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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 27.05.2002
Aktenzeichen: 15 UF 242/01
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 256 |
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am: 27. Mai 2002
In der Familiensache
hat der 5. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2002 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lübeck vom 23. Oktober 2001 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des ersten Rechtszuges bleibt dem Schlussurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vorbehalten.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger und die Beklagte zu 1. sind geschiedene Eheleute. Die Beklagten zu 2. und 3. sind die beiden inzwischen volljährigen Kinder der Beklagten zu 1. und des Klägers. Der Kläger ist den Beklagten unterhaltsverpflichtet. Mit gerichtlichem Vergleich vom 24. März 1999 vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht (AZ: 15 UF 148/94) verpflichtete sich der Kläger mit Wirkung ab 01. Januar 1999 Kindesunterhalt in Höhe von monatlich jeweils 910,00 DM und Ehegattenunterhalt in Höhe von insgesamt 3.270,45 DM zu zahlen. Der Kläger war zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses Bürgermeister der . Dieses Amt hat er nach wie vor inne. Seine zweite Amtsperiode endet mit Ende Dezember 2002. Der Kläger möchte nicht erneut für eine weitere fünfjährige Wahlperiode um die Bürgermeisterschaft kandidieren. Er befürchtet aber, in diesem Fall unterhaltsrechtlich insofern benachteiligt zu werden, dass seine Unterhaltsverpflichtung am Einkommen des Bürgermeisteramtes gemessen werde.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die zeitliche Befristung des Bürgermeisteramtes als Wahlbeamter sei eheprägend gewesen. Es sei ein unterhaltsrechtliches Fehlverhalten nicht daraus abzuleiten, dass nach Ablauf der jetzigen Wahlperiode nicht erneut für das Amt kandidiert werde. Insofern begehre er die Feststellung, dass ihm aus dem Umstand, nicht zu kandidieren, unterhaltsrechtliche Nachteile nicht erwachsen.
Seinen ursprünglichen Antrag, festzustellen, dass seine Unterhaltsverpflichtung den Beklagten gegenüber ab Januar 2003 auf der Grundlage der ihm dann zur Verfügung stehenden Ruhestandsbezüge berechnet werde, hat der Kläger unter Teilrücknahme der Klage nicht weiter verfolgt.
Der Kläger hat sodann beantragt,
festzustellen, dass ihm aus dem Umstand des Nichtkandidierens zum Bürgermeisteramt unterhaltsrechtlich nachteilige Folgen für die Zukunft nicht erwachsen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Gemäß Schriftsatz vom 26. September 2001 hat die Beklagte zu 1. Widerklage dahingehend erhoben, erhöhten Ehegattenunterhalt ab Rechtshängigkeit der Widerklage zu erhalten.
Die Beklagten vertreten zur Feststellungsklage die Auffassung, diese sei unzulässig und unbegründet.
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat mit dem angegriffenen Teilurteil antragsgemäß über die Feststellungsklage entschieden. Die Entscheidung zur Abänderungs-Widerklage ist zurückgestellt worden.
Mit ihrer Berufung wenden sich die Beklagten gegen die Feststellung im Teilurteil. Sie sind nach wie vor der Auffassung, dass die Feststellungsklage unzulässig sei. In der Sache wäre sie zudem nicht begründet.
Die Beklagten beantragen,
das Teilurteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, das Unterhaltsrechtsverhältnis der Parteien unterliege keinem Zweifel. Aus dem Rechtsverhältnis ergebe sich aber nicht nur die Hauptpflicht, Unterhalt zu zahlen, sondern es leiteten sich auch Nebenpflichten des Klägers ab, insbesondere Obliegenheiten des Unterhaltspflichtigen gegenüber den Unterhaltsberechtigten. Die Frage, ob solche Nebenpflichten/Obliegenheiten bestehen, sei für die Hauptpflicht erheblich, so zur Höhe des Anspruches und auch zur Leistungsfähigkeit sowie der teilweisen oder vollständigen anderweitigen Deckung des Unterhaltsbedarfs. Seitens der Beklagten werde die Auffassung vertreten, er, der Kläger, sei unterhaltsrechtlich verpflichtet, sich erneut um eine Wiederwahl zu bemühen, sofern er nicht über gleichwertige Einkünfte gegebenenfalls aus einer anderen Tätigkeit verfüge. Seine Partei habe ihn aber nicht für eine Wiederwahl vorgeschlagen. Somit müsste er als freier Alleinkandidat selbst einen Wahlkampf führen, der ihn rund. 18.000,00 € kosten würde, aber ohne Erfolgsaussicht wäre. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage sei gegeben, weil nicht über eine abstrakte theoretische Rechtsfrage entschieden werden solle. Er wolle vielmehr vor dem konkret gegebenen Sachverhalt darüber belehrt werden, ob er unterhaltsrechtlich befugt sei, es bei einer Versetzung in den Ruhestand zu belassen, oder ob er sich um das Amt des Bürgermeisters durch Wiederwahl bemühen müsse. Die freie Entscheidung eines Bürgers, einen politischen Wahlkampf zu führen, dürfe nicht unterhaltsrechtlich beeinflusst oder beeinträchtigt werden. Eheangelegt sei die Möglichkeit einer relativ frühen Pensionierung im 60. Lebensjahr. Im übrigen beziehe er sich erneut auf seinen schlechten Gesundheitszustand. Daraus resultierend sei er nicht in der Lage, die mit dem Bürgermeisteramt verbundenen zusätzlichen Aufgaben zu erfüllen.
Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet, weil die Feststellungsklage des Klägers unzulässig ist.
Grundsätzlich ist Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses. Darüber hinaus können zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten sein, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (vgl. BGHZ 22, 43, 47 f; BGHZ 37, 331, 335; BGHZ 68, 331 f; BGH NJW 1977, 1288; 1982, 387; 1982, 1879; 1984, 1556; BGH NJW-RR 1992, 252; BGH NJW 2000, 2280; 2000, 2663).
Bei der Frage, die der Kläger zur Feststellung durch das Gericht stellt, ob ihn eine Verpflichtung trifft, für die kommende Wahlperiode für das Amt des Bürgermeisters zu kandidieren oder durch die Nichtkandidatur ihm unterhaltsrechtliche Nachteile erwachsen, handelt es sich nicht um eine Abklärung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Das unterhaltsrechtliche Verhältnis der Parteien zueinander ist nicht im Streit. Insofern ist ein Rechtsverhältnis gegeben. Die Frage, ob die Verpflichtung im Sinne einer Nebenpflicht bzw. Obliegenheit zulasten des Klägers besteht, seine Einkünfte gerade aus der Tätigkeit als Bürgermeister in Itzehoe zu beziehen, stellt eine Rechtsfrage dar, die auf den Bestand des unterhaltsrechtlichen Verhältnisses der Parteien unmittelbar keine Auswirkungen hat. Nach dem Klageantrag ergibt sich, dass der Kläger im Grunde geklärt wissen will, ob im Fall einer unterlassenen Kandidatur für das Bürgermeisteramt für die sich ab Januar 2003 anschließende Berechnung des Unterhalts der Beklagten das bisherige Bürgermeistereinkommen weiter fingiert wird, oder ob eine Berechnung auf der Grundlage der dann tatsächlich erzielten Einkünfte erfolgt. Die zur Feststellung gebrachte Frage ist damit so zu verstehen, ob die Nichtkandidatur zum Bürgermeisteramt ein schuldhaft vorwerfbares Verhalten darstellt oder nicht. Insofern handelt es sich um eine abstrakte Rechtsfrage. Eine solche kann nach der festen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe oben) nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, Rechtsgutachten zu erstatten (vgl. Lüke in Münchener Kommentar ZPO 2. Auflage § 256 Rdnr. 22 mit weiteren Nachweisen). Die Frage, ob ein zukünftiges Verhalten des Klägers als schuldhafte Außerachtlassung möglicher Einkunftsquellen zu werten ist, stellt eine bloße Vorfrage für die Beurteilung der Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber den Beklagten dar. Dabei sind bei einer späteren Unterhaltsberechnung zusätzlich Umstände zu klären, die mit der Frage der Kandidatur zum Bürgermeisteramt nichts zu tun haben. So sind der Gesundheitszustand und die Erwerbsfähigkeit des Klägers Kriterien, zu denen der Kläger bislang substantiiert keine Umstände vorgetragen hat. Weiterhin wäre abzuwägen, welche Erwerbsmöglichkeiten der Kläger außerhalb des Bereiches von Wahlämtern hat. Daraus wird deutlich, dass die Frage zur Kandidatur des Klägers zum Bürgermeisteramt eine begrenzte Vorfrage zum Ausschluss einer schuldhaften Verhaltensalternative darstellt (vgl. Lüke Münchener Kommentar aaO § 256 Rdnr. 25).
Nach alledem ist die Feststellungsklage bereits als unzulässig abzuweisen, so dass eine weitere Prüfung des besonderen Feststellungsinteresses und der Begründetheit entfällt.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsrechtszugs gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Das Urteil ist gemäß § 708 Nr. 11, 713 ZPO vorläufig vollstreckbar.
Die Revision gegen das Urteil war gemäß §§ 621 d Abs. 1, 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht zur Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
Ende der Entscheidung
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