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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 09.10.2008
Aktenzeichen: 16 U 19/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 459
BGB § 463 a.F.
Bei Kaufverträgen über Windenergieanlagen sind in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Herstellers Gewährleistungsbestimmungen des Inhalts wirksam, dass sich die versprochene Leistung ("Leistungskennlinie") nach standardisierten Normbedingungen gemäß gängiger Testverfahren bemisst.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

16 U 19/08

verkündet am: 9. Oktober 2008

In dem Rechtsstreit

hat der 16. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2008 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 8. Januar 2008 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen III des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin kaufte im April/Mai 1998 zwei Windenergieanlagen vom Typ N..., die nebeneinander in B aufgestellt wurden. Der Standortwahl lag ein von der Klägerin beauftragtes Ertragsgutachten vom 24. April 1998 zugrunde, wonach sich der Standort als durchschnittlich guter Binnenlandstandort beschreiben lasse (Anlage B 6, Anlagenband III, S. 10). In § 9 des Kaufvertrags vereinbarten die Parteien:

Leistung der Windkraftanlage

1. Die Verkäuferin leistet Gewähr für die Einhaltung der als Anlage beigefügten Leistungscharakteristik - 5% Toleranz.

2. Sollte die Leistungskurve der Windkraftanlage(n) unter üblichen Normbedingungen (1. Power Performance Testing, 2. Edition 1990, RISO [IEA]) der Leistungskurve in der Anlage dieses Vertrages nicht entsprechen, erhält die Verkäuferin Gelegenheit, die Anlage durch Nachbesserung auf den Leistungswert zu steigern. (...).

In der bezeichneten Anlage (Bl. 19) wird unter der Überschrift "Leistungskennlinie" den Windgeschwindigkeiten von 3 bis 25 m/sec eine bestimmte Leistung in kW zugeordnet.

Die Abnahme der Anlagen erfolgte - nach Inbetriebnahme im September 1998 bzw. Januar 1999 - im Februar 1999 (Anlage B 1). Im September 1999 rügte die Klägerin, dass die Anlagen die Leistungskennlinie nicht erreichten. Nachdem Abhilfeversuche der Beklagten nichts fruchteten, einigten sich die Parteien im Oktober 2001 darauf, ein Gutachten der Fa. W einzuholen, dessen Ergebnis sie anerkennen wollten; das Gutachten sollte, weil "aufgrund der im Windpark B herrschenden Rahmenbedingungen eine Vermessung nach den üblicherweise benutzten IEC-Standards nicht durchführbar" sei, nach einem Messverfahren mit Gondelanemometern durchgeführt werden (Anlage B 2). Die Verwertbarkeit der Ergebnisse der Fa. W ist zwischen den Parteien streitig.

Die Klägerin hat Rückabwicklung des Vertrags einschließlich der Erstattung daraus entstandener und entstehender Kosten verlangt. Sie hat behauptet, die Windenergieanlagen erreichten die versprochene Leistung nicht, wobei sie meint, es komme auf die Einhaltung der versprochenen Leistung für jeden einzelnen Windgeschwindigkeitsbereich an. Die Beklagte habe mangelnde Leistung eingeräumt; das ergebe sich im Übrigen auch aus den Messungen der Fa. Wt.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.301,222,40 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.01.2003, Zug um Zug gegen Rücknahme von zwei Windkraftanlagen Typ N... 330 kW mit 69 m Rohrmast, Baunummern ..., zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Rücknahme der Anlagen gemäß Ziffer 1 in Annahmeverzug befindet;

3. die Beklagte zu verurteilen, die in Ziffer 1. beschriebenen zwei Windkraftanlagen von den Grundstücken Flurstück ..., Flur ..., und Flurstück ..., Flur ..., der Gemarkung B binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Urteils zu entfernen;

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden, der durch die Lieferung der in Ziffer 1. beschriebenen Anlagen entstanden ist oder noch entstehen wird, zu ersetzen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Minderleistung der Anlagen erkläre sich aus dem gegenüber den allein maßgeblichen Normbedingungen ungünstigeren Standort. Unter den gegebenen Standortbedingungen stehe sich die Klägerin, stelle man richtigerweise auf den Ertrag der Anlagen ab, sogar besser als bei Einhaltung der Kennlinienleistungen.

Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Leistung der Anlagen die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, die Klägerin habe, unterstellt, sie könne die Einhaltung jedes einzelnen Parameters der Leistungskennlinie verlangen, nicht beweisen können, dass die Leistung der Anlagen nach Maßgabe der vertraglichen Normbedingungen hinter der vereinbarten Leistungskennlinie zurückbleibe. Defizite hätten sich ohnehin nur in Windbereichen oberhalb 9 m/s ergeben; ob sich dies auch an dem zugrunde zu legenden Normstandort bestätigen würde, habe der Sachverständige - auch nicht mit einer ihm zusätzlich aufgegeben Berechnung - aufgrund der damit verbundenen Unsicherheiten und wegen unzureichender Datenbasen nicht sagen können; eine Überprüfung an einem Normstandort sei mit zumutbarem Aufwand nicht möglich.

Die Berufung rügt, das Landgericht habe die Gewährleistungsklausel falsch ausgelegt und die Regeln für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht beachtet. Es gehe nicht um die Garantie einer bestimmten Energiemenge oder gar eines Jahresertrags, sondern bei objektiver Auslegung um die Einhaltung einzelner bestimmter Leistungswerte abzüglich 5% Toleranz bei jeweils bestimmten Windgeschwindigkeiten. Bei der vorliegenden Eigenschaftszusicherung komme es auf eine konkrete Gebrauchsbeeinträchtigung nicht an. Verstehe man die Vertragsbestimmung so wie das Landgericht - d.h. bezogen auf die Leistung am Normstandort -, sei die Klausel nach § 9 AGBG unwirksam. Die W-Gutachten (Anlage K 7 und B 3, beide Anlagenband) würden fehlerhaft gewürdigt. Diese seien aussagekräftig und verbindlich. Die Beklagte selbst habe schon in der Klagerwiderung die Abweichung dargelegt. Im Übrigen habe das gerichtliche Sachverständigengutachten den Nachweis einer signifikanten Unterschreitung der Leistungskennlinie erbracht. Die Kennlinie werde selbst unter Berücksichtigung von Messunsicherheiten zugunsten der Beklagten verfehlt; die IEC-Richtlinie (nach der der Sachverständige vorgegangen ist) beschreibe ebenso wie der vertragliche Performance Testing-Standard nur technische Standards.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Kiel vom 08.01.2008 abzuändern und die Beklagte gemäß den von der Klägerin in erster Instanz gestellten Anträgen (Bl. 2 d.A.) zu verurteilen;

hilfsweise,

die Auslagen des Sachverständigen G nach § 21 GKG niederzuschlagen

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil, sämtliche Protokolle sowie die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst aller Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten den begehrten großen Schadensersatz wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft nicht verlangen, §§ 463 Satz 1, 459 Abs. 2 BGB a.F.

Nach § 459 Abs. 2 BGB haftet der Verkäufer dafür, dass die Sache zur Zeit des Übergangs der Gefahr die zugesicherten Eigenschaften hat. Nach § 463 Satz 1 BGB a.F. kann der Käufer, wenn der Sache zur Zeit des Kaufes eine zugesicherte Eigenschaft fehlt, statt der Wandelung oder Minderung (großen) Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.

Von einer Eigenschaftszusicherung ist im Ansatz auszugehen. Nach § 9 Abs. 1 des Vertrages leistet die Beklagte Gewähr für die Einhaltung der Leistungscharakteristik. Damit wird die Einhaltung der Kennlinie im Sinne eines Einstehenwollens versprochen, also zugesichert. Indes kann nicht festgestellt werden, dass den gelieferten Anlagen die versprochene Eigenschaft fehlte.

1.

Der Klage musste vielmehr schon deshalb der Erfolg versagt bleiben, weil nach erschöpfender Beweisaufnahme nicht feststeht, dass die beiden vertragsgegenständlichen Windenergieanlagen die in § 9 des Vertrages vom 30. April / 4. Mai 1998 (Anlage K 1, Bl. 7 ff.) i.V.m. der dort in Bezug genommenen Leistungskennlinie (Bl. 19) die versprochene Leistungscharakteristik um mehr als 5% verfehlen.

Nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 des Vertrages hatte die Beklagte nämlich näher zu gewährleisten, dass die Leistungskurve der gelieferten Anlagen unter üblichen Normbedingungen (1. Power Performance Testing 2. Edition 1990, RISO [IEA]) der versprochenen Leistungskurve entspräche. Eine Abweichung von diesem Versprechen hat die Beweisaufnahme nicht ergeben.

