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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 02.05.2002
Aktenzeichen: 12 UF 82/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1570
BGB § 1579 Nr. 7
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen das Leben in einer verfestigten eheähnlichen Beziehung als Verwirkungsgrund gemäß § 1579 Nr. 7 BGB angesehen werden kann.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 UF 82/01

Verkündet am: 2. Mai 2002

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht sowie die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 06. März 2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lübeck (AZ: ) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um nachehelichen Ehegattenunterhalt seit 23. Januar 2001.

Nachdem die Parteien sich am 26. Dezember 1997 getrennt hatten, ist deren am 06. Dezember 1991 geschlossene Ehe durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lübeck vom 23.01.2001 (Az.: ) rechtsräftig geschieden worden. Aus der Ehe ist die gemeinsame, am 25. Januar 1994 geborene, Tochter Mi hervorgegangen. Mi lebt seit der Trennung bei der Klägerin, die auch das staatliche Kindergeld bezieht.

Nach der Trennung wandte sich die Klägerin dem Zeugen St., einem früheren gemeinsamen Freund der Parteien, zu. Die Parteien streiten darüber, ob und ggf. ab wann der Zeuge St. und die Klägerin in einer Weise zusammenleben, daß es sich um eine verfestigte eheähnliche Beziehung handelt.

Der am 15. Mai 1968 geborene Beklagte hat sich im Einvernehmen mit der Klägerin im Mai 1997 - vor der Trennung - selbständig gemacht und betreibt einen H-G-Shop (Motorradzubehör). Vorher war er angestellter Abteilungsleiter in einem Photolabor mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 3.000 DM. Nach anfänglichen Verlusten verzeichnet der Betrieb des Beklagten steigende Gewinne, wenn der Gewinn des Jahres 2001 auch um ca. 5.000 DM unter dem des Vorjahres lag.

Die am 16.02.1969 geborene Klägerin hat vor der Trennung trotz der Kindererziehung in demselben Photolabor wie der Beklagte gearbeitet. Von April 2001 bis jedenfalls März 2002 ging sie täglich vier Stunden vormittags einer Teilzeitbeschäftigung als Sekretärin nach.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

an sie einen nachehelichen Unterhalt (ab Rechtskraft der Scheidung) zu zahlen in Höhe von monatlich 832,00 DM.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält Unterhaltsansprüche gem. § 1579 Nr. 7 BGB für verwirkt, weil die Klägerin mit dem Zeugen St. in einer eheähnlichen Beziehung lebe.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, weil Unterhaltsansprüche der Klägerin wegen eines eheähnlichen Zusammenlebens mit dem Zeugen St. gem. § 1579 Nr. 7 BGB verwirkt seien.

Auf das angefochtene Urteil wird Bezug genommen.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie ist der Ansicht, ein Ausschluß des Unterhaltsanspruchs scheide bereits deswegen aus, weil sonst die Belange des Kindes nicht gewahrt würden, und behauptet, der Zeuge St. wohne nicht bei ihr, sondern in einer eigenen Wohnung in K. Er erledige seine Sachen wie Wäsche waschen selbst. Es sei nie so gewesen, daß sie ein Kind von dem Zeugen St. gewollt habe; sie habe nur überhaupt ein zweites Kind haben wollen. Ende 1999 seien der Zeuge St. und sie als Paar zusammengewesen. Sie hätten sich nur gestritten, sie sei noch nicht so weit gewesen, sich neu zu binden. Seit Anfang des Jahres 2000 seien sie nicht mehr als Paar zusammen, sondern nur noch gut befreundet. St. übernachte seit Ende 1999 nicht mehr bei ihr. Soweit sie Wassergeld für drei Personen gezahlt habe, habe sie nicht gewußt, wie sich der Betrag aufgeschlüsselt habe.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten entsprechend dem in erster Instanz zuletzt gestellten Antrag zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

Der Senat hat Beweis erhoben über die Frage eines Zusammenlebens der Klägerin mit dem Zeugen St. durch Vernehmung der Zeugen St., B., Sch. und Sch..

