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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 13.05.2004
Aktenzeichen: 16 U 11/04
Rechtsgebiete: BGB, ProstG, GG


Vorschriften:

BGB § 781
BGB § 138
BGB § 817
ProstG § 1
GG Art. 1
1. Ein abstraktes Schuldanerkenntnis i.S.v. § 781 BGB ist nichtig, wenn es einem Kunden eines Animierlokals über einen Betrag abverlangt wird, der einen fünfstelligen DM-Betrag übersteigt.

2.Verzehrverträge in Animierlokalen sind grundsätzlich nicht sittenwidrig, wenn mit ihnen keine sexuellen Leistungen abgegolten werden.

3. Der auf Geschlechtsverkehr gegen Entgelt gerichtete Vertrag als solcher ist auch nach Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes sittenwidrig.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil Im Namen des Volkes

16 U 11/04

verkündet am: 13. Mai 2004

hat der 16. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 19. April 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19. November 2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.031,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte 54 % und die Klägerin 46 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Von einer weiteren Darstellung des Streitstandes wird abgesehen, §§ 540 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 8 EG ZPO.

II.

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet, soweit er zur Bezahlung der Getränkebestellungen verurteilt worden ist. Im übrigen ist sie begründet, weil es keine rechtliche Grundlage gibt, von ihm die Zahlung des "Begleitservices" zu verlangen.

1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann der Klageanspruch nicht auf die beiden vom Beklagten am 29. und 30. September unterschriebenen Anerkenntnisurkunden gestützt werden, weil diese Schuldanerkenntnisse wegen Sittenverstoßes nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sind.

a) Die beiden von der Klägerin vorgelegten Urkunden sind als Schuldanerkenntnisse im Sinne von § 781 BGB zu bewerten. Mit ihnen sollten selbstständige, von den zugrunde liegenden Vertragsbeziehungen losgelöste Schuldverhältnisse begründet werden, die aus sich heraus eine ausreichende Grundlage für einen selbstständigen Anspruch bilden sollten.

Hingegen handelt es sich nicht, wie das Landgericht irrtümlich kumulativ angenommen hat, um sogenannte deklaratorische Schuldanerkenntnisse, die nicht unter § 781 BGB fielen. Von einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis ist nur auszugehen, wenn die Parteien mit dem Anerkenntnisvertrag einen Streit oder eine Unsicherheit über den Inhalt der zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisse beenden und ohne Rücksicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen des anerkannten Anspruchs eine klare Rechtsgrundlage schaffen wollen. Hierfür liegt nach dem von der Klägerin vorgetragenen Sachverhalt kein Anhaltspunkt vor. Nach der Darstellung der Klägerin, die der Beklagte in unzulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten hat, § 138 Abs. 4 ZPO, so dass sie als unstreitig zu behandeln ist, hat es bei Unterzeichnung der beiden vorlegten Urkunden weder über die Höhe der dort aufgeführten Schuldbeträge noch über die Verpflichtung des Beklagten, diese Beträge zahlen zu müssen, irgendeinen Streit gegeben. Folglich hat die Klägerin von vornherein beabsichtigt, nach § 781 BGB einen selbstständigen Schuldgrund für ihre Ansprüche zu schaffen (zu allem BGH NJW 2000, 2501, 2502).

b) Die Sittenwidrigkeit der beiden Schuldanerkenntnisse folgt nicht aus den zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen, also aus dem etwa seinerseits als sittenwidrig zu bewertenden Charakter der im Etablissement der Klägerin erbrachten Leistungen, sondern aus dem Umstand, dass unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles von der Klägerin überhaupt kein Schuldanerkenntnis vom Beklagten hätte verlangt werden dürfen.

Für das Sittenwidrigkeitsurteil über abverlangte Anerkenntnisse gemäß § 138 Abs. 1 BGB ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände, unter denen es zu der Abgabe der Anerkenntnisse gekommen ist, erforderlich, insbesondere kommt es auf das Gesamtgepräge des Geschäfts an, wie es sich erkennbar aus dem äußeren Inhalt, dem Beweggrund und dem Zweck ergibt (LG Berlin NJW 1986, 1939, 1940; BGH NJW 1987, 2014, 2015).