Nach dem Gutachten G vom 24. August 2006 (Tasche von Bd. II, S. 57) erreichten zwar die vermessenen Leistungskurven der Windenergieanlagen auch zuzüglich der berechneten Unsicherheiten und abzüglich der 5%igen Toleranz die vereinbarte Leistungskurve bei Windgeschwindigkeiten von 9 m/s und mehr nicht - anders dagegen im Bereich bis 8 m/s, in dem die versprochenen Werte überboten werden. Aus der teilweisen Unterschreitung der Werte lässt sich indes nicht mit der erforderlichen Sicherheit darauf schließen, dass die versprochenen Werte auch unter den - am hiesigen Standort unstreitig nicht gegebenen - Normbedingungen verfehlt würden.

a)

Im Ansatz sind die Vertragsbedingungen so zu verstehen, dass die Einhaltung der jeweiligen Leistung bei der jeweiligen Windgeschwindigkeit zugesichert wird.

Das ergibt schon die Wortlautauslegung; denn versprochen wird eine bestimmte elektrische Leistung und nirgendwo ein wirtschaftlicher Ertrag nach Maßgabe einer "gewichteten Gesamtbetrachtung", wie ihn das Landgericht anfangs (Bl. 65) für richtig gehalten hat.

Auch Sinn und Zweck des Geschäfts mit Rücksicht auf die Umstände und die Risikoverteilung bestätigen dieses Ergebnis: Die Beklagte verkauft nur eine Maschine und kann auch nur für deren technische Leistung einstehen. Ob dagegen der Standort - insbesondere nach der Landschaftsform, der sog. Bodenrauigkeit, der Häufigkeitsverteilung der Windgeschwindigkeit und der mittleren Windgeschwindigkeit, vgl. zu diesen Parametern das Ertragsgutachten, Anlage B 6, S. 5 - 7 - tauglich ist und sich wirtschaftlich rentiert, ist Sache des Käufers, der entsprechend, wie es hier die Klägerin auch getan hat, das Ertragsgutachten selbst einzuholen und auszuwerten hat. Die Verkäuferin kann daher nichts anderes versprechen als bestimmte, in die dem Käufer obliegende Ertragsberechnung einzukalkulierende technische Leistungsvorgaben - und genau so ist die Anlage zum Vertrag mit der Leistungskennlinie denn auch aufgemacht.

Dass die Regelungen - nach dem Vergleich mit den weiteren beiden von der Klägerin vorgelegten Verträgen der Beklagten mit anderen Kunden aus 1999 (gleichartige Windanlage, Bl. 345 ff, 353) bzw. 2000 (kleinere Windanlage, Bl. 335 ff., 343) augenscheinlich für eine Vielzahl von Fällen von der Beklagten verwendeten Bestimmungen - ersichtlich Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten sind, ist danach unerheblich - auf eine im Zweifel etwa kundenfreundlichere Auslegung kommt es nicht an.

b)

Versprochen ist des Weiteren die Einhaltung einer bestimmten Leistungskennlinie unter spezifizierten Normbedingungen. Darauf (und entgegen der Auffassung der Berufung nicht auf die Ertragsbetrachtung) stellt auch das Landgericht in seinem Urteil zentral ab.

Auch dies kann nicht anders sein. Verspricht die Beklagte bestimmte technische Parameter, wird sie nicht umhin können, die Bedingungen zu formulieren, unter denen das gelten soll. Das ist etwa auch bei Verbrauchsangaben von Kraftfahrzeugen so, deren tatsächlicher Verbrauch von einer Reihe unbeherrschbarer Randbedingungen (Fahrstil, Verkehrslage, Beladung, Wind, Wartungszustand etc.) abhängt. Wollte man die Abstraktion auf eine standardisierte Messmethode nicht zulassen, würde der Hersteller die Garantie für eine bestimmte Leistung übernehmen müssen, obwohl er die konkreten Einsatzbedingungen weder kennt noch beeinflussen kann. Die konkreten Einsatzbedingungen fallen vielmehr - im Kfz-Fall wie auch hier - in den Risikobereich des Käufers.

