Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 05.05.2004
Aktenzeichen: 15 WF 122/04
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 25 I
BRAGO § 25 III
BRAGO § 27

Entscheidung wurde am 28.06.2004 korrigiert: Orientierungssatz in die richtige Reihenfolge gesetzt
Umfangreiche Fotokopiekosten sind auch in einem Unterhaltsprozess, in dem üblicherweise schriftsätzlicher Vortrag durch mehr oder weniger umfangreiche Belege ergänzt oder aus Vereinfachungs- und Übersichtlichkeitsgründengründen sogar ersetzt wird, nicht nach § 27 BRAGO ersatzfähig.
15 WF 122/04

Beschluss

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig am 5. Mai 2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Rendsburg vom 10. März 2004 - 23 (13) F 287/00 - wird auf seine Kosten nach einem Beschwerdewert von 79,67 € zurückgewiesen.

Gründe:

Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag vom 4. Dezember 2003 begehren die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten die Festsetzung einer Dokumentenpauschale gemäß § 27 BRAGO in Höhe von 68,51 € nebst Mehrwertsteuer. Sie haben in der Berufungsinstanz ausweislich der Kostenrechnung vom 20. März 2003 jeweils für das Gericht, die Prozessbevollmächtigten der Klägerin und die Klägerin selbst 3 x 110 = 330 Fotokopien zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beklagten gefertigt und diese als Anlagen den in der Berufungsinstanz eingereichten Schriftsätzen beigefügt.

Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat die gemäß § 19 BRAGO beantragte Festsetzung der Dokumentenpauschale nebst Mehrwertsteuer abgelehnt. Gegen den ihnen am 25. März 2004 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. März 2004 haben die Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 29. März 2004 sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, ihrem Kostenfestsetzungsantrag gemäß § 19 BRAGO in vollem Umfang zu entsprechen.

Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten sind der Auffassung, jedenfalls im Unterhaltsprozess Fotokopiekosten gesondert geltend machen zu können, da der Inhalt der in Gestalt von Fotokopien eingereichten Unterlagen in diesem Prozess nicht schriftsätzlich hätte vorgetragen werden können.

Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2 Satz 2, 569 Abs. 1 und 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Das Amtsgericht hat die Festsetzung von gesondert gemäß § 27 BRAGO geltend gemachten Kosten für die jeweils dreifache Anfertigung von Kopien gegen den Beklagten zu recht abgelehnt.

Soweit der Senat früher (Beschluss vom 1. Juli 1998 - 15 WF 70/98 -, abgedruckt in SchlHA 1998, 318) in einem Verfahren nach § 126 Abs. 1 Satz 1 BRAGO die gesonderte Vergütungsfähigkeit der Kosten für Ablichtungen von die Leistungsfähigkeit in einem Unterhaltsprozess betreffenden Belegen vor dem Hintergrund des § 27 BRAGO gebilligt hat, wird daran vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Dezember 2002 (FamRZ 2003, 666) und den Ausführungen von Landmann (Erstattungsfähigkeit der Schreibauslagen gemäß § 27 BRAGO, Rechtspfleger 2001, 477, 481 ff.) nicht mehr festgehalten.

Ob ein Rechtsanwalt gegen seinen Mandanten einen Anspruch auf Ersatz der Auslagen für Fotokopien hat, richtet sich ausschließlich nach § 27 Abs. 1 BRAGO. Nur unter den dort ausdrücklich genannten Voraussetzungen besteht der Anspruch; ist keiner der dort aufgeführten Tatbestände erfüllt, fallen die Kosten für die Herstellung von Fotokopien nach § 25 Abs. 1 und 3 BRAGO unter die allgemeinen Geschäftskosten, die mit den Gebühren, die der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit erhält, abgegolten sind (a.a.O.).

Die Frage, ob die Anlagen von ihrer Art her gar nicht geeignet sind, als Parteivortrag in Schriftsätze eingearbeitet zu werden, stellt sich im Rahmen des Anspruchs des Rechtsanwalts aus § 27 BRAGO gegen den Mandanten nicht, sondern allenfalls im Zusammenhang mit der Erstattungsfähigkeit der Kosten vom Gegner (Notwendigkeit), wenn der Tatbestand des § 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO erfüllt ist (vgl. Landmann, a.a.O., S. 483 li. Spalte unten/Re. Spalte oben); darum geht es hier nicht.

