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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 05.04.2004
Aktenzeichen: 11 W 51/03
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 349 II | |
ZPO § 568 Satz 1 |
11 W 51/03
Beschluss
In dem Rechtsstreit
hat der 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig am 5. April 2004 beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Itzehoe vom 23. September 2003 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die zulässige sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Über die sofortige Beschwerde hat der Senat in voller Besetzung zu entscheiden. Der Senat folgt der in der obergerichtlichen Rechtsprechung zwischenzeitlich überwiegenden Auffassung, wonach der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen nicht Einzelrichter i.S.v. § 568 Satz 1 ZPO ist, so dass das Beschwerdegericht auch nicht durch eines seines Mitglieder als Einzelrichter entscheiden kann (OLG Karlsruhe NJW 2002, 1962 f.; OLG Frankfurt OLGR 2002, 250 ff.; OLG Schleswig - 16. Zivilsenat - SchlHA 2003, 168 f.; OLG Zweibrücken NJW 2002, 2722; OLG Celle Beschluss vom 25.9.2002, - 11 W 45/02 - Abdruck in Juris; Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 568 Rdn. 3; a.A. Kammergericht KGR Berlin 2003, 54 f.; Fölsch, MDR 2003, 308 ff.; Feskorn, NJW 2003, 856 ff.; vgl. auch BGH NJW 2003, 3636 f. und dazu die Entscheidungsbesprechung von Vollkommer, BGH-Report 2004, 191 f.).
Wortlaut und Systematik des Gesetzes sprechen dagegen, den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen als Einzelrichter im Sinne der genannten Vorschrift anzusehen. Das Gesetz behandelt die Zuständigkeit des Einzelrichters im Verfahren vor den Landgerichten erster Instanz in den §§ 348 und 348 a ZPO. In § 349 ZPO wird dagegen der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen gerade nicht als Einzelrichter bezeichnet. In § 350 ZPO unterscheidet das Gesetz für die Anfechtung ausdrücklich zwischen den Entscheidungen des Einzelrichters und denen des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen. Auch in § 105 Abs. 1 GVG wird der entscheidungsbefugte Vorsitzende der Kammer für Handelssachen nicht als Einzelrichter genannt, sondern in seiner Funktion als Vorsitzender. Aus § 349 Abs. 3 ZPO und § 105 Abs. 1 GVG ergibt sich im Übrigen, dass der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen bei einer Alleinentscheidung gerade die Kammer als Prozessgericht verkörpert (vgl. dazu auch Zöller/Gummer, a.a.O.). § 348 Abs. 3 und § 348 a Abs. 1 ZPO sind für ihn nicht anwendbar (vgl. § 349 Abs. 4 ZPO).
Der Reformgesetzgeber hat die Unterscheidung zwischen dem Einzelrichter einerseits und dem Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen andererseits nicht geändert. Er hat im Übrigen die Zuständigkeit des originären Einzelrichters im Beschwerdeverfahren als Ausnahme konzipiert (§ 568 ZPO). Auch das spricht dagegen, abweichend von Wortlaut und Systematik den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen als Einzelrichter i.S.d. § 568 ZPO anzusehen .
Die sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil das Landgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO) zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen abgelehnt hat, die durch das Beschwerdevorbringen nicht erschüttert werden.
Die Parteien haben in ihrem Vertrag über die Vermittlung von Dienstleistungsverträgen vom 25./29. November 1999 in § 3 Abs. 1 vereinbart, dass die Antragstellerin Anspruch auf eine Provision für alle von ihr vermittelten Vertragsverhältnisse zwischen der Antragsgegnerin und Kunden erwerben sollte. Dagegen sollte sie nach § 3 Abs. 6 keinen Anspruch auf die Erstattung von Bürokosten, Reisekosten und sämtlichen weiteren Kosten im Zusammenhang mit der Vertragserfüllung haben. Die Antragstellerin möchte nunmehr aber für den Zeitraum von Januar 2001 bis März 2002 - als das Vertragsverhältnisse endete - einen Teil der ihr entstandenen Fixkosten für die bei ihr angestellten Vermittler geltend machen. Dabei handelt es sich gerade nicht um einen Provisionsanspruch für die von ihr vermittelten Vertragsverhältnisse, sondern vielmehr um weitere Kosten, die in ihrem Büro im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit entstanden sind. Nach dem Wortlaut des Vertrages sollten solche Kosten von der Antragsgegnerin aber nicht erstattet werden.
