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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 17.02.2004
Aktenzeichen: 12 UF 227/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1587 a II Nr. 4
BGB § 1587 a III Nr. 4
Barwertverordnung
Anwartschaften bei dem Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein sind weiterhin als im Anwartschaftsstadium statisch zu behandeln.
Beschluss

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig am 17. Februar 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird das am 05. November 1999 verkündete Verbund-Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Husum hinsichtlich des Ausspruches zum Versorgungsausgleich - Ziffer 2) des Tenors - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen geändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

Zu Lasten der Anwartschaften des Antragsgegners bei der Versorgungseinrichtung der Ärztekammer Schleswig-Holstein, Mitgliedsnummer: xxxxx, wird auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin, Versicherungsnummer 66 281049 W 510, eine monatliche Rentenanwartschaft von 1.361,07 DM, entsprechend 695,90 €, begründet, bezogen auf den 31.05.1997 als Ende der Ehezeit.

Die zu begründende Anwartschaft ist in Entgeltpunkte West umzurechnen.

Die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug bleiben gegeneinander aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden ebenfalls gegeneinander aufgehoben.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 8.350,80 € (695,90 € x 12) festgesetzt.

Gründe:

Die am 28. Oktober 1949 geborene Antragstellerin und der am 09. Juni 1948 geborene Antragsgegner hatten am 22. Juni 1973 miteinander die Ehe geschlossen.

Aus der Ehe sind drei gemeinsame Kinder hervorgegangen.

Nachdem sich die Parteien Ende 1994 getrennt hatten, ist der Scheidungsantrag der Antragstellerin dem Antragsgegner am 26. Juni 1997 zugestellt worden. Die Rechtskraft der Scheidung ist am 15. Februar 2000 eingetreten.

Während die Antragstellerin Zahnärztin ist und Renten- bzw. Versorgungsanwartschaften bei der Verfahrensbeteiligten zu 1) und dem Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein erworben hat, ist der Antragsgegner Hautarzt und hat Renten- bzw. Versorgungsanwartschaften bei der Verfahrensbeteiligten zu 1) und der Versorgungseinrichtung der Ärztekammer Schleswig-Holstein erworben.

Nach den im ersten Rechtszug eingeholten Einkünften der Verfahrensbeteiligten haben die Parteien in der gesetzlichen Ehezeit gemäß § 1587 Abs. 2 BGB vom 01.06.1973 bis zum 31.05.1997 folgende Rentenanwartschaften erworben:

Antragsgegner

a)

gemäß Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 12. Mai 1998 monatliche Rentenanwartschaften von 58,82 DM.

b)

Nach der Auskunft der Versorgungseinrichtung der Ärztekammer Schleswig-Holstein vom 21. Oktober 1997 betragen die volldynamischen Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners monatlich 3.433,68 DM

Summe der Anwartschaften 3.492,50 DM.

Antragstellerin

a)

Nach der Auskunft der Buundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 21. Oktober 1997 hat die Antragstellerin in der Ehezeit gesetzliche Rentenanwartschaften von 163,23 DM erworben.

b)

Nach der Auskunft des Versorgungswerks der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein vom 04. September 1997 hat die Antragstellerin in der Ehe teildynamische Anwartschaften in Höhe von monatlich 1.582,10 DM erworben.

Mit der vom Antragsgegner angegriffenen Entscheidung über den Versorgungsausgleich in dem am 05. November 1999 verkündeten Verbund-Urteil hat das Familiengericht den Versorgungsausgleich wie folgt geregelt:

Zu Lasten der Anwartschaften des Antragsgegners bei der Versorgungseinrichtung der Ärztekammer Schleswig-Holstein, Mitgliedsnummer: 25534, wird auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin, Versicherungsnummer: 66 281049 W 510, eine monatliche Rentenanwartschaft von 1.450,48 DM begründet, bezogen auf den 31.05.1997 als Ende der Ehezeit.

Für seine Entscheidung hat das Familiengericht die teildynamischen Anwartschaften der Antragstellerin bei dem Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein nach der alten Barwertverordnung dynamisiert in monatliche Versorgungsanwartschaften von 428,31 DM.

Die Summe der Anwartschaften der Antragstellerin betrug somit 591,54 DM.

Da der Antragsgegner mit 3.492,50 DM die höheren Anwartschaften erworben hat, hat das Familiengericht diesen für ausgleichspflichtig angesehen.

