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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 02.11.2006
Aktenzeichen: 11 U 22/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB §§ 1599 ff
1. Auch wenn der Rechtsanwalt im ersten Beratungsgespräch den Mandanten über künftig notwendige Maßnahmen ausreichend belehrt hat, dann aber durch sein nachfolgendes Verhalten Missverständnisse entstehen lässt, kann eine erneute Belehrungspflicht entstehen.

2. Bei Mandanten, die mit dem deutschen Recht wenig vertraut sind und die deutsche Sprache auch nur beschränkt beherrschen, hat der Rechtsanwalt sorgfältig darauf zu achten, ob seine Belehrungen richtig verstanden worden sind und ob sein nachfolgendes Verhalten nicht Missverständnisse erzeugen kann.

3. Die Fristenberechnung und -kontrolle für Vaterschaftsanfechtungen mit Auslandsberührung erfordert besondere Sorgfalt.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 22/06

verkündet am: 2. November 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch die Richter auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten vom 16. Februar 2006 gegen das am 17. November 2005 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages und der dadurch beim Kläger verbliebenen Unterhaltspflicht für ein Kind.

Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil antragsgemäß festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die nicht fristgerechte Erhebung einer Anfechtungsklage gemäß §§ 1599 ff. BGB gegen den am 3. August 1997 geborenen A (vormals B) entsteht.

Gegen dieses Urteil haben die Beklagten form- und fristgerecht Berufung eingelegt und beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise aus beiden Gründen des § 543 ZPO die Revision zuzulassen.

Der Kläger hat beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Zur Begründung der Berufung haben die Beklagten ausgeführt:

1.

Die Beklagten hätten keine Belehrungspflichten in Bezug auf eine Vaterschaftsanfechtung verletzt.

Sie hätten nur ein auf die Ehescheidung beschränktes Mandat gehabt.

Sie hätten ihrer Belehrungspflicht in Bezug auf eine Vaterschaftsanfechtung genügt, und zwar ihrer Belehrungspflicht aus einer Nebenverpflichtung eines beschränkten Mandates wie auch einer Belehrungspflicht aus einem unbeschränkten Mandat.

Mit dem Schriftsatz vom 1. September 2000 im Scheidungsverfahren hätten sie kein Missverständnis dahingehend erzeugt, dass mit dem Vorbringen im Scheidungsverfahren auch schon die Vaterschaftsanfechtung betrieben und mit Abschluss des Scheidungsverfahrens erledigt sei, zumal - wie der Beklagte zu 2) unwidersprochen in der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2006 vor dem Senat erklärt hat - der Schriftsatz vom 1. September 2000 im Beisein des Klägers in der Besprechung am 31. August 2000 diktiert worden sei.

Auch ihr Schreiben vom 17. Oktober 2000, mit dem sie die Scheidungssache abgeschlossen hätten, hätte beim Kläger nicht das Missverständnis erzeugen oder vertiefen können, dass mit der Scheidungssache auch die Vaterschaftsanfechtung erledigt sei.

2.

Selbst wenn sie aber den Kläger nach Übersendung ihres Schriftsatzes vom 1. September 2000 in der Scheidungssache nochmals über die Notwendigkeit der Vaterschaftsanfechtung belehrt hätten, sei nicht zu vermuten, dass der Kläger dann sich anders als geschehen verhalten hätte, weil er um das Verstreichen der zweijährigen Klagefrist gewusst hätte.

3.

Im Übrigen wäre ein Fehlverhalten ihrerseits - selbst wenn es unterstellt werden würde - nicht kausal für den eingetretenen Schaden, weil der Kläger in einem Vaterschaftsprozess gegen seinen Sohn A wegen der schon bei Erteilung ihres Mandats am 31. August 2000 verstrichenen Klagefrist unterlegen gewesen wäre.

Letztlich träfe den Kläger ein Mitverschulden für das Versäumen der Klagefrist für die Vaterschaftsanfechtung.

