Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 06.06.2008
Aktenzeichen: 1 U 175/06
Rechtsgebiete: BBG, BauFordSiG, StGB, InsO, LBO SH, VerwKostG SH, BauGebVO SH


Vorschriften:

BBG § 823 Abs. 2
BBG § 840
BauFordSiG § 1
BauFordSiG § 3
StGB § 17 Abs. 1
InsO § 178 Abs. 3
LBO SH § 78 Abs. 6
VerwKostG SH § 1 Abs. 1
BauGebVO SH § 1
1. "Baugeld" im Sinne des § 1 BauFordSiG darf auch zur Erfüllung von Geldforderungen öffentlich-rechtlicher Gläubiger verwendet werden, denen Leistungen zugrunde liegen, die unmittelbar der "Herstellung des Baus" dienen. Dabei ist unerheblich, ob die öffentlich-rechtlichen Leistungen auf dem Baugrundstück selbst erbracht worden sind.

2. Öffentlich-rechtliche Verwaltungsgebühren können analog § 1 Abs. 1 BauFordSiG unter Verwendung von "Baugeld" erfüllt werden, es sei denn, ihnen fehlt ein direkter Baubezug.

3. Baugenehmigungsgebühren sind ansatzfähige Kosten der Herstellung des Baus. Ohne eine Baugenehmigung kann eine Herstellung des Baus von vornherein nicht erfolgen; die Kosten sind erforderlich, um eine rechtmäßige Bauausführung zu ermöglichen.

4. Auszahlungen des Baugeldes sind auch bei einem zum Vorsteuerabzug berechtigten Bauherr einschließlich der Umsatzsteuer dem "Baugeldkonto" anzulasten.

5. Kosten der "Herstellung des Baus" müssen sich nicht notwendig "gegenständlich" in einem einzelnen Bauteil niederschlagen; sie können auch die Planung, Vermessung, Prüfstatik und Bauleitung sowie den Um- oder Ausbaus schon errichteter Gebäude bzw. von Gebäuden, an die Anschlüsse herzustellen sind, umfassen.

6. Eine (haftungsbegründende, auch bedingt) vorsätzliche Verletzung der Pflicht zur Verwendung von Baugeld für die Herstellung des Baus scheidet aus, wenn sich der Bauherr über die Zuordnung bestimmter Forderungen zu den Baukosten geirrt hat. Dies gilt gleichermaßen unter dem Aspekt eines Verbots- wie eines Tatbestandsirrtums.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Schluss-Urteil

1 U 175/06

verkündet am 6. Juni 2008

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2008 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 16. Oktober 2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

A.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch. Sie hat für die "G GmbH" (M)- im Folgenden G - Kunststoffbeschichtungsarbeiten ausgeführt. Geschäftsführer der G waren die Beklagten, die zur Finanzierung des Bauvorhabens Kredite in Höhe von 4,9 Mio. DM aufnahmen. Davon waren 4,7 Mio. DM durch eine Grundschuld auf dem Baugrundstück gesichert.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der G meldete die Klägerin eine Restwerklohnforderung in Höhe von 37.951,70 € zur Insolvenztabelle an. Die Forderung wurde festgestellt.

Die Klägerin nimmt die Beklagten nunmehr persönlich mit der Behauptung in Anspruch, dass die Beklagten die bei der Hamburger Sparkasse aufgenommenen Baugelder in Höhe von insgesamt 5,5 Mio. DM zweckwidrig verwendet hätten.

Die Beklagten haben geltend gemacht: Das Baugeld habe sich nur auf 4,1 Mio. DM belaufen und sei zweckgerecht verwendet worden.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von 43.318,97 € nebst Zinsen gerichtete Klage durch das am 16. Oktober 2006 verkündete Urteil abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 des Gesetzes über die Sicherung von Bauforderungen in der Fassung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2911) (im Folgenden: GSB) bestehe nicht, da das Baugeld nicht vorsätzlich zweckwidrig verwendet worden sei. Durch das vorgelegte Baubuch nebst Einzelnachweisen sei die zweckgerechte Verwendung eines Betrages von 2.275.539,95 € belegt worden, so dass von der Gesamtbaugeldsumme von 4,6 Mio. DM (= 2.351.942,65 €) lediglich die zweckgerechte Verwendung eines Teilbetrages von 76.402,70 € nicht festzustellen sei. Eine Haftung der Beklagten scheitere insoweit an deren fehlendem Vorsatz. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagten die Vorstellung gehabt hätten, den Gesamtbetrag des Baugeldes in Höhe von 4,6 Mio. DM bereits ausgekehrt zu haben. Der offene Betrag sei mit nur 3 % ein relativ kleiner Anteil des Baugeldes. Ein Betrug scheide mangels Täuschungshandlung aus.

