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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 26.02.2004
Aktenzeichen: 11 U 92/02
Rechtsgebiete: BNotO, BeurkG, BGB


Vorschriften:

BNotO § 19
BeurkG § 17
BGB § 1365
Zur Belehrungspflicht eines Notars bei Beurkundunggen von Grundstückskaufverträgen, die im Wesentlichen das gesamte Vermögen des Veräußerers erfassen können.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil Im Namen des Volkes

11 U 92/02

Verkündet am: 26. Februar 2004

hat der 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen des Beklagten gegen das am 3. Juni 2002 verkündete Teilurteil und das am 29. November 2002 verkündete Schlussurteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts F. werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der durch Schlussurteil vom 29. November 2002 ausgeurteilte Betrag in Höhe von 7.332,36 € nebst 4 % Zinsen seit dem 20.9.1999 nur Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Erstattungsansprüche des Klägers gegen die Rechtsanwälte Dr. A. und Partner in H. wegen der möglicherweise überhöhten Kostenrechnung vom 17.6.1999 zu zahlen ist.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 38.054,12 €.

Gründe:

I.

Der Beklagte hat am 12. August 1994 zwei Überlassungsverträge als Notar beurkundet. Durch die beiden Überlassungsverträge übertrug die Mutter des Klägers im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ihr Grundvermögen auf den Kläger und seine Schwester. Auf den Kläger entfielen gemäß § 1 des Überlassungsvertrags vier Grundstücke. Nach § 6 behielt die Mutter des Klägers sich das Nießbrauchsrecht am übertragenen Grundbesitz vor. Sie verpflichtete sich, während der Dauer des Nießbrauchs die Grundstückslasten und Kosten für Ausbesserungen und Erneuerungen zu tragen. Ferner wurde in § 7 ein Rückforderungsrecht vereinbart. Außer den beiden Überlassungsverträgen beurkundete der Beklagte am 12. August 1994 auch ein Testament der Mutter des Klägers.

Die Mutter des Klägers war in zweiter Ehe verheiratet. Ihr Ehemann begleitete sie am 12. August 1994 aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Beurkundungstermin. Mit anwaltlichem Schreiben vom 26. Oktober 1994 verweigerte er die Zustimmung nach § 1365 BGB. Außerdem erklärte die Mutter des Klägers die Anfechtung des Überlassungsvertrags wegen Irrtums und arglistiger Täuschung. Wegen der fehlenden Zustimmung nach § 1365 BGB setzte das Amtsgericht H. dem Beklagten eine Frist zur Nachreichung der Zustimmung des Ehemanns der Überlasserin und wies, da diese nicht nachgereicht werden konnte, die vom Beklagten gestellten Eintragungsanträge durch Beschluss vom 12. Dezember 1994 zurück. Da gegen diesen Beschluss kein Rechtsbehelf eingelegt wurde, führte das Amtsgericht H. einen inzwischen abgeschlossenen Kaufvertrag der Mutter des Klägers vom 11. Oktober 1994 aus. Durch diesen Kaufvertrag wurde das Grundstück der Flur 5, Flurstück 9 an Herrn Th. zum Kaufpreis von 60.000,-- DM veräußert. Der Erwerber wurde am 22. März 1995 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen.

