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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 30.11.2004
Aktenzeichen: 1 Ws 423/04
Rechtsgebiete: RVG
Vorschriften:
RVG § 61 |
1 Ws 423/04 1 Ws 132/04
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht I. Strafsenat Beschluss
Auf die Beschwerde der Pflichtverteidigerin gegen den Beschluss der III. Großen Strafkammer des Landgerichts Lübeck vom 18. Oktober 2004, durch den die Erinnerung der Pflichtverteidigerin gegen die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 27. August 2004 zurückgewiesen worden ist, hat der I. Strafsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig am 30.November 2004 beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die aus der Landeskasse an die Rechtsanwältin B. zu erstattende Vergütung wird auf 1.584,73 € festgesetzt.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe:
Die Beschwerde ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig.
In der Sache hat sie auch Erfolg.
Die Gebühren sind nach dem seit dem 1. Juli 2004 geltenden Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) zu bemessen.
Gemäß § 61 Abs. 1 RVG ist die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) weiter anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 vor dem 1. Juli erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist. Nach dem Gesetzestext, der insoweit mit dem des § 134 Abs. 1 Satz 1 BRAGO gleichlautend ist, scheinen beide Voraussetzungen, unbedingte Auftragserteilung einerseits und gerichtliche Bestellung bzw. Beiordnung andererseits, alternativ nebeneinander zu bestehen mit dem Ergebnis, dass der Auffassung des Landgerichts beizupflichten und altes Gebührenrecht anzuwenden wäre. In Rechtsprechung und Literatur werden insoweit jedoch unterschiedlich Auffassungen vertreten. Nach der überwiegenden Meinung kommt es allein auf den Zeitpunkt der Bestellung des Pflichtverteidigers an, da die Auftragserteilung durch den Mandanten nur beim Wahlverteidiger eine Rolle spiele. War der Rechtsanwalt vor dem 1. Juli 2004 bereits Wahlverteidiger und erfolgt die Beiordnung zum Pflichtverteidiger nach dem 1. Juli 2004, soll der Rechtsanwalt die Vergütung als Wahlverteidiger nach BRAGO erhalten, während die Vergütung für die Pflichtverteidigung sich nach neuem Recht beurteilen soll(Bischoff, Jungbauer, Pottlech, Trappmann, RVG, § 61, Rnr. 27; Gerold/Schmitt/von Eicken, RVG, 16. Aufl., § 60, Rnr. 32; Ebauer/Schneider, RVG, 2. Aufl., § 61, Rnr. 19; Senat vom 2. Januar 1969, SchlHA 1989, 80; Celle MDR 1995, 532; a. A. KG, Rechtspfleger 1995, 380).
Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zu § 134 BRAGO fest, wonach es für die Beurteilung der Frage, ob altes oder neues Gebührenrecht Anwendung findet, allein auf den Zeitpunkt der Bestellung bzw. Beiordnung des Pflichtverteidigers ankommt. Denn die Wirkung der Beiordnung des Pflichtverteidigers besteht in der Begründung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht, bei der ordnungsgemäßen Durchführung des Strafverfahrens durch sachgerechte Verteidigung des Angeklagten mitzuwirken. Spätestens mit der Pflichtverteidigerbestellung endet der von dem Mandanten erteilte Auftrag. Das folgt aus § 141 Abs. 1 StPO, wonach dem Angeschuldigten nur dann ein Verteidiger bestellt wird, wenn er noch keinen Verteidiger hat. Das gilt auch dann, wenn der Wahlverteidiger sein Mandat niedergelegt hat (OLG Düsseldorf, AnwBl. 1976, 354; Senat vom 2. Januar 1999, SchlHA 1989, 80). Diese Betrachtung ist auch deshalb gerechtfertigt, weil der Pflichtverteidiger gemäß § 48 Abs. 5 Satz 1 RVG nach seiner Bestellung die Vergütung auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung erhält.
Hinsichtlich der Höhe der Vergütung wird auf die zutreffende Berechnung der Pflichtverteidigerin in ihrer Antragsschrift vom 17. August 2004 Bezug genommen.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 2, 3 RVG.
Ende der Entscheidung
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