Gegen das am 20. Oktober 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. November 2006 Berufung eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht: Mit dem Baubuch, einem "Eigenbeleg", sei der den Beklagten obliegende Beweis einer zweckentsprechenden Verwendung des Baugeldes nicht geführt worden. Hinsichtlich einzelner Zahlungen im Baubuch sei die tatsächliche Erbringung des angegebenen Betrages nicht nachgewiesen. Zahlungen für die Gebäudeeinmessung, die Prüfstatik, das Architektenhonorar, die Gestaltung des Treppenhauses und für Baugenehmigungsgebühren seien nicht den Baukosten im Sinne des § 1 Abs. 3 GSB zuzuordnen. Entsprechendes gelte auch für die Kosten für ein Gerüst, für die Heizung, für eine Bautreppe, für die Müllbeseitigung und für das Zumauern einer Tür. Bauforderungen dürften zudem nur ohne Mehrwertsteuer berücksichtigt werden, da die G vorsteuerabzugsberechtigt gewesen sei. Wenn Zahlungen an Stellen, die objektiv keine Baugeldgläubiger seien, erfolgt seien, sei es für den Vorsatz unerheblich, ob der Zahlende sich dieses Umstandes bewusst gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts zu ändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 43.318,97 € nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2004 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bestreiten, dass der Klägerin eine Werklohnforderung zustehe, weil die durchgeführten Bodenbeschichtungsarbeiten mangelhaft gewesen seien. Das vorgelegte "Baubuch" vermittle eine schlüssige und detaillierte Übersicht über die Verwendung des Baugeldes. Die vom Landgericht angenommene "Unterdeckung" der Summe der geleisteten Zahlungen an Baugläubiger gegenüber der Summe des Baugeldes in Höhe von 76.402,70 € liege nicht vor. Zu den Positionen 17, 33, 34 und 35 des Baubuches seien die angegebenen Zahlungen belegt. Die Mehrwertsteuer sei zu berücksichtigen, denn sie sei bei der Baufinanzierung einberechnet und auch Bestandteil des Baukredits gewesen. Bei Berücksichtigung der Positionen 17, 33, 34 und 35 des Baubuches liege kein Fehlbetrag, sondern eine "Überdeckung" vor. Würden einzelne Zahlungen nicht als Baugeld berücksichtigt, sei nicht einmal ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu erheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle vom 31. August 2007 und vom 18. April 2008 Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin kann von den Beklagten keinen Schadensersatz beanspruchen.

I. Soweit sie ihren Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2, § 840 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB ableitet, folgt der Senat dem erstinstanzlichen Urteil (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO); eine Täuschungshandlung der Beklagten ist nicht festzustellen.

II. Auch aus § 823 Abs. 2, § 840 BGB i.V.m. § 1 GSB ergibt sich kein Schadensersatzanspruch der Klägerin. Ausgehend von der Gesamtsumme des Baugeldes im Sinne des § 1 Abs. 3 GSB in Höhe von 4,6 Mio. DM (entsprechend 2.351.942,65 €) (unten 1.) ist die dem Verwendungszweck der "Bestreitung der Kosten eines Baus" (§ 1 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 GSB) entsprechende Auszahlung und Verwendung nachgewiesen worden (unten 2.). Selbst wenn hinsichtlich einzelner (Teil-)Beträge etwas anderes angenommen wird, ist ein haftungsbegründender Vorsatz der Beklagten nicht festzustellen (unten 3.). Die Beantwortung der Frage, ob die Werkleistung von der Klägerin mangelfrei erbracht worden ist, kann danach offen bleiben (unten 4.).

1. Das Landgericht hat in seinem Urteil die Höhe des der GMG insgesamt zur Verfügung stehenden Baugeldes auf 4,6 Mio. DM bzw. 2.351.942,65 € beziffert (der Betrag setzt sich zusammen aus den am 12. Februar 2002 vereinbarten Darlehen in Höhe von insgesamt 4,1 Mio. DM und einem Darlehensvertrag vom 1. August 2001 in Höhe von 500.000,00 DM). Dieser Betrag ist im Berufungsverfahren von keiner Partei mehr angezweifelt worden.

2. Das Landgericht hat weiter festgestellt, dass ein Gesamtbetrag von 2.275.539,95 € an Baugläubiger entrichtet worden sei, so dass eine "offene" Differenz zur Summe des Baugeldes (siehe oben Ziffer 1.) in Höhe von 76.402,70 € verbleibe.