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers forderten den Beklagten durch Schreiben vom 11. Mai 1998 und 26. Mai 1998 auf, erneute Eintragungsanträge zu stellen. Diese wurden durch Beschluss des Amtsgerichts H. vom 24. August 1998 wiederum zurückgewiesen. Die Beschwerdekammer des Landgerichts F. wies das Amtsgericht H. durch Beschluss vom 19. Januar 1999 zur erneuten Bescheidung der Eintragungsanträge an. Nach Auffassung des Landgerichts F. war eine Zustimmung nach § 1365 BGB nicht erforderlich, weil die Überlasserin noch über erhebliches Bankvermögen verfügte. Durch Beschluss vom 26.5.1999 - 2 W 39/99 und 2 W 42/99 - bestätigte der hiesige 2. Senat die Entscheidung des Landgerichts F.. Daraufhin wurde der Kläger als Eigentümer der verbliebenen Grundstücke im Grundbuch eingetragen. Von der Eintragung war das an den Erwerber Th. vom Preis von 60.000,-- DM veräußerte Grundstück nicht betroffen. Da dieses Grundstück zwischenzeitlich veräußert worden war und der Kläger hierfür den beklagten Notar verantwortlich macht, nimmt er ihn insoweit auf Schadensersatz in Anspruch. Zusätzlich begehrt er neben dem Ersatz des Verkehrswerts des Grundstücks auch die Erstattung von Anwaltskosten und die Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht des Beklagten.

Das Landgericht hat über die Klage durch Teil-Urteil und Schluss-Urteil entschieden und ihr im Wesentlichen stattgegeben. Wegen weiterer Einzelheiten und der erstinstanzlichen Anträge wird auf beide vom Beklagten angefochtenen Urteile Bezug genommen.

Der Beklagte ist der Auffassung:

Das Landgericht habe nicht durch Teil-Urteil entscheiden dürfen, weil die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen bestanden habe. Auch die nunmehr mögliche Entscheidung des Berufungsgerichts über Teil-Urteil und Schluss-Urteil beseitige den Verfahrensfehler des Landgerichts nicht.

Den Beklagten treffe keine Pflichtverletzung, denn der von ihm beurkundete Vertrag sei wirksam gewesen, weil eine Zustimmung nach § 1365 BGB nicht erforderlich gewesen sei. Außerdem fehle es an der Kausalität, weil die Mutter des Klägers den Überlassungsvertrag aus Gründen, die dem Beklagten nicht erkennbar gewesen seien, angefochten habe. Sofern der Vertrag wirksam sei, fehle es an einem Schaden des Klägers, weil er durchsetzbare Erfüllungs- oder Schadensersatzansprüche gegen seine Mutter besessen habe. Insoweit habe auch eine anderweitige Ersatzmöglichkeit bestanden. Die Durchsetzung dieser Ansprüche sei dem Kläger zumutbar gewesen.

Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei fehlerhaft. Deshalb müsse die Beweisaufnahme erforderlichenfalls wiederholt werden.

Bei der Schadensberechnung habe das Landgericht die Wertsteigerungen übersehen, die dadurch eingetreten seien, dass die Mutter des Klägers Ausbauleistungen auf ihre Kosten erbracht habe.

Eine etwaiger Schadensersatzanspruch sei verjährt. Zu Verhandlungen über den Schadensersatzanspruch sei es nicht gekommen.

Die vom Kläger geltend gemachten Anwaltskosten seien durch Schriftsatz vom 25. April 2001 bestritten worden.

Das Feststellungsinteresse fehle, weil eine Schadensersatzforderung bezifferbar sei.

Der Beklagt beantragt,

1. das angefochtene Teil-Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen,

2. das angefochtene Schlussurteil zu ändern und die Klage auch insoweit abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger erwidert:

Eine etwaige Unzulässigkeit des Teil-Urteils habe sich dadurch erledigt, dass der Senat nunmehr über das Teil- sowie das Schluss-Urteil einheitlich entscheiden könne.

Durch den Notarfehler des Beklagten sei es möglich geworden, dass ein Grundstück durch Vertrag vom 11. Oktober 1994 anderweitig habe verkauft werden können. Dieser Schaden sei endgültig gewesen und nicht durch andere Vorteile ausgeglichen worden. Eine Klage gegen die Mutter des Klägers sei unzumutbar gewesen. Der Nachlass der am 27. Juli 1999 verstorbenen Mutter sei überschuldet.

Eine Wiederholung der Beweisaufnahme sei nicht notwendig.

Die Anfechtungserklärung der Mutter des Klägers sei ersichtlich unbegründet gewesen. Die Einrede der Verjährung greife nicht durch.

