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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 09.12.1999
Aktenzeichen: 16 W 261/99
Rechtsgebiete: ZPO, GKG, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 3
ZPO § 486 II
GKG § 12 I S. 1
BRAGO § 48
Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens entspricht regelmäßig der Hälfte des Streitwerts, den die Hauptsacheklage hat oder gehabt hätte.
16 W 261/99 5 OH 1/98 LG

Beschluß

In dem

der,

- bevollmächtigte: Rechtsanwälte,

gegen

1.,vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin, die, diese wiederum vertreten durch den Geschäftsführer,

2. die Firma,

wegen Streitwertes

hat der 16. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 01. Oktober 1999 gegen den Streitwertbeschluß des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen I des Landgerichts vom 29. September 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht am 09. Dezember 1999 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Der Streitwert für das Beweisverfahren wird auf 75.000 DM festgesetzt. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin ist gemäß §§ 9 Abs. 2 BRAGO, 25 Abs. 3 Satz 1 GKG zulässig.

Sie ist überwiegend begründet, allerdings aus anderen als den geltend gemachten Gründen.

1. Der Streitwert eines selbständigen Beweisverfahrens ist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO festzusetzen. Das ist als rechtlicher Ausgangspunkt unumstritten.

Bei gerichtlichen Verfahren ist dabei stets das Interesse des Antragstellers maßgebend, das er mit seinem Antrag verfolgt. Dieses Antragsinteresse ist davon unabhängig, ob es sich später als begründet oder unbegründet erweist.

Deshalb ist auch bei einem Antrag auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens grundsätzlich das vom Antragsteller selbst bezifferte wirtschaftliche Interesse maßgeblich, es sei denn, der angegebene Wert ist ersichtlich mangels eigener Beurteilungsmöglichkeit nur gegriffen, um die Zuständigkeit gemäß § 486 Abs. 2 ZPO zu begründen.

Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin den Streitwert im Antrag mit 150.000 DM angegeben. Das war ersichtlich der aus der Sicht der Antragstellerin zu erwartende Mangelbeseitigungsaufwand. Da die Antragstellerin als Bau- und Grundstücksgesellschaft über eigene Sachkunde verfügt, ist davon auszugehen, daß dies eine realistische Einschätzung, also nicht etwa nur ein gegriffener Wert gewesen ist.

Folglich ist im Ausgangspunkt von diesem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin bei der Festsetzung des Streitwertes für das Beweisverfahren auszugehen. Ob sich dieses Interesse in der Beweisaufnahme als zutreffend erwiesen hat, ist, wie bei Klagen auch, unmaßgeblich.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist der Wert des selbständigen Beweisverfahrens in der Regel mit der Hälfte des Wertes des angegebenen möglichen Hauptsacheanspruchs anzusetzen. Das ergibt hier einen Wert von 75.000,- DM.

2. Die Beschwerde gibt dem Senat keine Veranlassung, von seiner gefestigten Rechtsprechung abzuweichen. Ergänzend wird auf seine Entscheidung vom 20. Januar 1994 - 16 W 291/93 - (VersR 1995, 1254) verwiesen.

Die von der Beschwerde aufgeführten Gründe für eine Festsetzung im Umfange des angekündigten Hauptsacheanspruchs sind sämtlich vom Senat bereits erwogen und als nicht stichhaltig zurückgewiesen worden.

Selbstverständlich erhält der Anwalt im Hauptsacheprozeß die volle Beweisgebühr nach Maßgabe des dort festgesetzten Streitwertes, wenn das Gutachten im Prozeß verwertet wird. Er muß sich lediglich die bereits angesetzte Gebühr des Beweisverfahrens anrechnen lassen.

Der Hinweis auf § 48 BRAGO ist unbehelflich. Die eine Besserstellung erzwingt nicht eine andere im Rahmen von § 3 ZPO, wenn sich das aus allgemeinen Regeln des Streitwertfestsetzung nicht rechtfertigen läßt. Die BRAGO enthält keine Sonderregelung für die Wertfestsetzung von selbständigen Beweisverfahren. Die Anwendung von § 3 ZPO rechtfertigt keine Festsetzung auf einen Hauptsachewert, den es zu diesem Zeitpunkt naturgemäß noch gar nicht geben kann. Das hat der Senat in den angegebenen Entscheidungen im einzelnen ausgeführt. Darauf wird Bezug genommen.

Neue Gesichtspunkte, die den Senat zu einer Änderung seiner Rechtsprechung veranlassen könnten, zeigt auch die Beschwerde nicht auf. Richtig ist, daß die Mehrzahl der Oberlandesgerichte den Argumenten der Beschwerde folgt. Der Senat hält die herrschende Meinung für unzutreffend, weil sie tragenden Gesichtspunkten des allgemeinen Wertfestsetzungsrechts widerspricht.

Ende der Entscheidung

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