Der Zeuge St. hat ausgesagt:

Er sei kaufmännischer Angestellter und als Schiffsmakler tätig. Er verdiene monatlich netto 2.921 DM und erhalte ein 13. Monatsgehalt. Er habe in einem Anbau an seinem Elternhause in K eine eigene Wohnung, wo er einen eigenen Hausstand unterhalte. Er erledige seine Sachen selbst, u. a. wasche er seine Wäsche. Er sei etwa zwei- bis dreimal wöchentlich nach der Arbeit bei der Klägerin. Abends gehe er wieder nach Hause. Er übernachte selten bei ihr, wenn dies etwa nach Feiern oder Grillen der Fall sei, schlafe er auf dem Sofa. Die Klägerin und er hätten mal, etwa 1999, versucht, zusammenzuziehen. Sie hätten sich aber getrennt, weil das Zusammenwohnen unter einem Dach mit dem Vater der Klägerin nicht möglich gewesen sei. Er und die Klägerin hätten keine sexuelle Beziehung. Es könne aber sein, daß sie irgendwann mal zusammenzögen. Die Klägerin bekomme sein Auto, wenn sie es brauche. Er brauche es nicht täglich, denn er habe außerdem noch ein Motorrad. Die Klägerin, Mi und er seien zweimal zusammen bei Familienfeiern bei seinen Eltern gewesen. Wenn Wassergeld für die Wohnung der Klägerin für drei Personen gezahlt worden sei, beziehe sich dies auf das Jahr 1999, wo sie zusammengewohnt hätten. Die Klägerin und er hätten in der Vergangenheit kein Kind gewollt; er schließe aber nicht aus, daß man irgendwann zusammenkomme und ein Kind bekomme. Mi bezeichne ihn als Vater und seine Eltern als Großeltern. Er habe einen Schlüssel für die Wohnung der Klägerin. Dort habe er auch seine Motorradsachen, weil sein Motorrad in einer etwa 300 m von der Wohnung der Klägerin entfernt gelegenen Tiefgarage parke, wenn er sein Auto habe.

Der Zeuge B., der Vater der Klägerin, der eine Wohnung in demselben Reihenhaus wie die Klägerin bewohnt, hat ausgesagt:

Der Grund für den Streit zwischen der Klägerin und ihm liege darin, daß er sich keine Vorschriften machen lasse von einem, der da nicht hingehöre, und zwar von dem Zeugen St., der habe bestimmen wollen, was auf dem Grundstück geschehe. Er und seine Lebensgefährtin hätten den Zeugen St. am 24. Dezember 1997 kennengelernt. Seit Januar 1998 lebe dieser ständig, tagtäglich, im selben Haus in der Wohnung der Klägerin und übernachte dort auch ständig. Sein Auto habe stets vor der Tür gestanden; seit Dezember 2001, als die Zeugenladung vor den Senat erfolgt sei, werde der Wagen aber in Seitenstraßen geparkt. Der Zeuge St. gehe morgens regelmäßig von der Wohnung der Klägerin zur Arbeit und zwar zwischen 7.15 und 7.25 Uhr und kehre abends zurück. Man habe ihn täglich, auch im Garten, gesehen. Natürlich könne er nicht sagen, ob der Zeuge St. wirklich ausnahmslos jeden Tag da gewesen sei. Er habe nicht auf der Lauer gelegen, um den Zeugen St. zu beobachten. Da er in dem selben Haus die obere, im ersten Stock gelegene Wohnung bewohne, die Wohnungstür eine Glasfüllung habe und das Haus hellhörig sei, habe man seine Stimme gehört und ihn gesehen. Wenn die Tür geklappt habe, habe er schon hingeschaut. Es sei auch vorgekommen, daß der Zeuge St. morgens die Klägerin zur Arbeit und Mi in die Schule gebracht habe und anschließend mit Brötchen zurückgekehrt sei. Im Sommer habe die Wäsche des Zeugen St. im Garten zum Trocknen gehangen.

Die Zeugin Sch., die eine Wohnung in dem an das Haus der Klägerin angrenzenden Reihenhaus bewohnt, hat ausgesagt:

Sie könne zwar von ihrem Haus aus den Eingang zum Haus der Klägerin nicht sehen, weil es sich bei dem Grundstück um ein Eckgrundstück handele und der dortige Hauseingang zur Seite rausgehe. Im letzten Jahr (2001) habe sie den Zeugen St. aber häufig, mindestens drei- bis fünfmal wöchentlich, auch morgens und im Winter gesehen; er sei immer dagewesen.

