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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 02.11.2007
Aktenzeichen: 10 UF 89/07
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1603 |
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
verkündet am: 2. November 2007
In der Familiensache
hat der 2. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2007 durch den Einzelrichter für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Ahrensburg vom 27. März 2007 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für das gemeinsame Kind der Parteien M., geb. 10. November 2006, Kindesunterhalt wie folgt zu zahlen:
ab 11/06 monatlich 176,- €
ab 1/07 monatlich 179,- €
ab 15.03.2007 100 % des Regelbetrages nach der Regelbetragsverordnung, wobei der zukünftige Unterhalt zahlbar monatlich im Voraus ist bis zum dritten Werktag eines jeden Monats.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben zu tragen die Klägerin 1/10 und der Beklagte 9/10.
Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 3.211,- € (247 x 13).
Gründe:
I.
Hinsichtlich des Tatbestandes wird verwiesen auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, § 540 ZPO.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die von dem Beklagten mit seiner jetzigen Lebensgefährtin bewohnte Doppelhaushälfte nicht in seinem Eigentum, sondern in dem Eigentum seiner Mutter steht.
Das Familiengericht hat den Beklagten zu dem beantragten Regelunterhalt von 100 % ab 11/06 verurteilt.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, der vom Familiengericht zugrunde gelegte Hauswert mit 795,- € könne nicht zugrunde gelegt werden. Das bewohnte Haus stehe nicht im Eigentum des Beklagten, sondern im Eigentum seiner Mutter.
Im Übrigen müsse berücksichtigt werden der Bruder der Klägerin, der Sohn Florian, geb. 02.05.1994, der bei dem Beklagten wohne, von diesem unterhalten werde, da seitens der Kindesmutter für F. kein Barunterhalt gezahlt werde. F. sei vorrangig im Rahmen der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den vorgetragenen Inhalt der eingereichten Schriftsätze.
II.
Die Berufung des Beklagten hat geringfügig Erfolg.
Der Beklagte schuldet der Klägerin unstreitig Kindesunterhalt für den Sohn M. gemäß § 1601 ff. BGB, den die Klägerin nach § 1629 Abs. 3 BGB geltend machen kann.
Im Rahmen der Leistungsfähigkeit sind zunächst zu berücksichtigen seine Nettoeinkünfte ab 01.11.2006 und leicht erhöht ab 15.03.2007. Insoweit wird verwiesen auf die anliegende Unterhaltsauswertung. Davon abzuziehen sind monatliche Fahrkosten mit 88,- € bzw. ab 15.03.2007 monatlich je 15,- €.
Mit der Berufung ist davon auszugehen, dass ein Wohnvorteil zulasten des Beklagten nicht berücksichtigt werden kann. Nach den vorgelegten Grundbuchauszügen steht das vom Beklagten bewohnte Haus im Alleineigentum der Mutter. Gebrauchsvorteile als Nutzungen von Vermögen sind im Rahmen der Bewertung des Wohnrechtes nach § 100 BGB nur zu berücksichtigen, wenn der Eigentümer die Nutzungen der Sache, hier der Doppelhaushälfte, zieht. Dies ist nicht der Fall.
Der Beklagte ist unterhaltsrechtlich so zu behandeln, als wohne er bei seiner Mutter zur Miete. Die Mutter lässt den Beklagten nicht kostenlos wohnen. Der Beklagte zahlt 400,- € auf die Belastungen des Hauses. Damit kann er jedoch unterhaltsrechtlichen noch nicht wie ein Eigentümer behandelt werden.
