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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 12.11.2003
Aktenzeichen: 8 U 88/01
Rechtsgebiete: ZPO, GVG, RpflAnpG


Vorschriften:

ZPO § 45
ZPO § 139
ZPO § 141
ZPO § 359
ZPO § 379
ZPO § 399
ZPO § 404a
ZPO § 406
GVG § 21f
GVG § 21f Abs. 1
GVG § 21f Abs. 2
GVG § 21f Abs. 2 Satz 2
GVG § 115
RpflAnpG § 10 Abs. 4
Zur Bestimmung des durch seinen geschäftsplanmäßigen Vertreter ergänzten Spruchkörper bei der Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit (§ 45 Abs. 1 ZPO) und einer unbewussten Regelungslücke im Geschäftsverteilungsplan des Gerichts.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

Geschäftsnummer 8 U 88/01

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Richter am Oberlandesgericht Dr. ter Veen die Richterin am Landgericht Struck die Richterin am Landgericht Ewert

am 12.11.2003 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin vom 06.10.2003, den VorsRiOLG S., die Ri'inOLG B. und den RiOLG K. wegen Besorgnis der Befangenheit abzu1ehnen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1.

Die Klägerin, die gegen den Beklagten - im Wege der Leistungs-und Feststellungsklage - Zuerkennung von Schadensersatz aus einem (aus ihrer Sicht fehlerhaft durchgeführten) ärztlichen Behandlungsvertrag begehrt, hat mit ihrem Ablehnungsgesuch vom 06.10.2003 die Ablehnung des Spruchkörpers des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock begehrt, der - in der Besetzung der wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Richter (VorsRiOLG S., Ri'inOLG B. und RiOLG K.) - am 10.09.2003 über ihre Abänderungsanträge vom 12. und 28.08.2003 zum Beweisbeschluss des 8. Zivilsenats vom 18.07.2003 entschieden hat.

2.

Zur Begründung ihres Gesuchs hat die Klägerin in der von ihr gewählten Zusammenfassung (Ss. vom 06.10.2003, Bl. 7f. = GA 941f.) vorgebracht:

Der Beschluss vom 10.09.2003 (GA Bl. 926ff.) zeige deutlich, dass die Klägerin vorbringen könne, was sie wolle, die abgelehnten Richter hätten kein Interesse, dieses Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen. Sie würden damit die Klägerin einseitig in ihren Prozessrechten beeinträchtigen. Insoweit liege ein Verstoss gegen den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf ein faires Verfahren, ebenso wie eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. Auch die prozessuale Waffengleichheit sei nicht mehr gewahrt.

Die abgelehnten Richter hätten in ihrer - der Anlass zur Besorgnis der Befangenheit gebenden - Entscheidung vom 10.09.2003 die Grundsätze der gebotenen Sachverhaltsaufklärung in einem Arzthaftungsprozess verkannt. Neben viel zu ungenauen Fragestellungen im Beweisbeschluss vom 18.07.2003 würde sich hiermit eine unzureichende Anleitung des mit der Untersuchung der bezeichneten Beweisfragen beauftragten - aber noch nicht namentlich benannten - Sachverständigen paaren. In dem Beweisbeschluss hätten die abgelehnten Richter die Beweisangebote der Klägerin einseitig zu ihren Lasten übergangen und zu ihrem Nachteil in einer Weise abgeändert, dass sie, die Klägerin, die Aufklärung ihrer Beweisfragen nicht mehr mit der gebotenen Intention verfolgen könne. Damit sei der Grundsatz der Dispositionsbefugnis der Parteien im Zivilprozess verletzt. Eine derartige Verfahrensweise der abgelehnten Richter erscheine willkürlich und unfair. Außerdem hätten die abgelehnten Richter die ihnen obliegende Pflicht (§ 404a Abs. 1, 3 und 4 ZPO), den Sachverständigen in seiner Untersuchung durch konkrete Fragen anzuleiten, verletzt. Damit hätten sie - unzulässiger Weise - die beim Gericht liegende Entscheidungsgewalt aufgegeben und sie dem Sachverständigen anheim gegeben. Dies wiederum habe zur Folge, dass der Beweisführer - hier die Klägerin - durch ein Verschulden des Gerichts ihr Beweisziel nicht erreichen könne.

3.