2.1 Die Klägerin hat demgegenüber die erstinstanzlich berücksichtigten Positionen 7, 28 und 32 des Baubuches (Gesamtbetrag: 159.336,02 €) angezweifelt. Zu den Positionen 28 (Fa. N: 10.225,84 €) und 32 (Fa. R: 3.250,18 €) hat das Landgericht die erfolgten Baugeldzahlungen als nachgewiesen angesehen (Seite 22 und 23 des Urteils). Dagegen hat die Klägerin im Berufungsrechtszug keine substantiierten Einwendungen erhoben. Zur Position 7 (Fa. H: laut Baubuch 145.860,00 €) hat das Landgericht einen Betrag in Höhe von 138.855,31 € als belegt angesehen (Seite 16 des Urteils). Die Klägerin wendet dagegen ein, die in Rechnung gestellte Leistung sei nicht bzw. nicht vollständig erbracht worden. Insoweit fehlt eine hinreichende Substantiierung. Die in Rechnung gestellten Leistungen (Abbruch der alten Halle und Errichten einer Baugrube) sind, wie der Baufortschritt und die in der neuen Halle erfolgten Leistungen der Klägerin zeigen, erbracht worden. Die Leistungen sind in fünf Einzelrechnungen fakturiert worden. Die bloße Annahme, dass einzelne oder alle berechneten Leistungen nicht erbracht worden seien, veranlasst weder zu weiteren Anforderungen an die Darlegungen der Beklagten noch zu Aufklärungsmaßnahmen des Gerichts.

2.2 Damit bleibt die ordnungsgemäße Verwendung eines Restbetrages von 76.402,70 € zu klären.

Die Beklagten haben insoweit den ihnen obliegenden Nachweis (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2001, VII ZR 305/99, BauR 2002, 620) erbracht, dass sie auch diesen Betrag ordnungsgemäß an Baugläubiger ausgezahlt haben.

Die Beklagten haben belegt, welche Rechnungen sie im Einzelnen aus dem Baugeld - in Höhe des o.g. - (noch) "offenen" Betrages bezahlt haben (siehe zuletzt den Schriftsatz vom 10. April 2008). Der Einwand der Klägerin, die Beklagten seien mit dem erst im Berufungsrechtszug erfolgten Vortrag zu einzelnen Zahlungen ausgeschlossen, ist unbegründet. Das bedarf hinsichtlich der Positionen, zu denen bereits vorgetragen worden ist, keiner weiteren Begründung. Im erstinstanzlichen Verfahren ist kein Vorbringen der Beklagten zurückgewiesen worden. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für eine Zurückweisung von Berufungsvorbringen der Beklagten nicht vor; sie haben überzeugend dargelegt, dass sie infolge der Insolvenz der G nur noch eingeschränkten Zugriff auf Bau- und Zahlungsbelege hatten. Eine "Nachlässigkeit" im Sinne des § 531 Satz 1 Nr. 3 ZPO ist nicht festzustellen.

Alle beglichenen, aus der nachfolgenden Aufstellung ersichtlichen Forderungen betreffen ansatzfähige "Kosten des Baus" im Sinne des § 1 GSB.

 Offener Betrag76.402,70 €
Pos. 17Stadtwerke25.597,26 € 
Pos. 31D3.800,66 € 
Pos. 33Fa. M5.000,00 € 
Pos. 35 bGerüstbau446,49 € 
Pos. 35 cE (Baufeuchte)1.383,46 € 
Pos. 35 dE (Bautreppe)765,10 € 
Pos. 35 eD (Abfall)1.650,01 € 
Pos. 35 hA (Abfall)1.235,66 € 
Pos. 35 jT (Maurer)290,03 € 
Pos. 35 kN (Kopien)2.086,72 € 
Zusammen42.255,39 €34.147,31 €
Pos. 34 eEinmessung (HOAI)4.235,78 € 
Pos. 34 gVoranfrage (HOAI)3.873,23 € 
Pos. 34 hArchitekt (HOAI)16.310,21 € 
Pos. 34 lInnenarchitekt4.626,17 € 
Pos. 34 mBaugrunduntersuchung3.855,15 € 
Zusammen32.900,54 €1.246,77 €
Pos. 34 fPrüfstatiker27.060,63 € 
Pos. 34 nBaugenehmigungsgebühr15.349,49 € 
Zusammen42.410,12 €+ 41.163,35 €

2.3 Der Ansicht der Klägerin, "Baugeld" im Sinne des § 1 GSB dürfe von vornherein nicht für Geldforderungen öffentlich-rechtlicher Gläubiger (Positionen 17, 34 f, 34 n des Baubuches) verwendet werden, ist nicht zu folgen.

2.3.1 Soweit öffentlich-rechtliche Forderungen unmittelbar der "Herstellung des Baus" dienen, wie es im Hinblick auf Hausanschlüsse von Ver- und Entsorgungsleitungen (Position 17 des Baubuchs) der Fall ist, sind sie ansatzfähig. Deren Herstellung erfolgt zwar nicht "aufgrund eines Werk-, Dienst- oder Lieferungsvertrages" (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GSB), bei einer öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung der Ver- und Entsorgung aber im Rahmen eines verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses, das den genannten Vertragsformen vergleichbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 1970, III ZR 87/69, BGHZ 54, 299/303). Die diesbezüglichen öffentlich-rechtlichen Kosten sind folglich ebenso ansatzfähig wie privatrechtlich geforderte Anschlussentgelte.