Der Zeuge St. sei überwiegend morgens mit dem Hund spazieren gegangen. Sie habe auch gesehen, wie der Zeuge St. und die Klägerin einkaufen gegangen seien. In diesem Jahr (2002) sei sie weniger zu Hause, und sie habe ihn weniger gesehen. Im letzten Jahr habe sein Auto immer vor dem Haus gestanden; in diesem Jahr parke er den Wagen woanders, sie habe diesen etwa zweimal an der Seite gesehen. Sie habe nicht darauf geachtet; es habe sie auch nicht interessiert. Ob der Zeuge St. dort übernachtet habe, wisse sie nicht; sie und ihr Schwager, der Zeuge Klaus XX., hätten aber den Eindruck gehabt, die Klägerin und der Zeuge St. wohnten dort zusammen. Der Zeuge St. habe viel am Haus erledigt, u.a. habe er am Zaun gearbeitet. So habe er ihr erzählt, er müsse den Zaun wegnehmen, weil dieser nicht so hoch sein dürfe. Sie habe in den vergangenen Jahren den Zeugen St. schon mal morgens gesehen, wenn er weggefahren sei; jetzt allerdings weniger. Die Eltern des Zeugen St. seien auch gelegentlich zu Besuch gekommen, u. a. zum Grillen.

Der Zeuge Sch., der ebenfalls eine Wohnung in dem an das Haus der Klägerin angrenzenden Reihenhaus bewohnt, hat ausgesagt:

Es mögen geschätzt zwei Jahre her sein, daß der Zeuge St. bei der Klägerin wohne. Er habe ihn seitdem täglich gesehen. Sie hätten sich auch nett unterhalten. Der Zeuge St. habe viel dort im Garten gearbeitet und sei morgens zwischen 7.00 und 7.30 Uhr mit dem Hund spazieren gegangen. Er wisse, daß der Zeuge St. im Schichtdienst arbeite. Er habe den Zeugen St. zur Arbeit fahren sehen. Der Zeuge St. habe ihm, wahrscheinlich im Jahre 2000, gesagt, daß er mit Ni. (der Klägerin) zusammenwohne und daß sie vielleicht noch ein kleines Kind wollten. Im Jahr 2001 habe er St. oft gesehen, dieser sei von morgens bis abends dagewesen. Dagegen habe er ihn in letzter Zeit nicht mehr so oft gesehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil, die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten grundsätzlich einen Anspruch auf Ehegattenunterhalt gem. § 1570 BGB. Nach dieser Vorschrift kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm wegen der Erziehung eines gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

Das Maß des Unterhalts bestimmt sich gem. § 1578 Abs. 1 S. 1 nach den ehelichen Verhältnissen. Diese waren geprägt durch das Erwerbseinkommen des Beklagten und den Einkünften aus der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin.

Der Senat geht bei der Unterhaltsberechnung zunächst von den tatsächlichen Einkünften des Beklagten aus seinem Gewerbebetrieb aus, auch wenn diese anfangs niedriger waren, als das frühere Gehalt des Beklagten als Angestellter. Denn unstreitig wurde der Entschluß zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit von den Parteien gemeinsam noch während bestehender Ehe vor der Trennung gefaßt. Damit ist der Grundstock für die spätere Entwicklung, welche zunächst in einem deutlichen Einkommensrückgang bestand, in der Ehe angelegt worden, so daß die Klägerin jetzt nicht verlangen kann, so gestellt zu werden, als sei der Beklagte noch Angestellter mit einem monatlichen Nettogehalt von rund 3.000 DM.

Die Einkünfte des Beklagten ergeben sich aus den vorgelegten Einnahme-Überschußrechnungen der Jahre 1998 und 2000 sowie der unbestrittenen Angabe des Beklagten, daß das Einkommen des Jahres 2001 etwa um 5.000 DM geringer als das des Vorjahres gewesen sei. Der Senat hat aus den verschiedenen Jahreseinkommen einen Dreijahresdurchschnitt ermittelt und zwar für den Zeitraum 2001 bestehend aus den Einkünften der Jahre 1998 bis 2000, für den Zeitraum ab 2002 aus den Einkünften der Jahre 1999 bis 2001.