Überdies - so bringt die Klägerin weiter vor - hätten die abgelehnten Mitglieder des 8. Zivilsenats im Beweisbeschluss vom 18.07.2003 §§ 359, 379 ZPO verletzt, §§ 399, 406 ZPO beeinträchtigt, § 404a ZPO zuwidergehandelt, zugleich damit gegen § 141 ZPO verstossen, und auch § 139 ZPO nicht beachtet.

4.

Schließlich begründe auch die von den abgelehnten Richtern in den benannten Entscheidungen verwandte Wortwahl die Besorgnis der Befangenheit. Sie, die Klägerin, fühle sich "verhöhnt" und "verletzt".

II.

Die abgelehnten Richter haben sich je einzelnen über die vorgebrachten Ablehnungsgründe geäußert (§ 44 Abs. 3 ZPO). Der Klägerin ist Gelegenheit gewährt worden, zu diesen Äußerungen Stellung zu nehmen; sie hat davon Gebrauch gemacht (Ss. vom 06.10.2003 [mit offensichtlich falschem Datum, da ihr die gerichtliche Verfügung erst am 01.11.03 zugegangen ist (vgl. GA Bl. 953)], eingegangen am 04.11.03 (GA Bl. 948).

III.

1.

Das Ablehnungsgesuch ist zulässig, und zwar auch soweit es die zusammengefasste Ablehnung aller Mitglieder eines Spruchkörpers, die an einer Entscheidung mitgewirkt haben, zum Gegenstand hat. Denn den Ablehnungsgrund hat die Klägerin - insofern stimmig - aus der Entscheidung höchstselbst hergeleitet (vgl. dazu Stein/Jonas/Bork, 21. Aufl, vor § 41 ZPO Rn. 4; BGHSt 23, 200 = NJW 1970, 478).

2.

a)

Zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufen, ist das Gericht, dem der (die) Abgelehnte(n) angehört (bzw. angehören), und zwar ohne dessen (bzw. deren) Mitwirkung (§ 45 Abs. 1 ZPO). In diesem Sinne ist das Gericht gem. Abs. 1 von § 45 ZPO - vorbehaltlich einer anderen Regelung im Geschäftsverteilungsplan (die es in diesem Fall nicht gibt, vgl. Geschäftsverteilungsplan des Oberlandesgericht Rostock für das Geschäftsjahr 2003) - der durch seinen geschäftsplanmäßigen Vertreter ergänzte Spruchkörper des Abgelehnten (bzw. der Abgelehnten) (vgl. Zöller/Vollkommer, 23. Aufl., § 45 ZPO Rn. 2, h.M.).

b)

Als zur Entscheidung mitberufenes Mitglied des 8. Zivilsenats verbleibt damit Frau Ri'inLG S., die - als Richterin auf Lebenszeit - an das Oberlandesgericht Rostock zur Erprobung abgeordnet ist (vgl. dazu Zöller/Gummer, a.a.O., § 117 GVG Rn. 1 u. 2).

c)

Der Geschäftsverteilungsplan des OLG Rostock 2003 bestimmt unter lit. G. als Vertretersenat des 8. Zivilsenats den 6. Zivilsenat, dem als Vorsitzender RiOLG Dr. ter V. und als Beisitzende RiOLG Dr. M., RiOLG H. sowie - als dienstjüngsten Mitglied - Frau Ri'inLG E. angehören. Der Geschäftsverteilungsplan sieht weiter vor (vgl. lit. G. Ziff. II.), dass soweit eine Vertretung nicht innerhalb des Senats erfolgen kann, das dienstjüngste Mitglied des Vertretersenats vertritt.

d)

Da infolge der Ablehnung dreier von vieren dem 8. Zivilsenat angehörenden Mitgliedern, eine weitere Vertretung - außer durch Frau Ri'inLG S. - ausscheidet, hat als dienstjüngstes Mitglied des 6. Zivilsenats (Vertretersenat des 8. Zivilsenat), Frau Ri'inLG E., die ebenso wie Frau Ri'inLG S. zur Erprobung an das OLG Rostock abgeordnet ist, mit über das Ablehnungsgesuch gegen die Richter des 8. Zivilsenats, Herrn VorsRiOLG S., Frau Ri'inOLG B. und Herrn RiOLG K., zu entscheiden.

e)