Die Einrede des § 255 BGB stände der begehrten und ausgeurteilten Feststellung entgegen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 109 - 113 GA), die von den Parteien gewechselten Schriftsätze im ersten und zweiten Rechtszug, das Hinweisschreiben des Senats vom 29. Juni 2006 (Bl. 166 - 169 GA) sowie die gerichtlichen Niederschriften, insbesondere das Protokoll vom 10. Oktober 2006 (Bl. 195 - 198 GA) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Selbst wenn die Beklagten ein nur auf das Scheidungsverfahren beschränktes Mandat gehabt hätten und wenn sie entsprechend ihren Behauptungen im Schriftsatz vom 8. März 2004 (Bl. 28 GA) den Kläger bei der Besprechung am 31. August 2000 eingehend darauf hingewiesen hätten,

"dass eine Vaterschaftsanfechtung nach deutschem Recht möglich ist, die Vaterschaftsanfechtung aber binnen einer Zweijahresfrist erhoben werden müsse, und zwar von dem Zeitpunkt ab, von dem der Anfechtende Kenntnis der erforderlichen Umstände hatte

...

dass im Falle einer Nichteinhaltung der Anfechtungsfristen das Kind unabänderlich als ehelich gelte mit der Folge auch entsprechender Unterhaltslasten."

und wenn man entsprechend der Behauptung der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 8. März 2004 (Bl. 28 GA) dann übereinkam,

"dass zunächst einmal die Ehescheidung durchgeführt werden solle und anschließend der jetzige Kläger sich noch einmal melden solle, damit die Einzelheiten der Vaterschaftsanfechtung durchgesprochen werden können",

ergab sich doch - unabhängig von den Ungenauigkeiten einer solchen Belehrung in Bezug auf den Beginn und das Ende der Klagefrist, weil nämlich die Frist frühestens mit der Geburt des Kindes beginnt und wegen des ursprünglichen Wohnsitzes von Vater und Kind in Kasachstan Besonderheiten bei der Fristberechnung zu beachten waren (vgl. BGH FamRZ 1982, 917 f.) - eine neue Belehrungspflicht der Beklagten, nachdem sie mit Schriftsatz vom 1. September 2000 (Bl. 9, 10 GA) im Scheidungsverfahren gegenüber dem Amtsgericht vortrugen:

"Richtig ist, dass während der Ehezeit die Antragstellerin einen Sohn mit Namen A, geb. am ...1997, geboren hat. Dieser Sohn lebt bei der Antragstellerin. Der Antragsgegner hat mittlerweile begründeten Anlass, dass er nicht der Vater dieses Sohnes ist. Als das Kind geboren wurde, waren die Parteien geringfügig mehr als drei Monate verheiratet. Mittlerweile hat die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner und dessen Mutter mehrfach mitgeteilt, dass es nicht "sein" Kind sei. Hiervon hat der Antragsgegner natürlich erst Kenntnis erlangt, als er selbst in der Bundesrepublik lebte, also nach dem Oktober 1999.

...

Festzuhalten ist jedenfalls, dass aufgrund des Verhaltens der Antragstellerin der Antragsgegner sich nunmehr veranlasst sieht, eine Vaterschaftsanfechtung durchzuführen."

Dieser Schriftsatz, der sich nahezu zur Hälfte mit der Vaterschaftsanfechtung befasste, war geeignet, beim Kläger das Missverständnis auszulösen, dass damit bereits die Vaterschaft vor dem Familiengericht angefochten sei. Immerhin weist die später von den Beklagten unter dem Datum 4. April 2002 entworfene Vaterschaftsanfechtungsklage (Bl. 21, 22 GA) keinen größeren Umfang und Inhalt auf.

Der Kläger hat sich demgemäß auch sowohl im Prozesskostenhilfeverfahren wie im erstinstanzlichen Klagverfahren darauf berufen, er habe angenommen,

"mit Scheidung der Ehe sei alles in Ordnung" (Bl. 7 GA),

"sein Anwalt habe alles Erforderliche, auch was die Vaterschaft angeht, veranlasst" (Bl. 39 GA),

...

