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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 22.03.2006
Aktenzeichen: 10 WF 42/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe reicht aus, wenn zweifelhaft ist, ob der Unterhaltsschuldner das der Unterhaltsberechnung des Klägers zugrunde liegende Einkommen nach seiner beruflichen Qualifikation erzielen kann.
10 WF 42/06

Beschluss

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Richter am Amtsgericht als Einzelrichter am 22. März 2006 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Oldenburg i.H. vom 01.11.2005 abgeändert.

Dem Beklagten wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zur Verteidigung gegen die Klage unter Beiordnung des Rechtsanwalts ... aus B. bewilligt.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten hat Erfolg.

Seine Rechtsverteidigung gegen die Abänderungsklage hat die hier gemäß § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht. Nach dem Vorbringen der Parteien kommt eine Abweisung der Abänderungsklage infrage, weil der Beklagte nicht in der Lage ist, mehr als den bislang mit 138,00 € monatlich titulierten Kindesunterhalt zu zahlen.

Das tatsächliche Einkommen des Beklagten aus Arbeitslosengeld II ist mit monatlich 677,69 € geringer als der dem Beklagten zustehende notwendige Selbstbehalt von 890,00 €.

Eine Verurteilung zu höherem Unterhalt kommt deshalb derzeit nur infrage, wenn dem Beklagten ein fiktives Einkommen zuzurechnen ist, das zusammen mit dem Selbstbehalt den bereits titulierten Unterhalt von 138,00 € monatlich überschreitet, der Beklagte also mehr als 1.028,00 € monatlich verdienen könnte.

Diese Einkommensfiktion setzt voraus, dass der Beklagte unterhaltsrechtlich vorwerfbar seine Arbeitskraft nicht dazu ausnutzt, ein entsprechendes Einkommen zu erzielen. Dazu muss das Einkommen von mehr als 1.028,00 € monatlich tatsächlich für ihn nach seiner beruflichen Qualifikation erzielbar sein. Weiter muss eine realistische Erwerbschance bestehen. Die Erwerbsbemühungen des Beklagten dürften tatsächlich nicht ausreichen. Hier ist aber - im Prozesskostenhilfeverfahren zugunsten des Beklagten - zweifelhaft, ob ein Einkommen von mehr als 1.028,00 € netto im Monat nach der beruflichen Qualifikation des Beklagten überhaupt zu erzielen ist. Dieses Einkommen entspricht einem Bruttomonatslohn von 1.450,00 €. Bei Lohnsteuerklasse 1 und 0,5 Kinderfreibeträgen beträgt die Lohnsteuer 111,16 €,

 Rentenversicherung 141,38 €,
Arbeitslosenversicherung 47,13 €,
Krankenversicherung 105,13 €,
Pflegeversicherung 12,33 €,
Nettolohn 1.032,87 €.

Einen Bruttomonatslohn von 1.450,00 € kann der Beklagte nur bei einem Stundenlohn bei einer Vollzeitbeschäftigung von rund 8,00 € pro Stunde erzielen. Dafür dass der Beklagte ein deutlich höheres Einkommen erzielen kann, liegen keine Anhaltspunkte vor. Er ist beruflich gering qualifiziert. Er hat keine Berufsausbildung. Zudem liegen nach seinem unbestrittenen Vorbringen gesundheitliche Einschränkungen vor. Der Beklagte könnte danach nur als ungelernte Produktionshelfer, Hilfsarbeiter o. ä. arbeiten. Selbst die Tariflöhne für derartige Tätigkeiten für geringqualifiziert Beschäftigte liegen unter 8,00 € in der Stunde.

Damit sprechen Gründe dafür, dass der Beklagte jedenfalls nicht mehr als den titulierten Unterhalt leisten kann. Dies genügt für die Prozesskostenhilfebewilligung.

Ende der Entscheidung

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