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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 01.09.2006
Aktenzeichen: 14 U 213/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB §§ 280 f
BGB § 765
1. Die Vereinbarungen zwischen Leasingnehmer und Leasinggeber zur Berechnung eines Schadensersatzes bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages sind für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Leasingnehmers und Ablehnung der Vertragserfüllung durch den Insolvenzverwalter entsprechend anzuwenden.

2. Der Leasinggeber genügt seiner Pflicht zur Schadensminderung bei vorzeitiger Vertragsbeendigung, wenn er dem Leasingnehmer nach Einholung eines Schätzgutachtens die Möglichkeit des Fahrzeugerwerbs zum Schätzungswert bietet.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

14 U 213/05

verkündet am: 01. September 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juli 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 09. November 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck (Az. 5 O 153/05) wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäss §§ 313 a Abs. 1 S. 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 14.736,06 € aus §§ 241 Abs. 1, 280 Abs. 1, 281, 765 Abs. 1 BGB i.V.m. den am 30. Oktober 2003 und 15. April 2004 zwischen der Klägerin und der Fa. C. geschlossenen Leasingverträgen über die Fahrzeuge Grand Cherokee und Sebring Limousine LX 2.7. Aufgrund der genannten Leasingverträge war die Fa. C., deren Geschäftsführer der Beklagte war, zur Zahlung von monatlichen Leasingraten in Höhe von 657,39 € und 360,95 € verpflichtet. Der Beklagte hat für alle Ansprüche der Klägerin aus den genannten Leasingverträgen jeweils eine schriftliche selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen, so dass er zur Zahlung der ausstehenden Leasingraten für die Monate Oktober und - anteilig - November 2004 verpflichtet ist. Die ausstehenden Leasingraten betragen ausweislich der Abrechnungsschreiben der Klägerin, die von dem Beklagten nicht bestritten sind, für den Pkw Grand Cherokee 813,41 € und die Sebring Limousine LX 2.7. 446,61 €.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf den in den Abrechnungsschreiben vom 28. Dezember 2004 und 03. Januar 2005 weiter geltend gemachten Schadensersatz in Höhe von insgesamt 13.476,04 €. Der Insolvenzverwalter der Fa. C. hat durch seine Erklärung vom 13. Oktober 2004 für die Gemeinschuldnerin ausdrücklich die Erfüllung der Leasingverträge abgelehnt, so dass eine Pflichtverletzung der Gemeinschuldnerin vorliegt, die einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus §§ 280 Abs. 1, 281 BGB begründet, für den der Beklagte aufgrund seiner Bürgschaften haftet. Der Schaden der Klägerin errechnet sich aufgrund der in die Leasingverträge einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der DaimlerChhrysler Services Leasing GmbH für das Leasen von Fahrzeugen (AGB) aus dem Abrechnungswert abzüglich des erzielten Verkaufspreises der Fahrzeuge (XV. Nr. 1 und 2 AGB). Die Leasingverträge sind hier zwar weder durch eine Kündigung (XIV AGB) noch aufgrund eines Totalschadens oder Verlustes des Fahrzeuges (X Nr. 6 AGB) beendet. Die Vereinbarungen zur Berechnung des Schadensersatzes sind hier aber für den Fall, dass über das Vermögen der Leasingnehmerin das Insolvenzverfahren eröffnet wird und der Insolvenzverwalter die Erfüllung der Verträge nach § 103 InsO ablehnt, entsprechend anzuwenden. Der Abrechnungswert setzt sich aus den abgezinsten ausstehenden Leasingraten zuzüglich eines vereinbarten Restwerts zusammen, von dem der durch einen Sachverständigen zu ermittelnde Schätzwert des Fahrzeuges abzuziehen ist. Bezüglich des Pkw Sebring hat die Klägerin zwar eine solche leasingtypische Schadensberechnung entsprechend dieser Vereinbarung nicht vorgenommen. Denn in die Abrechnung gegenüber dem Insolvenzverwalter ist allein der Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich des erzielten Kaufpreises eingestellt, der über die Restschuldgarantie eines Dritten abgesichert war. Diese Abrechnung begünstigt den Leasingnehmer jedoch nur, weil bereits die ausstehenden Leasingraten bis zu einer regulären Beendigung des Vertrages den hier geltend gemachten Betrag übersteigen. Gegen diese Abrechnung erhebt der Beklagte auch keine Einwendungen, so dass er den geltend gemachten Betrag schuldet. Hinsichtlich des Grand Cherokee hat die Klägerin die Abrechnung entsprechend dem Leasingvertrag anhand eines Abrechnungswertes von 35.258,51 € vorgenommen. Gegen diesen Abrechnungswert hat der Beklagte ebenfalls keine Einwendungen vorgetragen.

