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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 24.10.2002
Aktenzeichen: 16 U 65/01
Rechtsgebiete: VVG, AKB
Vorschriften:
VVG § 49 | |
AKB § 12 Abs. 1 I lit. b |
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
verkündet am: 24. Oktober 2002
In dem Rechtsstreit
hat der 16. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 23. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht sowie die Richter am Oberlandesgericht für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. Juli 2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kiel teilweise geändert.
Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreites.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,- ?, es sei denn die Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe.
Die Beschwer des Klägers beträgt 21.235,18 ? (= 41.532,40 DM).
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten aufgrund einer bei dieser bestehenden Kraftfahrzeugteilkaskoversicherung eine Entschädigungsleistung mit der Behauptung, ihm sei am 17. Januar 1998 zwischen 13.30 Uhr und 17.00 Uhr in L sein Motorrad des Typs Harley-Davidson im Werte von 49.500 DM gestohlen worden.
Der Kläger war Eigentümer eines Motorrades, welches er unter Verwendung verschiedener Zubehörteile, u.a. eines Harley-Davidson Evolution Motors, neu aufbaute. Dieses Fahrzeug entsprach nicht den Vorschriften der Straßenverkehrszulassungsordnung. Bestimmte Bauteile, wie etwa eine Ritzel-Bremse, schließen eine Zulassung zum öffentlichen Straßenverkehr nach deutschem Recht aus. Gleichwohl war der Kläger im Besitz eines Kraftfahrzeugbriefes mit einer entsprechenden Betriebserlaubnis. Die in diesem Kraftfahrzeugbrief enthaltene Abnahmebescheinigung vom 04.07.1995 stammt nicht von dem dort angegebenen Prüfer.
Der Kläger hat behauptet:
Das bei der Beklagten versicherte Motorrad sei ihm am 17. Januar 1998 in L gestohlen worden. Er habe sich auf der Fahrt von seinem Wohnort nach L zur Musik- und Kongresshalle befunden, wo er eine Motorradausstellung habe besuchen wollen. In S habe es angefangen zu regnen. Er habe daher gegen 13.30 Uhr das Motorrad in einer Einfahrt in der Mstraße 105 abgestellt und mit einem Bügelschloss gegen Diebstahl gesichert. Er sei von einem zufällig vorbeikommenden Bekannten, dem Zeugen M, in dessen Pkw zur Motorradausstellung gefahren und später auch wieder zurückgebracht worden. Als er gegen 17.00 Uhr zum Abstellort zurückgekommen sei, sei das Motorrad nicht mehr da gewesen. Er habe eine im Nachbarhaus wohnende Frau, deren Name ihm nicht bekannt sei, nach dem Verbleib gefragt und in der näheren Umgebung nach dem Motorrad gesucht. Die sofort herbeigerufene Polizei sei erst um 19.30 Uhr eingetroffen, weil sie ihn nicht gleich gefunden habe. Das Motorrad sei nie wieder aufgefunden worden. Es habe einen Wiederbeschaffungswert von 49.500,00 DM gehabt.
Nach einer Klagerücknahme in Höhe von 300,00 DM (vereinbarte Selbstbeteiligung) hat der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, 49.200,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Januar 2000 an ihn zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, der Kläger habe einen Diebstahl lediglich vorgetäuscht. Der Kläger sei ein unredlicher Versicherungsnehmer. Seine Unredlichkeit ergebe sich daraus, dass er Inhaber eines gefälschten Kraftfahrzeugbriefes gewesen und mit einem Motorrad ohne Betriebserlaubnis umher gefahren sei. Außerdem habe der Kläger zur Ermittlung des Wertes des Motorrades Belege über Teile vorgelegt, die unstreitig gar nicht an dem gestohlenen Motorrad verbaut worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Das Landgericht hat den Kläger als Partei gemäß § 141 ZPO angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen M sowie Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 9. November 2000 (Blt. 180 - 185 d.A.) und auf das Gutachten des Sachverständigen B vom 14. Mai 2001 (Blt. 220 - 242 d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte - unter Abweisung der Klage im übrigen - verurteilt, an den Kläger 41.532,40 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Januar 2000 zu zahlen. Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt:
Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 41.532,40 DM aus dem unstreitig bestehenden Kraftfahrzeugteilkaskoversicherungsvertrag. Das Gericht habe nach der Beweisaufnahme keinen Zweifel daran, dass dem Kläger sein Motorrad gestohlen worden sei. Der Zeuge M habe die Behauptungen des Klägers zum Abstellort und zum Verschließen des Motorrades glaubhaft bestätigt. Der Zeuge sei glaubwürdig. Das Gericht sei auch davon überzeugt, dass das Motorrad nicht mehr dagewesen sei, als der Kläger damit habe nach Hause fahren wollen. Es sei unstreitig, dass die um 19.30 Uhr erschienenen Polizeikräfte kein Motorrad am Abstellort vorfanden. Mehr müsse der Kläger dazu nicht darlegen. Insbesondere könne ihm nicht der volle Beweis für den Diebstahl abverlangt werden. Der Kläger sei kein unredlicher Versicherungsnehmer. Er habe die Beklagte über nichts getäuscht. Er habe auf Veranlassung der Beklagten ein Sachverständigengutachten über den Zustand und den Wert des Motorrades vorgelegt. Der Umstand, dass das Fahrzeug für den öffentlichen Verkehr nicht zugelassen sei, spiele für die Teilkaskoversicherung keine Rolle, da es sich nicht um einen gefahrerhöhenden Umstand handele. Eine Unredlichkeit ergebe sich auch nicht daraus, dass der Kraftfahrzeugbrief möglicherweise gefälscht sei. Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass diese Fälschung vom Kläger oder mit Wissen des Klägers ausgeführt worden sei. Im übrigen komme es auch darauf nicht an, da die Beklagte mit dem Kraftfahrzeugbrief nichts zu tun habe. Was die Beklagte aus dem Umstand, dass der Kläger keine Schlüssel für ein Lenkradschloß vorgelegt habe, herleiten wolle, sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger habe sich auch nicht dadurch vertragswidrig verhalten, dass er im Rechtsstreit zur Darlegung des Wiederaufbauwertes seines Fahrzeuges Belege über Teile vorgelegt habe, welche sich nicht an seinem gestohlenen Motorrad befunden hätten. Dieses Verhalten des Klägers sei zumindest entschuldbar. Eine Obliegenheitsverletzung nach Eintritt des Versicherungsfalles ergebe sich nicht daraus, dass der Kläger die von ihm befragte Nachbarin nicht namhaft gemacht habe. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass der Kläger den Namen der Zeugin gekannt habe. Aus dem Gutachten des Sachverständigen B vom 14. Mai 2001 ergebe sich zur Überzeugung des Gerichts, dass das gestohlene Motorrad einen Wiederbeschaffungswert von 41.832,40 DM aufweise. Davon sei der vereinbarte Selbstbehalt in Höhe von 300 DM abzuziehen.
Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor:
* Hinsichtlich des behaupteten Abstellens des Motorrades sei das Landgericht zu Unrecht der Aussage des Zeugen M gefolgt. Die Aussage des Zeugen stehe nicht mit der Darstellung des Klägers in Einklang. Nach der Aussage des Zeugen M habe der Kläger ein Lenkradschloß betätigt. Nach der Darstellung des Klägers habe es ein solches nicht gegeben.
* Bezeichnend sei auch, dass der Kläger gegenüber der Polizei als weiteren Zeugen einen Herrn S angegeben habe, dieser jedoch zu dem streitgegenständlichen Vorfall nichts habe sagen können.
* Das Landgericht habe zum Nichtwiederauffinden des Motorrades den Kläger gemäß § 141 ZPO angehört, obwohl der Kläger selbst das Vorhandensein einer Zeugin behauptet habe. Der Kläger habe diese Zeugin zwar nie namentlich und mit vollständiger ladungsfähiger Anschrift benannt, eine Anhörung des Versicherungsnehmers scheide jedoch aus, wenn es Zeugen gebe.
* Entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht sei der Kläger unredlich. Aus seinem PKH-Antrag ergebe sich, dass der Kläger in ungeordneten finanziellen Verhältnissen lebe. Der Kläger sei außerdem Mitglied des Motorradclubs "Black Union", einem ostdeutschen Ableger der "Hells Angels". Der Kläger habe sich außerdem entweder selbst einen gefälschten Kfz-Brief beschafft oder die Fälschung in Auftrag gegeben. Er habe nach seiner eigenen Darstellung für die Beschaffung des Kfz-Briefes 1.000 DM an den Zeugen L gezahlt. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass es sich um eine Fälschung gehandelt habe. Gegen den Kläger laufe im übrigen ein Ermittlungsverfahren wegen eines Raubüberfalls beim Zeugen L. Der Kläger habe beim Vertragsabschluss der Beklagten verschwiegen, dass das Fahrzeug nicht zulassungsfähig sei. Die fehlende Zulassungsfähigkeit ergebe sich aus dem Gutachten des TÜV Heilbronn vom 25.02.1998 und dem Gutachten des Sachverständigen K vom 14.05.2001. Der Kläger habe die zum Lenkradschloß gehörenden Schlüssel nicht vorgelegt, obwohl es bei dem streitgegenständlichen Motorradtyp ein Lenkradschloß gebe. Der Kläger habe mit dem Klagentwurf Belege eingereicht, die nicht zum Umbau gehörten. Das ergebe sich aus dem Gutachten des Sachverständigen B vom 14.05.91.
* Der Kläger habe nicht bewiesen, dass er das Motorrad in der Zeit zwischen dem behaupteten Abstellen und dem behaupteten Nichtwiederauffinden nicht selbst habe bewegen können. Aus den zur Unredlichkeit des Klägers vorgetragenen Umständen ergebe sich gleichzeitig eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für die Vortäuschung der Entwendung.
* Sie sei wegen einer Obliegenheitsverletzung gemäß §§ 7 Abs. 1 Nr. 2 Abs. 5 Nr. 4 AKB i. V. mit § 6 Abs. 3 VVG von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei. Der Kläger habe in seiner Schadensanzeige keine Angaben zu den Diebstahlsfragen gemacht. Der Kläger habe außerdem im Zusatzfragebogen einen Zeugen für das Nichtwiederauffinden des Motorrades genannt, der tatsächlich dazu nichts habe bekunden können. Der Kläger habe schließlich eine Zeugin für das Nichtwiederauffinden nicht namentlich benannt, obwohl diese ihm bekannt sei.
* Entgegen der Ansicht des Landgerichts könne der vom Sachverständigen ermittelte Wiederaufbauwert nicht mit dem Wiederbeschaffungswert im Sinne des § 13 Abs. 1 AKB gleichgesetzt werden. Das Gutachten des Sachverständigen B sei nicht nachvollziehbar und unklar. Der Sachverständige unterscheide nicht zwischen Neuteilen und gebrauchten Teilen. Es sei auch unklar, bei welchen Beträgen es sich um Netto- und bei welchen Beträgen es sich um Bruttobeträge handele. Der Sachverständige habe auch nicht alle Positionen vollständig begründet. Er habe sich nicht mit dem Gutachten des TÜV Norderstedt auseinandergesetzt. Es bedürfe daher einer ergänzenden Erläuterung.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage vollen Umfangs abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrages das Urteil des Landgerichts und trägt ergänzend vor:
* Ein Lenkradschloß habe es bei dem streitgegenständlichen Motorrad nicht gegeben. Der Zeuge M habe derartiges auch nicht bekundet.
* Er habe den Zeugen S ursprünglich als möglichen Zeugen benannt, da dieser nach seinem damaligen Kenntnisstand Inhaber des Betriebes gewesen sei, in dessen Einfahrt er das Motorrad abgestellt habe. Im Laufe des Verfahrens habe sich herausgestellt, dass Herr S tatsächlich nicht mehr Betriebsinhaber gewesen sei. Die ursprünglich erwähnte junge Frau, bei der er, der Kläger, geklingelt habe, sei keine Zeugin für das Nichtwiederauffinden. Sie könne allenfalls bestätigen, dass er bei ihr geklingelt habe.
* Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens dürfte zwar davon auszugehen sein, dass der Kfz-Brief gefälscht gewesen sei. Er habe das jedoch nicht gewußt. Er habe das Motorrad nach der Fertigstellung des Neuaufbaus wegen der erforderlichen Bauartabnahme zum Zeugen L gebracht, da der Zeuge Fachmann auf diesem Gebiet gewesen sei. Er habe an diesen für die Bauartabnahme 1.000 DM gezahlt und habe den Kfz-Brief später per Post zugesandt erhalten. Es sei zu vermuten, dass die Herren L und H ein Geschäft daraus gemacht hätten, Kfz-Briefe zu fälschen und dafür gutes Geld zu verlangen. Daß der mutmaßliche Fälscher L im Ermittlungsverfahren eine unwahre Aussage gemacht habe, verwundere nicht. Die Behauptung, dass er, der Kläger, einen Raubüberfall auf den Zeugen L begangen habe, entspreche nicht der Wahrheit.
* Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass er von einer fehlenden Zulassungsfähigkeit des Motorrades für den Straßenverkehr Kenntnis gehabt habe.
* Da es bei der Zulassungsfähigkeit Ermessensspielräume gebe, stehe nicht fest, dass das Motorrad nicht zulassungsfähig gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die bis zum Verhandlungstermin am 23.09.2002 zur Akte gelangten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen W und L und hat den Kläger gemäß § 141 ZPO angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Anhörung wird auf das Terminsprotokoll vom 23.09.2002 Bezug genommen. Der Senat hat außerdem die Ermittlungsakte 710 Js 20324/98 der Staatsanwaltschaft Lübeck zu Beweiszwecken zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Auf den Inhalt dieser Akte wird verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, da das Landgericht die Beklagte zu Unrecht verurteilt hat, an den Kläger 41.532,40 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Januar 2000 zu zahlen. Ein solcher Anspruch steht dem Kläger nicht zu.
1.) Als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch kommt nur §§ 1 Abs.1, 49 VVG i.V.m. §§ 12 Nr.1 I b, 13 Nr.1 AKB in Betracht. Danach hat der Versicherer bei einer bestehenden Fahrzeugteilversicherung den Schaden bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes zu ersetzen, wenn das versicherte Fahrzeug durch einen Diebstahl verloren geht oder zerstört wird.
Im vorliegenden Fall ist zwar zwischen den Parteien ein Teilkaskoversicherungsvertrag zustande gekommen. Dieser Versicherungsvertrag betrifft ausweislich des Versicherungsscheines vom 20.08.1997 (Blt.8 d.A.) auch das streitgegenständliche Motorrad. Die wegen des vollständigen Neuaufbaus durch den Kläger möglicherweise unzutreffende Herstellerangabe "Harley Davidson" und die unstreitig nicht gegebene Zulassung zum öffentlichen Straßenverkehr ändern nichts daran, daß das streitgegenständliche Kraftrad des Klägers mit dem damaligen amtlichen Kennzeichen und der aufgeprägten Rahmennummer x Gegenstand des Versicherungsvertrages geworden ist. Die Beklagte kann nicht einwenden, sie sei über die Identität des zu versichernden Fahrzeuges getäuscht worden, da dem Versicherungsantrag unstreitig das Bewertungsgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. B vom 11.06.1997 (Blt.11 ff. d.A.) einschließlich der Bilder Blt.16 u. 17 d.A. beigefügt war. Aus diesem Gutachten geht eindeutig hervor, daß das Kraftrad durch den Kläger neu aufgebaut wurde.
Einzelne Abweichungen in der technischen Ausführung des Fahrzeuges führen in der Teilkaskoversicherung ebensowenig wie eine gefälschte Eintragung über die Zulassung zu einem automatischen Erlöschen des Versicherungsschutzes. Die Beklagte hat den Versicherungsvertrag weder wegen arglistiger Täuschung (§ 22 VVG) noch wegen Gefahrerhöhung (§ 24 VVG) angefochten.
2.) Es kann jedoch nicht festgestellt werden, daß ein Versicherungsfall eingetreten ist. Der Kläger hat weder die behauptete Fahrzeugentwendung noch das äußere Bild eines Fahrzeugdiebstahls bewiesen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der der Senat folgt, gilt für den grundsätzlich vom Versicherungsnehmer zu erbringenden Beweis der bedingungsgemäßen Entwendung eines Kraftfahrzeuges folgendes:
Der Versicherungsnehmer genügt seiner Beweislast für das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Entwendung schon dann, wenn er Tatsachen darlegt und notfalls beweist, die nach ihrem äußeren Bild mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Wegnahme der versicherten Sache gegen den Willen des Versicherungsnehmers schließen lassen. Das äußere Bild eines Kfz-Diebstahls ist im allgemeinen schon dann gegeben, wenn der Versicherungsnehmer das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt hat, es dort jedoch später - bei seiner Rückkehr an den Abstellort - nicht mehr vorfindet. Wenn der Versicherungsnehmer das äußere Bild nicht beweisen kann, weil Beweismittel nicht zur Verfügung stehen oder diese nicht ausreichen, kann der Tatrichter den Versicherungsnehmer gem. § 141 ZPO anhören und im Rahmen der freien Beweiswürdigung seinen Angaben folgen. Voraussetzung für diese Beweiserleichterung ist allerdings, daß keine Zweifel an der Redlichkeit des Versicherungsnehmers bestehen (BGH VersR 1996, 1135,1136; BGH NJW-RR 2000, 315, 316; Römer/Langheid VVG, § 49 Rn.12 ff.; Römer NJW 1996, 2329 m.w.Nw.).
