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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 19.06.2000
Aktenzeichen: 11 U 21/99
Rechtsgebiete: BNotO


Vorschriften:

BNotO § 19 I S. 1
BNotO § 23
Einem Notar steht bei der Auslegung eines Treuhandauftrages kein Ermessensspielraum zu.

SchlHOLG, 11. ZS, Urteil vom 19. Juni 2000, - 11 U 21/99 -


11 U 21/99 9 O 30/98 LG Kiel

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 29. Juni 2000:

Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

...

Beklagter und Berufungskläger,

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Dr. Tischler, Dr. Carstensen, Dr. Schulz und Dr. Punke in Schleswig

gegen

... vertreten durch die Vorstandsmitglieder ...

Klägerin und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Dr. Elsner, Zarnekow, Soblik, Dr. Wolter, Rüping und Dr. Hansen in Schleswig

hat der 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 06. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jahncke und die Richter am Oberlandesgericht Philipp und Dr. Teschner

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 14. Dezember 1998 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer des Beklagten beträgt 50.246,04 DM.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 40.222,24 DM aus den §§ 19 Abs. 1 Satz 1, 23 BNotO Zug-um-Zug gegen Übertragung aller Rechte der Klägerin aus dem im Tenor des angefochtenen Urteils genannten Darlehensvertrag zusteht.

Der Beklagte hat bei der Auszahlung der ihm treuhänderisch überwiesenen 199.000 DM am 30. April 1996 zu Gunsten der Verkäufer des von ihm am 16. Oktober 1995 beurkundeten Kaufvertrages gegen die Treuauflage der Klägerin vom 14. November 1995 verstoßen, die auf Blatt 5 des angefochtenen Urteils abgedruckt ist.

Denn nach dieser Treuhandauflage durfte der Beklagte über das Treuhandgeld nur verfügen, wenn die erstrangige Eintragung der zu Gunsten der Klägerin zu bestellenden Grundschuld über 200.000 DM gewährleistet war. Das war aber tatsächlich am 30. April 1996 nicht der Fall.

Die genannte Auflage unter Ziffer 1 des Treuhandauftrages ist zunächst nicht durch die weiteren Bestimmungen dort unter Ziffer 2 wiederum eingeschränkt worden. Dafür gibt es keinen Anhaltspunkt. Vielmehr lässt sich aus Ziffer 2 nur die zusätzliche Auflage herauslesen, dass der Treuhandbetrag ohne weitere Aufforderung durch den Beklagten in einer bestimmten Frist - zuletzt verlängert bis zum 30. Mai 1996 - zurückzuzahlen war, wenn die erforderlichen Grundbuchanträge gerade auch zur Sicherstellung der Eintragung der Grundschuld an erster Rangstelle noch nicht gestellt waren und dies nicht durch Urkunden und Unterlagen nachgewiesen werden konnte.

Entgegen der Auffassung des Beklagten konnte dieser aber nach Stellung seiner Anträge gemäß Schreiben an das Grundbuchamt vom 30. April 1996 auch unter der Annahme amtspflichtgemäßen Verhaltens des Grundbuchbeamten nicht sicher sein, dass die Grundschuld tatsächlich an rangerster Stelle eingetragen und also die Grunddienstbarkeit aus Abt. II Ziffer 1 des Grundbuches gelöscht werden würde.

Denn die Grunddienstbarkeit war infolge des Kaufvertrages vom 13. Oktober 1979 für den jeweiligen Eigentümer des Grundbuchs von L eingetragen. Von diesem Grundbuchblatt waren jedoch seit Begründung des Rechtes eine Vielzahl von Teilflächen mit jeweils unterschiedlichen Eigentümern abgeschrieben worden. Der Beklagte hätte deshalb § 1025 Satz 1 BGB bedenken müssen. Wird danach das Grundstück des Berechtigten geteilt, so besteht die Grunddienstbarkeit für die einzelnen Teile fort. Unter Berücksichtigung dieser Vorschrift hätten dann Löschungsbewilligungen von sämtlichen Eigentümern auch der abgeschriebenen Teilflächen gemäß § 19 GBO vorgelegt werden müssen, um eine Löschung der Grunddienstbarkeit sicher zu erreichen.