Die Hälfte der Differenz der Anwartschaften von 2.900,96 DM : 2 = 1.450,48 DM hat es im Wege des Quasi-Splittings zugunsten der Antragstellerin ausgeglichen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde. Er macht insbesondere geltend, dass die unterschiedliche Behandlung der Anwartschaften der Parteien als teilweise volldynamisch (Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners bei der Versorgungseinrichtung der Ärztekammer Schleswig-Holstein) und teilweise statisch (Anwartschaften der Antragstellerin beim Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein) zu ungerechten und verfassungswidrigen Ergebnissen führe, insbesondere die Umrechnung gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 BGB mit Hilfe der Barwertverordnung.

Außerdem beanstandet er mit seiner Beschwerde die Auskunft der Verfahrensbeteiligten zu 1) im Hinblick auf die geänderten Vorschriften zur Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten.

Der Antragsgegner beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Versorgungsausgleich abweichend zugunsten des Antragsgegners zu regeln.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist teilweise begründet und führt zu der sich aus dem Tenor ergebenden Änderung des Ausspruches des angegriffenen Urteils zum Versorgungsausgleich.

Nach den im Beschwerdeverfahren eingeholten Auskünften der Verfahrensbeteiligten ergibt sich folgendes Bild:

Anwartschaften des Antragsgegners

a)

Mit ihrer Auskunft vom 20.05.2003 hat die Verfahrensbeteiligte zu 1) den Fortbestand und die Richtigkeit ihrer Auskunft vom 12.05.1998 bestätigt. Es ist daher weiterhin von Anwartschaften des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 58,82 DM auszugehen.

b)

Mit Schreiben vom 13. Mai 2003 hat die Versorgungseinrichtung der Ärztekammer Schleswig-Holstein mitgeteilt, dass ihre Auskunft vom 21. Oktober 1997 weiterhin gültig ist.

Es ist daher von monatlichen Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners in Höhe von 3.433,68 DM auszugehen.

Ausweislich der Mitteilung der Versorgungseinrichtung der Ärztekammer Schleswig-Holstein vom 13.05.2003 sind ihre Leistungen und Anwartschaften zum 01.01.2002 um 1,25 % und zum 01.01.2003 um 1,15 % erhöht worden.

Damit wird auch nach der neuesten Rechtsprechung des Senates - veröffentlicht in SchlHA 2004 S. 23 - bestätigt, dass die Anwartschaften des Antragsgegners bei der Versorgungseinrichtung der Ärztekammer Schleswig-Holstein volldynamisch sind.

Die Summe der Anwartschaften des Antragsgegners beträgt daher 3.492,50 DM.

Anwartschaften der Antragstellerin

a)

Nach der vom Senat im Beschwerdeverfahren eingeholten neuen Auskunft der Verfahrensbeteiligten zu 1) vom 01.03.2000 hat die Antragstellerin in der gesetzlichen Ehezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung monatliche Rentenanwartschaften von 208,20 DM erworben.

Auf die Bitte des Senates vom 29.04.2003 zu prüfen, ob die bisherige Auskunft weiterhin Bestand habe, hat die Verfahrensbeteiligte zu 1) keine neue Auskunft erteilt, weil nur für den Fall einer Änderung der bisherigen Auskunft vom 01.03.2000 eine neue Auskunft erbeten worden war.

Es ist daher von den Rentenanwartschaften der Auskunft vom 01.03.2000 auszugehen. Auszugehen ist somit auch davon, dass die Kindererziehungszeiten auf Seiten der Antragstellerin zutreffend berücksichtigt sind.

b)

Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein Im Beschwerdeverfahren hat das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein die erstinstanzliche Auskunft vom 04. September 1997 auf das Beschwerdevorbringen des Antragsgegners um die detaillierte Berechnung des Versicherungsmathematikers Karras vom 04.09.1997ergänzt. Aus dieser ergänzenden Berechnung ergeben sich weiterhin die vom Familiengericht ermittelten und angesetzten statischen Anwartschaften in Höhe von monatlich 1.582,10 DM.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners sind die Anwartschaften der Antragstellerin bei dem Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein als im Anwartschaftsstadium statisch zu behandeln. An dieser Beurteilung,die auch vom Bundesgerichtshof in FamRZ 1996, S. 481 f. bestätigt worden ist, ist weiterhin festzuhalten.

Die Beurteilung, ob Anwartschaften im Anwartschaftsstadium statisch oder dynamisch sind, hängt von der Satzung des Versorgungswerks ab.