3.) Im vorliegenden Fall hat der Kläger die für das äußere Bild eines Diebstahls erforderlichen Umstände schlüssig vorgetragen. Er hat auch Beweis angeboten durch Benennung des Zeugen M für das Abstellen sowie einen Antrag auf seine Anhörung oder Vernehmung als Partei für das Nichtwiederauffinden. Der Kläger konnte seinen Vortrag zum äußeren Bild jedoch nicht beweisen.
Der abweichenden Beweiswürdigung des Landgerichtes kann nur insoweit gefolgt werden, als das Landgericht aufgrund der Aussage des Zeugen M den Vortrag des Klägers zum Abstellen des Krades als bewiesen angesehen hat. Insoweit hat das Landgericht nachvollziehbar und überzeugend festgestellt, daß die Aussage glaubhaft ist und der Zeuge einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen hat. Die hiergegen erhobenen Einwände der Beklagten greifen nicht durch.
Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht, soweit es seine Feststellungen zum Nichtwiederauffinden bei der Rückkehr zum Abstellort ausschließlich auf den unstreitigen Umstand gestützt hat, daß die um 19.30 Uhr erschienenen Polizeikräfte am Abstellort kein Motorrad vorfanden. Das reicht für die Feststellung des äußeren Bildes eines Kfz-Diebstahls nicht aus. Wie bereits oben ausgeführt ist darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, daß der Versicherungsnehmer das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt hat, es dort jedoch später bei seiner Rückkehr an den Abstellort nicht mehr vorgefunden hat. Im vorliegenden Fall ist der Kläger nach seinem eigenen Vortrag gegen 17 Uhr an den Abstellort zurückgekehrt. Er muß somit beweisen, daß er zu diesem Zeitpunkt das Motorrad nicht mehr vorgefunden hat. Daß das Krad 2 1/2 Stunden später nicht mehr vorhanden war, ist in diesem Zusammenhang unbehelflich, da die Möglichkeit besteht, daß der Kläger das Fahrzeug in der Zwischenzeit an einen anderen Ort verbracht hat.
4.) Eine Beweisführung für das Nichtwiederauffinden des Motorrades bei Rückkehr an den Abstellort durch eine eigene Parteianhörung gemäß § 141 ZPO kann dem Kläger nicht zugebilligt werden, da er nicht als redlicher Versicherungsnehmer angesehen werden kann. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der der Senat folgt, gilt die Vermutung der Redlichkeit nicht mehr, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, die den Versicherungsnehmer als unglaubwürdig erscheinen lassen oder doch Anlaß geben zu schwerwiegenden Zweifeln an seiner Glaubwürdigkeit und an der Richtigkeit seiner Behauptungen zur Entwendung. Solche Tatsachen müssen feststehen, also unstreitig oder bewiesen sein (BGH VersR 1996, 575; BGH VersR 2002, 431). Im vorliegenden Fall ergeben sich solche Zweifel aus folgenden feststehenden Tatsachen:
a) Der Kläger hat gemeinschaftlich handelnd mit dem Zeugen B am 02.09.1996 ein im Eigentum des Zeugen L stehendes Motorrad des Typs Harley-Davidson im Wert von mehreren 10.000,- DM gegen den Willen des Eigentümers aus dessen Besitz entwendet und abtransportiert, um auf diesem Wege eine Geldforderung des Zeugen B gegen den Zeugen L durchzusetzen. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem unstreitigen Inhalt der Ermittlungsakte 112 Js 537/97 der Staatsanwaltschaft Stade, die in Kopie als Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 27.03.2002 (Blt.388 f d.A.) zur Akte gereicht worden ist, in Verbindung mit der Einlassung des Klägers im Verhandlungstermin am 23.09.2002 vor dem Senat.