Hiervon sind abzuziehen die für die jeweiligen Jahre gezahlte Einkommensteuer sowie die Vorsorgeaufwendungen.

Soweit die Klägerin während des Unterhaltszeitraumes erwerbstätig war bzw. ist, rechnet der Senat von dem erzielten Einkommen nur 2/7 auf ihren Unterhaltsanspruch an, weil die Erwerbstätigkeit angesichts der Betreuung von Mi überobligatorisch ist.

Danach ergibt sich folgende Berechnung:

Gewinn 1998: 21.388,67 DM - Steuern 0,00 DM 21.388,67 DM

Gewinn 1999: 56.944,38 DM - Steuern 10.369,18 DM 46.575,20 DM Gewinn 2000: 64.408,65 DM - Steuern 6.062,76 DM 58.345,89 DM Gewinn 2001: Gewinn Vorjahr 58.345,89 DM - Einkommensrückgang 5.000,00 DM 53.345,89 DM

Dreijahresschnitt 1998 - 2000 (21.388,67 DM+46.575.20 DM+58.345,89 DM):3= 42.103,25 DM

Dreijahresschnitt 1999 - 2001 (46.575.20 DM+58.345,89 DM+53.345,89 DM):3= 52.755,66 DM

Die Unterhaltsansprüche für die einzelnen Zeiträume errechnen sich wie folgt:

23.01.2001 - 31.03.2001 Nettogewinn des Beklagten 42.103,25 DM : 12 = 3.508,60 DM - Krankenversicherung 309,75 DM - Rentenversicherung 200,00 DM - Berufsunfähigkeitsversicherung 262,10 DM - Altersvorsorgeaufwendungen 400,00 DM Nettoeinkommen 2.336,75 DM

Hiervon ist abzuziehen der Kindesunterhalt von 431,00 DM. Es verbleibt ein anrechenbares Einkommen von 1.905,75 DM. Der Quotenanspruch der Klägerin beträgt 3/7 des Einkommens des Beklagten, somit 816,75 DM.

Das unter Wahrung des Selbstbehalts des Beklagten zur Verfügung stehende Gehalt reicht nicht aus, um die Unterhaltsansprüche zu befriedigen. Es ist deshalb folgende Mangelfallberechnung durchzuführen:

Nettogehalt 2.336,75 DM - großer Selbstbehalt 1.600,00 DM Verteilungsfähige Masse 736,75 DM.

Der Gesamtbedarf der Unterhaltsberechtigten beträgt für Mi 431,00 DM und für die Klägerin 816,75 DM insgesamt 1.247,75 DM.

Die Unterhaltsansprüche können somit nur zu 59,05 % befriedigt werden.

Der Unterhaltsanspruch der Klägerin beträgt somit 482,29 DM, entsprechend 246,59 €, gerundet 247 €.

01.04.- 30.06.2001

Quotenanspruch wie oben 816,75 DM

Hierauf sind anzurechnen 2/7 des Einkommens der Klägerin als Sekretärin. Dieses beträgt ausweislich der Verdienst- bescheinigungen (Bl. 201 ff.) abzüglich Steuern und Sozialab- gaben monatlich netto 952,20 DM, 2/7 hiervon sind 272,06 DM Es verbleibt ein Anspruch von 544,69 DM

Es ist wiederum eine Mangelfallberechnung durchzuführen.

Verteilungsfähige Masse 736,75 DM. Der Gesamtbedarf der Unterhaltsberechtigten beträgt für Mi 431,00 DM und für die Klägerin 544,69 DM insgesamt 975,69 DM.

Die Unterhaltsansprüche können somit nur zu 75,51 % befriedigt werden.

Der Unterhaltsanspruch der Klägerin beträgt somit 411,30 DM, entsprechend 210,29 €, gerundet 210 €.