Soweit der Beklagte behauptet, die Wertermittlung durch den von der Klägerin beauftragten Sachverständigen sei falsch gewesen und das Fahrzeug Grand Cherokee habe tatsächlich einen erheblich höheren Wert als den vom Sachverständigen mit 22.350,00 € geschätzten und in der Abrechnung berücksichtigten Verkaufserlös von 23.691,00 € aufgewiesen, so kann er damit nicht gehört werden. Der Leasinggeber ist nach ständiger Rechtsprechung verpflichtet, sich bei einer vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages zur Schadensminderung mit zumutbarer Sorgfalt um die bestmögliche Verwertung des Fahrzeugs zu bemühen (BGH NJW 1997, 3166). Der Leasingnehmer ist darlegungs- und beweisbelastet für die Tatsachen, aus denen sich eine Verletzung dieser Schadensminderungspflicht des Leasinggebers nach § 254 Abs. 2 BGB ergeben soll. Der Leasinggeber genügt dieser Schadensminderungspflicht aber bereits dadurch, dass er dem Leasingnehmer nach Einholung eines Schätzgutachtens die Möglichkeit des Erwerbs des Fahrzeugs zu seinen Gunsten zum geschätzten Wert ermöglicht (OLG Schleswig, SchlHAnz. 2001, 113, 114; BGH NJW 1997, 3166, 3167). Die Klägerin hat hier ihrer Schadensminderungspflicht dadurch genüge getan, dass sie gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 01. Dezember 2004 den geschätzten Händlereinkaufswert von 22.350,00 € mitgeteilt und ihm die Möglichkeit zur Benennung eines Käufers bis zum 17. Dezember 2004 eingeräumt hat. Dem Abrechnungsschreiben lässt sich auch mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der Beklagte das Fahrzeug zum geschätzten Preis von netto 22.350,00 € erwerben konnte. In dem Schreiben heißt es insoweit wörtlich: "Hiermit geben wir Ihnen die Möglichkeit, bis spätestens zum 17.12.2004 den oben genannten Abrechnungswert zzgl. USt., offene Leasingraten per 02.11.2004 und ggf. entstandene Kosten auszugleichen oder uns schriftlich einen Kaufinteressenten zu benennen, der ein verbindliches Kaufangebot abgibt.". Die Verknüpfung des Kaufangebotes mit der Nennung des Abrechnungswertes könnte für sich genommen vielleicht dahingehend missverstanden werden, dass der gebotene Kaufpreis dem Abrechnungswert und nicht nur dem deutlich darunter liegenden Händlereinkaufswert entsprechen müsse, so dass die Klägerin dann ihrer Schadensminderungspflicht nicht genügt haben könnte. Allerdings ergibt sich die Schadensberechnung im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages auch aus den in die Verträge wirksam einbezogenen AGB der Klägerin. In diesen heißt es insoweit wörtlich (XV Nr. 2): "Der Leasing-Geber lässt durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder ein unabhängiges Sachverständigenunternehmen den Schätzwert des Fahrzeugs (Händlereinkaufswert) feststellen. Dieser Schätzwert wird zusammen mit dem Abrechnungswert dem Leasing-Nehmer schriftlich mitgeteilt. Gleichzeitig wird dem Leasing-Nehmer die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung dem Leasing-Geber einen Kaufinteressenten zu benennen, der innerhalb einer Woche ab Benennung das Fahrzeug zu einem über dem Schätzwert zuzüglich Umsatzsteuer liegenden Kaufpreis abnimmt und bezahlt." Der Beklagte konnte daher dem Abrechnungsschreiben der Klägerin im Zusammenhang mit den AGB entnehmen, dass für den zu zahlenden Kaufpreis nicht der Abrechnungswert, sondern der Schätzwert entscheidend war. Der Beklagte hat auch selbst nicht vorgetragen, insoweit einem Irrtum unterlegen und aus diesem Grund nicht zur Benennung eines Käufers in der Lage gewesen zu sein. Die in dem Schreiben eingeräumte Frist von etwa 2 Wochen ab Zugang des Schreibens vom 01. Dezember 2004 war ausreichend, um dem Beklagten eine tatsächliche Chance zur Benennung eines Käufers zu geben (vgl. OLG Dresden NJW-RR 1999, 703, 704). Der Beklagte hat der Klägerin einen Käufer nicht benannt. Soweit er vorträgt, Kontaktversuche mit der Daimler Chrysler Niederlassung in Lübeck hätten keinen Erfolg gehabt, so stellt dies nicht den Vortrag eines konkreten Kaufvertragsangebotes dar. Auch aus dem vorgetragenen Schriftwechsel ergibt sich nicht, dass er oder ein Dritter angeboten hätten, das Fahrzeug zum Schätzwert erwerben zu wollen.