Demgegenüber konnte der Beklagte nicht davon ausgehen, dass das Grundbuchamt hier den Ausnahmefall von § 1025 Satz 2 BGB annehmen würde. Danach erlischt allerdings die Grunddienstbarkeit für die übrigen Teile, wenn sie nur einem der Teile zum Vorteil gereicht. In einem solchen Fall kommt die Berichtigung des Grundbuches nach § 22 GBO in Betracht. Jedoch ist es dann Sache des Antragstellers, den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs zu führen, wobei an diesen Nachweis strenge Anforderungen zu stellen sind. Nur was beim Grundbuchamt ausnahmsweise offenkundig ist, bedarf keines Beweises (vgl. Demharter, Grundbuchordnung, 22. Aufl. 1997, § 22 Rnrn. 36 f.).

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte jedoch nichts Ausreichendes dafür vorgetragen, dass bei dem Grundbuchamt die Veränderung der Situation - nämlich der Abriss der Remise und die Aufgabe der Landwirtschaft auf den ursprünglich in Blatt 92 des Grundbuchs von L verzeichneten Flächen - bekannt und dies deshalb offenkundig war. Insoweit nicht genügende Hinweise hätte das Grundbuchamt allenfalls aus § 3 des Kaufvertrages vom 16. Oktober 1995 entnehmen können. Allerdings war der Beamte des Grundbuchamtes nicht von sich aus verpflichtet, Nachforschungen vor Ort anzustellen, um sich über die genaue Situation kundig zu machen. Insbesondere ist aber auch der Beklagte gegenüber dem Grundbuchamt in seinem Antragsschreiben vom 30. April 1996 ersichtlich davon ausgegangen, dass hier nicht der Fall des § 1025 Satz 2 BGB vorlag und vielmehr der Weg über § 19 GBO zu beschreiten war. Denn diesem Schreiben hat er die Löschungsbewilligung und einen Löschungsantrag des Eigentümers derjenigen Fläche beigefügt, auf der sich früher der landwirtschaftliche Betrieb befunden haben soll. Diese einzelne Löschungsbewilligung reichte aber nicht aus, weil die begünstigte Grundfläche zwischenzeitlich - wie dargestellt - mehrfach geteilt worden war.

Vor diesem Hintergrund ist eine Pflichtverletzung des Grundbuchbeamten nicht zu erkennen, vielmehr konnte der Beklagte gerade von seinem Ausgangspunkt her - nämlich der Annahme der Notwendigkeit einer Löschungsbewilligung und eines Löschungsantrags betreffend das Remisenrecht - nicht davon ausgehen, dass die Eintragung der Grundschuld an rangerster Stelle mit seinem Antragsschreiben vom 30. April 1996 sichergestellt war.

Entgegen der Auffassung des Beklagten war dieser auch nicht berechtigt, den Treuhandauftrag der Klägerin vom 14. November 1995 seinem Wortlaut zuwider so zu verstehen, dass er auch auszahlen durfte, wenn die Eintragung der Grundschuld nur im Range nach der genannten Grunddienstbarkeit sichergestellt war. Denn einem Notar steht bei der Auslegung einer Treuhandauflage kein Ermessensspielraum zu. Er ist nicht berechtigt, seine eigene Einschätzung der Risikolage und des Sicherungsbedürfnisses der Beteiligten an die Stelle derjenigen des Treugebers zu setzen und muss vielmehr die Auflage mit peinlicher Genauigkeit beachten sowie wortgetreu ausführen (Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und des Notars, 6. Aufl. 1998, II 131 und Arndt u. a., BNotO, 3. Aufl. 1996, § 23 Rnr. 100 jeweils m. Rechtsprechungsnachweisen). Der Beklagte war daher nicht berechtigt, von dem eindeutigen Wortlaut des Treuhandauftrages abzuweichen und ohne Rückfrage bei der Klägerin eine Auszahlung vorzunehmen, obwohl nur eine Eintragung der Grundschuld nach der Grunddienstbarkeit sichergestellt war.