Allerdings verweist § 3 Abs. 3 des genannten Vertrages zwischen den Parteien für die Berechnung der Höhe der Provision, deren Abrechnung sowie die einzelnen Zahlungsmodalitäten auf ein als Anlage 1 dem Vertrag beigegebenes Konditionenmodell. Zwischen den Parteien herrscht Einigkeit, dass dem Vertragstext selbst ein solches Konditionenmodell nicht beigefügt war. Vielmehr hat die Antragsgegnerin dieses Konditionenmodell erst einige Tage später mit Schreiben vom 1. Dezember 1999 der Antragstellerin übersandt. Darin war u.a. vorgesehen, dass sich die Antragsgegnerin an den Fixkosten für 4,5 Vermittler (Agents) mit monatlich 14.400,- DM beteiligt. Zudem waren - gestaffelt - Provisionen für Abschlüsse der Höhe nach genannt. Ausdrücklich mit Fettdruck hervorgehoben erscheint in dem Text dieses Konditionenmodells aber der Hinweis: "Befristeter Zeitraum: 1.12.1999 bis 29.2.2000". Die Antragstellerin hat diesem ihr unmittelbar im Anschluss an den Vertragsschluss mit Schreiben vom 1. November 1999 übersandten Konditionenmodell nicht widersprochen. Auf dieser Basis ist vielmehr in den nächsten drei Monaten abgerechnet worden. Unter dem 23. Februar 2000 übersandte die Antragsgegnerin der Antragstellerin ein weiteres Konditionenmodell nunmehr für den befristeten Zeitraum 1. März 2000 bis 30. April 2000, das gleiche geschah mit Schreiben vom 8. Mai 2000 für den Zeitraum Mai/Juni 2000 und mit Schreiben vom 27. Juni 2000 für den Zeitraum Juni bis Dezember 2000. Die Antragstellerin hat diesen Konditionenmodellen mit jeweils unterschiedlichen Konditionen regelmäßig nicht widersprochen. Erstmals in dem mit Schreiben vom 5. Januar 2001 für den Zeitraum Januar bis März 2001 übersandten Konditionenmodell sah die Antragsgegnerin allerdings keine Beteiligung an den Fixkosten für die sog. Agents mehr vor. Stattdessen war die dort genannte Abschlussprovision deutlich erhöht worden. Die Antragstellerin will diesem Konditionenmodell - was zwischen den Parteien streitig ist - mit einem Schreiben vom 8. Januar 2001 widersprochen haben. Tatsächlich ist auf diese Weise in der Folgezeit allerdings zwischen den Parteien abgerechnet worden.
Nach alledem hat sich die Antragstellerin jedenfalls konkludent darauf eingelassen, dass ihre Vergütung über die von der Antragsgegnerin angebotenen Konditionenmodelle hinsichtlich der Einzelheiten jeweils nur befristet vereinbart war. Für den Zeitraum nach Ablauf der Befristung bedurfte es deswegen regelmäßig einer neuen Einigung der Parteien. So sind die Parteien auch zunächst mehrfach verfahren, denn die Antragstellerin hat die ihr jeweils übersandten Konditionenmodelle für den Folgezeitraum konkludent gebilligt und nach deren Inhalt abgerechnet. Für den Zeitraum nach Ablauf eines befristeten Modells blieb der Antragstellerin im Übrigen nach dem Inhalt des genannten Vertrages der grundsätzliche Anspruch auf eine Provision für alle von ihr vermittelten Vertragsverhältnisse, dagegen aber gerade kein Anspruch auf sämtliche weiteren ihr entstehenden internen Kosten im Zusammenhang mit der Vertragserfüllung.
Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass die Konditionenmodelle nicht zeitlich befristet, sondern - wie die Beschwerde meint - "nur mit einer Zeitangabe versehen" waren. Die Konditionenmodelle, die die Antragstellerin gerade akzeptiert hat, enthalten ausdrücklich in Fettdruck den Hinweis: "Befristeter Zeitraum". Die dann folgende Zeitangabe beinhaltet für die Antragstellerin erkennbar und von ihr auch hingenommen die Befristung.
Es ist auch nicht ersichtlich, auf welcher Rechtsgrundlage die Antragstellerin Anspruch haben sollte, für den hier fraglichen Zeitraum ab Januar 2001 auf das erste Konditionenmodell gemäß dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 1. Dezember 1999 (für den Zeitraum bis 29. Februar 2000) zurückzugreifen, wie die Beschwerde hilfsweise meint. Auch dieses Konditionenmodell war für die Antragstellerin ersichtlich befristet. Es ist ohne Widerspruch der Antragstellerin mit Schreiben vom 23. Februar 2000 durch ein anderes Modell ersetzt worden, das aber wiederum nur für einen befristeten Zeitraum galt.
Für den Zeitraum von Januar 2001 bis März 2002 fehlt es mithin an einer Einigung der Parteien darüber, dass abweichend von ihrem Vertrag vom 25./29. November 1999 ein Anspruch der Antragstellerin auf Ersatz von Fixkosten wegen der bei ihr beschäftigten Mitarbeiter bestehen sollte. Die sofortige Beschwerde muss deshalb erfolglos bleiben.
Ende der Entscheidung
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