Der Abtransport und die Einbehaltung des Motorrades zum Zwecke der Forderungsdurchsetzung sind weder vom Zeugen B - siehe dessen Einlassung vom 13.02.1997 (Blt.40 f der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stade) und die Vereinbarung zwischen den Zeugen L und B aus dem September 1997 (Blt.399 d.A.) - noch vom Kläger bestritten worden. Soweit der Kläger behauptet hat, der Zeuge L sei mit dem Abtransport einverstanden gewesen, ergibt sich aus der Erklärung des Klägers bei seiner Anhörung durch den Senat im Verhandlungstermin am 23.09.2002, daß das nicht zutreffen kann. Der Kläger hat nämlich auf Vorhalt der Strafanzeige des Zeugen L vom 14.10.1996 (Blt.3 der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stade) durch den Senat bestätigt, daß der Zeuge L in einem PKW mitgenommen und erst außerhalb der Stadt rausgelassen wurde. Das kann nur den Sinn gehabt haben, eine sofortige Einschaltung der Polizei zu verhindern.
b) Der Kläger hat die im Fahrzeugbrief enthaltene Eintragung vom 04.07.1995 über die Bauartabnahme durch den TÜV in Norderstedt (siehe Blt.73 der Ermittlungsakte 710 Js 20324/98 der Staatsanwaltschaft Lübeck) entweder selbst gefälscht oder fälschen lassen. Der Kläger bestreitet nicht, daß es sich bei der Eintragung über die Bauartabnahme um eine Fälschung handelt. Das ergibt sich auch aus den Fax-Schreiben des TÜV Nord vom 24.04.1998 und 04.05.1998 (Blt.41, 46 der Ermittlungsakte 710 Js 20324/98 der Staatsanwaltschaft Lübeck). Soweit der Kläger behauptet, er habe den Zeugen L mit der Beschaffung einer Zulassung beauftragt und diesem dafür 1.000,- DM gezahlt, ohne von einer Fälschung gewußt zu haben, wird das widerlegt durch die Aussagen der Zeugen L und W. Der Zeuge L hat im Termin am 23.09.2002 vor dem Senat nachvollziehbar und glaubhaft bekundet, daß er zwar dem Kläger den Rahmen mit dem zugehörigen Blanko-Kfz-Brief und später auch verschiedene Einzelteile verkauft, jedoch mit der Bauartabnahme nach dem Neuaufbau der Maschine nichts zu tun gehabt habe. Er habe die Maschine nach dem Rahmenverkauf nie wieder gesehen und sei vom Kläger auch nicht mit der Durchführung der Bauartabnahme beauftragt worden. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen hat der Senat aufgrund des im Verhandlungstermin am 23.09.2002 gewonnenen Eindruckes nicht. Der Zeuge L hat zwar ein Interesse daran, nicht selbst mit der Urkundenfälschung in Verbindung gebracht zu werden. Für seine Glaubwürdigkeit spricht jedoch, daß er - wie sich jetzt herausgestellt hat - auch in dem bereits oben erörterten Ermittlungsverfahren betreffend die Entwendung seines Motorrades die Wahrheit gesagt hat. Er ist bis zuletzt bei seiner jetzt bestätigten Darstellung geblieben und hat diese auch in seinem Schreiben vom 21.08.1997 an den zuständigen Richter des Amtsgerichtes Tostedt (siehe Blt.85 der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stade) aufrechterhalten, mit dem er die Strafanzeige gegen den Zeugen B und den Kläger zurückgenommen und um eine Einstellung des Verfahrens gebeten hat.
