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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 22.11.2001
Aktenzeichen: 16 W 282/01
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 42 II | |
ZPO § 406 V |
16 W 282/01
Beschluß
In dem Rechtsstreit
wegen Sachverständigenablehnung
hat der 16. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige Beschwerde der Kläger vom 7. November 2001 gegen den Beschluß der 10. des Landgerichts Kiel vom 31. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht , den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht am 22. November 2001 beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Das Befangenheitsgesuch der Kläger vom 22. Oktober 2001 gegen den Sachverständigen Prof. Dr. med. U. wird für begründet erklärt.
Gründe:
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 406 Abs. 5 ZPO statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 569 Abs. 2, 577 Abs. 2 ZPO.
Das Rechtsmittel hat Erfolg, weil der abgelehnte Sachverständige durch den Inhalt seines Begleitschreibens vom 27. September 2001 zu seinem schriftlichen Gutachten vom selben Tage Gründe geliefert hat, die geeignet sind, auch aus der Sicht einer ruhigen und besonnenen Partei in der Lage der Kläger Mißtrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, §§ 406 Abs. 5, 42 Abs. 2 ZPO. Der gegenteiligen Beurteilung des Landgerichts vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Nach dem Inhalt der Verfügung vom 10. August 2001 hatte der Sachverständige Fragen zu der durchgeführten und angezeigten Antibiotikum-Behandlung "bei Verdacht einer Gelenkinfektion" zu beantworten. Letzteres hatte er also zu unterstellen. Der Sachverständige hat das auch so verstanden, wie der Inhalt seines formellen, nicht beanstandeten und auch nicht zu beanstandenden Gutachtens zeigt.
In seinem Begleitschreiben hingegen hat er sich mit dem eigentlichen Kern des Streits der Parteien befaßt, zu dem er nicht gefragt worden ist. Im Kern geht der Streit der Parteien nämlich darum, ob spätestens am Montag, den 13. September 1993, eindeutige Anzeichen für eine Kniegelenksinfektion vorgelegen haben, die ein sofortiges Eingreifen indizierten. Das ist eine Tatsachenfragen, zu der nach der Ladungsverfügung vom 17. Juli 2001 der damalige Hausarzt des Beklagten Dr. B. und die Ehefrau des Beklagten gehört werden sollten. Das konnte der Sachverständige der ihm vorliegenden Akte entnehmen. Als Alternative kommt die im Privatgutachten Prof. Dr. H. erörterte Anschwellung des operierten Gelenks durch einen Bluterguß mit Rötung und Überwärmung als normale Operationsfolge in Betracht.
In dieser Streitfrage hat sich der abgelehnte Sachverständige, ohne danach gefragt worden zu sein, einseitig auf die Seite des Beklagten gestellt. Anders ist die Charakterisierung des Akteninhalts als "Märchenstunde" und der Hinweis auf die klassischen Entzündungszeichen nicht zu verstehen. Damit hat der abgelehnte Sachverständige aus der maßgeblichen Sicht des Klägers seine neutrale Rolle als Gehilfe des Gerichts verlassen. Er hat das Ergebnis der noch durchzuführenden Beweisaufnahme als feststehend vorweggenommen und damit letztlich den Prozeßvortrag der Kläger als unbehelfliche Schutzbehauptungen abqualifiziert. Eine solche einseitige Einflußnahme eines Sachverständigen auf die Meinungsbildung des Gerichts muß auch die ruhigste und besonnenste Partei nicht hinnehmen, schon gar nicht, wenn der Sachverständige seine Beurteilung zu einer Frage abgibt, die nicht Gegenstand seines Gutachtenauftrages ist. Auf die Frage, ob eine solche Beurteilung nach dem Akteninhalt vertretbar ist, kommt es dabei nicht an. Entscheidend ist die einseitige, einem endgültigen Urteil nachkommende Parteinahme des Sachverständigen.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da die Kosten eines erfolgreichen Ablehnungsgesuchs zu den Kosten der Hauptsache zählen und der dortigen Kostenentscheidung folgen.
Ende der Entscheidung
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