2.3.2 Im Fall öffentlich-rechtlicher Verwaltungsgebühren und damit verbundener Auslagen, die im Zusammenhang mit der Herstellung eines Baus als "Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme oder Leistung" (§ 1 Abs. 1 Satz 2 VwKostG Schl.-H.) einer Behörde gefordert werden, ist nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 GSB eine Berücksichtigung dieser Kosten nicht möglich. Die Leistungserbringung der Behörde bei der Erteilung der Baugenehmigung (siehe dazu Position 34 n des Baubuchs: 15.349,49 €) erfolgt im Rahmen eines Über-/Unterordnungsverhältnisses, nicht in einem mit einem "Werk-, Dienst- oder Lieferungsvertrag" im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 GSB vergleichbaren Gleichordnungsverhältnis. Ebenso ist dies für die im Auftrag der Bauaufsichtsbehörde erfolgende Tätigkeit des sog. Prüfstatikers (siehe Position 34 f des Baubuchs: 27.060,63 €) der Fall. Er erhält für seine Tätigkeit von der Bauaufsichtbehörde eine öffentlich-rechtliche Vergütung, die diese dem Bauherrn neben der Baugenehmigungsgebühr als "Auslagen" auferlegt (§ 1 Abs. 1 Bauprüfvergütungsverordnung i.V.m. § 1 Abs. 3 BauGebVO Schl.-H.; Gebührenbescheide des Bauamtes vom 4. Mai 2000 und vom 16. Januar 2001 über insgesamt 27.060,63 €).

2.3.3 Die Ansatzfähigkeit derartiger Aufwendungen ist indes in analoger Anwendung des § 1 Abs. 1 GSB begründet.

Allein die Eigenschaft des § 1 Abs. 1 GSB als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB begründet kein Analogieverbot (vgl. Orlowski, BauR 2005, 1651/ 1652). Anders als bei der Anwendung der Strafvorschrift in § 5 GSB ist im Zivilrecht eine Analogie zulässig.

Für öffentlich-rechtliche Verwaltungsgebühren und Auslagen, die Gegenleistungscharakter haben und baubezogen sind, enthält das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke, denn dessen Ziel, die Verwendung von Baugeld für die "Bestreitung der Kosten eines Baus" zu sichern, trifft nach der gegenwärtigen Rechtslage auch auf baubezogene öffentlich-rechtliche Gebühren und Auslagen zu. Ein derartiges Sicherungsbedürfnis mag früher in Bezug auf öffentlich-rechtliche Forderungen gefehlt haben, so lange diese rechtlich im Konkurs bevorrechtigt waren (vgl. § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO). Dieses Vorrecht ist jedoch seit dem 1. Januar 1999 mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung entfallen (§ 39 InsO). Damit befinden sich die Gläubiger baubezogener öffentlich-rechtlicher Forderungen in einer vergleichbaren Lage wie die Gläubiger privater Forderungen. Wenn der Sinn des GSB darin besteht, die Gläubiger von Forderungen, denen baubezogene Leistungen zugrunde liegen, gegen die Gefahr zu sichern, dass sie wegen des Vorrangs der eingetragenen Grundpfandrechte der "Baugeld"-Darlehensgeber ausfallen, dann greift dieser Sinn jedenfalls nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung auch für Gläubiger öffentlich-rechtlicher Forderungen. In der Zwangsvollstreckung ist demgegenüber noch ein zeitlich begrenzter Rangvorteil öffentlich-rechtlicher Forderungen gegenüber Grundpfandrechten für "Rückstände", die nicht älter als vier Jahre sind, gegeben (§ 10 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 7 ZVG). Eine dingliche Sicherung (Sicherungshypothek, vgl. § 313 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 LVwG Schl.-H., § 866 ZPO) von öffentlich-rechtlichen Forderungen wird wie bei Privatgläubigern gegenüber den Sicherungen der Baukreditgeber nachrangig sein.