Dabei kommt dem Umstand, dass ein Schuldanerkenntnis im Sinne von § 781 BGB zur Umkehr der Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen der Ansprüche aus dem Grundgeschäft führt, entscheidende Bedeutung zu. Wenn der Wirt eines Nachtclubs Formulare für Zechschuldanerkenntnisse seiner Gäste bereithält, wie im vorliegenden Falle aus den vorgelegten Formularen ersichtlich ist, verfolgt er damit vorrangig gerade dieses Ziel, sich selbst von der für ihn in aller Regel schwer wiegenden Last des Beweises, in welchem Umfang seinen Forderungen wirklich vom Gast in Anspruch genommene Leistungen entgegenstanden, zu befreien und dem Gast den Beweis des Gegenteils aufzubürden.

Damit verstößt der Wirt zwar nicht in jedem Falle gegen die guten Sitten. Wenn sich der anerkannte Betrag innerhalb bestimmter Grenzen hält, kann die erstrebte Umkehr der Darlegungs- und Beweislast nicht ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalles als Verstoß gegen § 138 Abs. 1 gewertet werden. Auf die Umstände des Einzelfalles kommt es aber nach Auffassung des Senats nicht mehr an, wenn dem Gast eines Nachclubs Schuldanerkenntnisse im fünfstelligen DM-Bereich abverlangt werden (im Ergebnis ebenso BGH NJW 1987, 2014, 2015). In solchen Fällen, wie es hier von der Höhe her bereits der Fall ist, ist schon das Verlangen nach Unterzeichnung eines Schuldanerkenntnisses nach § 138 Abs. 1 BGB zu missbilligen, ohne dass es auf die Umstände des Einzelfalles ankäme.

Allerdings würde auch die weitere Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu dem selben Sittenwidrigkeitsurteil führen. Dem Beklagten ist nämlich erstmalig am Nachmittag des 29. September 2000 die bis dahin aufgelaufene Rechnung präsentiert worden. Das ist angesichts der Höhe der Forderung zu spät gewesen und auch nicht mehr durch berechtigte Interessen der Klägerin gedeckt. Diese, nämlich ihre vermeintlichen Forderungen abzusichern, wären auch gewahrt gewesen, wenn dem Beklagten eine detaillierte, ins einzelne gehende Rechnung aufgemacht worden wäre, er diese unterschrieben hätte und ihm im übrigen die Gästekarten zur Abzeichnung vorgelegt worden wären. Zwar hätte auch das zu einer Umkehr der Beweislast geführt, aber der Klägerin nicht im selben Maße die praktisch unangreifbare Stellung verschafft, die sie sich durch Unterzeichnung der Schuldanerkenntnisse hat verschaffen wollen. Insbesondere aus dem Umstand, dass die Klägerin anschließend den Beklagten weitere erhebliche Schulden hat machen lassen, ohne dass die Begleichung gesichert war, zeigt sich, dass sie ohne Rücksicht auf die schließlich sich insgesamt ergebende Schuld gemeint hat, mit Schuldanerkenntnissen sich diese genannte Rechtsstellung ohne Rücksicht auf die Zahlungsfähigkeit ihres Gastes zu verschaffen (LG Berlin, aaO., S. 1940; dazu auch BGH WM 1980, 521).

2. Der Anspruch der Klägerin auf Begleichung der Bestellungen von 18 Flaschen Champagner á 650,00 DM und 6 Pils á 16,00 DM, also in Höhe von 11.796,00 DM (= 6.031,20 €) ist indes aus Kaufvertrag begründet. Die Klägerin hat ihre Klage in zulässiger Weise hilfsweise auch auf die zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte gestützt. Dass der Beklagte in diesem Umfang Bestellungen aufgegeben hat, hat das Landgericht in einer gemäß § 529 ZPO nicht zu beanstandenden Weise festgestellt.

a) Die Verzehrverträge sind nicht schon deshalb gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, weil die Getränkepreise in dem Etablissement der Klägerin exorbitant hoch sind. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass hohe Getränkepreise in einem Animierlokal erst dann grundsätzlich sittenwidrig sind, wenn mit ihnen auch sexuelle Leistungen abgegolten werden (OLG Köln NJW-RR 2002, 620, 621).

Allein der Umstand, dass in einem Animierlokal die Möglichkeit besteht, mit den dort tätigen Bardamen in Séparées gegen gesondertes Entgelt Geschlechtsverkehr auszuüben oder sonst in intimer Weise mit ihnen zusammen zu sein, macht den Verkauf von Getränken auch zu hohen Preisen in einer solchen Einrichtung nicht sittenwidrig (BGH WM 1980, 521, 522 und 902). Verträge, die im Zusammenhang mit Prostitution abgeschlossen werden, erscheinen nämlich als sittlich wertneutral, wenn die Lieferung oder Bereitstellung sachlicher Mittel gegen ein Entgelt vorgenommen wird, das Entgelt aber nicht durch seine Überhöhung eine Partizipierung an dem spezifischen Unzuchtserwerb erkennen lässt (OLG Hamm NJW-RR 1986, 547, 548).

