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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 12.02.2008
Aktenzeichen: 15 WF 14/08
Rechtsgebiete: ZPO, RVG


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 121
ZPO § 323
RVG § 48
Im Vergütungsfestsetzungsverfahren sind Sachverhalte, die das Gericht bei der Bewilligung der Prozesskostenhilfe geprüft hat oder hätte prüfen müssen, bindend.
15 WF 14/08

Beschluss

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter am 12. Februar 2008 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Schwartau vom 20. November 2007 geändert. Die der beigeordneten Rechtsanwältin ... in Bad Schwartau aus der Staatskasse im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu erstattende Vergütung wird auf 419,48 € festgesetzt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Der durch seine Prozessbevollmächtigte Rechtsanwältin ... vertretene Kläger reichte am 30.5.2007 Unterhaltsabänderungsklagen gegen seine geschiedene Ehefrau, seinen volljährigen Sohn und seine volljährige Tochter ein. Abgeändert werden sollte das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 22.9.2006 - 10 UF 59/06 -. Die drei Verfahren wurden unter den Aktenzeichen 5 F 139/07, 5 F 140/07 und 5 F 141/07 registriert. In den Verfahren 5 F 140/07 und 5 F 141/07 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten bewilligt. Im Verfahren gegen seine geschiedene Ehefrau wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe versagt.

Die beigeordnete Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt in den beiden Verfahren 5 F 140/07 und 5 F 141/07 getrennt die Festsetzung und Erstattung ihrer Prozesskostenhilfevergütungen.

Das Amtsgericht hat dem Erstattungsantrag in beiden Verfahren nur insoweit stattgegeben, als die Kosten auch bei gemeinsamer Prozessführung entstanden wären. Es hat ausgerechnet, dass bei einem Gesamtstreitwert der drei Verfahren in Höhe von 10.224,00 € 755,65 € aus der Staatskasse zu vergüten wären. Die Einzelhonorare betragen insgesamt 1.725,51 €. Im Verhältnis des Streitwerts in diesem Verfahren zum Gesamtstreitwert entfallen auf dieses Verfahren 183,70 €. Das Amtsgericht hat die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 183,70 € festgesetzt.

Das Amtsgericht ist der Auffassung, dass die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht die Prüfung kostensparender Prozessführung im Vergütungsfestsetzungsverfahren hindere. Denn bei der Bewilligung der Prozesskostenhilfe werde nicht sogleich über die Notwendigkeit der entstandenen und später noch entstehenden Anwaltsvergütung entschieden. Die Prüfung der Erstattungsfähigkeit bleibe dem Festsetzungsverfahren vorbehalten. Dabei seien dieselben Maßstäbe wie bei der Kostenfestsetzung gemäß § 104 ZPO i.V.m. § 91 ZPO anzulegen. Denn es sei nicht nachvollziehbar, warum von einer Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei, weniger Kostenbewusstsein abverlangt werden solle als von einer Partei, der keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei. Die Notwendigkeit einer getrennten Prozessführung sei nicht überzeugend dargelegt worden. Der Kläger verfolge gleichartige Abänderungsansprüche gemäß § 323 ZPO gegen die beklagte Partei sowie gegen die geschiedene Ehefrau und ein Geschwisterkind. Die Voraussetzungen, diese Abänderungsansprüche in einem Prozess geltend zu machen, lägen vor, § 60 ZPO. Daran ändere nichts, dass sowohl die beklagte Partei als auch das weitere beklagte Kind jeweils volljährig seien.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit der Begründung, dass die Prozesskostenhilfe uneingeschränkt bewilligt worden sei. Daher seien Gebühren auch ohne Abzug festzusetzen. Ob der Bewilligungsbeschluss sachlich richtig sei, werde im Festsetzungsverfahren nicht geprüft.

Die Beschwerde der beigeordneten Prozessbevollmächtigten ist begründet.