Ergänzend wird auf die von den Parteien im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.

1.

Das Landgericht hätte durch Teil-Urteil nur entscheiden dürfen, wenn die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen ausgeschlossen war. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, dass wegen des verbleibenden Anspruchs zumindest ein Grund-Urteil erlassen worden wäre, weil das Landgericht sonst im Schluss-Urteil etwa die Frage der anderweitigen Ersatzmöglichkeit oder der Verjährung hätte anders beurteilen und die Klage abweisen können. Auch ein unzulässiges Teil-Urteil muss wegen Verstoßes gegen § 301 ZPO nicht aufgehoben werden, wenn die Berufungen gegen das Teil-Urteil sowie das anschließend erlassene Schluss-Urteil beim Berufungsgericht zu einem Verfahren verbunden werden, weil dann eine einheitlich Entscheidung möglich ist (BGH NJW 1991, 3036). Dies ist hier aufgrund der Verbindung beider Rechtstreite durch den Beschluss des Senats vom 24.3.2003 der Fall.

2.

Der Beklagte hat bei der Beurkundung und dem Vollzug des Überlassungsvertrags vom 12. August 1994 eine Amtstätigkeit als Notar wahrgenommen. Daraus ist dem Kläger ein Schadensersatzanspruch gemäß § 19 BNotO erwachsen. Denn der Beklagte hat durch eine Pflichtverletzung den Kläger geschädigt. Die Pflichtverletzung sieht das Landgericht zutreffend darin, dass der Beklagte die Voraussetzungen des Zustimmungserfordernisses nach § 1365 BGB nicht geprüft und den Kläger nicht darüber belehrt hat.

Nach § 17 BeurkG soll der Notar den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben. Dabei soll er darauf achten, dass Irrtümer und Zweifel vermieden werden sowie unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden. Bestehen Zweifel, ob das Geschäft dem Gesetz oder dem wahren Willen der Beteiligten entspricht, muss der Notar Bedenken mit den Beteiligten erörtern. Diese Amtspflicht soll gewährleisten, dass der Notar eine rechtswirksame Urkunde errichtet, die den wahren Willen der Beteiligten widergibt.

Der Notar kann den Willen der Beteiligten nur dann rechtlich zutreffend erfassen und in die passende Form kleiden, wenn er den zugrunde liegenden Sachverhalt kennt. Deshalb muss er den Tatsachenkern des zu beurkundenden Geschäfts aufklären. Der Notar darf sich regelmäßig auf die tatsächlichen Angaben der Beteiligten ohne eigene Nachprüfung verlassen. Er muss aber bedenken, dass die Beteiligten entscheidende Umstände, auf die es für das Rechtsgeschäft ankommen kann, möglicherweise nicht erkennen oder rechtliche Begriffe, die auch unter Laien gebräuchlich sind und die sie ihm als Tatsachen vortragen, möglicherweise falsch verstanden haben. Eine regelungsbedürftige Frage muss der Notar an-sprechen, dazu den Willen der Parteien in Erfahrung bringen, die notwendigen Belehrungen erteilen und bei Bedarf eine entsprechende Regelung vorschlagen. Der Notar darf nicht erwarten, dass die Beteiligten diese Frage selbst erkennen und zur Erörterung stellen (BGH NJW 1996, 520, 521 m.w.N.).