So liegt es hier. Aus der Begründung der Klägerin zu den einzelnen Ansprüchen, die den Schuldanerkenntnissen zugrunde liegen, ergibt sich, dass zwischen Getränkepreisen und den spezifischen Leistungen der Prostituierten kein finanzieller Zusammenhang besteht. Die Klägerin hat die Getränkekarte zur Akte gereicht, die nach ihrer, vom Beklagten wiederum nur in unzulässiger Weise bestrittenen Behauptung sowohl im Schaukasten vor dem Lokal aushängt als auch im Gastraum auf jedem Tisch ausliegt. Aus dieser Getränkekarte ergibt sich, dass die in Rechnung gestellten Preise für Getränke völlig unabhängig davon sind, ob ein Gast sich ausschließlich im allgemeinen Clubbereich aufhält und dort Bestellungen aufgibt oder aber, ob er sich mit einer der Bardamen auf ein gesondertes Zimmer zurückzieht, und dort die Getränke ordert. Für die Leistungen der Prostituierten hingegen werden Stundenpreise von 300,00 DM berechnet und sind auch hier dem Beklagten in Rechnung gestellt worden. Daraus folgt, dass die Klägerin über ihre Getränkepreise ihren allgemeinen Aufwand für die Unterhaltung des Etablissements und ihren Gewinn erzielt, der davon unabhängig ist, ob im Einzelfall ein Gast lediglich in Gegenwart von Bardamen zecht oder aber deren besondere Prostitutionsleistung in Anspruch nimmt.

Die für den 29. September 2000 abgerechneten 8 Flaschen Champagner für 5.200,00 DM sind schon deshalb unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB unbedenklich, weil der Beklagte nach dem Vortrag der Klägerin vom Abend des 28. September bis zum frühen Morgen des 29. September 2000 im allgemeinen Gaststättenbereich durchgezecht und sich erst danach auf ein Zimmer gemeinsam mit Prostituierten zurückgezogen hatte.

Die Getränke, die der Beklagte in der Nacht vom 29. September auf den 30. September 2000 bestellt hatte (10 Flaschen Champagner sowie 6 Flaschen Pils), mögen überwiegend gemeinsam mit den beiden Prostituierten verzehrt worden sein, die der Beklagte mit auf sein Zimmer genommen hatte. Hierauf kommt es aber nicht an, weil die Getränkepreise in gleicher Höhe berechnet worden sind, ohne Rücksicht darauf, ob der Beklagte sich darauf beschränkt hat, im allgemeinen Gaststättenbereich zu verzehren oder dies gemeinsam mit Prostituierten im Zusammenhang mit deren "Begleitservice" zu tun.

b) Die Verzehrverträge über die bestellten Getränke sind auch nicht gemäß § 138 Abs. 2 BGB wegen Wuchers nichtig. Zwar kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Preise für die Getränke in einem auffälligen Missverhältnis zu den gebotenen Leistungen stehen, selbst wenn man berücksichtigt, dass in jedem Lokal Ausstattung und die gesamten Begleitumstände mitbezahlt werden. Jedenfalls fehlt es an den weiteren Tatbestandsmerkmalen der Ausbeutung einer Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder einer erheblichen Willensschwäche. Der Beklagte war, wie durch die Beweisaufnahme feststeht, zuvor bereits mehrere Male in dem Nachtclub der Klägerin. Ihm waren die Preise bekannt. Sie hingen im Schaukasten vor dem Nachtclub aus. Aus dem Vorprozess, den der Senat im Jahre 1994 entschieden hat (16 U 46/94) ergibt sich, dass das Preisniveau für Getränke sich in der Zwischenzeit nicht wesentlich geändert hat. Folglich kann sich der Beklagte nicht auf den Schutz des § 138 Abs. 2 BGB berufen.

c) Die Verzehrverträge sind auch nicht deshalb nichtig, weil der Beklagte sich erfolgreich gemäß § 105 Abs. 2 BGB auf einen Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit infolge übermäßigen Alkoholgenusses berufen könnte. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen, zumal sie durch das Ergebnis der Beweisaufnahme gestützt werden. In diesem Punkt wird das landgerichtliche Urteil vom Beklagten auch nicht mehr ernsthaft angegriffen.

3. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch für die Leistungen von sogenanntem "Begleitservice" durch die bei ihr angestellten Prostituierten ist unbegründet.