Sollten die Beklagten tatsächlich eine solche Belehrung unternommen haben, hatten sie jedenfalls mit dem im Ehescheidungsverfahren eingereichten Erwiderungsschriftsatz den Anschein aufkommen lassen, dass in Punkto Vaterschaftsanfechtung alles Erforderliche unternommen worden sei." (Bl. 40 GA).

Dementsprechend heißt es auch im Tatbestand des angefochtenen Urteils unter den klägerischen Behauptungen: "Vielmehr seien er wie auch seine Mutter, die die Korrespondenz mit den Beklagten geführt habe, in dem Glauben gelassen worden, mit der Scheidung der Ehe sei alles in Ordnung." (Seite 3, Bl. 110 GA).

Die Beklagten haben demgegenüber im ersten Rechtszug nur unsubstantiiert bestritten, dass sie mit ihrem Schriftsatz vom 1. September 2000 beim Kläger ein Missverständnis in Bezug auf noch erforderliche Schritte für eine Vaterschaftsklage verursacht hätten, indem sie im Schriftsatz vom 2. April 2004 (Bl. 42, 43 GA) schreiben:

"Es ist auch in keiner Weise der Anschein erweckt worden, dass die Beklagten alles Erforderliche tun würden".

Unklar ist schon, auf welchen Zeitpunkt sich dies bezieht, auf das Beratungsgespräch am 31. August 2000 oder auf die Zeit ab Einreichung des Schriftsatzes vom 1. September 2000 im Scheidungsverfahren.

Das Schreiben vom 17. Oktober 2000 (Bl. 11 GA), mit dem die Beklagten dem Kläger das Terminsprotokoll und das Urteil in der Scheidungssache übersandten mit dem Hinweis:

"Sie sind somit nun endgültig geschieden und können, sofern es Ihr Wille ist, erneut heiraten.

Die bei uns angefallenen Kosten werden wir über die Staatskasse abrechnen."

war geeignet, das vorbeschriebene Missverständnis noch zu vertiefen.

Soweit die Beklagten behaupten, aufgrund des auf das Scheidungsverfahren beschränkten Mandates entsprechend der ihnen erteilten Vollmacht hätte der Kläger nicht mit einer Bearbeitung der Vaterschaftssache durch die Beklagten rechnen können, sei darauf hingewiesen, dass die schriftliche Vollmacht des Klägers für die Beklagten in Sachen B ./. C wegen Ehescheidung unter Ziffer 4 erteilt wird "zur Vertretung in sonstigen Verfahren auch bei außergerichtlichen Verhandlungen aller Art (insbesondere in Unfallsachen zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen Schädiger, Fahrzeughalter und deren Versicherer)."

Soweit die Beklagten erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 10. Oktober 2006 vorgetragen haben, ein Missverständnis hätte sich beim Kläger auch deshalb nicht bilden können, weil ihr Schriftsatz vom 1. September 2000 in der Scheidungssache im Beisein des Klägers am 31. August 2000 diktiert worden sei, schließt dies das vorbeschriebene Missverständnis auf Klägerseite nicht aus.

Die von den Beklagten behaupteten Belehrungen des Klägers zur Vaterschaftsanfechtungsklage sollen nämlich nach deren Behauptungen in der Berufungsbegründung vom 22. März 2006 (Seite 6, Bl. 145 GA) vor dem Abdiktat des Schriftsatzes vom 1. September 2000 in der Scheidungssache erfolgt sein. Wenn dann Tage später der Kläger die Abschrift des Schriftsatzes vom 1. September 2000 zugesandt erhält, kann gleichwohl das vorbeschriebene Missverständnis bei ihm entstanden sein, weil er beim Lesen der Abschrift dieses Schriftsatzes Einzelheiten des Diktates vergessen haben und es darüber hinaus für möglich halten konnte, dass der Schriftsatz, der nicht das Datum vom 31. August 2000, sondern ein solches vom 1. September 2000 trägt, dem Diktat vom 31. August 2000 nicht entsprach, und dass die Beklagten sich abweichend von dem von ihnen behaupteten Übereinkommen entschlossen hatten, schon jetzt die Vaterschaft vor Gericht anzufechten. Immerhin heißt es in dem Schriftsatz vom 1. September 2000 - wie bereits zitiert - ohne eine deutliche Wahl der grammatikalischen Zeitform des Futurs:"...nunmehr veranlasst sieht, eine Vaterschaftsanfechtung durchzuführen."