Gegen die Einbeziehung von öffentlich-rechtlichen baubezogenen Forderungen in den Anwendungsbereich des § 1 GSB lässt sich nicht einwenden, dass die Gläubiger dieser Forderungen keine "Bauunternehmer" im Sinne des § 648 BGB seien. Das GSB schützt nicht nur "Bauunternehmer", sondern - allgemein - "Personen, die an der Herstellung des Baus ... beteiligt sind". Das zeigt sich auch darin, dass die beispielhaft umschriebenen (Orlowski, a.a.O., S. 1652) vertraglichen Grundlagen dieser Beteiligung auch Dienst- und Lieferungsvertr äge umfassen, die von vornherein nicht in den Anwendungsbereich des § 648 BGB fallen. Dem Gesetzgeber ging es bei der bezweckten Sicherung von Bauforderungen erkennbar nicht allein um Fälle aus dem Bereich des § 648 BGB, sondern weitergehend um alle Baugläubiger, die der Gefahr eines Nachrangs gegenüber den grundbuchlich gesicherten Baukreditgebern ausgesetzt sind. Dementsprechend ist die Anwendung des GSB auch auf Personen ausgedehnt worden, die einen Bau planen, beaufsichtigen und leiten (BGH, Urteil vom 8. Januar 1991, VI ZR 109/90, BauR 1991, 237) oder die auf der Grundlage unwirksamer Verträge zur Bauwertsteigerung beigetragen haben (OLG Dresden, Beschluss vom 22. April 2005, 11 W 0104/05, BauR 2005, 1649). Erfolgt die Finanzierung von Bauten durch die grundbuchlich gesicherte Aufnahme von Baugeld (§ 1 Abs. 3 GSB), so bedarf eine unterschiedliche Behandlung der Gläubiger, deren Sicherung hinsichtlich der Verwendung des aufgenommenen Baugeldes das Gesetz bezweckt, einer sachlichen Rechtfertigung. Der öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Rechtsgrund der baubezogenen Forderungen ist als Begründung für eine ungleiche Behandlung der verschiedenen Gläubiger jedenfalls insoweit nicht mehr tragfähig, als die Befriedigung der Gläubiger in der Zwangsvollstreckung oder in der Insolvenz keine wesentlichen Unterschiede mehr aufweist. Das ist, wie ausgeführt, hier der Fall.

Eine abweichende Beurteilung kommt nur noch für öffentlich-rechtliche Forderungen in Betracht, die keinen direkten Baubezug aufweisen. Das ist indes bei den hier betroffenen Bauprüf- und Baugenehmigungsgebühren nicht der Fall, denn diese sind konkret veranlasst durch den Bau der Halle. Die Baugenehmigungsgebühren werden regelmäßig, worauf die Beklagten zutreffend hinweisen, in die dinglich gesicherte Baufinanzierung miteinbezogen. Als Gegenleistung für "eine besondere Inanspruchnahme oder Leistung" einer Behörde (§ 1 Abs. 1 Satz 2 VwKostG Schl.-H.) sind sie mit der Vergütung aus einem Dienstvertrag vergleichbar, wie sie einem Architekten oder Ingenieur im Zusammenhang mit dem Bau gewährt und als solche auch in den Schutzbereich des GSB einbezogen wird (BGH, Urteil vom 8. Januar 1991, a.a.O.). Im Falle des Prüfingenieurs kommt hinzu, dass dessen Dienstleistungsvergütung lediglich auf öffentlich-rechtlichem Wege an den Bauherrn, in dessen Interesse die Bauprüfung erfolgt, weitergereicht wird, was eine Vergleichbarkeit zum zivilrechtlichen Dienstvertrag begründet. Soweit eine Bauprüfung unmittelbar im Auftrag des Bauherrn erfolgt, liegt ohnehin ein Dienstvertrag vor, der bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen im Rahmen des § 1 GSB berücksichtigungsfähig ist.

2.4 Die von den Beklagten veranlassten Auszahlungen des Baugeldes müssen entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht um die Umsatzsteuer reduziert werden. Die Umsatzsteuer ist nicht nur Teil der Finanzierung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 GSB, sondern auch Teil der Forderung der Baugläubiger, die der Bauherr zu bedienen hat. Der Hinweis auf den Vorsteuererstattungsanspruch des Bauherrn verfängt nicht, weil diese Erstattung nur im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung erfolgt, also frühestens nach einem Monat, oft wesentlich später (Quartal, Jahr). Zudem ist der "Abfluss" der Umsatzsteuer mit der Begleichung der (Brutto-)Bauforderung eingetreten; der spätere "Zufluss" der Steuererstattung wird vom GSB nicht mehr erfasst. Der Baugeldempfänger muss - mit anderen Worten - die zugeflossenen Umsatzsteuererstattungen nicht in gleicher Weise zweckgebunden verwenden wie das Baugeld.

2.5 Für die einzelnen Positionen des offenen Betrages in Höhe von 76.402,70 € gilt Folgendes:

2.5.1 Die Ausgaben zu den Positionen 17 (Stadtwerke), 31 (D) und 33 (M) des Baubuches sind tatsächlich geleistet worden. Sie betreffen gegenständlich Kosten des Baus.