01.07.2001 - 31.12.2001

Der große Selbstbehalt ist erhöht worden und der Kindesunterhalt hat sich erhöht. Nettoeinkommen 2.336,75 DM

Hiervon ist abzuziehen der Kindesunterhalt von 444,00 DM. Es verbleibt ein anrechenbares Einkommen von 1.892,75 DM. Der 3/7 Anspruch beträgt somit 811,18 DM. Hierauf werden wieder angerechnet 2/7 des Einkommens der Klägerin 272,06 DM so daß ein Anspruch verbleibt von 539,12 DM

Es ist deshalb eine Mangelfallberechnung durchzuführen:

Nettogehalt 2.336,75 DM - großer Selbstbehalt 1.800,00 DM Verteilungsfähige Masse 536,75 DM.

Der Gesamtbedarf der Unterhaltsberechtigten beträgt für Mi 444,00 DM und für die Klägerin 539,12 DM insgesamt 983,12 DM.

Die Unterhaltsansprüche können somit nur zu 54,60 % befriedigt werden.

Der Unterhaltsanspruch der Klägerin beträgt somit 294,36 DM, entsprechend 150,50 €, gerundet 151 €.

Ab 01.01.2002 Nettogewinn des Beklagten 52.755,66 DM : 12 = 4.396,31 DM, entsprechend 2.247,80 € - Krankenversicherung 158,37 € - Rentenversicherung 102,26 € - Berufsunfähigkeitsversicherung 134,01 € - Altersvorsorgeaufwendungen 204,52 € Netto monatlich 1.648,64 €

Hiervon ist abzuziehen der Kindesunterhalt (2. Einkommensstufe wegen Nichterreichens des Bedarfs- kontrollbetrages) von 244,00 €. Es verbleibt ein anrechenbares Einkommen von 1.404,64 € Der Quotenanspruch der Klägerin beträgt 3/7 des Einkommens des Beklagten, somit 601,99 € Hierauf werden wieder angerechnet 2/7 des Einkommens der Klägerin von 485,01 € (Bl. 260 f.), somit 138,57 € so daß ein Anspruch verbleibt von 463,42 €, gerundet 463 €.

Das unter Wahrung des Selbstbehalts des Beklagten zur Verfügung stehende Gehalt reicht hier aus, um die Unterhaltsansprüche zu befriedigen. Es ist deshalb keine Mangelfallberechnung durchzuführen.

Soweit die Klägerin ab dem 01. April 2001 monatlich 15,00 DM (entsprechend 7,67 €) Gebühren für die Kindertagesstätte entrichtet, hat der Senat davon abgesehen, diesen Betrag bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen, weil sich dies nur geringfügig auf den - rechnerischen - Unterhaltsanspruch auswirken würde.

Diese Unterhaltsansprüche sind jedoch verwirkt gem. § 1579 Nr. 7 BGB, weil die Klägerin mit dem Zeugen St. in einer festen, eheähnlichen Beziehung lebt.

