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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 27.08.2007
Aktenzeichen: 12 UF 80/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 127 a
BGB § 1360 a Abs. 4
BGB § 1361 Abs. 4 S. 4
BGB § 823 Abs. 2
1. Mangels gesetzlicher Regelung steht geschiedenen Ehegatten kein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss im Sinne des § 1360 a Abs. 4 BGB zu.

2. Soweit die Gegenseite vor Rechtskraft der Scheidung mit der Zahlung von Prozesskostenvorschuss in Verzug gekommen ist, kann dies nur einen Schadensersatzanspruch begründen. Ein Anspruch auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung gegenüber der Gegenseite (§ 127a ZPO) besteht nicht.


12 UF 80/07

Beschluss

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig am 27. August 2007 beschlossen:

Tenor:

I.) Der Antrag der Antragsgegnerin vom 24.05.2007, ihr Prozesskostenhilfe für Prozesskostenvorschussanträge zu diesem Verfahren und zum Verfahren 12 UF 79/07 zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

II.) Der Antragsgegnerin wird für den Berufungsrechtszug Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. C. bewilligt für folgende Anträge:

1.) die Berufung des Antragstellers zurückzuweisen.

2.) das angefochtene Verbundurteil auf die Berufung der Antragsgegnerin zu ändern und den Antragsteller zur Zahlung von 900 € nachehelichen monatlichen Unterhalts zu verurteilen (Gesamtunterhalt).

Im übrigen wird der Antrag der Antragsgegnerin vom 27.06.2007 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Gründe:

I.) Der an das Oberlandesgericht gerichtete Antrag der Antragsgegnerin vom 24.05.2007 kann nur als Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 127a Abs.1 ZPO verstanden werden, da für eine Klage auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses das Familiengericht zuständig wäre. Nach § 127a Abs.1 ZPO kann das Prozessgericht auf Antrag einer Partei durch einstweilige Anordnung die Verpflichtung zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses für den betreffenden Rechtsstreit unter den Parteien regeln. Gemäß § 620a Abs.4 S.3 ZPO ist für die einstweilige Anordnung das Berufungsgericht zuständig, wenn die betreffende Unterhaltssache im zweiten Rechtszug anhängig ist. So liegt der Fall hier.

Dem so auszulegenden Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann jedoch nicht entsprochen werden. Zum einen hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt, dass sie nicht in der Lage ist, die für einen Anordnungsantrag nach § 127a Abs.1 ZPO erforderlichen Kosten aufzubringen. Diese betragen nach ihrem eigenen Vortrag nur 277,03 € + 330,34 €, mithin für beide Verfahren insgesamt 607,37 €. Da die Antragsgegnerin in dieser Höhe einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen den Antragsteller geltend macht, hätte sie darlegen müssen, dass letzterer vergeblich zur Zahlung dieses Betrages aufgefordert worden ist. Dazu hat die Antragsgegnerin weder etwas vorgetragen noch glaubhaft gemacht.

Zum anderen fehlt die für eine Prozesskostenhilfebewilligung gemäß § 114 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg. Ein Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses kann sich im vorliegenden Fall nur aus § 1361 Abs.4 S.4 i.V.m. § 1360a Abs.4 S.1 BGB ergeben. Nach diesen Vorschriften sind sowohl zusammen lebende Ehegatten als auch getrennt lebende Ehegatten verpflichtet, einander Prozesskosten vorzuschießen. Das gilt jedoch, da eine § 1361 Abs.4 S.4 BGB entsprechende Verweisung fehlt und eine Regelungslücke nicht angenommen werden kann, nicht für geschiedene Ehegatten (h.M., siehe Wendl/Staudigl-Scholz, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., § 6 Rn.22; Palandt-Brudermüller, BGB, 66. Aufl., § 1360a Rn.7; Zöller-Philippi, ZPO, 26. Auflage, § 115 Rn.67a, jeweils m.w.Nw.).

Im vorliegenden Fall sind die Parteien seit dem 02.08.2007 rechtskräftig geschieden. An diesem Tag ist der Scheidungsausspruch aus dem am 21.03.2007 verkündeten Verbundurteil des Familiengerichts gemäß § 629a Abs.3 ZPO rechtskräftig geworden, da die Berufungsbegründung der Antragsgegnerin der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 02.07.2007 zugestellt worden ist. Der Umstand, dass der Prozesskostenhilfeantrag der Antragsgegnerin vom 24.05.2007 bereits am 30.05.2007 - mithin vor dem Eintritt der Rechtskraft der Scheidung - beim Oberlandesgericht eingegangen ist, ändert nichts daran, dass ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss jetzt nicht mehr besteht und daher jetzt nicht mehr zugesprochen werden kann. Für die Beurteilung der materiellen Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. - soweit eine solche nicht stattfindet, der Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich.

Der vereinzelt vertretenen Ansicht, es dürfe dennoch eine einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn die Gegenpartei vor dem Eintritt der Rechtskraft der Scheidung mit der Bezahlung des Vorschusses in Verzug geraten ist (siehe Zöller-Philippi, ZPO, 26. Auflage, § 115 Rn.67a m.w.Nw.), vermag der Senat nicht zu folgen, da Verzug zwar nach §§ 280 Abs.2, 286 BGB zu einem Schadensersatzanspruch führen kann, ein Schadensersatzanspruch jedoch nicht Gegenstand einer einstweiligen Anordnung sein kann (siehe Wendl/Staudigl-Scholz, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., § 6 Rn.22).

II.) Der Antrag der Antragsgegnerin vom 27.06.2007 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren musste zurückgewiesen werden, soweit die Antragsgegnerin beantragt, den Antragsteller zur Auskunftserteilung hinsichtlich seiner Einkünfte nach dem Erbfall nach seinem Vater zu verurteilen und entsprechend Unterhalt nach den jetzigen Einkünften für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung an die Antragsgegnerin zu zahlen. Insoweit fehlt der Berufung der Antragsgegnerin die für eine Prozesskostenhilfebewilligung erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg. Eine neue Stufenklage kann als Folgesache im Verbundverfahren gemäß § 623 Abs.4 ZPO nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz anhängig gemacht werden.

Ende der Entscheidung

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