Die Mutter des Klägers hat durch zwei Überlassungsverträge im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ihren Grundbesitz dem Kläger und ihrer Tochter überlassen. Wenn ein Beteiligter seinen gesamten Grundbesitz überträgt, muss auch in Betracht gezogen werden, dass er damit im Wesentlichen sein Vermögen veräußert und somit eine Zustimmung nach § 1365 BGB erforderlich ist. Die Zustimmung nach § 1365 BGB braucht nicht erteilt zu werden, wenn bei kleinen Vermögen 15 % des ursprünglichen Gesamtvermögens und bei großen Vermögen 10 % des ursprünglichen Gesamtvermögens beim übertragenden Ehegatten verbleiben (BGHZ 77, 293, 298 ff; NJW 1991, 1739, 1740). Ein Notar ist nicht verpflichtet, bei jedem Beurkundungsvorgang automatisch zu überprüfen, ob der Veräußerer im Wesentlichen das gesamte Vermögen überträgt und deshalb eine Zustimmung nach § 1365 BGB erforderlich ist: Eine Nachforschungs- und Belehrungspflicht ergibt sich aber, wenn für den Notar konkrete Anhaltspunkte für die Voraussetzungen eines Zustimmungserfordernisses nach § 1365 BGB vorhanden sind. Ergibt sich aufgrund der Nachforschung und Belehrung des Notars, dass es zweifelhaft ist, ob eine Zustimmung nach § 1365 BGB erforderlich ist, hat der Notar den Beteiligten nahe zu legen, vorsorglich die Zustimmung einzuholen (BGHZ 64, 246, 248 ff.).

Wenn der gesamte Grundbesitz, dessen Wert von den Beteiligten mit 300.000,-- DM angegeben wird, übertragen wird, ist es erforderlich, dass der Notar die Beteiligten auf das Zustimmungserfordernis des § 1365 BGB hinweist, weil die Gefahr des Scheiterns des Vertrags besteht, denn es muss ein erhebliches sonstiges Vermögen vorhanden sein, um die 10 %-Grenze der Nichtanwendbarkeit des § 1365 BGB zu erreichen. Eine zusätzliche Unsicherheit ergibt sich daraus, dass die Schätzung des Werts des Grundbesitzes durch Beteiligte unsicher ist und häufig mit einem höheren Wert gerechnet werden muss, weil im Kosteninteresse ein zu geringer Wert angegeben wird. Da der Beklagte zusätzlich auch das Testament der Mutter des Klägers beurkundet hat und der Wert des sonstigen Nachlasses nur 20.000,-- DM betragen haben soll, hätte vorsorglich der Hinweis auf das Zustimmungserfordernis erteilt werden müssen.

Selbst wenn die Tatsache, dass die Beteiligten den Ehemann der Überlasserin zur Beurkundung mitnehmen wollten, darauf hindeutet, dass bei ihnen zumindest ein Grundverständnis über ein mögliches Zustimmungserfordernis des Ehemanns vorhanden war, hätte der Beklagte die Einzelheiten erläutern und insbesondere darauf hinweisen müssen, dass eine etwaige vorher erteilte mündliche Zustimmung nicht ausreichen würde, weil im Grundbuchverfahren das Formerfordernis des § 29 GBO zu beachten ist. Eine Belehrung über das Zustimmungserfordernis des § 1365 BGB hat es, wie der Beklagte einräumt (Bl. 122 d.A.), anlässlich der Beurkundung nicht gegeben. Selbst wenn ein Zustimmungserfordernis nach § 1365 BGB objektiv unter Zugrundelegung des Beschlusses des Landgerichts F. vom 19. Januar 1999 nicht bestand, befreite dies den Beklagten nicht von der Nachforschung und Belehrung, weil es zumindest zweifelhaft war, ob der Vertrag an einer fehlenden Zustimmung scheitern würde, denn das Grundbuchamt des Amtsgerichts H. hatte die Eintragungsanträge wegen fehlender Zustimmung nach § 1365 BGB zurückgewiesen.

Ein weiterer Notarfehler liegt darin, dass der Beklagte nach Beurkundung der Überlassungsverträge vom 12. August 1994 nichts unternommen hat, um die Zustimmung des Ehemanns einzuholen. Ausweislich seines Schreibens vom 31. Oktober 1994 (Bl. 179 d.A.) war ihm bekannt, dass der Ehemann zur Beurkundung erscheinen sollte, aber aus Krankheitsgründen verhindert war. Der Beklagte hätte sich deshalb zeitnah um die Einholung einer Zustimmung bemühen müssen, um einen zweifelsfrei wirksamen Überlassungsvertrag beim Grundbuchamt einreichen zu können. Erst als der Ehemann seine Zustimmung verweigert hatte, hat der Beklagte sich am 27. Oktober 1994 mit ihm telefonisch in Verbindung gesetzt. Bei einer zügigen und konsequenten Bearbeitung des Überlassungsvertrags hätte die Frage des Zustimmungserfordernisses wesentlich früher geregelt werden können. Bei Erkrankung des Ehemanns hätte der Beklagte auch einen Hausbesuch zwecks Einholung der Zustimmung in Betracht ziehen müssen.

