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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 31.01.2003
Aktenzeichen: 13 WF 145/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 121 I
In Ehesachen ist im Rahmen der Prozesskostenhilfe wegen der existenziellen Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien regelmäßig die Beiordnung eines Anwalts geboten.
Gründe:

Gemäß § 121 Abs. 1 ZPO ist dem Antragsgegner in dem hier vorliegenden Anwaltsprozess (§ 78 Abs. 2 ZPO) ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beizuordnen. Soweit es um die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten gemäß § 81 ZPO geht, ist das Gericht unter den gesetzlichen Voraussetzungen zur Beiordnung verpflichtet (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 121 Rdn. 10). Die Tatsache, dass der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung am 02. Juli 2002 keinen eigenen Scheidungsantrag gestellt hat, sondern dem Antrag der Antragstellerin lediglich zugestimmt hat, ändert nichts daran, dass dem Antragsgegner auf seinen Antrag ein Rechtsanwalt beizuordnen ist. Denn in Ehesachen ist wegen der existenziellen Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien regelmäßig die Beiordnung eines Anwalts geboten. Der mittellosen Partei muss die Möglichkeit zugestanden werden, die mit der Scheidung und den Scheidungsfolgen zusammenhängenden vielfältigen und manchmal auch schwierigen Fragen persönlich mit dem Anwalt zu erörtern, und zwar nicht nur einmal, sondern mehrfach (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 121 Rdn. 37; OLG Brandenburg, FamRZ 1999, 1357). Im vorliegenden Fall geht es um die Scheidung einer Ehe, die am 26. November 1982 geschlossen worden ist. Angesichts der langen Ehezeit und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass aus der Ehe drei Kinder hervorgegangen sind, die zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages alle noch minderjährig waren, kann der Beiordnungsantrag des Antragsgegners nicht mit dem Argument zurückgewiesen werden, dass ein anwaltliches Tätigwerden für den Antragsgegner nicht erforderlich sei. Denn im Ehescheidungsverfahren waren vielfältige Rechtsfragen zu klären (Scheidung der Ehe; Unterhaltsansprüche des Ehepartners und der Kinder; Zugewinnausgleich; Versorgungsausgleich), die für den Antragsgegner von erheblicher Bedeutung sind. Der Antragsgegner wird nicht über die erforderlichen Rechtskenntnisse verfügen, so dass er auf eine neutrale Beratung angewiesen ist. Die entsprechende Beratung konnte nicht im Wege der Beratungshilfe erfolgen, da die Beratungshilfe gemäß § 1 Absatz 1 Beratungshilfegesetz auf Angelegenheiten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens begrenzt ist.

Die Notwendigkeit einer anwaltlichen Beratung ergibt sich im vorliegenden Fall auch aus dem konkreten Ablauf des Scheidungsverfahrens. Mit Verfügung vom 19. Februar 2002 hatte das Familiengericht die Parteien unter Übersendung eines Entwurfes über die Entscheidung zum Versorgungsausgleich aufgefordert, etwaige Gegenvorstellungen rechtzeitig vor dem Termin zu erheben. Dem Antragsgegner war es nur mit anwaltlicher Beratung möglich, die beabsichtigte Entscheidung zu überprüfen, da ein rechtlicher Laie kaum in der Lage sein dürfte, das Rechenwerk des Familiengerichts zu kontrollieren. Denn die Durchführung des Versorgungsausgleiches war hier nicht einfach, da zu den Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners auch Anwartschaften gegenüber der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost gehörten, die gemäß § 1587 a Abs. 3 und Abs. 4 BGB in eine dynamische Rente umzurechnen waren.

Unter Berücksichtigung aller Umstände muss dem Antragsgegner für das Ehescheidungsverfahren auf seinen Antrag ein Rechtsanwalt beigeordnet werden. Deshalb war der angefochtene Beschluss auf die sofortige Beschwerde dahingehend abzuändern, dass dem Antragsgegner der Rechtsanwalt H. aus E. als Prozessbevollmächtigter beigeordnet wird.

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