Keiner der in § 27 Abs. 1 BRAGO unter den hier allenfalls einschlägigen Nummern 1 bis 3 aufgeführten Tatbestände ist erfüllt. Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt eine Dokumentenpauschale für Ablichtungen aus Behörden- und Gerichtsakten, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Dieser Fall liegt nicht vor, da der Prozessbevollmächtigte des Beklagten keine Ablichtungen aus Behörden- und Gerichtsakten hergestellt und vorgelegt hat. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO kann der Rechtsanwalt Ersatz der Kosten für Ablichtungen für die Unterrichtung von mehr als drei Gegnern oder Beteiligten auf Grund einer Rechtsvorschrift oder nach Aufforderung des Gerichts sowie zur notwendigen Unterrichtung von mehr als 10 Auftraggebern verlangen. Eine Ersatzpflicht des Beklagten gegenüber seinen zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten auf Grund dieser Vorschrift kommt nicht in Betracht, weil der Unterhaltsprozess sich nur zwischen dem Beklagten und der Klägerin abgespielt hat. Schließlich kommt auch eine Verpflichtung des Beklagten zur Erstattung der Kopierkosten seiner zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO nicht in Betracht.

Unter Berücksichtigung des Wortlauts dieser Bestimmung, wonach "im Übrigen nur" die Auslagen für solche Ablichtungen ersatzpflichtig sein sollen, die "zusätzlich" angefertigt worden sind, sowie im Hinblick auf die in § 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO getroffene Regelung können Ablichtungen für die Unterrichtung von weniger Verfahrensbeteiligten als in § 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO erwähnt nicht als gesondert vergütungsfähig angesehen werden. Der Gesetzgeber hat die hierdurch veranlassten Kosten den allgemeinen Geschäftskosten zugerechnet, wie sich nicht zuletzt aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 12/6962, S. 103 f.) des durch das Kostenrechtsänderungsgesetz vom 24. Juni 1994 (BGBl I 1325) neu gefassten § 27 Abs. 1 BRAGO ergibt. Danach soll künftig der Mehraufwand vergütet werden, der durch die Unterrichtung einer ungewöhnlich hohen Anzahl an Gegnern oder anderen Beteiligten entsteht. Nicht zusätzlich angefertigt und damit nicht gesondert zu honorieren sind in diesem Rahmen solche Abschriften und Ablichtungen, die zur üblichen, ordentlichen Geschäftstätigkeit des Rechtsanwalts gehören. Bei allen bei Gericht einzureichenden Schriftsätzen, Abschriften von Schriftsätzen und deren Anlagen handelt es sich danach um allgemeines und übliches Schreibwerk, das grundsätzlich durch die Prozessgebühr abgegolten ist. Mangels besonderer Absprachen kann der Auftraggeber erwarten, dass der Rechtsanwalt das Schreibwerk herstellt, das zur Prozessführung notwendig ist. Auf die Anzahl der hergestellten Abschriften oder die Relation der Anfertigungskosten zu den im konkreten Fall entstandenen Gebühren kommt es dabei nicht an (vgl. BGH, a.a.O., S. 666 f.; Landmann, a.a.O., S. 480 unter Nr. 4 und S. 481 unter Nr. 5 sowie S. 482 f.).

Daran ändert auch die Besonderheit nichts, dass die Fotokopien Belege zu Einkünften und Belastungen in einem Unterhaltsprozess betreffen, in dem üblicherweise schriftsätzlicher Vortrag durch mehr oder weniger umfangreiche Belege ergänzt oder aus Vereinfachungs- und Übersichtlichkeitsgründengründen sogar ersetzt wird. Denn § 27 BRAGO enthält für derartige Besonderheiten keinen Anknüpfungspunkt. Die Vorschrift unterscheidet nicht zwischen bestimmten Verfahren, sondern gilt ausnahmslos für alle Dienstleistungen des Rechtsanwalts gleichermaßen (vgl. im übrigen auch schon zu § 27 Abs. 1 S. 1 BRAGO a.F. das Bundesverfassungsgericht, NJW 1996, 382 ff., unter Ziffer II. 1 b).

Danach ist die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 19 Abs. 2 Satz 3 BRAGO, 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

Zurück