Auf die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage die Klägerin befugt sein sollte, diese Ansprüche persönlich geltend zu machen, kommt es nicht an. Die auf den "Begleitservice" gerichteten Verträge mit dem Beklagten sind nämlich wegen Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB nichtig gewesen.

Das hat das Landgericht auch durchaus zutreffend gesehen. Die durch den "Begleitservice" angebotenen Dienste der Prostituierten umfassten, wie die Klägerin selbst dargelegt hat, ohne weiteres auch die Verpflichtung, mit dem Kunden Geschlechtsverkehr oder andere intime sexuelle Handlungen vorzunehmen. Eine solche Verpflichtung, gegen Entgelt in Geschlechtsverkehr einzuwilligen, konnte weder im Jahre 2000 noch könnte sie heute unter der Geltung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (ProstG) vom 20. Dezember 2001 wirksam begründet werden. Damals wie heute verstößt eine solche Vereinbarung gegen die guten Sitten im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB. Dies folgt nach ganz einhelliger Meinung aus dem Umstand, dass eine vertragliche Verpflichtung einer Person, gegen Bezahlung in Geschlechtsverkehr einzuwilligen, gegen die Menschenwürde beider Beteiligten eines solchen Vertrages verstößt, Artikel 1 Abs. 1 Satz 1 GG. Da es die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt ist, die Menschenwürde nicht nur zu schützen sondern auch zu achten, Artikel 1 Abs. 1 Satz 2 GG, ist es dem Staat von Verfassungswegen verboten, eine solche Kommerzialisierung der Intimsphäre von Menschen mit den Mitteln des Rechts erzwingbar zu machen. Das bedeutet nicht, dass Prostitution im rechtsfreien Raum stattfände. Da Menschen nicht gehindert werden können, ihre eigene Menschenwürde zu missachten, steht es dem Gesetzgeber frei, die Folgen solcher Handlungen auch rechtlich abweichend von §§ 138 Abs. 1, 812, 817 BGB zu regeln, wie es nunmehr im Prostitutionsgesetz geschehen ist. Das ändert an dem Sittenwidrigkeitsurteil über den zugrunde liegenden Verpflichtungsvertrag nichts. Weder ein Wandel der gesellschaftlichen Anschauungen noch im Gesetzgebungsverfahren zum Prostitutionsgesetz geäußerte gegenteilige Ansichten vermögen hieran etwas zu ändern, da die Menschenwürde nicht zur Disposition des Gesetzgebers steht. Die auf Geschlechtsverkehr gegen Entgelt gerichtete vertragliche Verpflichtung ist und bleibt sittenwidrig (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., Anhang zu § 138, § 1 ProstG Rdn. 2).

Ob und inwieweit es im vorliegenden Fall bei den vom Beklagten in Anspruch genommenen Diensten aus dem "Begleitservice" überhaupt zu sexuellen Handlungen mit den Prostituierten gekommen ist, ist ungeklärt. Die Klägerin hat das noch nicht einmal behauptet. Darauf kommt es aber für die Beurteilung nach § 138 Abs. 1 BGB nicht an. Entscheidend ist, dass der "Begleitservice" von vornherein auch solche "Dienstleistungen" mit umfasste, weshalb die darauf gerichtete Vereinbarung von vornherein nichtig war (OLG Hamm NJW-RR 1986, 547, 548).

Folglich könnte sich ein Anspruch der Klägerin lediglich aus abgetretenem Recht der Prostituierten unter bereicherungsrechtlichen Grundsätzen ergeben. Ein solcher Bereicherungsanspruch scheiterte jedenfalls im Jahre 2000, also vor Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes, an § 817 Satz 2 BGB. Da die vom Beklagten unterzeichneten Schuldanerkenntnisse ohnehin nichtig sind, kommt es auf die vom Landgericht erörterte Frage nicht an, ob die Hingabe eines solchen Schuldanerkenntnisses im Sinne von § 781 BGB als Erfüllungsleistung im Sinne von § 817 Satz 2 BGB angesehen werden kann. Käme es darauf an, wäre der Ansicht des Landgerichts nicht beizutreten, weil im Rechtsverkehr die Hingabe eines wirksamen Schuldanerkenntnisses nicht als endgültige Erfüllungsleistung angesehen werden kann, wie sich ohne weiteres aus §§ 812 Abs. 2, 821 BGB ergibt.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO. Der Senat hat von einer Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO abgesehen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (ProstG), um die es hier geht, sind klärungsbedürftige Fragen im Sinne des § 543 ZPO nicht ersichtlich.



Ende der Entscheidung

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