestellten fachlichen Fragen des Beweisbeschlusses vom 19.05.2004 Stellung zu nehmen, nämlich ob die Aussagen des Beklagten im Ursprungsverfahren, das Streifenfundament bedürfe keiner Bewehrung, die ungleichmäßige Lagerfuge ermögliche nicht das Eindringen von Feuchtigkeit und die Bodenplatte sei praktisch wasserdicht, nach dem Stand der Wissenschaft und Technik vertretbar oder auch nicht vertretbar waren. Die Frage, wie sich der Beklagte unter bestimmten Voraussetzungen hätte äußern müssen, fiel nicht in das Beweisthema des Sachverständigen ..... .

Soweit man diesem Berufungsvorbringen des Klägers inzidenter entnehmen wollte, er habe auch rügen wollen, dass der Beklagte den Sachverhalt unvollständig dargestellt hat, indem er auf die fehlende konstruktive Bewehrung nicht hingewiesen hat, die sich für einen Fachmann aus der Statik vom 23.10.1998 ergab, mußte das Landgericht auch insoweit nicht von einem unrichtigen Gutachten ausgehen. Wie oben unter 2.5 bereits dargestellt war der Beklagte nach der Problematik einer fehlenden konstruktiven Bewehrung in dem Beweisbeschluss nicht gefragt worden und in Anbetracht dessen, dass auch der Sachverständige ..... das Fehlen einer solchen Bewehrung für nicht mangelhaft gehalten hat, musste der Beklagte nicht von sich aus auf diese Frage eingehen.

2.7

Die Ausführungen des Landgerichtes zu der zweiten und dritten Behauptung des Klägers hat der Kläger mit der Berufung nicht angegriffen, der Senat nimmt daher insoweit Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichtes.

Die Berufung kann aus den genannten Gründen daher keinen Erfolg haben.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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