Das Zusammenleben des Unterhaltsberechtigten mit einem neuen Partner und das Erscheinungsbild dieser Verbindung in der Öffentlichkeit können dazu führen, daß die Fortdauer der Unterhaltsbelastung und des damit verbundenen Eingriffs in seine Handlungsfreiheit und Lebensgestaltung für den Unterhaltspflichtigen unzumutbar wird (vgl. BGH FamRZ 1983, 569, 572) und einen Härtegrund i.S. von § 1579 Nr. 7 BGB - darstellt, wenn sich diese Beziehung in einem solchen Maße verfestigt, daß damit gleichsam ein nichteheliches Zusammenleben an die Stelle einer Ehe getreten ist. Nach welchem Zeitablauf - und unter welchen weiteren Umständen - dies angenommen werden kann, läßt sich nicht allgemeinverbindlich festlegen. Vor Ablauf einer gewissen Mindestdauer, die im Einzelfall kaum unter zwei bis drei Jahren liegen dürfte, wird sich in der Regel nicht verläßlich beurteilen lassen, ob die Partner nur "probeweise" zusammen leben oder ob sie auf Dauer in einer verfestigten Gemeinschaft leben und nach dem Erscheinungsbild der Beziehung in der Öffentlichkeit diese Lebensform bewußt auch für ihre weitere Zukunft gewählt haben (vgl. BGH, FamRZ 1984, 986, 987; 1989, 487, 490 f.; 1997, 671, 672). Ist diese Voraussetzung erfüllt, dann kann von dem Zeitpunkt an, in dem sich das nichteheliche Zusammenleben der neuen Partner als solchermaßen verfestigte Verbindung darstellt, die Bedeutung der geschiedenen Ehe als Grund für eine fortdauernde unterhaltsrechtliche Verantwortung des Verpflichteten gegenüber seinem geschiedenen Ehegatten zurücktreten, und es kann für den Verpflichteten objektiv unzumutbar werden, den früheren Ehegatten unter derartig veränderten Lebensumständen gleichwohl weiterhin (uneingeschränkt) unterhalten zu müssen (BGH, FamRZ 1989, 487, 490 f.; BGH, FamRZ 1997, 671, 672).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, daß vorliegend der Härtegrund eines auf Dauer angelegten Verhältnisses der Klägerin zu dem Zeugen St. besteht. Die Klägerin und der Zeuge St. leben seit Anfang 1998, und nicht nur vorübergehend einige Monate im Jahre 1999, in einer verfestigten, eheähnlichen Beziehung miteinander. Diese Beziehung, welche sich auszeichnet durch ständige gegenseitige Hilfe und Unterstützung im Alltag, verbunden mit gemeinsamem Wohnen, gemeinsamer Freizeitgestaltung, gemeinsamen Betreuen von Mi sowie familiären Kontakten zu den Angehörigen des Zeugen St. und welche getragen ist von einem vertrauensvollen, freundschaftlichen Verhältnis und vor dem Hintergrund einer langfristigen gemeinsamen Zukunftsplanung, geht über eine bloße Freundschaft weit hinaus. So spricht Mi von dem Zeugen St. als "Papa" und von dessen Eltern als "Oma" und "Opa". Seit dieser Zeit wird die Freizeit miteinander verbracht, der Zeuge St. arbeitet am Haus und im Garten der Klägerin und bringt Mi häufig zur Schule. Seine Wäsche wird - auch - im Haus der Klägerin gewaschen.

Daß der Zeuge St. daneben noch eine eigene Wohnung in einem Anbau an sein Elternhaus hat, steht der Bewertung ihres nichtehelichen Zusammenlebens als eine ehegleiche Beziehung nicht entgegen (vgl. BGH, FamRZ 1984, 986, 987; BGH, FamRZ 1997, 671, 672). Auch ist unerheblich, ob zwischen der Klägerin und dem Zeugen St. eine geschlechtliche Beziehung besteht ( vgl. BGH Urt. v. 20.03.2002 - XII ZR 159/00).

Der Senat folgt zunächst der überzeugenden Beweiswürdigung des Familiengerichts (S. 5, 6 i. V. m. S. 3, 4 des angefochtenen Urteils), welches von einer verfestigten eheähnlichen Beziehung zwischen der Klägerin und dem Zeugen St. auf Grund von deren gemeinsamer Lebensplanung überzeugt war. Denn Mi bezeichnet den Zeugen St. als Papa, die Klägerin erklärte gegenüber der Sachverständigen F., sie und der Zeuge St. wollten eine Familie gründen und wünschten sich ein Geschwisterchen für Mi, und sie sähen sich viele freie Häuser an. Noch im Mai 2000 äußerte die Klägerin gegenüber der Sachverständigen den Wunsch nach einem zweiten Kind von dem Zeugen St., und in der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht am 07. September 2000 wurde die Rolle Mi. nach einem zu erwartenden 2. Kind erörtert, ohne daß die Klägerin dort ein gemeinsames Leben mit dem Zeugen St. für die Vergangenheit und Zukunft in Frage gestellt hätte.

Darüber hinaus läßt auch die Beweisaufnahme vor dem Senat keinen Zweifel daran, daß der Zeuge St. mit der Klägerin und Mi seit Anfang 1998 unter einem Dach wie eine Familie zusammenlebt.

