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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 27.05.2003
Aktenzeichen: 14 W 27/03
Rechtsgebiete: GG, GVG, ZPO


Vorschriften:

GG Art. 2 I
GG Art. 3 I
GG Art. 20 III
GVG § 119 IV
ZPO § 114
ZPO § 127 II 3
Auch nach der Änderung der Zivilprozessordnung gilt der Grundsatz, dass im Zivilprozess eine Rechtsmittelbelehrung nicht erforderlich ist.
14 W 27/03

Beschluss

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

hat der 14. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kock, den Richter am Oberlandesgericht Lautebach und die Richterin am Landgericht Placzek am 27. Mai 2003 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers vom 07.04.2003 gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 22.01.2003 wird als unzulässig verworfen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen, aussergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen die S. in Hamburg, einen Rentenversicherungsträger. Er hat von der S. Rentenzahlungen erhalten, die nach seinen Angaben wegen seines Aufenthaltes in Paraguay eingestellt worden sind, woraufhin er nach Deutschland zurückgekehrt ist. Er meint, durch das Verhalten der S. sei ihm ein Schaden in Höhe von 100.000,-- DM entstanden, den die S. ersetzen müsse. So habe er ein Hausgrundstück in Paraguay verkaufen und seine Lebensplanung insgesamt umstellen müssen. Belegen könne er den Schaden nicht.

Das Landgericht hat seine Schreiben als Prozesskostenhilfegesuch gewertet und mit Beschluss vom 22.01.2003, zugestellt am 01.02.2003, Prozesskostenhilfe versagt. Am 09.04.2003 ging die Beschwerde des Antragstellers ein, mit der er angibt, von der einmonatigen Beschwerdefrist keine Kenntnis gehabt zu haben.

II.

Mit dem Beschwerdevorbringen kann der Antragsteller sich nicht durchsetzen.

Auf die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage oder die Bedürftigkeit des Antragstellers nach § 114 ZPO kommt es nicht an, weil die Beschwerde unzulässig ist. Sie ist nach Ablauf der Frist aus § 127 II S. 3 ZPO eingegangen. Die einmonatige Frist hat ihren Lauf mit Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 01.02.2003 begonnen, Fristablauf war der 01.03.2003. Die am 09.04.2003 eingegangene Beschwerde kam daher zu spät, eine Wiedereinsetzung nach §§ 233 ff ZPO kommt nicht in Betracht (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 23. Auflage, § 233 Rnr. 23 "Rechtsirrtum").

Dass der Beschwerdeführer wie üblich nicht über die Beschwerdefrist belehrt worden ist, ändert am Fristenlauf nichts. Nach wie vor gilt der vom Bundesverfassungsgericht ( Beschluss vom 20.06.1995 in NJW 1995, 3173 ff) bestätigte Grundsatz, dass im Zivilprozess keine Rechtsmittelbelehrung erforderlich ist. Dass etwa im Arbeitsgerichtsgesetz oder in der Verwaltungsgerichtsordnung Rechtsmittelbelehrungen enthalten sind, begründet für den Bereich des Zivilprozesses auch nach Art. 2 I GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 III GG oder wegen des Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 I GG nicht die Pflicht, gerichtliche Entscheidungen mit Rechtsmittelbelehrungen zu versehen. Es ist Sache des Gesetzgebers, den Interessenwiderstreit zwischen einem wirkungsvollen Rechtsschutz des einzelnen und dem öffentlichen Interesse an der Klärung streitiger Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit in Einklang zu bringen. Eine Rechtsmittelbelehrung ist nur erforderlich, um unzumutbare Schwierigkeiten des Rechtsweges auszugleichen (BVerfG, a.a.O.), dies ist im Zivilprozess grundsätzlich zu verneinen. Auch der nicht durch einen Anwalt vertretene Partei kann zugemutet werden, sich unmittelbar an das Gericht zu wenden, um sich nach Maßnahmen, mit denen die missliebige Entscheidung angefochten werden kann, zu erkundigen. Dies wäre auch dem Antragsteller möglich gewesen, durch einen Anruf bei Gericht hätte er erfahren können, in welcher Frist er hätte handeln müssen.

Der Gesetzgeber hat auch bei der jüngsten umfassenden Änderung der Zivilprozessordnung keine Veranlassung gesehen, eine Rechtsmittelbelehrung außerhalb der Experimentierklausel nach § 119 GVG vorzusehen (vergl. auch Zöller/ Gummer, ZPO, 23. Auflage,. § 119 GVG, Rn 20,13), es bleibt daher bei dem oben dargestellten Grundsatz, sodass die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 127 IV ZPO, GKG-KV Nr. 1956 (Zöller/ Philippi, ZPO, 23.A., § 127, Rn 51) zu verwerfen war.

Ende der Entscheidung

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