Dementsprechend kann man auch nicht argumentieren, die Vertragsbestimmungen benachteiligten den Kunden unangemessen, weil unter Umständen die vordergründig versprochene Leistung niemals erreicht werden kann. Das trifft so und insbesondere hier nicht zu. Die versprochene Leistung wird hier nicht bloß abstrakt unter Laborbedingungen versprochen (wie im Beispiel die Verbrauche von Kfz), sondern konkret nach Maßgabe einer bestimmten, normierten Testsite. Der Standort für eine Referenzmessung soll nach der im Vertrag genannten Messrichtlinie "so gewählt werden, dass die Wahrscheinlichkeit der Beeinflussung der Testergebnisse durch lokale topographische Besonderheiten minimiert wird (Ziff. 3 - "Test Site" - der genannten Studie nach Anlage B 7, S. 5, Bl. 371, Übersetzung des Senats). Die Bedingung für die Erreichung der Leistungskurve sind danach offen-sichtlich in erster Linie flache und von der Oberflächenbeschaffenheit wenig raue Gelände - und an solchen Standorten stehen Windenergieanlagen denn auch regelmäßig. Eine konkrete Prüfungsmöglichkeit wird daher in der großen Mehrzahl der Fälle ohne weiteres gegeben sein; jedenfalls dürfte an einem im Wesentlichen ebenen Standort die Abweichung von der Norm-Testsite so gering sein, dass sich regelmäßig aus dem Maß der Abweichung gut Schlüsse darauf ziehen lassen, ob die betreffende Anlage nun unter Niveau leistet oder nicht.

c)

Unter den Vorzeichen einer auf den jeweiligen Einzelwert einerseits, auf den Normstandort andererseits bezogenen Zusicherung steht nicht fest, dass die Windenergieanlagen die Leistungskennlinie verfehlen.

Nach dem Ergebnis des gerichtlichen Sachverständigen (Gutachten S. 57) erreicht die WEA 1002 in der vermessenen Leistungskurve (einschließlich Messunsicherheit die garantierte Leistungskurve abzüglich 5 % nicht im Windgeschwindigkeitsbereich 9 - 12 m/sec; für die WEA 1003 gilt gleiches im Windgeschwindigkeitsbereich 9 - 14 m/sec; im Übrigen werden die Angaben der Leistungskennlinie erreicht, im unteren Bereich sogar eher übertroffen.

Diese Ergebnisse lassen indes nicht auf eine Verfehlung der Kennlinie am Maßstab des verbindlichen Normstandortes schließen. Die Leistung der beiden Anlagen wird nämlich maßgeblich beeinflusst von den am Standort B herrschenden Turbulenzen. Diese Turbulenzintensität ist aber nach der auch von der Berufung nicht in Zweifel gezogenen Aussage des Sachverständigen am Standort B im Vergleich zu einem richtlinienkonformen Referenzstandort sehr viel größer (Schreiben vom 13. Dezember 2006, Bl. 309). Der gegebene Standort zeichnet sich durch großflächige Waldgebiete, offene landwirtschaftliche Nutzflächen und ländliche Bebauung aus. Die angrenzenden Waldgebiete weisen Baumhöhen von ca. 10 bis 20 m auf. Die komplexe Geländestruktur weist einen Höhenunterschied von 200 m bis 600 m über NN auf, die Anlagen selbst befinden sich auf einer Höhe von ca. 300 m über NN (all dies nach dem Gutachten, S. 10; ebenso bereits das von den Parteien veranlasste Gutachten der Fa. W, das namentlich ein unmittelbar nördlich anschließendes Waldgebiet und südlich, südwestlich und nord-westlich starken Geländeabfall beschreibt, Anlage K 7, S. 4, Anlagenband II, Bl. 13). Dagegen soll der Standort für eine Referenzmessung nach der im Vertrag genannten Messrichtlinie "so gewählt werden, dass die Wahrscheinlichkeit der Beeinflussung der Testergebnisse durch lokale topographische Besonderheiten minimiert wird. In Fällen, in denen Hindernisse wie nahe gelegene Gebäude, andere Windanlagen, Bäume usw. die Testergebnisse bei bestimmten Windrichtungen beeinflussen können, ist es danach notwendig, die Resultate auszuscheiden oder mit zureichender Erläuterung separat zu führen. Es ist zu betonen, dass die Vernachlässigung einer sorgsamen Bewertung von Unvollkommenheiten des Testgeländes erhebliche Auswirkungen auf die Genauigkeit der Bestimmung der Leistungskurve haben können" (Ziff. 3 - "Test Site" - der genannten Studie nach Anlage B 7, S. 5, Bl. 371; Übersetzung des Senats). Nicht anders ist es nach der von dem Sachverständigen zugrunde gelegten Richtlinie IEC 61400-12, der die eben genannten Messrichtlinie im Wesentlichen entspricht (Sachverständiger im Termin vom 27. November 2007, Protokoll S. 3, Bl. 456).