Ganz unabhängig davon durfte der Beklagte auch nicht davon ausgehen, dass die Klägerin keinerlei wirtschaftliches Interesse daran haben konnte, die Grundschuld unbedingt an erster Stelle noch vor dem Remisenrecht eintragen zu lassen. Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich dargelegt, dass sie hier ausnahmsweise bereit war, fast 87 % des Kaufpreises zu finanzieren und angesichts dieses erhöhten Risikos wegen der sehr geringen Eigenkapitalquote des Käufers die bestmögliche Absicherung erhalten wollte. Lag aber die spätere Verwertung des Grundstücks im Wege der Zwangsvollstreckung von Anfang an stärker als in üblichen Kreditfällen durchaus im Bereich des Möglichen, so ist die wirtschaftliche Überlegung der Klägerin nachvollziehbar, dass sie hier keinerlei anderen Rechte - auch nicht das fragliche Remisenrecht - vorgehen lassen wollte, weil auch ein solches Recht - selbst wenn es möglicherweise im Ergebnis für einen Käufer keinerlei nachteilige Folgen haben konnte - einer schnellen und unkomplizierten Verwertung des Grundstücks doch hätte hinderlich sein können. Denn es liegt durchaus nahe, dass eine derartige eingetragene Grunddienstbarkeit bei allen späteren Käufern Zurückhaltung und ein erhebliches Informationsbedürfnis hervorrufen würde, und insofern auch die Gefahr bestand, dass sich eine Verwertung verzögern oder diese nur zu geringeren Beträgen möglich sein würde.

Soweit der Beklagte behauptet, die Klägerin sei dadurch von der dem Treuhandauftrag zu entnehmenden Notwendigkeit der erstrangigen Eintragung der Grundschuld abgerückt, dass ein Sachbearbeiter der Klägerin gegenüber dem Darlehensnehmer F im Zuge der Darlehensverhandlungen erklärt habe, das Remisenrecht sei unbeachtlich und spiele für die Klägerin keine Rolle, kann er mit dieser Argumentation nicht durchdringen. Denn Äußerungen des Kreditsachbearbeiters gegenüber dem Kreditnehmer können das hier allein fragliche Treuhandverhältnis zwischen den Parteien dieses Rechtsstreites nicht berühren. Der Beklagte hat keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Darlehensnehmer F in irgendeiner Weise ermächtigt worden wäre, ihm rechtswirksame Erklärungen der Klägerin zu übermitteln, aus denen sich eine Änderung des Treuhandauftrages ergeben würde.

Das somit amtspflichtwidrige Verhalten des Beklagten ist auch schadensursächlich geworden. Hat wie hier der Notar durch positives Tun gegen seine Amtspflicht verstoßen, so ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BGH DNotZ 1989, 48, 51; BGH DNotZ 1990, 661, 663; Arndt u. a., a. a. O., § 19 Rnr. 126) danach zu fragen, wie sich die Dinge ohne die hinwegzudenkende pflichtwidrige Handlung entwickelt hätten. Dann aber wäre der Beklagte unter Berücksichtigung der Verlängerung der Erledigungsfrist aus dem Treuhandauftrag von sich aus bis zum 30. Mai 1996 verpflichtet gewesen, den Betrag von 199.000 DM an die Klägerin zurückzuüberweisen. Die Klägerin hat überdies von dem Beklagten die Rückzahlung des Betrages noch einmal ausdrücklich unter dem 10. Dezember 1996 - als der Kredit bereits notleidend geworden war - verlangt. Die amtspflichtwidrige Handlung des Beklagten hinweggedacht wäre dann auch zu diesem Zeitpunkt die Rückzahlung von dem Notaranderkonto ohne weiteres möglich gewesen und der Schaden nicht eingetreten, denn auch Ende 1996 waren die Voraussetzungen für die Auszahlung noch nicht erfüllt.

