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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 13.12.2005
Aktenzeichen: 15 WF 343/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
Die Verteidigung in einem Sorgerechtstreit, dass das Sorgerechtsverfahren ins Leere laufe, weil gerade kein Kind, um dessen Sorge gestritten werden könne, geboren worden sei, und die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts zu einem vom Familiengericht anberaumten Anhörungstermin ist nicht mutwillig.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss

15 WF 343/05

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Einzelrichter am 13. Dezember 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 14. November 2005 abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird für das Verfahren ratenfrei Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. in N. bewilligt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Die Voraussetzungen für Prozesskostenhilfe gemäß §§ 114 ff. ZPO sind auf Seiten der Antragsgegnerin gegeben. Die Rechtswahrnehmung ist nicht mutwillig.

Die Antragsgegnerin wird mit einem Sorgerechtsantrag des Antragstellers überzogen. Es wird geltend gemacht, die Antragsgegnerin habe ein Kind namens Viktoria am 13. Juli 2005 geboren und versorge dieses Kind nicht in angemessener Weise, sondern habe dieses statt dessen für 2.500,- € an ihre Schwester verkauft, so dass die Entziehung des Sorgerechts anstehe. Hiergegen wehrt sich die Antragsgegnerin mit dem schriftsätzlichen Vorbringen, sie habe am 13. Juli 2005 keine Tochter Viktoria geboren, sondern vielmehr am 18. August 2005 eine Abtreibung vornehmen lassen, so dass ein Sorgerechtsverfahrens ins Leere laufe. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat einen Anhörungstermin auf den 17. November 2005 angesetzt. Zu diesem ist die Antragsgegnerin mit Rechtsanwalt S. und einer Mitarbeiterin der Brücke Schleswig-Holstein erschienen. Angaben hat die Antragsgegnerin im Anhörungstermin nicht gemacht.

Im angegriffenen Beschluss und im Nichtabhilfebeschluss hat das Amtsgericht - Familiengericht - darauf abgestellt, die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im gegenwärtigen Verfahrensstadium sei mutwillig. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit Erfolg.

Das Merkmal der Mutwilligkeit ist bei einer Rechtsverteidigung nur dann gegeben, wenn der Gegner dem Antrag gegenüber tatsächlich nicht entgegen tritt (vgl. OLG Köln NJW-RR 2001, 869 f.). Im vorliegenden Fall ist beachtlich, dass die Antragsgegnerin dem Vorbringen des Antragstellers widerspricht. Sie führt aus, dass ein Sorgerechtsverfahren ins Leere laufe, weil gerade kein Kind, um dessen Sorge gestritten werden könne, geboren worden sei. Sie wehrt sich zudem gegen den strafrechtlich relevanten Vorhalt, sie habe ein geborenes Kind gegen Zahlung eines Entgeltes "veräußert" ( § 236 StGB ).

Sollte sich bestätigen, dass die bisherigen Ermittlungen, ein Kind sei tatsächlich nicht am 13.7.2005 von der Antragsgegnerin geboren worden - und auch nicht danach -, zutreffend sind, so ist der Antrag des Antragstellers ohne Erfolg, ggf. bereits unzulässig. Es handelt sich aber um einen zunächst wirksamen Sachantrag, der ein Sorgerechtsverfahren in Gang setzt und vorliegend auch in Gang gesetzt hat. Entsprechend hat das Amtsgericht - Familiengericht - Ermittlungen aufgenommen und einen Anhörungstermin anberaumt. Im Rahmen einer Prüfung der Prozesskostenhilfe des Antragstellers - ein Prozesskostenhilfeantrag ist bisher von ihm nicht gestellt worden - wären Vorermittlungen zu treffen, um dann zu klären, ob ggf. die Antragstellung als mutwillig zu bezeichnen ist. Wenn die Antragsgegnerin bei dieser Sachlage anwaltliche Beratung in Anspruch nimmt und sich nur unter Hilfestellung anwaltlicher Beratung zu den Vorwürfen äußern will, so liegt hierin keine Mutwilligkeit, auch wenn ihr Verteidigungsargument gerade darin besteht, dass es gar kein Kind gebe, über dessen Sorge zu entscheiden wäre. Natürlich weiß die Antragsgegnerin am besten, ob sie ein Kind geboren hat oder nicht. Die sich aus den Akten ergebenden Umstände sprechen insgesamt dafür, dass die Antragsgegnerin für sich überhaupt nicht abschätzen kann, welche Erklärung welche Bedeutung nach sich zieht. Eine wirtschaftlich vermögende Partei würde bei der hier vorliegenden Konstellation anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen und sich entsprechend beraten lassen, dies nicht nur außerhalb des vorliegenden Verfahrens.

Dass auch nach Ansicht des Amtsgerichts - Familiengericht - nicht nur eine Vorklärung entsprechend einer Vorermittlung im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren betrieben wird, sondern ein ordentliches Sorgerechtsverfahren bereits vorliegt, ergibt sich aus dem Hinweisschreiben an den Antragsteller vom 17. November 2005 (Bl. 19 d.A.), in dem die Antragsrücknahme angesprochen worden ist.



Ende der Entscheidung

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