Dies folgt zum einen aus der Aussage des Zeugen B., der mit der Klägerin in demselben Reihenhaus wohnt und der den Zeugen St. seit Anfang 1998 nahezu täglich, auch morgens und abends, gesehen und gehört hat. Der Zeuge ist Pensionär und hält sich überwiegend zu Hause auf, so daß er mitbekommt, wenn jemand das Haus betritt oder verläßt, zumal das Haus hellhörig ist. Wenn der Zeuge auch zunächst den Eindruck erweckte, als wisse er genau, daß der Zeuge St. sich ausnahmslos täglich dort aufhalte, hat er das "ausnahmslos" auf Nachfrage relativiert. Dies steht der Glaubhaftigkeit seiner Aussage aber nicht entgegen. Der Zeuge schilderte zunächst unbefangen seinen persönlichen Eindruck des ständigen dort Wohnens, um dann auf Nachfrage die objektiven Anknüpfungstatsachen für seinen Eindruck mitzuteilen.

Der Senat hat keinerlei Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen, auch wenn sich dieser mit der Klägerin und dem Zeugen St. überworfen hat. Zum einen machte der Zeuge einen besonnenen Eindruck und ließ erkennen, daß er sich seiner Verantwortung als Zeuge und der Bedeutung seiner Aussage bewußt war und seine Aussage auf der Grundlage seiner angespannten Erinnerung überlegt gemacht hat. Zum anderen erscheint das Zerwürfnis mit seiner Tochter und dem Zeugen St. nicht als so tief, daß er sich als pensionierter Justizbeamter zu einer Falschaussage hinreißen ließe. Hinzukommt, daß seine Aussage im wesentlichen von den Zeugen Sch. bestätigt wird.

Auch die Zeugin Sch. hat den Zeugen St. zumindest seit 2000 mehrmals wöchentlich gesehen und hatte deswegen und auf Grund weiterer Umstände, wie dem Parken des Autos, dem morgendlichen Ausführen des Hundes und der Arbeit des Zeugen St. an dem Haus der Klägerin den Eindruck, der Zeuge St. wohne dort.

Ebenso hat der Zeuge Sch. den Zeugen St. seit schätzungsweise 2000 nahezu täglich, u. a. bei der Gartenarbeit und beim morgendlichen Hundeausführen, gesehen. Der Zeuge Sch. hat zudem, anders als die übrigen Zeugen, auch häufiger mit dem Zeugen St. gesprochen. Besonderes Gewicht mißt der Senat dabei dem Umstand bei, daß der Zeuge St. gegenüber dem Zeugen Sch. erklärt hat, er wohne mit der Klägerin zusammen, und vielleicht bekämen sie noch ein Kind. Dies deckt sich mit dem Verhalten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 07. September 2000 in dem Sorgerechtsverfahren und den Ausführungen der Sachverständigen F., wonach die Klägerin ihr gegenüber im Mai 2000 den Wunsch nach einem Kind von St. geäußert habe. Soweit die Klägerin numehr behauptet, sie habe in dem Sorgerechtsverfahren nur von dem Wunsch nach einem zweiten Kind schlechthin, nicht aber von einem des Zeugen St., gesprochen, ist dies nicht zuletzt durch die Aussage des Zeugen Sch. widerlegt.

Der Senat geht auf Grund der Aussage des Zeugen B. auch davon aus, daß die verfestigte Beziehung zwischen der Klägerin und dem Zeugen St. bereits seit Anfang 1998 bestand, auch wenn sich die Erinnerung der Zeugen und Sch. auf die Jahre ab 2000 bezieht. Zum einen hat der Zeuge B. als unmittelbarer Hausbewohner und Vater der Klägerin den genaueren Eindruck und auch ein größeres Interesse daran, was im Haus vor sich geht und wer dort wohnt. Zum anderen nimmt der Zeuge die Wassergeldabrechnung für die Häuser und vor, und hat bereits am 25. Juni 1998 Nebenkosten auch für den Zeugen St. abgerechnet und erhalten (Bl. 29, 30 Unterakte UE). Zudem war die Beziehung zwischen der Klägerin und dem Zeugen St. bereits im Januar 1998 derart eng, daß sie unstreitig während eines mehrwöchigen Klinikaufenthaltes Anfang Januar bis Anfang Februar 1998 Mi nicht dem Beklagten als Vater, sondern dem Zeugen St. zur Betreuung anvertraute. Unstreitig lebten die Klägerin und der Zeuge St. jedenfalls 1999 für einige Zeit zusammen. Der Senat ist auch davon überzeugt, daß die Beziehung noch unverändert andauert. Soweit die Zeugen Sch. den Zeugen St. in letzter Zeit weniger gesehen haben, beruht dies offenbar auf prozeßtaktischem Verhalten der Klägerin, denn der Wagen des Zeugen St. wird nun in Seitenstraßen geparkt.