In der Ausgestaltung ihrer Satzungen sind die Versicherungsträger, also auch das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein, frei. Anhaltspunkte dafür, dass die Satzung des Versorgungswerks der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein gesetz- oder verfassungswidrig sein könnte, sind nicht ersichtlich.

Für die Entscheidung des vorliegenden Falles ist daher von den Bestimmungen der Satzung auszugehen. Die Satzung des Versorgungswerks der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein enthält keine Regelung dahin, dass die Anwartschaften im Anwartschaftsstadium in gleicher Weise steigen bzw. angepasst werden, wie die Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Vielmehr enthält § 25 Abs. 3 ausdrücklich nur die Regelung für die Anpassung der Kaufkraft der Versorgungsleistungen des Versorgungswerks und gerade nicht der gezahlten Beiträge. Auch die weiteren Ermittlungen des Senats gemäß

Auflagenbeschluss vom 03. September 2003 haben keine Anhaltspunkte für eine Dynamik im Anwartschaftsstadium erbracht. Der Bundesgerichtshof hat in seiner zitierten Entscheidung anhand der Satzung des Versorgungswerkes der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein festgestellt, dass die Versorgungsanwartschaften bei diesem Versorgungswerk im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium volldynamisch sind. Da die Satzung des Versorgungswerks der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein seit dieser Entscheidung nicht geändert worden ist, besteht für den Senat kein Anlass, die Anwartschaften bei der Verfahrensbeteiligten zu 3) im Anwartschaftsstadium nicht als statisch anzusehen.

Den vom Antragsgegner geltend gemachten Bedenken gegenüber der Dynamisierung statischer Anwartschaften nach der alten Barwertverordnung ist durch die neue Barwertverordnung in ausreichendem Maße Rechnung getragen worden (vgl. auch BGH FamRZ 2003 S. 1639). In Anwendung der neuen Barwertverordnung sind die statischen Anwartschaften der Antragstellerin von monatlich 1.582,10 DM wie folgt umzurechnen:

Eheende: 31.05.1997

Alter der Antragstellerin bei Eheende 47 Jahre

Ehezeitanteil: 1.582,10 DM x 12 18.985,20 DM.

Ermittlung des Barwerts

Nach der neuen Barwertverordnung, § 2 Abs. 2 S. 1, S. 4 ist die Tabelle 1 zu verwenden. Der sich dem Alter entsprechend ergebende Tabellenbetrag ist gemäß § 2 Abs. 2 S. 4 der Barwertverordnung um 65 % zu erhöhen. Da die Antragstellerin bei Ende der Ehezeit 47 Jahre alt war, beträgt der Vervielfacher 4,2. Bei einer Erhöhung um 65 % ergibt sich ein Vervielfacher von 6,93.

Der Barwert beträgt daher:

18.985,20 DM x 6,93 = 131.567,436 DM.

Dieser Barwert ist nach Tabelle V 2 der Versorgungsausgleichstabellen (Beilage NJW 2004, Heft 5) in Rentenanwartschaften umzurechnen. Der Faktor für das erste Halbjahr 1997 beträgt 0,0042727832. Die Rentenanwartschaft beträgt: 131.567,436 DM x 0,0042727832 562,16 DM.

Die Summe der Anwartschaften der Antragstellerin beträgt daher 770,36 DM.

Da der Antragsgegner mit 3.492,50 DM höhere Anwartschaften erworben hat, ist er ausgleichspflichtig. Der Ausgleich ist in einem Schritt im Wege des Quasi-Splittings vorzunehmen: 3.492,50 DM - 770,36 DM = 2.722,14 DM : 2 1.361,07 DM entsprechend 695,90 €.

Da der Bundesgerichtshof die Anwartschaften bei dem Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein in seiner Entscheidung vom 20. September 1995 - FamRZ 1996 S. 481 f. - als im Anwartschaftsstadium statisch beurteilt hat und der Senat von dieser Beurteilung nicht abweicht, sieht der Senat keinen Grund, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Dies gilt auch hinsichtlich der Kritik des Antragsgegners an der Dynamisierung statischer Anwartschaften mit Hilfe der neuen Barwertverordnung, denn der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung FamRZ 2003 S. 1639 klargestellt, dass mit der geänderten Barwertverordnung seinen Bedenken in dem Beschluss vom 05.09.2001 Genüge getan ist.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 93 a, 17 a GKG.

Ende der Entscheidung

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