Im Rahmen der gesteigerten Erwerbsobliegenheit nach § 1603 BGB sind jedoch zulasten des Beklagten fiktive geringfügige Einkünfte aus Nebentätigkeit zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. zuletzt BVerfG, FamRZ 2007, 273 ff.) trifft Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB eine erheblich gesteigerte Verpflichtung zur Ausnutzung ihrer Arbeitskraft. Er gilt insbesondere, wenn die aus einer tatsächlichen Erwerbstätigkeit erzielten Einkünfte nicht ausreichen, den geschuldeten Unterhalt zu leisten. Jedenfalls dann, wenn die Tätigkeit vollschichtig geleistet wird, muss sich der Unterhaltspflichtige eine weitere Beschäftigung suchen, um zusätzliche Mittel für den Kindesunterhalt zu erwirtschaften. Die Elternverantwortung erfordert, für die Ausübung einer Nebentätigkeit auch Zeiten in Betracht zu ziehen, die üblicherweise dem Freizeitbereich zuzuordnen sind sowie jede Art von Tätigkeit anzunehmen. Diese strengen, auch vom BGH in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen (vgl. hierzu etwa FamRZ 2003, 1471/1473) hat der Kläger nicht erfüllt. Er hat sich im streitigen Unterhaltszeitraum nicht um die Aufnahme einer Nebentätigkeit bemüht, obwohl dies für ihn möglich und zumutbar war.
Der Beklagte hat nicht überzeugend dargelegt, dass und warum er eine relativ geringfügige Nebentätigkeit nicht ausüben kann. Die Tatsache, dass er Mitglied der freiwilligen Feuerwehr ist, kann ihn insoweit nicht entlasten. Diese Mitgliedschaft beansprucht den Beklagten nicht während seiner gesamten berufsfreien Zeit. Der Senat hält angesichts der vollzeitigen Erwerbstätigkeit des Beklagten eine Zusatzbeschäftigung mit monatlich 150,- € für vertretbar.
Wie sich aus der nachfolgenden Unterhaltsberechnung ergibt, sind ab 01.11.2006 über dem jeweiligen kleinen Selbstbehalt Beträge verfügbar zwischen 382,33 € und 555,49 €.
Entgegen dem Vorbringen der Berufung ist der bei dem Beklagten wohnende Sohn F. nicht vorher im Rahmen der Leistungsfähigkeit vor Berechnung des Unterhaltsanspruches des Sohnes Marcel zu berücksichtigen. Beide Kinder sind gleichrangig. Wie sich aus der nachfolgenden Mangelfallberechnung ergibt, ist der Beklagte ab 15.03.2007 in der Lage, mit dem über dem kleinen Selbstbehalt liegenden Betrag sowohl den Grundbedarf des Sohnes M. als auch den des Sohnes F. mit 100 % des Regelunterhaltes zu decken.
Für die Zeit vom 01.11.2006 bis 14.03.2007 ergeben sich insoweit geringe Herabstufungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die nachfolgende Unterhaltsauswertung verwiesen.
Einkommen Beklagter
ab.1.11.2006 | 01.01.2007 | 15.03.2007 | ab 1.1.2007 | |
netto | 1.210,33 | 1.217,71 | 1.320,49 | 1.320,49 |
Fahrtkosten | 88,00 | 88,00 | 15,00 | 15,00 |
verbleiben | 1.122,33 | 1.129,71 | 1.305,49 | 1.305,49 |
Selbstbehalt | 890,00 | 890,00 | 890,00 | 900,00 |
verfügbar | 232,33 | 239,71 | 415,49 | 405,49 |
Nebentätigk | 150,00 | 150,00 | 150,00 | 150,00 |
verfügbar | 382,33 | 389,71 | 565,49 | 555,49 |
Bedarf | ||||
Kläger | 247,00 | 247,00 | 247,00 | 245,00 |
Florian | 291,00 | 291,00 | 291,00 | 288,00 |
zusammen | 538,00 | 538,00 | 538,00 | 533,00 |
Quote | 0,7107 | 0,7244 | 1,0000 | 1,0000 |
Anspruch | ||||
Kläger | 175,53 | 178,92 | 247,00 | 245,00 |
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.
Die weiteren Entscheidungen folgen aus §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO.
Ende der Entscheidung
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