Dem Beklagten war aufgrund der Verfügung des Grundbuchamts des Amtsgerichts H. vom 7. November 1994 (Bl. 18 d.A.) bekannt, dass die fehlende Zustimmung nach § 1365 BGB als Eintragungshindernis angesehen wurde. Diese Verfügung zitiert eine Stellungnahme des Beklagten vom 3. November 1994. Nach der Verfügung vom 7. November 1994 hat der Beklagte gegenüber dem Grundbuchamt das Zustimmungserfordernis eingeräumt, wollte es aber für den Überlassungsvertrag des Klägers nicht angewandt wissen, weil dieser zeitlich vor dem Überlassungsvertrag mit der Schwester des Klägers beurkundet wurde und zu diesem Zeitpunkt nur ein Teil des Vermögens der Mutter übertragen wurde. Dem Beklagten muss vorgeworfen werden, dass er im Grundbuchverfahren die Auffassung des Grundbuchamts nicht mit den zutreffenden Argumenten entkräftet hat, die im Beschwerdeverfahren zum Erlass des Beschlusses des Landgerichts F. vom 19. Januar 1999 geführt haben. Selbst wenn der Beklagte sich an der weiteren Vertretung aufgrund einer Konfliktsituation gehindert gesehen hätte, hätte er dem Kläger eine anwaltlich Vertretung anraten müssen, weil die Auffassung des Grundbuchamts erkennbar anfechtbar war. Hierzu gehörte insbesondere der Hinweis, dass die Zurückweisung der Eintragungsanträge durch Beschluss vom 12. Dezember 1994 hätte überprüft werden müssen. Ohne diesen Hinweis war damit zu rechnen, dass der Überlassungsvertrag nicht durchgeführt und über die überlassenen Grundstücke anderweitig verfügt wurde.

3.

Der Beklagte hat zumindest fahrlässig gehandelt. Bei Anwendung der von einem Notar zu erwartenden Sorgfaltspflichten wäre es ihm möglich gewesen, die vorstehend angegebenen Pflichtverletzungen zu vermeiden.

4.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass der Vertrag auch bei ordnungsgemäßer Belehrung an der Anfechtung der Mutter des Klägers wegen Irrtums und arglistiger Täuschung gescheitert wäre. Der Irrtum bzw. die Täuschung der Mutter des Klägers soll darin bestanden haben, dass diese nicht gewusst haben will, dass sie durch den Überlassungsvertrag ihr Vermögen auf den Kläger übertrug und zu Lebzeiten über ihr Vermögen nicht mehr verfügen konnte. Die Berechtigung der Anfechtung wird allerdings durch das Schreiben des Beklagten vom 31. Oktober 1994 (Bl. 16) widerlegt, wonach der Beklagte die Überlasserin über die rechtlichen Konsequenzen des Überlassungsvertrags eingehend belehrt hat. Auf Nachfrage soll die Überlasserin bestätigt haben, dass sie alles verstanden habe und den Vertrag wolle. Des Weiteren zeigt auch die Tatsache, dass es aufgrund des Beschlusses des Landgerichts F. vom 19. Januar 1999 zur Eintragung des Klägers als Eigentümer der noch verbliebenen Grundstücke gekommen ist, dass die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung kein Eintragungshindernis darstellte.

