Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 16.10.2006
Aktenzeichen: 13 WF 179/06
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 48 Abs. 3 S. 1
Kindergeld, das von einem der Ehegatten bezogen wird, ist als Einkommen bei der Berechnung des Gegenstandswerts der Scheidung zu berücksichtigen.
13 WF 179/06

Beschluss

In der Familiensache

hat der 4. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 22. September 2006 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Itzehoe vom 18. September 2006 durch den Einzelrichter am 16. Oktober 2006 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Streitwertbeschluss wird teilweise geändert.

Der Streitwert für die Scheidung wird auf bis zu 4.000 EURO festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat Erfolg.

Vorab ist jedoch festzustellen, dass eine Festsetzung des Streitwertes für das Scheidungsverfahren auf den Mindestwert nach § 48 Abs. 3 Satz 1 GKG nicht etwa durch die jüngste Rechtsprechung des BVerfG ausgeschlossen ist. Entgegen einem häufig zum Ausdruck kommenden offenbaren Fehlverständnis verschiedener Anwälte befasst sich Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 23.8.2005 - 1 BvR 46/05 - AnwBl. 2005, 651) ausschließlich mit der Frage, ob eine Streitwertfestsetzung für das Scheidungsverfahren mit dem Mindestbetrag von 2.000 EURO allein auf die Tatsache beiderseitiger Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe gestützt werden kann bzw. in derartigen Fällen - wie in einzelnen Entscheidungen anderer Gerichte angenommen - sogar eine höhere Streitwertfestsetzung ausgeschlossen ist. Die Festsetzung mit dem Mindeststreitwert nach § 48 Abs. 3 Satz 2 GKG bleibt davon aber in denjenigen Fällen unbenommen, in denen sich nach den Regeln des § 48 Abs. 3 Satz 1 GKG kein höherer Streitwert ergibt.

Im vorliegenden Fall ist aber eine höhere Festsetzung als die vom Amtsgericht vorgenommene gerechtfertigt. Bei der Wertfestsetzung für ein Scheidungsverfahren ist gem. § 48 Abs. 3 Satz 1 GKG von dem in drei Monaten erzielten Nettoeinkommen der Eheleute auszugehen. Der Antragsteller hat ein Nettoeinkommen von knapp 1.000 EURO monatlich. Grundsätzlich zutreffend hat das Amtsgericht vom Nettoeinkommen des Antragstellers im Hinblick auf die Unterhaltspflicht für drei Kinder Abzüge vorgenommen. Da das Einkommen des Antragstellers jedoch nicht ausreicht, den Regelunterhalt für die drei Kinder zu begleichen, und weil auf der anderen Seite das Kindergeld zum Einkommen zu rechnen wäre (OLG Hamm, Beschl. v. 27.01.2006 - 11 WF 333/05, OLG-Report Hamm 2006, 241; anders OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.01.2006 - II-3 WF 298/05, OLG-Report 2006, 358), sieht der Senat hier von einem Abzug wegen der Unterhaltspflicht und von einer Anrechnung des Kindergelds ab, so dass von einem Nettoeinkommen des Antragstellers von 1.000 EURO monatlich auszugehen ist.

Auf Seiten der Antragsgegnerin ist das von ihr bezogene Erziehungsgeld in Höhe von 300 EURO zu berücksichtigen. Zwar hat das Erziehungsgeld keine Lohnersatzfunktion, sondern wird auch an Eltern gezahlt, die zuvor nicht erwerbstätig waren. Weil das Erziehungsgeld weder tatsächliche Einkommenseinbußen ausgleichen noch für den tatsächlichen Betreuungsaufwand entschädigen soll, wird durch den Bezug die Betreuung und Erziehung eines Kindes durch eine nicht oder nicht voll erwerbstätige, sorgeberechtigte Person in der ersten Lebensphase des Kindes allgemein gefördert (BVerfG v. 22.12.1993 - 1 BvR 54/93, FamRZ 1994, 363). Nach übereinstimmender Auffassung ist das Erziehungsgeld deswegen im Regelfall nicht als anrechenbares Einkommen bei der Bemessung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 21.06.2006 - XII ZR 147/04, BGHReport 2006, 1241). Bei der Bemessung des Streitwerts in Ehesachen ist das Erziehungsgeld jedoch zu berücksichtigen, weil es sich nicht um eine Sozialleistung handelt. Denn das Gesetz knüpft hinsichtlich der Gebührenberechnung mit der Bezugnahme auf das Einkommen (und das Vermögen) der Eheleute ersichtlich an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eheleute an. Zum "Nettoeinkommen" gehören daher nur reine staatliche Sozialleistungen wie Sozialhilfe nicht, die Ausdruck fehlender eigener Mittel der Empfänger sind (OLG Celle, Beschl. v. 19.05.2006 - 10 WF 466/05 OLG-Report Celle 2006 - noch nicht veröffentlicht - m.w.N.).

Insgesamt haben die Eheleute mithin ein anrechenbares Nettoeinkommen von monatlich etwa 1.300 EURO zur Verfügung gehabt, so dass der Streitwert für die Scheidung auf bis zu 4.000 EURO festzusetzen gewesen ist.

Ende der Entscheidung

Zurück