Die Position 33 betrifft Labortüren und die Position 31 den Umbau einer Druckluftanlage zum neuen Standort. Begründete Zweifel daran, dass diese Kosten gemäß § 1 Abs. 1 GSB für Maßnahmen zur Herstellung der Halle angefallen sind, sind für den Senat nicht ersichtlich.

Das Gleiche gilt für die Position 17. Strom-, Gas- und Wasser-Hausanschlüsse gehören funktional zum Bau; sie sind für die vollständige Nutzbarkeit der herzustellenden Halle unverzichtbar. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob und ggf. inwieweit die Anschlussleitungen außerhalb des Baugrundstücks verlegt worden sind. Die Kosten sind demzufolge dem Schutzbereich des § 1 Abs. 1 GSB zuzuweisen.

Auch die Stromkosten sind ansatzfähig. Diese sind nach der dazu in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterung für Baustrom angefallen. Insoweit sind die Kosten auch solche der Herstellung der Halle, auch wenn sie sich nicht "gegenständlich" in einem einzelnen Bauteil niederschlagen. Ebenso wie ein Bauhandwerker seine Stromkosten in seine Werklohnforderung einkalkulieren wird mit der Folge, dass insoweit "Baukosten" im Sinne des § 1 Abs. 1 GSB entstehen, sind separat berechnete Kosten für Baustrom dem Schutzbereich des § 1 GSB zuzuweisen, denn während der Bauphase fallen Stromverbräuche an, die für die Herstellung des Baus erforderlich sind, aber einem bestimmten Gewerk nicht zugeordnet werden können (z.B. für Beleuchtung, Bautrocknung, Bausicherung, Pumpen u.a.).

2.5.2 Weiterhin sind auch die zu den Positionen 35 b (Gerüstbau), 35 c (E), 35 d (E), 35 e (D), 35 h (Abfallwirtschaftsgesellschaft), 35 j (T) und 35 k (N) getätigten Ausgaben als Baukosten anzuerkennen.

Zu Position 35 b gilt, dass Gerüstarbeiten auch dann, wenn sie von den eigentlichen Herstellungsarbeiten "abgespalten" werden, in den Schutzbereich des GSB einbezogen sind (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 20. August 1993, 11 U 82/92, BauR 1994, 123).

Baukosten sind auch die Aufwendungen für die Bautreppe (Position 35 d) und für den Maurer (Position 35 j). Die Bautreppe ist erforderlich, damit in der Bauphase vor der Herstellung des Treppenhauses die Erreichbarkeit oberer Geschosse gewährleistet ist. Eine "Herstellung des Baus" wäre ohne sie nicht möglich. Der Umstand, dass Maurerkosten angefallen sind, weil eine Verbindungstür zum Altbau vermauert werden musste, steht der Zuordnung zu Baukosten nicht entgegen, denn § 1 GSB erfasst nicht nur die Kosten eines Neubaus, sondern auch eines Um- oder Ausbaus schon errichteter Gebäude bzw. von Gebäuden, an die Anschlüsse herzustellen sind (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 1987, VI ZR 270/86, BauR 1988, 107).

Die Position 35 k betrifft Bauzeichnungen (Kopien); begründete Zweifel daran, dass diese für die Herstellung des Baus nicht erforderlich waren, sind nicht ersichtlich. Ohne geeignete Bauzeichnungen ist eine ordnungsgemäße Bauausführung und -überwachung nicht möglich.

2.5.3 Als Herstellungskosten sind auch die Aufwendungen zur Behebung der Baufeuchte (Position 35 c) sowie zur Beseitigung von Bauabfällen (Positionen 35 e und 35 h) anzuerkennen. Für diese gilt die zum Gerüstbau entwickelte Überlegung analog: Die "Abspaltung" der Kosten für die Bauabfallbeseitigung aus den "reinen" Werklohnforderungen ändert nichts an der Zuordnung dieser Kosten zu den Herstellungskosten im Sinne des § 1 GSB. Die Bautrocknung dient der Sicherung bereits hergestellter Bauteile und ihrer schnelleren Verfügbarkeit für Folgegewerke.

2.5.4 Aus den vorstehend behandelten Positionen ergibt sich eine Gesamtsumme von 42.255,39 €. Der verbleibende Teil der (bislang) ungeklärten Baugeldsumme in Höhe von 76.402,70 € entfällt - bis auf einen Restbetrag von 1.246,77 € - auf die Kosten für die Vermessung, die Bearbeitung der Bauvoranfrage, den Architekten und den Innenarchitekten sowie auf die Baugrunduntersuchung (Positionen 34 e, 34 g, 34 h, 34 l, 34 m).