Wenn der Beklagte ordnungsgemäß die Voraussetzungen des Zustimmungserfordernisses erforscht und darüber belehrt hätte, wäre der Überlassungsvertrag voraussichtlich ohne Hindernisse durchgeführt worden, weil entweder eine vorsorgliche Zustimmung des Ehemanns der Überlasserin hätte eingereicht oder das Grundbuchamt davon hätte überzeugt werden können, dass eine Zustimmung nicht erforderlich war. Dass der Ehemann der Überlasserin zunächst noch bereit war, die Zustimmung zu erteilen, ergibt sich aus den Aussagen der vom Landgericht vernommenen Zeuginnen K. und Kr. Allein die Tatsache, dass beide Zeuginnen mit dem Kläger verwandt sind, ist kein ausreichender Grund zur Wiederholung der Beweisaufnahme. Auf diese Beweisaufnahme kommt es im Übrigen nicht an, wenn man davon ausgeht, dass eine Zustimmung nach § 1365 BGB nicht erforderlich war und der Beklagte dies ohne Weiteres hätte erkennen und dem Grundbuchamt unter Vorlage der entsprechenden Unterlagen hätte nachweisen müssen.

Hätte der Beklagte pflichtgemäß die zurückweisende Entscheidung des AG H. angefochten und das fehlende Zustimmungserfordernis sachgerecht begründet, hätte er durch Beantragung einer rangwahrenden Vormerkung im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 76 Abs. 1 GBO verhindern können, dass anderweitige Eintragungsanträge während des Beschwerdeverfahrens zum Erfolg geführt hätten. Bei dieser Verfahrensweise wäre der Landwirt Th. nicht als Eigentümer des fraglichen Grundstücks im Grundbuch eingetragen worden.

5.

Der dem Kläger entstandene Schaden besteht zunächst im Verlust des an den Landwirt Th. veräußerten Grundstücks, der entsprechend dem Gutachten des Sachverständigen N. unter Berücksichtigung des Nießbrauchsrechts mit 59.000,-- DM zu bewerten ist.

Nach der Behauptung des Beklagten soll die Mutter des Klägers rund 400.000,-- DM in das Hofgrundstück investiert haben in der Annahme, der Überlassungsvertrag sei unwirksam. Der Umbau des Stallgebäudes in Ferienwohnungen soll das Grundstück des Klägers um mindestens 100.000,- DM wertvoller gemacht haben. Nach der Behauptung des Klägers wären die Investitionen auch aufgrund des Nießbrauchsvorbehalts erfolgt. Außerdem soll der Mutter bekannt gewesen sein, dass die Wirksamkeit des Überlassungsvertrags zumindest zweifelhaft gewesen sein soll. Ferner soll eine etwaige Vermögensmehrung durch einen auf 20 Jahre abgeschlossenen Mietvertrag unter Vereinbarung von Mietfreiheit aufgezehrt worden sein.

Vorteile können auf den Schaden anrechenbar sein, wenn ein innerer Zusammenhang besteht und der Schaden sowie der eingetretene Vorteil bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sind. Nicht anzurechnen sind allerdings freigiebige Leistungen Dritter, wenn sie nicht den Schädiger entlasten, sondern dem Geschädigten zugute kommen sollen. Es ist bereits zweifelhaft, ob überhaupt ein innerer Zusammenhang zwischen der verzögerten Ausführung des Überlassungsvertrags und den getätigten Investitionen besteht, denn aufgrund des Nießbrauchsvorbehalts waren die Investitionen für die Überlasserin auch bei Durchführung des Überlassungsvertrags sinnvoll. Dies steht einer Anrechnung der Aufwendungen für den Bau von Ferienwohnungen auf den Schadensersatzanspruch entgegen, weil das lebenslängliche Nießbrauchsrecht ein ausreichender Grund für die Investitionen war und demzufolge der Notarfehler keine Auswirkungen auf die Investitionsentscheidung hatte. Wenn die Mutter des Klägers diese Investitionen tätigte und bis zu ihrem Ableben keine Ansprüche an den Kläger stellte, obwohl ihr aufgrund des Beschlusses des Landgerichts F. vom 19. Januar 1999 die Wirksamkeit des Überlassungsvertrags bekannt war, spricht dies dafür, dass sie keine Ansprüche an den Kläger stellen wollte. Demnach hat der Beklagte, der für die Voraussetzungen einer Vorteilsanrechnung beweispflichtig ist, dieser Beweislast nicht genügt.

