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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 30.11.2005
Aktenzeichen: 1 U 104/05
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 119 Abs. 1 Satz 2 | |
ZPO § 522 Abs. 2 |
2. Trotz vorliegender Berufungsbegründung bedarf daher der Berufungsbeklagte solange keines anwaltlichen Beistands, wie nicht sicher ist, dass das Berufungsgericht von der Möglichkeit der Zurückweisung der Berufung durch einstimmigen Beschluss (§ 522 Abs. 2 ZPO) keinen Gebrauch macht.
1 U 104/05
Beschluss
In dem Rechtsstreit
hat der 1. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig am 30. November 2005 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin hat die Beklagte im ersten Rechtszug auf Rückzahlung eines angeblich gewährten Darlehens in Höhe von 10.000,00 DM (5.112,91 €) in Anspruch genommen. Durch das angefochtene Urteil ist die Klage abgewiesen worden, weil die Klägerin die behauptete Darlehensvereinbarung nicht bewiesen habe.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Mit der am 2. September 2005 eingegangenen Berufungsbegründung hat sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiterverfolgt und für die Berufung Prozesskostenhilfe beantragt. Die Berufungsbegründung ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 6. September 2005 ohne Terminsanberaumung oder Aufforderung zur Fertigung einer Berufungserwiderung zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 7. September 2005 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten für den Antrag auf Zurückweisung der Berufung Prozesskostenhilfe beantragt.
Der Senat hat durch Beschluss vom 27. Oktober 2005 den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ihre Berufung zurückgewiesen, weil ihre Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Gleichzeitig hat der Senat angekündigt, die Berufung der Klägerin durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 ZPO zurückzuweisen. Die Klägerin hat in der verlängerten Frist zur Stellungnahme mit Schriftsatz vom 14. November 2005 ihre Berufung zurückgenommen.
II.
Der Beklagten ist die nachgesuchte Prozesskostenhilfe für die Verteidigung im Rechtsmittelverfahren zu versagen.
Grundsätzlich liegt ein Fall der sog. notwendigen Bewilligung von Prozesskostenhilfe vor, bei der weder die Erfolgsaussichten noch die Notwendigkeit der Rechtsverteidigung des Rechtsmittelgegners zu prüfen sind (§ 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Voraussetzung für die Bewilligung ist jedoch nach allgemeiner Meinung, dass die Durchführung des Rechtsmittels feststeht, mithin die Rechtsverteidigung des Rechtsmittelgegners notwendig ist (vgl. BGH FamRZ 1988, 942; OLGR Düsseldorf 2003, 64; Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 119 Rn. 16; Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 119 Rn. 55).
Eine Rechtsverteidigung der Berufungsbeklagten war jedoch im Zeitpunkt ihrer Antragstellung am 7./9. September 2005 nicht erforderlich. Für sie bestand kein Grund, sich bereits in diesem Zeitpunkt an dem Verfahren mit Kostenfolgen zu beteiligen. Trotz der vorliegenden Berufungsbegründung der Klägerin war es der Beklagten zuzumuten, abzuwarten, ob das Berufungsgericht von der Möglichkeit Gebrauch macht, die Berufung der Klägerin nach Versagung von Prozesskostenhilfe und nach einem Hinweis auf die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 2003, 658 - 659; OLG Celle, MDR 2004, 598; Musielak, a.a.O., § 119 Rn. 14). Daran ändert auch nichts, dass nicht nur die Berufungsklägerin, sondern auch die Berufungsbeklagte auf die beabsichtigte Zurückweisung hinzuweisen ist. Daraus, dass einerseits beide Parteien von der beabsichtigten Zurückweisung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zu unterrichten sind, jedoch andererseits nur der Berufungsklägerin Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen ist, folgt ohne weiteres, dass dem Gegner zuzumuten ist, zunächst das weitere Verfahren abzuwarten, bis - ggf. aufgrund der Stellungnahme des Rechtsmittelführers - das Berufungsgericht vom Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO Abstand nimmt (OLG Düsseldorf a.a.O.).
Die Berufungsbeklagte bedurfte im Zeitpunkt der Antragstellung auch nicht aus anderen Gründen des anwaltlichen Beistands. Der Einlegung eines selbstständigen Rechtsmittels oder der Stellung von Anträgen im Rahmen der Vollstreckbarkeit oder der vorläufigen Einstellung einer Zwangsvollstreckung bedurfte es bei dem klagabweisenden Urteil nicht. Der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für einen Kostenerstattungsanspruch im Falle der Zurücknahme der Berufung oder Zurückweisung der Berufung als unbegründet gemäß § 522 ZPO bedurfte es ebenfalls nicht. In beiden Fällen geschieht die für die Berufungsbeklagte günstige Kostenentscheidung von Amts wegen (§§ 97, 516 Abs. 3 ZPO). Eines gesonderten Kostenantrages durch ihren Prozessbevollmächtigten bedurfte es daher nicht.
Die Beklagte erleidet durch das Zuwarten auch keine prozessualen Nachteile, weil eine ihr nachteilige Sachentscheidung bis zur Entscheidung des Senats über das weitere verfahrensrechtliche Schicksal der Berufung der Klägerin nicht ergehen konnte.
Der Senat lässt wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage die Rechtsbeschwerde zu (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO).
Ende der Entscheidung
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