Ist nach alledem davon auszugehen, daß jedenfalls seit Anfang des Jahres 1998 eine verfestigte Beziehung zwischen der Klägerin und dem Zeugen St. begonnen hat, so ist nach einem Fortdauern der verfestigten Beziehung über drei Jahre bei den gegebenen Umständen unter Berücksichtigung der bereits Jahre vorher bestehenden Freundschaft nunmehr jedenfalls am 23. Januar 2001 ein Zeitpunkt erreicht, ab welchem die Bedeutung der geschiedenen Ehe der Klägerin als Grund für eine fortdauernde unterhaltsrechtliche Verantwortung des Beklagten, ihres früheren Ehemannes, zurücktritt und ab welchem es für diesen unzumutbar geworden ist, die Klägerin als seine frühere Ehefrau unter derartig veränderten Lebensumständen gleichwohl weiterhin (uneingeschränkt) unterhalten zu müssen.

Da die Klägerin die Tochter Mi betreut, ist ihr Unterhaltsanspruch nach § 1579 BGB nur zu begrenzen, soweit die Belange des Kindes, dessen Pflege und Erziehung gesichert bleiben muß, gewahrt sind. Das ist grundsätzlich der Fall, soweit der Unterhalt das Maß dessen übersteigt, was der betreuende Elternteil - ggf. zusammen mit seinen Erwerbseinkünften - zur Deckung seines Mindestbedarfs benötigt (vgl. BGH, FamRZ 1997, 671, 672). Auf den notwendigen Bedarf sind auch solche Einkünfte anzurechnen, die im Regelfall nicht als anrechenbares Einkommen berücksichtigt werden, wie z. B. das Kindergeld (OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 228) oder überobligationsmäßig erzieltes Einkommen (vgl. BGH FamRZ 1997, 873, 875).

Bei der hier gebotenen Billigkeitsprüfung können - neben anderen Kriterien - auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des neuen Partners des Berechtigten berücksichtigt werden (vgl. BGH FamRZ 1989, 487, 491; OLG Koblenz NJW-RR 1989, 5).

Der Senat hält es für billig, von der Klägerin trotz der Betreuung von Mi eine Erwerbstätigkeit im bisherigen Umfang zu verlangen, zumal die Klägerin auch während der Ehe und nach der Scheidung einer Teilzeit-Erwerbstätigkeit nachging.

Der notwendige Bedarf der Klägerin ist unter Berücksichtung ihrer eigenen Einkünfte, des Gehalts des Zeugen St. und des Kindergeldes gesichert.

Der Zeuge St. hat einschließlich des 13. Monatsgehalts ein monatliches Nettogehalt von rund 3.060 DM, entsprechend 1.568 € und damit ein Einkommen in der Größenordnung, wie es der Beklagte während der Ehe hatte. Das Gesamteinkommen der sozio-ökonomischen Lebensgemeinschaft F-St. setzt sich zusammen aus dem Einkommen des Zeugen St. in Höhe von rund 1.568 €, den Einkünften der Klägerin von rund 486 € und dem Kindergeld in Höhe von derzeit 154 €, insgesamt 2.208 €, und ist für zwei Erwachsene allemal auskömmlich, ohne daß die Kindesbelange gefährdet wären. An diesem Ergebnis änderte sich auch nichts, wenn die Klägerin ab dem 18. April 2002 nicht mehr ihr bisheriges Gehalt, sondern nur Arbeitslosengeld erhielte.

Angesichts dieser gesunden finanziellen Situation der neuen Lebensgemeinschaft hält es der Senat für unzumutbar und unbillig, wenn der Beklagte noch zu Zahlungen von Ehegattenunterhalt herangezogen würde.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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