Auch der von dem Beklagten geltend gemachte und auf § 242 BGB gestützte Einwand unzulässiger Rechtsausübung mangels schutzwürdiger Eigeninteressen der Klägerin greift nicht durch. Denn die Amtspflicht des Notars, eine Treuhandauflage peinlichst genau zu beachten und nur nach Maßgabe der gesetzten Bedingungen auszuzahlen, soll den Treugeber gerade auch dahin sichern, dass er bis zum Eintritt der Auszahlungsbedingungen den Treuhandauftrag jederzeit widerrufen und die von ihm überwiesene Valuta zurückfordern kann (vgl. BGH DNotZ 1990, 661, 663f). Hierin liegt in jedem Fall ein schützenswertes Eigeninteresse der Klägerin, auf das sie sich berufen kann, ohne dass ihr der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegengehalten werden darf.

Unter Berücksichtigung dieses Gedankens greift hier im Übrigen auch der weiter von dem Beklagten geltend gemachte Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht durch. Die Rechtsprechung hat stets darauf verwiesen, dass gerade im Notarhaftungsrecht der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens nur im Einzelfall unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der jeweils verletzten Norm geltend gemacht werden kann (BGH NJW 1986, 576; BGH DNotZ 1990, 661,663; vgl. auch Rinsche, a. a. O., II 229). Umfasst der Schutzzweck der verletzten Norm gerade auch den eingetretenen Schaden, so hat der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens keinen Erfolg. Im vorliegenden Fall soll aber die hier verletzte Amtspflicht - nämlich die Pflicht zur peinlichst genauen Beachtung der Auszahlungsbedingungen des Treuhandauftrages - dem Treugeber gerade auch ermöglichen, den Treuhandauftrag jederzeit bis zur Erfüllung der Bedingungen zu widerrufen. Die Amtspflicht soll deshalb auch davor schützen, Schäden zu erleiden, weil der Notar auftragswidrig ausgezahlt hat. Dann aber kann sich der Notar nach dem Schutzzweck der Norm nicht darauf berufen, er hätte mit einer anderen, tatsächlich nicht geschehenen Handlung - wenn man sie hinzudenke - vor der tatsächlich erfolgten Auszahlung die Auszahlungsbedingungen gemäß der Treuhandauflage herstellen können.

Unabhängig von dieser Überlegung erscheint dem Senat auch nicht schlüssig, wenn die Berufung darauf verweist, der Beklagte hätte mit seinen Anträgen an das Grundbuchamt vom 30. April 1996 auch die Löschungsbewilligungen der übrigen Eigentümern einreichen können, so dass die Grunddienstbarkeit dann auch tatsächlich gelöscht worden wäre. Es erschließt sich nämlich aus seinem übrigen Vorbringen gerade nicht, dass ihm Solches rechtzeitig möglich gewesen wäre. Denn der Beklagte selbst hat noch in seinem Schreiben an das Grundbuchamt vom 12. August 1997 erhebliche Zweifel daran geäußert, ob es überhaupt möglich sein werde, diese Löschungsbewilligungen von allen Berechtigten zu beschaffen. Jedenfalls - so hat er damals selbst ausgeführt - würde dies einen erheblichen zeitlichen und kostenmäßigen Aufwand erfordern.

Das Landgericht hat der Klägerin auch zu Recht auf die Urteilssumme Zinsen von 5 % über dem Bundesbankdiskontsatz (nunmehr seit dem 01.01.1999 Basissatz, vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl. 2000, § 245 Rnr. 9) seit dem 31. Mai 1996 zugesprochen. Die Klägerin hat insoweit bereits erstinstanzlich zutreffend ausgeführt, dass hier aufgrund kalendermäßiger Bestimmung seit dem 31. Mai 1996 gemäß § 284 Abs. 2 BGB Verzug des Beklagten mit der Rückzahlung der auf das Treuhandkonto überwiesenen Summe eingetreten war. Denn nach dem von ihm angenommenen Treuhandauftrag und dessen mehrfacher Verlängerung war der Beklagte verpflichtet, diesen Betrag von sich aus mit Ablauf des 30. Mai 1996 zurückzuzahlen.