Der Kläger begehrt weiterhin den Ersatz von Anwaltskosten in Höhe von 14.340,85 DM (Bl. 214 d.A.) wegen der Vertretung im Grundbuch- und Beschwerdeverfahren. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 25. April 2001 eine überhöhte Kostenberechnung eingewandt und darauf hingewiesen, dass laut Rechnungsdurchschrift nur 10.530,-- DM gezahlt worden seien. Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2001 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers aber erwidert, der Kläger habe an sie am 8. Dezember 1999 restliche 3.810,60 DM gezahlt. Außerdem wurde zu den gebührenrechtlichen Einwendungen Stellung genommen. Diesem neuen Vortrag ist der Beklagte nicht mehr entgegengetreten. Demzufolge ist es unstreitig, dass der Kläger Anwaltskosten in Höhe von 14.340,85 DM gezahlt hatte. Soweit die Berufung beanstandet, das Landgericht habe die weitere Zahlung von 3.810,60 DM im Hinblick auf das frühere Bestreiten nicht als unstreitig behandeln dürfen, geht der Berufungsangriff fehl. Zwar ist eine Partei nicht gehalten, den von der Gegenpartei lediglich wiederholten Vortrag erneut zu bestreiten, wenn sie ihn schon vorher bestritten hat. Enthält der zusätzliche Vortrag aber neue Tatsachen, mit denen auf frühere Einwendungen eingegangen wird, ist die Gegenpartei gehalten, zu dem neuen Vortrag Stellung zu beziehen, wenn sie ihr Bestreiten aufrechterhalten will. Da dies nicht geschehen ist, durfte das Landgericht die vom Kläger behauptete zusätzliche Zahlung von 3.810,60 DM als unstreitig behandeln.

Die Anwaltskosten in Höhe von 14.340,85 DM stellen einen Schaden des Klägers dar, weil er die Kostenrechnung beglichen hat, denn mit seinem erstmaligen Bestreiten in der Berufung kann der Beklagte gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht gehört werden. Deshalb ist davon auszugehen, dass diese Aufwendung zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war. Der zur Schadensbeseitigung erforderliche Geldbetrag bemisst sich danach, was der Geschädigte bei verständiger Betrachtungsweise als angemessene, vertretbare Maßnahme der Schadensbeseitigung ansehen darf. Die tatsächlich aufgewandten Beseitigungskosten sind im Allgemeinen ein aussagekräftiges Indiz für die Erforderlichkeit. Da der Kläger einen tatsächlichen Schaden durch die Bezahlung der Kostenrechnung erlitten hat, kommt es nicht darauf an, ob die Kostenrechnung tatsächlich in allen Punkten einer Überprüfung standhält, denn der Kläger durfte als Rechtslaie von der Richtigkeit der Kostenrechnung ausgehen. Sollte es zu einer Überzahlung gekommen sein, könnte ein Ausgleich allenfalls über § 255 BGB erreicht werden. Da der Vertreter des Beklagten sich in der mündlichen Verhandlung auf die Rechte aus § 255 BGB berufen hat, war hinsichtlich eines Betrags in Höhe der Kostenrechnung eine Zug-um-Zug-Verurteilung auszusprechen, ohne dass die Berechtigung eines etwaigen Erstattungsanspruchs zu überprüfen war.

6.