Zu der Frage, welches weitere Mitglied des 6. Zivilsenats (als Vertretersenat) diese Entscheidung zu treffen hat, äußert sich der Geschäftsverteilungsplan des OLG Rostock 2003 nicht. Insofern ist eine Regelungslücke festzustellen.

aa)

Hierbei begründet sich die zulässige Annahme einer unbewußten Regelungslücke - im Gegensatz zur bewussten, bei der ein Problem bewusst vom Regelungsgeber offen belassen wird - da die vorliegende Fallkonstellation schlicht übersehen worden sein dürfte (vgl. insoweit näher bei Palandt/Heinrichs, 62. Aufl., BGB-Kommentar, Einl. Rn. 47). Die Ausfüllung der Regelungslücke hat entsprechend den allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen in möglichst enger Anlehnung an das geltende Recht zu geschehen (vgl. BVerfGE 37, 81; Palandt/Heinrichs, a.a.O., Einl. Rn. 48). Sie geschieht in der Regel durch Analogie (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O.).

bb)

Für die (zulässige) Analogie heranzuziehen ist vorliegend die gesetzliche Regelung von § 21f GVG i.V.m. § 115 GVG.

§ 115 GVG bestimmt, dass die Oberlandesgerichte mit einem Präsidenten sowie mit Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern besetzt sind. § 21f Abs. 1 GVG regelt näher, dass den Vorsitz in den Spruchkörpern bei der Landgerichten, bei den Oberlandesgerichten sowie bei dem Bundesgerichtshof der Präsident und die Vorsitzenden Richter führen.

Der Vorsitzende hat die Aufgabe, die Qualität und insbesondere die Einheitlichkeit der Rechtsprechung des Spruchkörpers in besonderem Maße zu gewährleisten (vgl. BGHZ 9, 292; 37 212; 92, 46; Zöller/Gummer, a.a.O., § 21f GVG Rn. 1). Hierbei können in den neuen Bundesländern bis zum Ablauf des 31.12.2004 nach § 10 Abs. 4 RpflAnpG auch andere Richter auf Lebenszeit den Vorsitz führen.

Denkbar wäre es von daher, dass Frau Ri'inLG S. (als verbliebenes originäres Mitglied des 8. Zivilsenats) den Vorsitz in dem hier zur Entscheidung stehenden Fall führt. Naheliegend ist dies indes schon deshalb nicht, weil Frau Ri'inLG S. als an das Oberlandesgericht abgeordnete Richterin am Landgericht nicht über die Erfahrungen in einem Spruchkörper wie dem Senat eines Oberlandesgerichts verfügt (ohne damit ein Urteil über ihre Qualität als Richterin zu fällen), dass ihr nach Sinn und Zweck der Regelung von § 21f GVG der Vorsitz zufallen sollte.

Anzuführen ist dagegen - neben der angeführten Erwägung - vor allem aber auch die Vorschrift von § 21f Abs. 2 GVG. Sie spricht aus, dass bei Verhinderung des Vorsitzenden eines Spruchkörpers, der Vorsitz von dem durch das Präsidium bestimmten Mitglied geführt wird. Ist auch dieser Vertreter verhindert, führt das dienstälteste, bei gleichem Dienstalter das lebensälteste Mitglied des Spruchkörpers den Vorsitz.

cc)

Für die Bestimmung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), konkret des Vorsitzenden in dem zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch der Klägerin berufenen Spruchkörper, leitet sich daraus ab:

Durch die Ablehnung des Vorsitzenden des 8. Zivilsenats, Herrn VorsRiOLG S., müsste der Vorsitz im Spruchkörper des 8. Zivilsenats an sich durch den vom Präsidium des Oberlandesgerichts zum stellvertretenden Vorsitzenden bestimmten Herrn RiOLG K. geführt werden. Auch dieser ist jedoch durch den gegen ihn gestellten Antrag wegen Besorgnis der Befangenheit verhindert.

Weil aus § 21f GVG folgt, dass jedem Vorsitzenden Richter der Vorsitz in einem Spruchkörper übertragen werden muss (vgl. Zöller/Gummer, a.a.O., § 21f GVG Rn. 10), solches indes im Falle von Frau Ri'inLG S., wie auch im Falle von Frau Ri'inLG E. (bisher) nicht geschehen ist, scheiden beide für die Übernahme des Vorsitzenden in dem zur Entscheidung anstehenden Fall aus.