Das so mögliche und nach Überzeugung des Senates aufgrund des persönlichen Eindrucks vom Kläger in der mündlichen Verhandlung auch tatsächlich entstandene Missverständnis auf Seiten des Klägers hätten die Beklagten bei ordnungsgemäßer Erfüllung ihres Mandats, und sei es auch nur auf die Scheidungssache beschränkt gewesen, zumindest als Nebenpflicht durch eine dem Schriftsatz vom 1. September 2000 nachfolgende Belehrung und warnende Hinweise an den Kläger beseitigen müssen.

2.

Entgegen der Ansicht der Beklagten spricht die Vermutung des beratungsgerechten Verhaltens dafür, dass der Kläger bei einer solchen Belehrung und solchen warnenden Hinweisen zu noch erforderlichen Maßnahmen zwecks Erhebung der Vaterschaftsklage zeitnah nach dem 1. September 2000 diese hätte erheben lassen.

Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger ohne solche Belehrung nach Erhaltdes Schriftsatz vom 1. September 2000 - unterstellt, die Behauptung der Beklagten zur Belehrung am 31. August 2000 träfe zu - in Bezug auf die Vaterschaftsanfechtung nicht weiter tätig wurde, weil in diesem Fall ja gerade das durch den Schriftsatz vom 1. September 2000 erzeugte Missverständnis nicht wieder beseitigt worden war.

3.

Mit der Annahme eines beratungsgerechten Verhaltens, also der Erhebung einer Vaterschaftsanfechtungsklage im September oder Oktober 2000, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass eine solche auch für den Kläger Erfolg gehabt hätte, d.h. rechtskräftig festgestellt worden wäre, dass er nicht der Vater von Erik ist, und damit seine Unterhaltspflicht entfallen wäre.

Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass eine Verteidigung des Sohnes in einem Vaterschaftsanfechtungsprozess mit dem Einwand, der Kläger habe mehr als zwei Jahre vor Klagerhebung Kenntnis von der Nichtvaterschaft gehabt, keinen Erfolg gehabt hätte, und zwar weil nicht anzunehmen ist, dass die Kindesmutter in einem solchen Prozess etwas anderes ausgesagt hätte, als sie es vor dem Senat in der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2006 getan hat.

Mit ihrer Aussage hätte sich jedoch nicht die von dem Kind zu beweisende Kenntniserlangung des Vaters von Umständen, die gegen seine Vaterschaft sprechen, schon mehr als zwei Jahre vor Erteilung des Mandates für die Beklagten beweisen lassen. Die Kindesmutter, die Zeugin C, hat nämlich ausgesagt, sie habe ihrem früheren Mann erst lange nach der Hochzeit gesagt, dass A nicht von ihm stamme. Sie meine, dies sei in Deutschland gewesen, und ihr Mann sei erstmals im Oktober 1999 nach Deutschland gekommen. Das aufklärende Gespräch habe eine Woche nach seiner Ankunft in Deutschland stattgefunden. Ihr Mann habe in Kasachstan nicht davon gewusst, dass sie mit einem anderen Mann Geschlechtsverkehr gehabt hätte.