c) Hinzu kommt, daß der vom Kläger benannte Zeuge W ganz offensichtlich gelogen hat, als er im Verhandlungstermin am 23.09.2002 vor dem Senat bekundet hat, er sei zusammen mit dem Kläger zweimal von Pokrent bei Schwerin nach Tostedt und zurück gefahren, um das streitgegenständliche Motorrad des Klägers auf einem Hänger zum Zeugen L zu bringen und später von dort wieder abzuholen. Der Zeuge W konnte, obwohl er die Strecke vier mal gefahren sein will, nicht die geringsten Angaben dazu machen, wo Tostedt liegt, welche Route er gefahren sei und wieviel Zeit er dafür benötigt habe. Die einzige halbwegs konkrete Angabe, die der Zeuge W zu den Fahrten gemacht hat, war die, daß man eigentlich immer nur Landstraße gefahren sei. Diese Angabe läßt sich jedoch nicht mit der Darstellung des Kläger in Einklang bringen, wonach man den überwiegenden Teil der Strecke jeweils auf den Autobahnen A24 und A1 zurückgelegt habe. Das Aussageverhalten des Zeugen W läßt nach der Überzeugung des Senates nur den einen Schluß zu, daß der Zeuge nicht in der geschilderten Weise von Pokrent nach Tostedt gefahren ist. Daraus wiederum ist zu schließen, daß der Kläger die Briefeintragung über die Bauartabnahme nur entweder selbst gefälscht oder die Fälschung in Auftrag gegeben haben kann, mithin jedenfalls Kenntnis von der Fälschung gehabt haben muß. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Zugleich steht nach Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger den Zeugen W zur Falschaussage vor dem Senat angestiftet hat.
d.) Wer bereit ist, Zahlungsansprüche im Wege einer Nötigung durchzusetzen, eine Urkundenfälschung begeht oder zu einer solchen anstiftet und im Prozess Zeugen zu Falschaussagen anstiftet, kann nicht als redlicher Versicherungsnehmer angesehen werden. Die festgestellten Handlungsweisen beweisen, daß der Kläger zu rechtswidrigen Manipulationen bereit ist, wenn er meint, auf anderem Wege nicht zu "seinem Recht" zu kommen. Diese Verhaltensweisen begründen ernsthafte Zweifel an der Redlichkeit des Klägers mit der Folge, dass eine Verwertung seiner eigenen Angaben zum Nichtwiederauffinden des Motorrades nicht in Betracht kommt.
Entgegen den Ausführungen des Landgerichtes kommt es für die Frage der Unredlichkeit eines Versicherungnehmers nicht darauf an, ob mit der Urkundenfälschung eine Gefahrerhöhung verbunden war oder nicht. Die Unredlichkeit eines Versicherungsnehmers kann sich auch aus einem Verhalten ergeben, das in keinem Zusammenhang mit dem versicherten Risiko steht.
5.) Im übrigen hat die Anhörung des Klägers den Senat nicht davon zu überzeugen vermocht, daß der Vortrag des Klägers zum Nichtwiederauffinden des streitgegenständlichen Motorrades der Wahrheit entspricht. Der Kläger hat weder bei seiner Anhörung durch das Landgericht noch bei seiner Anhörung durch den Senat eine nachvollziehbare Erklärung für den großen Zeitabstand zwischen seiner Rückkehr an den Abstellort und seinem ersten Anruf bei der Polizei geben können. Selbst wenn man zugunsten des Klägers von der Richtigkeit seines Vortrages ausgeht, wonach die Rückkehr zum Abstellort gegen 17 Uhr und der erste Anruf bei der Polizei bereits gegen 18 Uhr erfolgt ist, bleibt noch ein Zeitraum von 60 Minuten, der mit einem Blick über den Holzzaun zwischen Auffahrt und Hof, einer Nachsuche auf dem Hofplatz des benachbarten Autohändlers, einer kurzen Nachfrage bei einer Bewohnerin des neben der Hofeinfahrt liegenden Hauses, dem Gang zur etwa 400 bis 500 m entfernten nicht besetzten Polizeistation sowie zur noch einmal 400 bis 500 m entfernten Telefonzelle nicht hinreichend plausibel erklärt werden kann. Der Kläger vermochte auch nicht nachvollziehbar zu erklären, wieso er nach seinem ersten Anruf gegen 18 Uhr etwa 1 1/2 Stunden gewartet hat, bis er erneut bei der Polizei angerufen und nach dem Verbleiben des zugesagten Streifenwagens gefragt hat. Im Einsatzbericht des Polizeireviers Lübeck vom 17.01.1998 (Blt.2 der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Lübeck) heißt es auf S.2: "Am 17.01.1998, gegen 19.30 Uhr, teilte der Anzeigende fernmündlich mit, daß sein Krad ... in S entwendet worden ist".
Ob die Beklagte Umstände, aus denen sich eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für eine Vortäuschung des Diebstahls ergeben könnten, schlüssig vorgetragen und erforderlichenfalls bewiesen hat, kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben.
6.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.1 ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Ziff.10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs.2 S.1 ZPO in der ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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