Der Beklagte beruft sich darauf, dass aufgrund einer lediglich wegen Fahrlässigkeit bestehenden Haftung eine anderweitige Ersatzmöglichkeit in Gestalt eines Erfüllungs- oder Schadensersatzanspruchs gegen die Mutter des Klägers bestanden habe. Zwar hat der Kläger zunächst seine Ansprüche aus dem Überlassungsvertrag nicht geltend gemacht, so dass die Weiterveräußerung eines Grundstücks möglich wurde. Ob eine Klage gegen seine Mutter unzumutbar war und deshalb als anderweitige Ersatzmöglichkeit ausschied, weil möglicherweise die Gefahr bestand, dass seine Mutter das vom Beklagten beurkundete Testament geändert hätte, kann offen bleiben, denn nach § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO kommt es bei Amtsgeschäften nach §§ 23, 24 BNotO nicht auf eine anderweitige Ersatzmöglichkeit an. Da der Beklagte nach § 8 Abs. 4 des Überlassungsvertrags mit der Durchführung des Vertrags beauftragt war, kommt es bei Fehlern, die bei der Vollziehung des Vertrags auftraten, auf keine anderweitige Ersatzmöglichkeit an. Der Beklagte hat zumindest auch bei der Vollziehung Fehler begangen, weil er keine vorsorgliche Zustimmung nach § 1365 BGB einholte und einreichte oder das Grundbuchamt ausreichend davon überzeugte, dass eine Zustimmung nicht erforderlich war.

7.

Der Anspruch des Klägers ist nicht verjährt.

Der Beginn der 3-jährigen Verjährungsfrist nach § 852 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen hat. Ein Schaden ist entstanden, wenn durch die Verletzungshandlung eine Verschlechterung der Vermögenslage des Geschädigten eintritt, ohne dass bereits feststehen muss, ob der Schaden bestehen bleibt und damit endgültig wird. Das bloße Risiko eines Vermögensnachteils reicht für die Annahme eines Schadens nicht (BGH NJW 1999, 2041, 2042).

Der Schaden musste noch nicht mit der Zurückweisung der Anträge durch das Grundbuchamt entstehen, weil der Überlassungsvertrag noch ausführbar war und die Möglichkeit der Rangwahrung bestand. Wegen der noch verbliebenen Grundstücke ist der Überlassungsvertrag auch tatsächlich ausgeführt worden. Spätestens als der Landwirt Th. am 22. März 1995 als Eigentümer des fraglichen Grundstücks eingetragen wurde, war der Schaden eingetreten.

Kenntnis davon, dass der Landwirt Th. Eigentümer eines an den Kläger veräußerten Grundstücks geworden ist, hat der Kläger erst im Jahr 1998 im Zusammenhang mit der erneuten Stellung von Grundbuchanträgen erlangt. Dieser Gesichtspunkt ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert worden. Der Vertreter des Beklagten hat zu dem vom Kläger behaupteten Kenntniszeitpunkt erklärt, er könne keinen anderen Kenntniszeitpunkt angeben. Demzufolge ist davon auszugehen, dass die Klage rechtzeitig noch zu Beginn der Verjährungsfrist im Jahr 1998 erhoben worden ist.

8.

Wegen eines etwaigen weiteren Schadens muss ein Feststellungsinteresse angenommen werden, weil die Forderung vom Beklagten bestritten wird und damit zu rechnen ist, dass der Kläger noch mit weiteren Kosten belastet wird. Möglicherweise kommen aus den Beschwerdeverfahren Gerichtskostenforderungen auf ihn als Zweitkostenschuldner zu.

9.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO, 25 Abs. 2 GKG. Im Hinblick auf die geringe Höhe eines etwaigen weiteren Schadens erscheint es ausreichend, den Streitwert des Feststellungsantrags mit 1.000 € zu bemessen.

Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich.

Dem Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und Aussetzung des Verfahrens kann nicht stattgegeben werden, weil das beim Landgericht F. anhängige Verfahren für diesen Rechtsstreit nicht vorgreiflich ist und es somit auch an einer unmittelbaren Auswirkung jenes Verfahrens auf diesen Rechtsstreit fehlt.



Ende der Entscheidung

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