Der Vorsitzende und zugleich mitwirkende Richter an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ist deshalb unter den weiteren Mitgliedern des Vertretersenats des 8. Zivilsenats, nämlich des 6. Zivilsenats, also unter den Herren RiOLG Dr. M., H. und Dr. ter V. zu bestimmen. Hierbei fällt die Auswahl unter Anwendung von § 21f Abs. 2 Satz 2 GVG auf RiOLG Dr. ter V., der einerseits durch Präsidiumsbeschluss zum Vorsitzenden des 6. Zivilsenats bestimmt worden ist (vgl. nochmals § 10 Abs. 4 RpfAnpG), von daher die geforderten Voraussetzungen in der Aufgabe des Vorsitzes in einem Spruchkörper mitbringt, und im übrigen auch das dienst- wie das lebensälteste Mitglied des 6. Zivilsenats als Vertretersenat des 8. Zivilsenats darstellt.

Der Versuch der Lückenschließung über die Bestimmung der Vertretung im 8. Zivilsenat führt im vorliegenden Fall also zu der Besetzung wie erkannt.

3.

In der Sache kann dem Gesuch auf Ablehnung der genannten Richter wegen Besorgnis der Befangenheit kein Erfolg beschieden sein.

a)

Eine Befangenheit meint eine unsachliche innere Einstellung des Richters zu den Beteiligten oder zum Gegenstand des Verfahrens (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 ZPO Rn. 8). Insofern geeignet, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters (der Richter eines Spruchkörpers) zu rechtfertigen, sind nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtungsweise die Befürchtung wecken können, der (die) Richter stünde(n) der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber. Hingegen scheiden rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden aus (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 ZPO m.w.N. auf die st. Rspr.). Entscheidend ist deshalb allein, ob aus Sicht einer vernünftig denkenden Partei objektive Gründe vorliegen, die Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters (des Spruchkörpers) zu zweifeln (vgl. BVerfGE 82, 38; 92, 139 st. Rspr.; weitere Nachweise bei Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 ZPO Rn. 9).

aa)

Hinweise für eine Besorgnis der Befangenheit können sich insofern aus Verstössen des Richters (des Spruchkörpers) gegen die Verpflichtung zur Neutralität und Objektivität (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 ZPO Rn. 20), gegen das prozessuale Gleichbehandlungsgebot (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 ZPO Rn. 21), aus unsachlichem und unangemessenem Verhalten (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 ZPO Rn. 22ff.), aus Voreingenommenheit und Verdächtigung (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 ZPO Rn. 22b), aus willkürlicher Benachteiligung (siehe Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 ZPO Rn. 23), wie auch aus unsachgemäßer Verfahrensleitung und evident mangelnder Sorgfalt (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 ZPO Rn. 24) ergeben.

bb)

Hingegen begründet die Rechtsauffassung des Richters (des Spruchkörpers) im Rahmen der richterlichen Entscheidungstätigkeit regelmäßig keine Befangenheitsbesorgnis, insbesondere wenn sie eine erst vorläufige Beurteilung darstellt (vgl. BGH, NJW 1998, 612; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 ZPO Rn. 28). Auch Verfahrensverstösse im Rahmen der Prozessleitung oder fehlerhafte Entscheidungen sind grundsätzlich nicht geeignet, einen Ablehnungsgrund darzustellen. Dies ist selbst bei Überschreitung der richterlichen Befugnisse (etwa im Rahmen von § 139 ZPO) - und versus bei Vernachlässigung richterlicher Aufgaben - anzunehmen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters (des Spruchkörpers) gegenüber der ablehnden Partei oder auf Willkür beruhen (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 ZPO Rn. 28 m.H.a. die einschlägige Rspr.).

b)

Gemessen an diesem Maßstab hat die Klägerin keinerlei vernünftige Anhaltspunkte dafür glaubhaft gemacht, die Zweifel an der Neutralität und Objektivität der abgelehnten Richter zu rechtfertigen vermögen.

aa)