Zu den Kosten der Herstellung eines Baus im Sinne des § 1 GSB, die zu einem "Mehrwert" des Bauwerkes führen, gehören auch die Aufwendungen für die Anfertigung von Plänen für den Bau, die Aufsicht über den Bau und für die Bauleitung (BGH, Urteil vom 8. Januar 1991, a.a.O.). Dementsprechend bestehen gegen die Ansatzfähigkeit der Vermessungskosten (Position 34 e), der Kosten für die Bauvoranfrage (Position 34 g) sowie für den Architekten (Position 34 h) keine Bedenken. Das Gleiche gilt auch für den Innenarchitekten (Position 34 l), der nicht - wie die Klägerin mutmaßt - für Einrichtungsgegenstände oder Ähnliches tätig geworden ist, sondern die bauliche Gestaltung des Treppenhauses übernommen und damit planerisch zur Herstellung des Baus beigetragen hat. Ebenso ist die Baugrunduntersuchung ansatzfähig, denn sie ist Voraussetzung für eine sichere Gründung der Halle.

Der (danach) noch offene Rest von 1.246,77 € (s.o.) wird durch die Position 34 f (Prüfstatiker) gedeckt. Die Kosten des Prüfstatikers sind den - ansatzfähigen - Bauplanungskosten zuzuordnen (BGH, Urteil vom 8. Januar 1991, a.a.O.). Dies gilt unabhängig von der Frage, inwieweit die Prüfstatik öffentlich-rechtlich gefordert ist (§ 17 LBO Schl.-H., § 6 BauVorlVO), denn die Auftragserteilung für statikrelevante Bauteile sowie die sichere Herstellung des Baus erfordert eine geprüfte Statik; diese "bildet" sich gleichsam im standfesten Bauwerk und seinen Teilen (Fundamente, Wandstärken, Stützpfeiler, Geschossdecken u.a.) ab.

2.5.5 Auf die Berücksichtigung der Gebühr für die Erteilung der Baugenehmigung (Position 34 n) als Baukosten im Sinne des § 1 GSB kommt es danach nicht mehr an. Unabhängig davon sind, wie ausgeführt (oben 2.3), Baugenehmigungsgebühren ansatzfähige Kosten der Herstellung des Baus. Ohne eine Baugenehmigung und die dafür zwingend anfallenden Gebühren (§ 1 BauGebVO Schl.-H.) kann eine Herstellung des Baus einer Halle der vorliegenden Art von vornherein nicht erfolgen (§ 78 Abs. 6 LBO Schl.-H.). Die Kosten sind damit erforderlich, um eine rechtmäßige Bauausführung zu ermöglichen, was zugleich für die Erbringung von Werkleistungen der einzelnen mit der Bauausführung beauftragten Unternehmen erforderlich ist.

3. Auch wenn hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Forderungen (Positionen 17, 34 f, 34 n) eine objektiv zweckwidrige Verwendung von Baugeldern angenommen würde, ist für eine Haftung der Beklagten weiterhin deren Verschulden erforderlich. Ihre Schadensersatzpflicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB besteht nur, wenn sie gegen § 1 Abs. 1 GSB vorsätzlich verstoßen haben (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2001, VII ZR 305/99, NZBau 2002, 392).

3.1 Der haftungsbegründende Vorsatz kann sich zum einen auf das Tatbestandsmerkmal "Baugeld" beziehen; dies betrifft Fälle, in denen Gelder, die dem "Baugeld" zuzurechnen sind, nicht als solche erkannt und behandelt werden. Um dieses in den von der Klägerin angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 13. Dezember 2001, a.a.O.) und des Oberlandesgerichts Dresden (Urteil vom 23. Juni 1999, 12 U 637/99, NJW-RR 1999, 1469) behandelte Problem geht es vorliegend nicht. Die Eigenschaft des Betrages in Höhe von 4,6 Mio. DM als "Baugeld" im Sinne des § 1 GSB war den Beklagten bekannt. Sie haben dementsprechend im Baubuch Verwendungsnachweise geführt.

3.2 Ein Schuldvorwurf gegen die Beklagten könnte somit nur daran anknüpfen, dass sie Baugeld vorsätzlich für Kosten verwendet haben, die gegenständlich nicht als Kosten der Herstellung des Baus anzuerkennen sind.

Auf Unkenntnis über die in § 1 GWB bestimmte Verwendungspflicht des Baugeldes haben sich die Beklagten nicht berufen. Sie wäre als Rechtsirrtum unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 1989, VI ZR 311/88, VersR 1990, 427/428).

Allein eine subjektive Annahme der Beklagten, die von ihnen veranlasste Verwendung des Baugeldes habe ausnahmslos der Begleichung von "Kosten des Baus" gegolten, beseitigt den haftungsbegründenden Vorsatz nicht ohne Weiteres. Für eine Schadensersatzpflicht genügt auch ein bedingter Vorsatz, der vorliegt, wenn die Beklagten einen Verstoß gegen die gegenständliche Zweckbindung des Baugeldes billigend in Kauf genommen oder sich zumindest damit abgefunden haben (BGH, Urteil vom 6. Juni 1989, VI ZR 281/88, NJW-RR 1989, 1045/1046). Ein solcher Fall ist gegeben, wenn die Beklagten entweder nicht oder nur oberflächlich über den zulässigen Verwendungszweck von Baugeld-Auszahlungen nachdenken und ihnen dessen Auszahlung auch "recht" ist, wenn der Verwendungszweck im Einzelfall nicht mehr gewahrt ist.

