Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 31.01.2007
Aktenzeichen: 15 WF 22/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1565 Abs. 2
Gravierende Übergriffe und Drohungen eines alkoholbedingt gewalttätigen Ehemannes können eine Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres aufgrund unzumutbarer Härte rechtfertigen.
15 WF 22/07

Beschluss

In der Familiensache (Prozesskostenhilfeverfahren)

hat der 5. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Einzelrichter am 31. Januar 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neumünster vom 29. Dezember 2006 wird der angefochtene Beschluss geändert.

Der Antragstellerin wird für das Scheidungsverfahren vorbehaltlich des Vorliegens der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Prozesskostenhilfe bewilligt.

Gründe:

Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet.

Gemäß § 1565 Abs. 2 BGB kann die Ehe, wenn die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt leben, nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.

Diese Voraussetzung liegt nach dem unstreitigen Vorbringen der Antragstellerin vor. Danach ist die Ehe auf Grund der erheblichen alkoholbedingten Ausfälle des Antragsgegners gescheitert.

Die unzumutbare Härte muss sich auf das Eheband, d.h., das "Weiter-miteinander-verheiratet-sein", nicht auf die Fortsetzung des ehelichen Zusammenlebens beziehen. Der Antragstellerin darf insoweit nicht zuzumuten sein, mit der Scheidung bis zum Ablauf des Trennungsjahres zu warten (vgl. Palandt-Brudermüller, 66. Aufl., Rz. 9 zu § 1565 BGB m.w.N.).

Deshalb ist es unerheblich, dass die Antragstellerin nicht nur von ihrem alkoholkranken Ehemann getrennt lebt, sondern diesem durch die einstweilige Anordnung vom 30. August 2006 sogar verboten ist, die Wohnung der Parteien zu betreten, sich in einem Umkreis von 100 m der Wohnung aufzuhalten und Verbindungen zur Antragstellerin aufzunehmen. Diese Maßnahmen vermögen die Antragstellerin zwar grundsätzlich davor zu schützen, dass sie sich erneut Bedrohungen oder gar körperlichen Übergriffen des Antragsgegners in der und um die Wohnung herum ausgesetzt sehen könnte. Sie besagen aber nichts darüber, ob der Antragstellerin zuzumuten ist, das eheliche Band und die damit verbundenen rechtlichen und gesellschaftlichen Folgen aufrechtzuerhalten.

Das ist ihr nicht zuzumuten.

Die Antragstellerin hat den Antragsgegner seit Jahren immer wieder volltrunken, aggressiv und gewalttätig erlebt. Die gravierenden Vorfälle am 3. Januar und im August 2006 über mehrere Tage mit Drohungen des Antragsgegners gegen das Leben der Antragstellerin zeigen, dass die in der Person des Antragsgegners liegende Unzumutbarkeit ein Ausmaß erreicht hat, das eine Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres rechtfertigt.

Der mit Schriftsatz vom 13. September 2006 auch vom Antragsgegner gestellte Scheidungsantrag und damit das deutlich gemachte Einverständnis mit der Scheidung steht dem nicht entgegen. Als selbständiger Antrag ist er vor Ablauf des Trennungsjahres selbst daraufhin zu überprüfen, ob auch für ihn die Voraussetzungen des § 1565 Abs. 2 BGB vorliegen; ansonsten ist er zurückzuweisen (vgl. Palandt-Brudermüller, a.a.O., Rz. 13).

Der Antragstellerin ist demnach Prozesskostenhilfe für das Scheidungsverfahren vorbehaltlich der vom Amtsgericht - Familiengericht - bisher folgerichtig nicht geprüften persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu bewilligen. Die Prüfung der wirtschaftlichen Voraussetzungen bleibt dem Amtsgericht - Familiengericht - überlassen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

Zurück