Aufgrund der beschriebenen gravierenden Unterschiede zwischen dem tatsächlichen Standort B und dem für eine richtlinienkonforme Messung erforderlichen Referenzstandort lässt sich aus den ermittelten Leistungswerten nicht auf eine technisch bedingte Verfehlung der versprochenen Leistungskurve schließen. Ein zuverlässigeres Ergebnis lässt sich nach den Angaben des Sachverständigen aufgrund der erheblichen Unsicherheitsfaktoren auch durch eine Umrechnung auf die Referenzbedingungen nicht erzielen (Schreiben des Sachverständigen vom 29. Juni 2007, Bl. 424). Die durch die Umrechnung bedingte zusätzliche Unsicherheit wäre größer als die Differenz der beiden Leistungskurven.

Dass im Gegenteil gerade standortspezifische Turbulenzen und nicht technische Defizite der Anlagen für die Minderleistung verantwortlich sein könnten, wird insbesondere daraus plausibel, dass die Turbulenzen sich gemeinhin dahin auswirken, dass die Leistung im unteren Windgeschwindigkeitsbereich verbessert und im oberen verschlechtert wird (Sachverständiger, Schreiben vom 13. Dezember 2006, Bl. 309), was sich mit den Messergebnissen des Gutachtens (dort S. 52f.) genau deckt. Jedenfalls ist das Beweisergebnis für die beweisbelastete Klägerin nicht positiv ergiebig.

2.

Das Ergebnis des gerichtlichen Sachverständigengutachtens kann auch nicht etwa deshalb dahingestellt bleiben, weil bereits aufgrund der gutachterlichen Stellungnahmen der Fa. W vom 11. April 2002 (Anlage K 7, Anlagenband, II, Bl. 10) und vom 10. September 2002 (Anlage B 3, Anlagenband, I Bl. 6) für die Parteien verbindlich geklärt worden wäre, dass die Windenergieanlagen mangelhaft wären. Die Daten der ersten Stellungnahme standen ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Nachkalibration am Ende der Messkampagne (S. 8 der Stellungnahme), die nach den Angaben von W ein so stark verändertes Laufverhalten der Windgeber ergaben, dass die Ergebnisse nicht belastbar waren (Schreiben vom 4. August 2003, Anlage B 3, Bl. 63). Die zweite Stellungnahme ist nicht repräsentativ, da sie ausreichende Daten lediglich für den Zeitraum zweier Sommermonate geliefert hat, während üblicherweise in Jahreszeiträumen gemessen wird. Im Übrigen wird in beiden Stellungnahmen darauf hingewiesen, dass der Vermessungsstandort nicht den Anforderungen der angewandten Messrichtlinie entspreche: "Der Vermessungsstandort entspricht nicht den Anforderungen nach /1/" (Anlage K 7, S. 7, wobei /1/ bezeichnet die DIN WEA, Teil 12: Messverfahren zur Bestimmung des Leistungsverhaltens bei Windenergieanlagen, vgl. ebd. S. 20).

3.

Etwas anderes - und insbesondere etwa ein wirksames Zugeständnis der Mangelhaftigkeit - ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte vor-prozessual die Verfehlung der Leistungskennlinie eingeräumt hat. In allen diesbezüglich von der Klägerin vorgelegten Schreiben der Beklagten (vom 8. Mai 2002, Anlage K 2, Bl. 20, vom 11. Februar 2000, Anlage K 4, Anlagenband II, Bl. 2 - 4 und vom 18. März 2003, Anlage K 5, Anlagenband II, Bl. 5) geht es stets nur darum, dass die Anlagen tatsächlich die Normwerte nicht erreichen; bei allem Bemühen um kulante Abhilfe wird stets abschließend darauf hingewiesen, dass dafür die "Standortqualität" (erstgenanntes Schreiben), "ungünstige Standortbedingungen" (zweitgenanntes) bzw. "relativ hohe Turbulenzen" (letztgenanntes Schreiben) verantwortlich seien. Deshalb kommt entgegen der Auffassung der Berufung auch eine Umkehr der Beweislast nicht in Betracht.

4.

Schließlich kann auch dem hilfsweise gestellten Antrag auf Niederschlagung der Gerichtskosten nach § 21 Abs. 1 GKG wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht entsprochen werden.

Das von Amts wegen naturgemäß nicht einschlägig sachkundige Landgericht konnte aus dem anfänglichen Hinweis des Sachverständigen allein, dass die Anlagen nicht am Normstandort vermessen werden konnten, das non-liquet der Beweisaufnahme nicht voraussehen. Erst am Ende der Beweisaufnahme stand auch fest, dass eine verlässliche Umrechnung der Ergebnisse auf einen Normstandort nicht möglich wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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