3.3 Ein Vorsatzvorwurf gegen die Beklagten ist nicht begründet. Soweit sie sich über die Zuordnung der Begleichung der öffentlich-rechtlichen Forderungen zu den Baukosten geirrt haben, führt dies zum Wegfall des Vorsatzes. Dies gilt gleichermaßen unter dem Aspekt eines Verbots- wie eines Tatbestandsirrtums.

3.3.1 Ein Verbotsirrtum beeinflusst den Schuldvorwurf, wenn er unvermeidbar war (vgl. § 17 Satz 1 StGB). Wird dies verneint und - folglich - ein vermeidbarer Verbotsirrtum angenommen, bleibt der Vorsatzvorwurf bestehen.

Den Beklagten obliegt es, sich über die richtige Zuordnung von Zahlungen zum gegenständlichen Bereich des § 1 GSB ("Kosten eines Baus") zu vergewissern, wenn man diese Zuordnung als eine Frage der richtigen rechtlichen Qualifizierung rechtserheblicher Umstände versteht. Ein Irrtum der Beklagten über die Zulässigkeit einer Baugeldverwendung für einen bestimmten Zweck beeinflusst die Schuld, wenn er auch bei der ihnen zuzumutenden "Anspannung des Gewissens" und erforderlichenfalls auch der Einholung von Rat oder von Erkundigungen (BGH, Urteil vom 10. Juli 1984, a.a.O.) unvermeidbar war.

Im vorliegenden Fall hätte jedenfalls in Bezug auf die von der Klägerin angezweifelten Positionen 34 f (Prüfstatiker) und 34 n (Baugenehmigungsgebühr) auch die Einholung eines Rats oder von Erkundigungen nicht zu sicheren Erkenntnissen der Beklagten über eine Unrechtmäßigkeit der diesbezüglichen Zahlungen führen können. Zum einen sind sachlich vergleichbare Kosten für Pläne, Bauaufsicht und Bauleitung als "Kosten des Baus" anerkannt (BGH, Urteil vom 8. Januar 1991, a.a.O.), zum anderen liegt Rechtsprechung zur "Baugeldfähigkeit" der angezweifelten Positionen bislang nicht vor. Daraus folgt, dass die Beklagten, die zwar für die G Bauherrenfunktion wahrnahmen, aber als "Mikroelektroniker" keine speziellen Kenntnisse über baurechtliche Fragen haben, den Irrtum nach den ihnen zu Gebote stehenden Möglichkeiten nicht vermeiden konnten, so dass ein Vorsatzvorwurf ausscheidet.

3.3.2 Es spricht mehr dafür, einen Irrtum darüber, ob bestimmte Positionen (Prüfstatiker, Baugenehmigungsgebühr) "Kosten des Baus" sind, rechtlich als Tatsachenirrtum einzuordnen. Dieser schließt den Vorsatz aus (BGH, Urteil vom 10. Juli 1984, a.a.O.). Die Beklagten haben sich über die tatsächlichen Voraussetzungen eines normativen Tatbestandsmerkmals des § 1 GSB geirrt, nämlich darüber, ob bestimmte Positionen als "Kosten zur Herstellung des Baus" anzusehen sind.

3.4 Sowohl unter Zugrundelegung eines Verbots- als auch eines Tatbestandsirrtums wäre - somit - kein Vorsatz der Beklagten gegeben, so dass der Schadensersatzanspruch der Klägerin unbegründet ist.

4. Auf die von den Beklagten bezweifelte mangelfreie Erbringung der Werkleistung bzw. Entstehung eines Werklohnanspruchs der Klägerin in Höhe der Klagforderung kommt es nach alledem nicht mehr an. Im Übrigen hat der Insolvenzverwalter der G die Werklohnforderung anerkannt. Ob die Eintragung in die Tabelle, die gemäß § 178 Abs. 3 InsO für die Klägerin wie ein rechtskräftiges Urteil wirkt, auch den Beklagten gegenüber maßgeblich ist und sie deshalb mit Einwendungen gegen die Höhe des Werklohnanspruchs ausgeschlossen sind, bedarf keiner abschließenden Prüfung.

5. Die Berufung der Klägerin war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, weil die Frage der Einbeziehung öffentlich-rechtlicher Forderungen in den Schutzbereich des GSB grundsätzliche Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hat.

Ende der Entscheidung

Zurück