Das Familiengericht hat nach § 114 ZPO zu prüfen, ob die Klage mutwillig ist. Mutwillig handelt auch, wer von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen beschreitet, von dem er von vornherein annehmen muss, dass er für ihn der kostspieligere ist (Zöller-Philippi, Kommentar zur ZPO, 26. Aufl., Rn. 34, 34 a zu § 114 ZPO). In diese Fallgruppe gehört auch, dass in einer Familiensache eine Abänderungsklage wegen Unterhalts gegen drei Beklagte in getrennten Prozessen erhoben werden soll, ohne dass ein vernünftiger Grund für die getrennte Prozessführung vorliegt. Die getrennte Prozessführung im Unterhaltsprozess ist deshalb schon oft nicht zweckmäßig, weil die Unterhaltsansprüche in der Regel voneinander abhängen. Wenn jedoch Prozesskostenhilfe für die getrennte Prozessführung bewilligt worden ist, kann diese nicht im Rahmen der Festsetzung der Prozesskostenhilfevergütung wieder eingeschränkt werden.

Die Frage, ob eine gebührenrechtliche Beschränkung der Bewilligung bzw. Beiordnung im Bewilligungsbeschluss zu treffen oder erst im Rahmen des Festsetzungsverfahrens zu beachten ist, lässt sich nicht allgemein und verbindlich für alle denkbaren Fälle beantworten. Da gemäß dem Wortlaut des § 48 Abs. 1 RVG der Bewilligungsbeschluss vorrangig und der Festsetzungsbeschluss von diesem abhängig ist, muss jedenfalls gelten, dass Sachverhalte, die das Gericht bei der Bewilligung geprüft hat oder hätte prüfen müssen, für das Festsetzungsverfahren bindend sind. Diese Gegenstände dürfen dann im Rahmen der Gebührenfestsetzung nicht mehr in Zweifel gezogen oder abweichend beurteilt werden. Dieses (zwangsläufige) Ergebnis erschließt sich bereits bei einer unbefangenen Lektüre des Wortlauts der einschlägigen Vorschriften (§ 121 ZPO, § 48 RVG). Der Urkundsbeamte kann Aufgaben des Gerichts nicht wahrnehmen. Die Entscheidung des Gerichts kann den Urkundsbeamten bei der Gebührenfestsetzung jedoch nur binden, soweit sie sich auf den Umfang der Prozesskostenhilfe oder der Beiordnung oder auch vom Gericht zu entscheidende Vorfragen bezieht (Frank, JurBüro 1999, 341, 342; so auch OLG Zweibrücken, Rechtspfleger 1995, 364 und Zöller-Philippi a.a.O. Rn. 42 zu § 121). Die bei Zöller als Gegenmeinung zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf, FamRZ 1994, 973 betrifft den Fall, dass Unterhalt eingeklagt und die Regelung der elterlichen Sorge begehrt wird. In solchen Fällen, in denen für das eine Verfahren die ZPO und für das andere Verfahren das FGG anzuwenden ist, verbietet sich außerhalb eines Verbundverfahrens ohnehin die Verbindung beider Verfahren. - Den vom Amtsgericht zitierten Entscheidungen des OLG Düsseldorf, Rechtspfleger 1992, 526 und Rechtspfleger 1994, 27 vermag das Beschwerdegericht nicht zu folgen.

Im vorliegenden Fall hatte das Amtsgericht zu prüfen, ob die getrennte Prozessführung in drei Prozessen "mutwillig" ist. Das Amtsgericht hat uneingeschränkt Prozesskostenhilfe bewilligt. Dies kann im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht erneut und anders entschieden werden.

Die Beschwerde ist folglich begründet. Der beigeordneten Prozessbevollmächtigten des Klägers steht entsprechend ihrem Antrag vom 25.10.2007 eine Vergütung in Höhe von 419,40 € aus der Staatskasse zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG.

Ende der Entscheidung

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