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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 17.12.2001
Aktenzeichen: 15 UF 141/01
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1587 c Nr. 1 | |
BGB § 1587 o |
Verkündet am: 17. Dez. 2001
Beschluss
In der Familiensache
hat der 5. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 03. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - zum Versorgungsausgleich im Urteil vom 18. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.562,04 DM festgesetzt.
Gründe:
Die Parteien hatten am 02. August 1996 geheiratet. Seit Januar 1999 leben die Parteien getrennt. Der vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 20. März 2000 gestellte Scheidungsantrag ist seit dem 12. Mai 2000 rechtshängig. Mit dem Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 18. Juni 2001 ist die Ehe der Parteien geschieden worden. Der Scheidungsausspruch ist seit dem 09. Oktober 2001 rechtskräftig. Mit der angegriffenen Entscheidung zum Versorgungsausgleich hat das Amtsgericht - Familiengericht - den Versorgungsausgleich gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB ausgeschlossen.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Er trägt vor, die kurze Ehedauer führe nicht zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs. Er habe während der Ehe studiert, während die Antragsgegnerin einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Dieses führe aber ebenso nicht zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs. Die vom Amtsgericht vorgenommene Prognose könne nicht nachvollziehbar dahingehend gemacht werden, dass er gleichermaßen wie die Antragsgegnerin Anwartschaften erarbeiten werde. Zwar seien beide Parteien noch jung, doch sei unklar, in welchem Umfang Versorgungsanwartschaften erwachsen würden. Durchgehend habe die Antragsgegnerin ein höheres Einkommen als er gehabt. Die Durchführung seines Studiums habe der gemeinsamen Lebensplanung entsprochen. Teilweise habe auch die Antragsgegnerin studiert. Während der Ehe habe er finanzielle Unterstützungen von seinen Eltern erhalten. Neben dem Studium habe er selbst gearbeitet und auch einen eigenen Gewerbebetrieb unterhalten. Teils seien steuergünstige Verluste erwachsen, zum Schluss seien aber auch Gewinne erzielt worden.
Vor dem Notar sei am 15. Januar 1999 ein Scheidungsfolgenvertrag geschlossen worden. Nach § 9 des Vertrages sei vereinbart worden, dass der Versorgungsausgleich vor dem Familiengericht durchgeführt werde. Insofern könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Parteien von der Durchführung des Versorgungsausgleichs ausgegangen seien.
Der Antragsteller beantragt,
die angefochtene Entscheidung zur Folgesache Versorgungsausgleich (Ziffer 2. des Urteilstenors) zu ändern und den Versorgungsausgleich nach den gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin erwidert, die Durchführung des Versorgungsausgleichs sei eine grobe Unbilligkeit, wenn keine Versorgungsgemeinschaft vorgelegen habe. Dieses sei bei der kurzen Ehedauer der Parteien anzunehmen. Sie habe nur gewissermaßen auf dem Papier Betriebswirtschaft studiert, in dem sie nur an der Universität eingeschrieben gewiesen sei. Nach den gemeinsamen Plänen sei vorgesehen gewesen, dass der Antragsteller sein Studium der Elektrotechnik, das er bereits mindestens fünf Jahre vor der Eheschließung durchgeführt habe, möglichst schnell beenden sollte. Dieses wäre ohne das von ihr erwirtschaftete Gehalt nicht möglich gewesen. Der Antragsteller habe als hilfswissenschaftlicher Mitarbeiter und Gewerbetreibender Einkünfte erzielt, die jedoch im Vergleich zu den ihrigen äußerst gering gewesen seien. In erster Linie habe er sich seinem Studium widmen können. Finanzielle Zuschüsse seiner Eltern seien nur teilweise für die Lebenshaltungskosten verwendet worden. Auch ihr Vater habe Geldbeträge in einer Größenordnung von ca. 50.000,00 DM den Parteien während der Ehe zukommen lassen. Ferner habe sie durch den Verkauf von zwei Pferden 1996, 1997 einen Erlös von rund 30.000,00 DM erzielt. Dieses Geld sei zur weiteren Finanzierung des Lebensunterhalts und des Studiums verwendet worden. Die Versorgungsnachteile während der Ehe könne der Antragsteller als Dipl.-Elektrotechniker ausgleichen. Derzeit sei er noch Berufsanfänger, würde aber mit fortschreitender Zeit ein höheres Gehalt erhalten. Sie dagegen arbeite in einem IT-Unternehmen als Account-Manager. Unsicher sei, ob sie ihre jetzige Stellung in dieser Branche beibehalten könne. Hinsichtlich des Scheidungsfolgenvertrages sei ein möglicher Ausschluss des Versorgungsausgleichs überhaupt nicht erörtert worden.
Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze Bezug genommen.
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber unbegründet.
Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht - Familiengericht - den Ausschluss des Versorgungsausgleichs zwischen den Parteien gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB angenommen. Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse der Parteien wäre die Durchführung des gesetzlichen Versorgungsausgleiches, der sich in der Übertragung von Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 130,17 DM nach den Auskünften der BfA ergeben würde, grob unbillig.
Die Vereinbarung der Parteien in § 9 des Scheidungsfolgenvertrages führt nicht zu einer abweichenden Bewertung. Nach dieser Vertragsklausel heißt es: "Der Versorgungsausgleich soll vom Familiengericht durchgeführt werden." Damit ist von den Parteien lediglich geregelt worden, dass nach den gesetzlichen Vorschriften der § 1587 ff BGB das zuständige Familiengericht sich mit dem gesetzlichen Versorgungsausgleich der Versorgungsanwartschaften der Parteien beschäftigen soll. Der Erklärungsinhalt dieser Vereinbarung geht nicht dahin, dass in jedem Fall, also gerade auch bei Vorliegen einer groben Unbilligkeit bei Durchführung eines Versorgungsausgleichs, eine Ausgleichsleistung angeordnet werden soll. Eine Verknüpfung der Regelung zum Versorgungsausgleich mit der Vereinbarung der Parteien in § 2 des Vertrages, dass wechselseitig auf Ehegattenunterhalt verzichtet werde, ergibt sich aus dem Vertragswerk nicht. Die Anwendung von § 1587 c BGB ist Teil eines Versorgungsausgleichsverfahrens durch das Familiengericht. Durch die vertragliche Regelung ist nicht im Rahmen des § 1587 o BGB eine ansonsten von den gesetzlichen Vorgaben abweichende Vereinbarung zur Durchführung des Versorgungsausgleichs getroffen worden. Die Anwendung von § 1587 c BGB ist nach der vertraglichen Vereinbarung der Parteien möglich.
Zwischen den Parteien ist im Rahmen der Ehe zwar eine Lebens- und Versorgungsgemeinschaft begründet worden. Würde eine solche Gemeinschaft fehlen, mithin jedwede gemeinsame Lebensführung nicht zustande gekommen sein, wäre eine rechtfertigende Grundlage für die Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht erkennbar. Dieses ist beispielsweise der Fall, wenn die Eheschließung lediglich der Form halber vorgenommen worden wäre, etwa um einem ausländischen Ehegatten einen Anspruch auf Einbürgerung zu begründen oder die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zu erwirken. Diese Härteklausel würde auch dann eingreifen, wenn z. B. die Ehe von ungewöhnlich kurzer Dauer war und das Zusammenleben der Ehegatten nur wenige Tage dauerte (BGH FamRZ 1981, 944 f). Nach herrschender Meinung wird aber im Regelfall schon bei einer Ehedauer von nur wenigen Monaten eine Lebensgemeinschaft entstanden sein (vgl. Brudermüller in Palandt, BGB, 60. Aufl., § 1587 c Rn. 22).
Für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs im vorliegenden Fall ist jedoch maßgeblich, dass die Antragsgegnerin während der Ehezeit durch ihre vollschichtige Arbeit es dem Antragsteller ermöglichte, sein Elektrotechnikstudium durchzuführen. Dabei gab die Antragsgegnerin ihre Studienvorstellungen als Studentin der Betriebswirtschaft jedenfalls in der Weise während der Dauer des Zusammenlebens auf, dass sie lediglich pro forma an der Universität eingeschrieben blieb. Nach ihren Erklärungen vor dem Senat war durchaus geplant, dass sie nach Beendigung des Studiums des Antragstellers ihr eigenes fortsetzen würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Unbilligkeit des Versorgungsausgleichs gegeben, wenn ein Ehegatte durch überobligationsmäßige Erfüllung ehelicher Aufgaben dem anderen auch nur in einem erheblichen Teil der Ehezeit die Verbesserung seiner späteren Erwerbschancen und damit auf lange Sicht auch eine Verbesserung seiner sozialen Lage ermöglicht (BGH NJW-RR 1989, 902 f). Der Antragsteller hat nach seinen Angaben zwar geringfügige Einkünfte erzielt. Bei der Anhörung vor dem Senat hat der Antragsteller geltend gemacht, er hätte auch ohne Mitwirken der Antragsgegnerin sein Studium für sich finanzieren können. Aus seiner Darstellung zu den Vermögenszuwendungen seiner Eltern (Bl. 28 VA-Akte) folgt, dass diese in erster Linie Versicherungskosten und einen Zuschuss zu den Wohnkosten leisteten. Nach der Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte für den Antragsteller vom 29.09.2000 (Bl. 10 ff VA-Akte) sind während der Ehezeit der Parteien in 1999 und 2000 lediglich für acht Monate Pflichtbeiträge an die Rentenversicherungskasse abgeführt wurden. Die mögliche Tätigkeit des Antragstellers als hilfswissenschaftlicher Mitarbeiter hat demzufolge im Bereich der versicherungsfreien Tätigkeit stattgefunden. Nach dem Steuerbescheid der Parteien für 1997 (Bl. 29, 30 VA-Akte) ergibt sich, dass der Antragsteller Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit in Höhe von brutto 12.348,00 DM hatte, denen Negativeinkünfte aus Gewerbebetrieb von - 1.023,00 DM gegenüberstanden. Im Verhältnis zu den Einkünften der Antragsgegnerin haben die Einkünfte des Antragstellers die ehelichen Verhältnisse der Parteien nicht wesentlich gestützt, zudem das Jahr 1997 als einziges Jahr hinsichtlich der Einkünfte des Antragstellers belegt ist und nach dem Vortrag der Parteien als ertragsreiches Jahr des Antragstellers gewertet werden muss. Eine grobe Unbilligkeit, die zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs führt, ist gegeben, wenn die Durchführung des Wertausgleichs dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widerspräche. Eine solche Unbilligkeit kann vorliegen, wenn der Ausgleichspflichtige in doppelter Weise Vermögensopfer erbringt, dass er nicht nur im Wesentlichen den Familienunterhalt (inkl. der Ausbildungskosten) während der Ausbildung des Berechtigten bestreitet, sondern auch noch mit einer Kürzung der eigenen Altersvorsorge für den fehlenden Aufbau der Altersvorsorge des anderen bezahlt. Nach den Vermögensverhältnissen der Parteien während des ehelichen Zusammenlebens geht der Senat davon aus, dass ohne die vollschichtige Tätigkeit der Antragsgegnerin es dem Antragsteller nicht möglich gewesen wäre, im Rahmen der Ehe mit der Antragsgegnerin sein Studium fortzuführen. Die Antragsgegnerin hat ein mehrfaches an Beitrag zum Familienunterhalt im Verhältnis zum Antragsteller erbracht. Nach verbreiteter Ansicht in der Rechtsprechung wäre ein Ungleichgewicht, das zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs führen würde, nicht gegeben, wenn der Beitrag der Eheleute zum Familienunterhalt im Verhältnis 2 : 1 bestehen würde (vgl. BGH NJW 1973, 749; 1981, 1733; OLG Hamm NJW-RR 1994, 837). An eine solche Verteilung der Beiträge zum Familienunterhalt kommt der Antragsteller im vorliegenden Fall nicht ansatzweise heran. Die vollschichtige Arbeitstätigkeit der Antragsgegnerin stellt sich mithin im vorliegenden Fall im Verhältnis zur Ermöglichung der Ausbildung des Antragstellers als eine über den normalen Beitrag zum Familienunterhalt hinausgehende Tätigkeit dar. Die Begründung von Versorgungsanwartschaften zu Gunsten des Antragstellers und zu Lasten der Antragsgegnerin würde dem Grundgedanken des Wertausgleichs beim Versorgungsausgleich zwischen vormaligen Eheleuten in unerträglicher Weise widersprechen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Nachteile im Aufbau der eigenen Versorgungsanwartschaften während eines Studiums nicht ehebedingt sind. Gerade solche sollen aber durch den Versorgungsausgleich abgegolten werden. Bei einem Studierenden würden die Nachteile im Aufbau der Versorgungsanwartschaften in gleicher Weise eintreten, wenn der Studierende nicht verheiratet wäre. Im Übrigen werden solche Nachteile durch teilweise Anrechnung von Ausbildungszeiten bei der späteren Erlangung von Versorgungs- und Versicherungsansprüchen ausgeglichen (BGH NJW-RR 1989, 903). Allein aus der besonders langen Studienzeit des Antragstellers ergibt sich nach der Auskunft des BfA, dass die anzurechnende Höchstdauer der Hochschulausbildung während der Ehezeit der Parteien überschritten wurde. Dies kann aber ebenfalls nicht zum Nachteil der Antragsgegnerin gewertet werden.
Insgesamt sieht der Senat die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB unter Berücksichtigung der Verhältnisse der Parteien während der Ehezeit als gegeben an.
Die Beschwerde war demnach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1, 3 ZPO zurückzuweisen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens ergibt sich gemäß § 17 a GKG mit dem Jahreswert der im Streit befindlichen Versorgungsanwartschaften (12 x 130,17 DM).
Ende der Entscheidung
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