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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 07.08.2007
Aktenzeichen: 15 WF 225/07
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1610 Abs. 2 |
15 WF 225/07
Beschluss
In der Familiensache (Prozesskostenhilfeverfahren)
hat der 5. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Einzelrichter am 7. August 2007 beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den ihm Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neumünster vom 7. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Der Antragsteller beabsichtigt, den Antragsgegner im Wege einer Stufenklage auf Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen.
Der am 21. März 1981 geborene Antragsteller hat nach seinem Abitur zunächst ab 3. September 2001 Zivildienst geleistet und sodann vier Semester studiert. Er hat das Studium der Informations- und Elektrotechnik im Sommer 2003 abgebrochen, nachdem er festgestellt hatte, dass er mit diesem Studium und der sich daraus ergebenden beruflichen Konsequenz überhaupt nicht zurecht kam. Während des Studiums zahlte der Antragsgegner Unterhalt. Von dem Wunsch, Sozialpädagogik zu studieren, hat der Antragsteller sodann wegen schlechter beruflicher Aussichten Abstand genommen. Er hat sich arbeitssuchend gemeldet und ergebnislos "diverse" Bewerbungen geschrieben sowie über das Arbeitsamt "diverse" Fortbildungen gemacht. Vom 1. Oktober 2005 bis 30. September 2006 hat der Antragsteller ehrenamtlich in einem Kinderhort in L. gearbeitet. Seit dem 31. August 2006 besucht er die berufsbildende Schule III L. (2-jährige Berufsfachschule - Sozialassistent/Sozialassistentin - Schwerpunkt Sozialpädagogik) mit der Absicht, Erzieher zu werden; diese Neigung habe er als richtig für sich entdeckt.
Mit dem am 10. Februar 2007 eingegangenen Schriftsatz beantragt der Antragsteller Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Stufenklage. Der Antragsteller ist der Auffassung, der Antragsgegner sei ihm für die nun begonnene Ausbildung zum Unterhalt verpflichtet.
Das Amtsgericht hat das Prozesskostenhilfegesuch zurückgewiesen, auf die angefochtene Entscheidung wird verwiesen.
Mit seiner rechtzeitig eingelegten sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller seine Rechtsauffassungen weiter.
Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Es kann dahinstehen, ob der Antragsteller seinen bisherigen Ausbildungsgang lückenlos schlüssig dargestellt hat. Daran bestehen Zweifel, denn ausweislich des vom Antragsgegner eingereichten Schreibens des Antragstellers vom 26. Oktober 2003 hat dieser offensichtlich im Laufe des Studiums gewechselt (das Studienfach? die Hochschule?). Jedenfalls besteht kein Unterhaltsanspruch aus § 1610 Abs. 2 BGB wegen einer nicht mehr hinzunehmenden Überschreitung der Orientierungsphase und damit der Verletzung der Ausbildungsobliegenheit. Insoweit ist auch keine hinreichende Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Stufenklage gegeben.
Der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung ist vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners auf Ermöglichung einer Berufsausbildung steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit aufzunehmen und zu beenden. Zwar muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind. Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. z.B. FamRZ 98, 671 m.w.N.).
Diese Grundsätze gelten auch hier.
Mag man es auch mit dem Antragsteller möglicherweise noch hinnehmen, dass er erst im 4. Semester seines Studiums bemerkt hat, dass der eingeschlagene Ausbildungs- und der sich daran anknüpfende Berufsweg nicht seine Sache war, ist es jedenfalls unterhaltsrechtlich nicht zu akzeptieren, dass er eine seinen Neigungen entsprechende Ausbildung erst drei Jahre später aufgenommen hat. Der Antragsteller war zum Zeitpunkt des Abbruchs seines Studiums bereits 22 Jahre alt. Er hatte seinerzeit den Antragsgegner wissen lassen, dass er wegen Abbruchs der Ausbildung keinen Unterhalt mehr von ihm fordere (Schreiben vom 22. Juni 2004). Zum Zeitpunkt der Aufnahme der jetzigen Ausbildung am 31. August 2006 war der Antragsteller bereits 25 1/2 Jahre alt und damit in einem Alter, in dem Eltern im Normalfall nicht mehr damit rechnen müssen, noch auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch genommen zu werden.
Der Antragsgegner weist in diesem Zusammenhang auch zu Recht darauf hin, dass der Antragsteller seinerzeit den Zivildienst in einem Kindergarten abgeleistet habe, ohne damals offensichtlich die Neigung verspürt zu haben, den Beruf eines Erziehers zu ergreifen. Es spricht für die mangelnde Entschlusskraft und Zielstrebigkeit des Antragstellers, wenn er erst nach einer mehr als zweijährigen nicht näher beschriebenen Orientierungsphase wieder an das Berufsfeld anknüpft, das er bereits während seines Zivildienstes kennen gelernt hat.
Nach alledem hat das Amtsgericht - Familiengericht - zu Recht Prozesskostenhilfe versagt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Ende der Entscheidung
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