Die Klägerin hat daher durch die anschließende Bewertung des Fahrzeuges zu einem noch darüber liegenden Preis von 23.691,00 € nicht gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, weil der Beklagte die Möglichkeit hatte, das Fahrzeug zu dem von ihm als deutlich zu gering bewerteten Schätzpreis von 22.350,00 € selbst oder durch einen Dritten zu erwerben und so den angeblichen tatsächlich höheren Wert zu realisieren. Es ist daher unerheblich, ob der vom Sachverständigen geschätzte Wert des Fahrzeuges tatsächlich deutlich zu gering gewesen ist, wie der Beklagte behauptet. Der Beklagte hat die ihm von der Klägerin eingeräumte Möglichkeit durch sein Schreiben vom 15. Dezember 2004 nicht wahrgenommen. Denn ein konkretes Kaufangebot unter Benennung eines bestimmten Kaufpreises ist diesem Schreiben nicht zu entnehmen. Das Schreiben spricht vielmehr dafür, dass der Beklagte weiterhin allein eine Fortführung des Leasingvertrages verfolgte ("Sollten Sie nicht doch noch einmal an dieser Stelle, unter diesen andere Vorzeichen dazu bereit sein, mir einen Leasingvertrag zur Verfügung zu stellen, der das vorliegende Problem sofort, wie den sehr fragwürdigen, derzeitigen Sachstand, für alle Beteiligten lösen würde."). Zu einer solchen Fortführung des Leasingvertrages war die Klägerin nach der Mitteilung des Insolvenzverwalters nicht verpflichtet, zumal sie bei einer Fortführung der Verträge allein mit dem Beklagten auf eine Sicherheit verzichtet hätte. Denn die ursprünglichen Verträge waren mit der Fa. C. geschlossen und der Beklagte hatte für die Verpflichtungen aus diesen Verträgen gebürgt. Aufgrund der Insolvenz der Fa. C. bestanden außerdem durchaus Zweifel auch an der Bonität des Beklagten als ihres Geschäftsführers.

Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, das Bewertungsgutachten des Sachverständigen hätte ihm übersandt werden und er hätte Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu erhalten müssen, so hat er mit dieser Einwendung im Ergebnis keinen Erfolg. Es wird zwar teilweise in der Tat vertreten, dass der Leasingnehmer in den Schätzvorgang einzuschalten und ihm rechtliches Gehör zu geben sei (Landgericht Frankfurt NJW-RR 1988, 1132; Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, 4. Aufl., Rnr. 1052). Selbst wenn man diesem folgen sollte, läge eine schuldhafte Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Klägerin hier nicht deshalb vor, weil sie dem Beklagten das Schätzgutachten erst im Rahmen des Rechtsstreits übermittelt hat. Denn aufgrund der vorliegenden Bewertung des Fahrzeugs durch den TÜV Leipzig als unabhängiges Sachverständigenunternehmen konnte die Klägerin davon ausgehen, dass der geschätzte Wert realistisch ist. Eine schuldhafte Verletzung der Schadensminderungspflicht läge daher selbst dann nicht vor, wenn das Gutachten tatsächlich einen zu geringen Wert ergeben haben sollte.

