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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 18.09.2006
Aktenzeichen: 16 W 86/06
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 29 | |
ZPO § 35 |
16 W 86/06
Beschluss
In dem selbständigen Beweisverfahren
wegen Zulässigkeit des Antrages
hat der 16. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 12. Juni 2006 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 26. April 2006 durch den Einzelrichter am 18. September 2006 beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen.
Dem Landgericht wird aufgegeben, von seinen Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrages vom 23. Januar 2006 Abstand zu nehmen.
Gründe:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Der Antrag vom 23. Januar 2006 auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens ist sowohl nach § 485 Abs. 2 ZPO zulässig als auch im Wege der Gerichtsstandswahl nach §§ 29 Abs. 1, 35 ZPO bei einem im Sinne von § 486 Abs. 2 Satz 1 ZPO zuständigen Gericht anhängig geworden.
1. Der Begriff des rechtlichen Interesses im Sinne von § 485 Abs. 2 ZPO ist weit auszulegen. Es ist nach verbreiteter, vom Senat geteilter Ansicht nur zu verneinen, wenn kein Rechtsverhältnis, kein möglicher Prozessgegner und damit kein Anspruch ersichtlich ist (Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 485 Rd. Nr. 7 a). Dem Antragsteller geht es um die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen aus einem Kaufvertrag. Entgegen der Ansicht des Landgerichts folgt bereits daraus ein rechtliches Interesse des Antragstellers an der Feststellung der Anknüpfungstatsachen für seine vermeintlichen Gewährleistungsrechte, weil es dem Gericht des selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO verwehrt ist, in Erwägungen über die Erheblichkeit des Beweismittels für den Hauptprozess (Zöller/Herget, a. a. O., Rd. Nr. 4) oder über die Erfolgsaussicht der angekündigten Rechtsverfolgung einzutreten (a. a. O., Rd. Nr. 7 a).
Im vorliegenden Falle ist das rechtliche Interesse darüber hinaus schon nach § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu bejahen, weil die beantragten Feststellungen der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen können. Ob dieser Erfolg tatsächlich eintritt, ist unerheblich.
2. Die Zuständigkeit des Landgerichts Lübeck folgt aus §§ 29 Abs. 1, 35 ZPO. Der Antragsteller hat von dem ihm zustehenden Wahlrecht Gebrauch gemacht, das selbständige Beweisverfahren am besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes anhängig zu machen.
Erfüllungsort für Gewährleistungsansprüche des Käufers aus einem Kaufvertrag ist der Ort, an dem sich die Sache nach ihrer Zweckbestimmung befindet, hier also der Wohnort des Antragstellers (Palandt/Putzo, BGB, 65. Aufl., § 439 Rd. Nr. 3 a; Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 29 Rd. Nr. 25 "Kaufvertrag"). Durch die Ausübung des Wahlrechts durch den Antragstellers nach § 35 ZPO ist allein das Landgericht Lübeck zuständiges Gericht geworden. Das Wahlrecht des Antragstellers ist damit erloschen. Das gilt auch bei Antragstellung im selbständigen Beweisverfahren (Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 35 Rd. Nr. 2). Entgegen der Ansicht des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 13. September 2006 scheidet schon deshalb eine Weiterverweisung an das Landgericht Verden aus. Im Übrigen würde der erst jetzt gestellte Verweisungsantrag der sofortigen Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen können, wenn die angefochtene Entscheidung zu Recht die Zuständigkeit des Landgerichts Lübeck verneint hätte.
3. Gemäß § 572 Abs. 3 ZPO erscheint es zweckmäßig, dem Landgericht die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung des Verfahrens zu übertragen. Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu ergehen. Kosten einer aufhebenden Beschwerdeentscheidung sind Kosten des Ausgangsverfahrens. Über sie ist entweder im nachfolgenden Hauptsacheprozess oder gegebenenfalls später nach § 494 a Abs. 2 ZPO zu befinden.
Ende der Entscheidung
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