Das Ablehnungsgesuch der Klägerin erschöpft sich in unhaltbarer Kritik an einer vorgeblich richterlichen Fehlentscheidung, wie sie dem Beweisbeschluss des 8. Zivilsenats vom 18.07.2003 und dem Beschluss vorn 10.09.2003 (auf von der Klägerin beantragten und gewollten Abänderung des erstgenannten Beschlusses) zugrunde liegen soll. Der zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufene Senat des Oberlandesgerichts Rostock (in der hier erkennenden Besetzung) folgt indes der in der dienstlichen Äußerung der abgelehnten Ri'inOLG B. niedergelegten Meinung, aus dem Beschluss vom 10.09.2003 ergebe sich weder eine Absicht der einseitigen Benachteiligung noch eine willkürliche Behinderung der Klägerin in ihren Verfahrensrechten. Vielmehr handelt es sich "um eine reine Sachentscheidung".

bb)

Denn:

i)

Eine Anordnung der Beweisaufnahme, wie vorliegend durch Beschluss vom 18.07.2003 erkannt, die der 8. Zivilsenat mit dem dem Befangenheitsgesuch zugrunde liegenden Beschluss vom 10.09.2003 nicht abgeändert hat, steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts - unter Berücksichtigung des wechselseitigen Parteivorbringens und der sich daraus herleitenden Beurteilung der Beweiserheblichkeit (der einzelnen Beweisfragen) - ; eine Anfechtung dieses Beschlusses findet nicht statt (§ 355 Abs. 2 ZPO). Richterliche Fehlentscheidung, die in diesem Fall indes in keiner Weise zu erkennen ist, begründet von daher - jedenfalls aus Sicht einer objektiv denkenden und handelnden Partei - keinen Rückschluss auf eine Befangenheitsbesorgnis.

ii)

Zwar setzt die Einholung eines Sachverständigengutachtens - wie vorliegend angeordnet - voraus, dass der zu begutachtende Sachverhalt (unter Benennung der sogen. Anknüpfungstatsachen) vom Prozessgericht selbst ermittelt wird (§ 404a Abs. 3 ZPO, vgl. auch Zöller/Greger, a.a.O., § 355 ZPO Rn. 2). Auch dagegen haben die abgelehnten Mitglieder des 8. Zivilsenats indes nicht verstossen - wie im übrigen eine solchermaßen gegebene Fehlentscheidung für die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich folgenlos bliebe -, da diese Tatsachen im Beweisbeschluss vom 18.07.2003 benannt sind. Der Umstand, dass die Klägerin die vom 8. Zivilsenat im Beschluss vom 18.07.2003 (nicht abgeändert auf ihren Antrag durch Beschluss vom 10.09.2003) benannten Anknüpfungstatsachen- und Fragen und die Auswahl des (noch zu beauftragenden) Sachverständigen für falsch oder unzureichend erachtet, rechtfertigt keine Besorgnis der Befangenheit.

iii)

Denn gem. § 404a ZPO hat das Gericht - wie geschehen - die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten. Es kann für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen (§ 404a Abs. 1 ZPO). Insofern ist das Gericht - selbstredend - nicht an die Auffassungen einer Partei - wie hier der Klägerin - zum geforderten Umfang der Beweisanordnung gebunden; es - das Gericht - entscheidet autonom. Der Partei verbleibt - wie vorliegend auch - die Möglichkeit, die Vorladung des Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines (auf denkbarer Weise unzutreffender Tatsachengrundlage erstellten) Gutachtens zu beantragen und sogar zu erzwingen (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 355 ZPO Rn. 2; § 411 ZPO Rn. 4a ff.; siehe auch insbesondere Rn. 5a; vgl. weiter BGHZ 26, 391 [398]).

Selbst wenn also der 8. Zivilsenat im Beschluss vom 18.07.2003 den Rahmen einer - aus Sicht der Klägerin - geforderten Sachaufklärung verkannt haben sollte (wofür sich jedoch kein vernünftiger Anhaltspunkt zeigt und auch nicht vorgebracht ist), so bestünde im Anschluss an die Erstellung eines - angenommen, auf unzureichenden Anknüpfungstatsachen basierenden - Sachverständigengutachtens immer noch die Möglichkeit für die Klägerin, im Rahmen einer erzwingbaren Anhörung des Gutachters zur mündlichen Erläuterung seiner schriftlichen Ausführungen ergänzende Fragen und Beweisbehauptungen anzubringen. Der Vorhalt der Klägern an die abgelehnten Richter, solches abgeschnitten zu haben, liegt von daher neben der Sache.

iv)

Nicht verfangen kann auch die Kritik, die Richter hätten in verfassungswidriger Weise - zugleich unter Verstoss gegen ein faires Verfahren und die prozessuale Waffengleichheit - ihr das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verwehrt und ihr, der Klägerin, die Möglichkeit genommen, ein Beweisergebnis nach ihren Intentionen (besser: nach den von ihr für richtig gehaltenen) zu präsentieren, indem sie Beweisfragen- und themen verkürzt und einen zusammenhängenden Lebenssachverhalt unzulässigerweise in die Begutachtung zweier unabhängig von einander stehender Fachrichtungen aus der medizinischen Fachkunde aufgespalten hätten.