Sie hätte schon längere Zeit vor Beginn der Schwangerschaft mit dem Kläger Geschlechtsverkehr gehabt, dann sei sie mit dem Vater des Kindes zusammen gewesen und, als dieser sie verlassen habe, dann wieder mit dem Kläger. Nach ihrer Erinnerung habe sie das erste Mal dann wieder Geschlechtsverkehr mit dem Kläger gehabt ungefähr einen Monat, nachdem sie erfahren gehabt hätte, dass sie schwanger sei. Dies habe sie im ersten Monat ihrer Schwangerschaft erfahren. Über den Umstand, dass das mit 51 cm und 3.100 g geborene Kind aus Sicht des Klägers dann ein Sieben- oder Achtmonatskind hätte sein müssen, habe keiner gesprochen.

Der Senat hat auch keinen Zweifel daran, dass eine rechtzeitig erhobene Vaterschaftsanfechtungsklage Erfolg gehabt hätte, weil dem Kläger der Nachweis seiner Nichtvaterschaft durch ein Gutachten gelungen wäre. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Gutachten im Vaterschaftsprozess ein anderes Ergebnis gehabt hätte als das im vorliegenden Verfahren im ersten Rechtszug eingeholte Gutachten (Bl. 88, 89 GA).

4.

Die vom Kläger begehrte Feststellung einer vollständigen Schadensersatzverpflichtung der Beklagten scheitert nicht, und zwar auch nicht teilweise, an einem Mitverschulden des Klägers für die Versäumung der Klagefrist.

Die Einhaltung bzw. die Warnung vor dem Ablaufen der Frist war gerade Aufgabe der Beklagten. Das gilt ganz besonders mit Blick auf die Besonderheiten dieses Einzelfalles, in dem der Kläger erst 1999 nach Deutschland gekommen war, die deutsche Sprache nur eingeschränkt beherrschte und die hiesigen Rechtsnormen nicht aus langjähriger Erfahrung kannte.

Im Übrigen durfte der Kläger gerade wegen der von den Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 1. September 2000 gewählten und bereits zuvor zitierten Formulierung zur Vaterschaftsklage darauf vertrauen, dass die Beklagten die erforderlichen Schritte von sich aus einleiten würden bzw. im Rahmen des Scheidungsverfahrens schon eingeleitet hätten.

Soweit die Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 20. Juli 2006 (Bl. 183, 184 GA) rügen, dass der Senat bei der Prüfung des von den Beklagten geltend gemachten Mitverschuldens des Klägers die Besonderheit berücksichtigen will, dass der Kläger erst 1999 nach Deutschland gekommen war, die deutsche Sprache nur eingeschränkt beherrschte und die hiesigen Rechtsnormen nicht aus langjähriger Erfahrung kannte, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 11. November 2004 (Bl. 71 GA) für sich in Bezug auf den vorgesehenen Verhandlungstermin am 6. Januar 2005 darauf hingewiesen hat, dass er einen Dolmetscher benötige, der die russische Sprache beherrsche, und dass ihm ein solcher Dolmetscher vom Gericht gestellt worden ist (Bl. 71, 72 GA), ohne dass sich die Beklagten dagegen gewandt hätten.

Ein solcher Dolmetscher ist dem Kläger auch für die Verhandlung vor dem Senat gestellt worden.

5.

Die erstmals im Berufungsrechtszug erhobene Einrede des § 255 BGB steht der begehrten und im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten nicht entgegen. Die in § 255 BGB beschriebenen Rechte des Schuldners kann dieser nicht schon der Feststellung seiner Schadensersatzverpflichtung entgegenhalten, sondern erst dem nachfolgenden Ersatzbegehren des Gläubigers.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO, § 63 Abs. 2 GKG.

IV.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

Anders als die Beklagten meinen, kommt es für den hier zu entscheidenden Fall nämlich nicht darauf an, welche Nebenpflichten ein Rechtsanwalt grundsätzlich bei einem beschränkten Mandat hat, sondern welche Nebenpflichten er in diesem besonderen Einzelfall aufgrund des missverständlichen Schriftsatzes vom 1. September 2000 hatte.

Ende der Entscheidung

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