Es ist anerkannt, dass die Banken zu abstrakter Berechnung ihres Verzugszinsschadens berechtigt sind. Auch hat der BGH (in NJW 1992, 109 f. und WM 1995, 1055) die abstrakte Verzugsschadensberechnung gemäß § 11 Abs. 1 des Verbraucherkreditgesetzes - 5 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank - über dieses Gesetz hinaus ausdehnend angewandt. Allerdings findet eine entsprechende Anwendung (vom BGH in NJW 1992, 109, 110 ausdrücklich hervorgehoben) ihre Grenze jedenfalls in § 3 Abs. 2 Nr. 2 Verbraucherkreditgesetz. Danach ist nämlich gerade die erwähnte Zinsberechnung aus § 11 Verbraucherkreditgesetz dann nicht anwendbar, wenn es um Kreditverträge geht, nach denen der Kredit von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht und zu für grundpfandrechtlich abgesicherten Krediten und deren Zwischenfinanzierung üblichen Bedingungen gewährt wird. Auch unter Berücksichtigung dieser Einschränkung liegt hier aber ein die Anwendung der Formel "5 % über dem Diskontsatz" ausschließender Fall nicht vor. Denn auch bei der Absicherung eines Kredits durch ein Grundpfandrecht greift - wie dargestellt - § 3 Abs. 2 Ziffer 2 Verbraucherkreditgesetz dann nicht ein, wenn der fragliche Kredit im besonderen Fall nicht zu den bei Realkrediten üblichen Bedingungen gewährt worden ist. Hinter dieser Vorschrift steht die Überlegung des Gesetzgebers, dass Kredite regelmäßig zu günstigeren Konditionen vergeben werden und für die Banken ein entsprechend geringeres Risiko bergen, wenn sie in der üblichen Weise grundpfandrechtlich abgesichert sind. Für solche Kredite erscheint nach der langjährigen Erfahrung ein Verzugszinssatz von 5 % über dem Diskontsatz (jetzt Basissatz) zu hoch.

Maßgeblich dafür, ob es tatsächlich um einen zu den bei Realkrediten üblichen Bedingungen gewährten Kredit geht, ist das Gesamtbild der Kreditbedingungen, insbesondere der Umstand, dass die §§ 11 und 12 Hypothekenbankgesetz bei Geschäftsbanken eine Beleihungsgrenze von 60 % vorsehen. Dass damit bezeichnete übliche Leitbild eines Realkredites ist dann noch nicht verlassen, wenn im Einzelfall in einem gewissen Umfang die gesetzlichen oder satzungsmäßigen Beleihungsgrenzen überschritten werden (Bruchner, WM 1992, 973, 974 und Staudinger/Kessal-Wulf, a. a. O., § 3 Verbraucherkreditgesetz Rnr. 34). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend aber kein typischer Fall eines Realkredites festzustellen. Denn hier ist eine - von der Klägerin ausdrücklich als Ausnahme begründete - Beleihung von 87 % des Kaufpreises erfolgt, womit von ihrer Seite unter Berücksichtigung der üblichen deutlichen Abschläge in der Zwangsvollstreckung ein erhebliches Risiko eingegangen worden ist. Auch ist in dem Darlehensvertrag vom 20./21. November 1995 ein Effektivzins von 8,57 % vereinbart worden, der deutlich über dem durchschnittlichen Effektivzinssatz nach den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank (für November 1995 bei Gleitzinsen 7,06 % und bei Festverzinslichkeit für 2 Jahre 6,11 %) liegt. Schließlich handelt es sich hier um ein Darlehen zu einem variablen Zinssatz, das abweichend vom üblichen Realkredit nur für eine kurze Zeit eingeräumt und dessen vollständige Rückzahlung nach einjähriger Laufzeit zum 30. November 1996 vorgesehen war. Darüber hinaus hatte sich die Klägerin neben der Grundschuldbestellung als weitere Sicherheit ausbedungen, dass ein Schreiben bzgl. der Bebaubarkeit des Grundstücks mit drei Reihenhäusern und ein Vorvertrag über den Verkauf wenigstens einer Einheit vorzulegen war.

Insgesamt ist der Senat der Ansicht, dass hier das übliche Leitbild eines Realkreditvertrages deutlich verlassen worden ist und für die Bank von vornherein ein höheres Risiko bestand, das nunmehr auch die entsprechende Anwendung von § 11 Verbraucherkreditgesetz ermöglicht (vgl. zu einem ähnlichen Fall bereits Senat, Urt. v. 01.04.1999 - 11 U 124/96 -).

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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