Unbeschadet davon, dass die Anordnung oder Ablehnung der Beweiserhebung in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt ist - und nicht der Erzwingbarkeit durch die Parteien unterliegt - , weil das Gericht vorweg die Entscheidungserheblichkeit des Beweisthemas, die Beweisbedürftigkeit sowie die Eignung und Zulässigkeitkeit des Beweismittels zu prüfen und darüber zu entscheiden hat (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., Vor § 284 ZPO Rn. 8 m.w.H.), verfehlt die Klägerin mit ihren Vorhaltungen auch den Kerngehalt des verfassungsrechtlich geschützten Anspruchs auf rechtliches Gehör.

Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet dem Betroffenen (und der Partei im Zivilprozess) den Schutz eines Äußerungsrechts. Davon hat die Klägerin in dem hier gegenständlichen Verfahren Gebrauch machen können. Dem Gericht obliegt es - quasi als Annex -, die Ausführungen des nach Art. 103 Abs. 1 GG Äußerungsberechtigten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, sie also angemessen zu berücksichtigen (vgl. Sachs/Degenhart, Grundgesetz-Kommentar, 3. Aufl., Art. 103 GG Rn. 29). Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet indes keinen Schutz davor, dass der Sachvortrag einer Partei aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ausgeschlossen bleibt (vgl. BVerfG in st. Rspr., etwa BVerfGE 31, 191 [194]; 70, 288 [294]; 82, 209 [235]; BVerfG, NJW 1997, 2509 [2510]). So liegt es - aus den vorstehend dargelegten Gründen - eben auch hier.

cc)

Schließlich vermag auch die Berufung der Klägerin darauf, die Begründung des Beschlusses des 8. Zivilsenats vom 10.09.2003 selbst lasse eine Besorgnis der Befangenheit entstehen, nicht durchzugreifen.

Für eine "Verhöhnung" der Klägerin, wie sie dieselbe in dem Beschluss vom 18.07.2003 wie im Beschluss vom 10.09.2003 erkennen will, vermag der Senat in der erkennenden Besetzung in den angesprochenen Entscheidungen des 8. Zivilsenats eindeutig keine Grundlage zu finden.

Vielmehr wird sich die Klägerin umgekehrt bei der von ihr gewählten Wortwahl im Ablehnungsgesuch vom 06.10.2003 - wonach sie durch die abgelehnten Richter "geradezu verhöhnt" wurde (Ss. vom 06.10.2003, Bl. 6 = GA Bl. 940), und ihr eine Unterstellung anheimgegeben worden sei, "die der Wahrheit widerspricht", fragen lassen müssen, wer hier wen "verhöhnen" und "verletzen" will.

Auch ein bundesdeutsches Gericht muss es sich nicht gefallen lassen und hinnehmen, von einer Partei auf eine solche Stufe voreingenommener Bearbeitung des von beiden Parteien wechselseitig und streitbar vorgebrachten Lebenssachverhalts zerren zu lassen. Vielmehr entscheidet es (hier der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts) in richterlicher Verantwortlichkeit, Objektivität und Neutralität, ohne dass sich dem über das Ablehnungsgesuch urteilenden Zivilsenat Hinweise für ein Fehlverhalten der abgelehnten Richter aufgetan haben. Insofern trotzt es einem distanziert und objektiv Urteilenden, ob der im Raum stehenden Vorwürfe der Klägerin, Bewunderung ab, mit eben welcher Sachlichkeit das umfangreiche und schwierige streitgegenständliche Verfahren durch diese Richter geführt wird.

IV.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (§ 574 ZPO, zu ihrer grundsätzlichen Möglichkeit vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 46 ZPO Rn. 14b) wird nicht zugelassen. Weder kommt der Sache grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 ZPO i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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