Die Klägerin hat gegen ihre Schadensminderungspflicht auch nicht deshalb verstoßen, weil sie auf das in dem Schreiben des Beklagten vom 29. September 2004 enthaltene Angebot nicht eingegangen ist. In dem genannten Schreiben hat der Beklagte lediglich in Anbetracht der bevorstehenden Insolvenz der Fa. C. angeboten, den Vertrag zu einer reduzierten Leasingrate zu übernehmen. Auf ein solches Angebot musste sich die Klägerin jedoch nicht einlassen. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Leasinggeberin generell im Rahmen der Schadensminderungspflicht verpflichtet sein kann, auf das Angebot eines Bürgen einzugehen, den Leasingvertrag mit ihm fortzusetzen. Der Klägerin war dies jedenfalls in diesem Fall nicht zuzumuten, weil der Beklagte ausdrücklich den Vertrag nur zu deutlich veränderten Bedingungen, nämlich mit einer Leasingrate von maximal 350,00 € gegenüber der vertraglich vereinbarten Leasingrate von 657,39 € fortzuführen bereit war. Zudem bestanden auch hier aufgrund der Insolvenz der Firma C. Bedenken an der Bonität des Beklagten als ihres Geschäftsführers und die Klägerin hätte auf eine in den ursprünglichen Leasingverträgen vereinbarte zusätzliche Sicherheit, die Stellung eines Bürgen, verzichtet. Soweit der Beklagte im Berufungsrechtszug weitergehende Behauptungen insoweit aufgestellt hat, sind diese allesamt unerheblich. Der Schriftsatz vom 27. Juni 2006 nebst Anlagen enthält keineswegs die in der Berufungsbegründung (dort S. 4) geschilderten Behauptungen. Dass der Beklagte nämlich die Übernahme des Leasingvertrages zu "gleichlautenden Bedingungen" angeboten habe, findet insbesondere im Schriftwechsel und den sonstigen vorgetragenen Umständen keinerlei tatsächliche Stützte. Dass der Beklagte angeblich die Fahrzeuge zum Schätzwert übernommen hätte, ist unbeachtlich, da nicht ersichtlich ist, dass und wann er dieses der Klägerin rechtzeitig mitgeteilt hat.

Die Klägerin hat aufgrund der vertraglichen Vereinbarung (XV Nr. 2. AGB) gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der in die Abrechnung hinsichtlich des Grand Cherokee eingestellten Kosten für die Bewertung des Grand Cherokee in Höhe von 90,00 €. Die Klägerin hat weiterhin Anspruch auf Zahlung der in die Abrechnung des Pkw Sebring eingestellten 10,00 € als Schadensersatz für die entstandenen Rücklastschrift- bzw. Scheckgebühren aus § 280 Abs. 1 BGB.

Soweit der Beklagte offenbar ein Zurückbehaltungsrecht geltend macht, indem er meint, zur Zahlung nur gegen Abtretung der zur Insolvenztabelle angemeldeten Ansprüche der Klägerin gegen die Gemeinschuldnerin verpflichtet zu sein, so hat er hiermit keinen Erfolg. Denn im Falle der Befriedigung tritt ein gesetzlicher Forderungsübergang auf den Bürgen ein (§ 774 Abs. 1 BGB), so dass es eine Abtretung der Ansprüche nicht bedarf.

Der Zinsanspruch und die weiter begehrten Mahnkosten und die nicht anrechenbaren vorprozessualen Rechtsanwaltskosten nach Nr. 2004 VV RVG sind aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB gerechtfertigt.

Nach alledem konnte die Berufung des Beklagten keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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