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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 19.11.2001
Aktenzeichen: 15 WF 230/01
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 50 b
Im Umgangsrechtsverfahren löst die Anhörung eines Kindes jedenfalls dann eine Beweisgebühr nach § 50 b FGG aus, wenn über das Anhörungserfordernis des Gerichts hinaus entscheidungserhebliche Fakten geklärt werden.
15 WF 230/01 53 F 147/01 AG

Beschluss

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig am 19. November 2001 durch die Richter am Oberlandesgericht beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde von Rechtsanwalt wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 27. September 2001 abgeändert und die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 7. August 2001 dahingehend abgeändert, dass zusätzlich zu den bisher festgesetzten Gebühren eine Beweisgebühr in Höhe von 240,00 DM und insgesamt eine Umsatzsteuer in Höhe von 121,60 DM festgesetzt werden.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Der Beschwerdeführer hat im Umgangsrechtsverfahren zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin die Antragsgegnerin vertreten. Mit seiner Kostenberechnung hat er eine Geschäftsgebühr, eine Verhandlungs-/Erörterungsgebühr und eine Beweisgebühr, Postgebühren und Mehrwertsteuer mit einem Gesamtabrechnungsbetrag von 1.160,00 DM geltend gemacht. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die Gebühr auf eine 7,5/10-Gebühr in Höhe von 240,00 DM für die Geschäftsgebühr und die Verhandlungs-/Erörterungsgebühr festgesetzt. Abgesetzt wurde die geltend gemachte Beweisgebühr.

Gegen die Kostenfestsetzung hat der Beschwerdeführer Erinnerung mit dem Ziel eingelegt, eine Beweisgebühr in Höhe einer 7,5/10-Gebühr mit 240,00 DM und entsprechend anteilige Mehrwertsteuer festzusetzen. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat mit Beschluss vom 27. September 2001 die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 8. Oktober 2001.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass im vorliegenden Fall die persönliche Anhörung des Kindes nach § 50 b FGG eine Beweisgebühr ausgelöst habe. Die Parteien des Umgangsrechtsverfahrens hätten um die Tatsache gestritten, ob die Antragstellerin das Kind geschlagen habe und insofern ein Umgang wegen der Misshandlung des Kindes abzulehnen sei. Hierzu sei ausdrücklich das Kind in der Anhörung befragt worden. Das Amtsgericht habe das Ergebnis der Anhörung des Kindes nach der Begründung des Umgangsrechtsbeschlusses vom 18. Juli 2001 bei der Entscheidungsfindung verwertet.

Die Beschwerde ist gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO zulässig und begründet.

Der Senat geht mit der herrschenden Meinung (Kammergericht, KGReport 1996, 48; OLG Düsseldorf JurBüro 1982, 719, OLG Düsseldorf JurBüro 1986, 234; OLG Bamberg JurBüro 1983, 87 f; OLG Frankfurt JurBüro 1981, 1413) davon aus, dass die Kindesanhörung nach § 50 b FGG in aller Regel der Feststellung des Sachverhalts einschließlich der inneren Tatsachen wie Neigung, Bindung und Wille des Kindes dienen und damit eine Beweisgebühr des eine Verfahrenspartei vertretenden Rechtsanwaltes nicht begründet wird. Nur ausnahmsweise stellt die Kindesanhörung eine Beweisaufnahme dar. Dies ist wie im vorliegenden Fall ausnahmsweise dann der Fall, wenn durch eine gezielte Befragung des Kindes bestimmte zwischen den Beteiligten umstrittene Tatsachen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden. Hier hat die Antragstellerin ihr Umgangsrecht mit dem Enkelkind gemäß § 1685 BGB im Hinblick auf die enge Bindung zum Kind gegenüber der Antragsgegnerin, der Kindesmutter, geltend gemacht. Die Antragsgegnerin hat das Umgangsrecht mit der Begründung verweigert, die Antragstellerin habe keine so tiefgehende Beziehung zum Kind wie behauptet. Das Kind sei ihm Hinblick auf die bemerkten blauen Flecken von der Antragstellerin misshandelt worden. Dieses sei in der Vergangenheit mehrfach geschehen. Die Antragstellerin sei als Cholerikerin bekannt und neige zu heftigen Wutausbrüchen. Dieses sei der Grund dafür, dass das Kind nicht mehr zur Antragstellerin zurück möge.

Nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten im Termin vom 4. Juli 2001 ist das Kind am 11. Juli 2001 ausweislich des Vermerks (Bl. 23 d.A.) vom Amtsgericht in Abwesenheit der übrigen Beteiligten angehört worden. Das Kind ist dabei zu der entscheidungserheblichen Frage, ob die Antragstellerin es geschlagen habe, ausführlich angehört worden. Auf den Inhalt des Vermerks wird insofern verwiesen. Es ist für das Amtsgericht nachvollziehbar deutlich geworden, dass die Großmutter für das Kind eine wichtige Bezugsperson darstellt und es nicht in dem von der Antragsgegnerin geltend gemachten Umfange misshandelte.

Im Termin vom 18. Juli 2001 wurde das Ergebnis der Anhörung des Kindes, nachdem vorab eine Abschrift des Vermerks den Beteiligten zugegangen war, erörtert. Unter Verwertung der Anhörung des Kindes hat das Amtsgericht - Familiengericht - daraufhin seine Umgangsregelungsentscheidung getroffen.

Die Anhörung des Kindes ging im vorliegenden Fall damit über die Frage einer Stoffsammlung und Abklärung, ob überhaupt eine Beziehung zur Antragstellerin besteht, hinaus. Wäre glaubhaft vom Kind erklärt worden, die Antragstellerin hätte ihn wiederholt körperlich misshandelt, so wäre aller Voraussicht nach die Umgangsrechtsregelung nicht wie getroffen ausgefallen. Erkennbar entscheidungserheblich war damit die Frage, ob die Antragstellerin das Kind körperlich misshandelte. Auf Grund der Anhörung des Kindes ist die dahingehende Behauptung der Antragsgegnerin bei der Entscheidungsfindung nicht als zutreffend zugrunde gelegt worden.

Da die Anhörung des Kindes somit der Feststellung aufklärungsbedürftiger und entscheidungserheblicher umstrittener Tatsachen diente, stellte sie über den sich aus dem Untersuchungsgrundsatz für das Amtsgericht ergebende Anhörungserfordernis hinaus eine Beweisaufnahme dar, so dass in diesem besonderen Fall die Voraussetzungen für eine Beweisgebühr seitens des Beschwerdeführers gegeben sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 5 BRAGO.

Ende der Entscheidung

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