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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 08.06.2000
Aktenzeichen: 2 U 29/99
Rechtsgebiete: VerbrKredG
Vorschriften:
VerbrKredG § 7 | |
VerbrKredG § 9 |
SchlHOLG, 2. ZS, Urteil vom 08. Juni 2000, - 2 U 29/99 -
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil Im Namen des Volkes
2 U 29/99 2 O 137/98 LG Kiel
verkündet am: 08.06.2000
Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
... Kiel,
- Kläger und Berufungskläger -
- Prozeßbevollmächtigte : Rechtsanwälte Petersen, Dr. Peters, Grimm, von Hobe, Dr. Petersen und Schober in Schleswig -
gegen
... GmbH, vertr. d. d. Geschäftsführer ...
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
- Prozeßbevollmächtigter : Rechtsanwälte Jensen und Dietz in Schleswig -
hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 18.5.2000 durch die Richter Lindemann, Schupp und Stapel für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 27.8.1999 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kiel unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen geändert:
Die Beklagte wird unter Klageabweisung im übrigen verurteilt, an den Kläger 11.038, 60 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31.5.1996 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/5 und die Beklagte 4/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer und der Streitwert für das Berufungsverfahren werden auf 11.384, 80 DM festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat überwiegend Erfolg, da die Klage im wesentlichen begründet ist.
Der Kläger kann von der beklagten Bank Rückzahlung der an die später - am 1.4.1997 - in Konkurs gegangene Autohaus ... GmbH geleisteten "Anzahlung" in Höhe von 10.000 DM und von 3 an die beklagte Bank gezahlten Raten in Höhe von jeweils 346,20 DM (= 1.038, 60 DM) verlangen. Eine weitere - 4. - Rate ist ihm schon nach eigenem Vortrag wieder gutgeschrieben worden (Schriftsatz vom 16.6.1998 = Bl. 138 d. A.), so daß die Klage insoweit abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen ist.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 131, 66 ff = NJW 1995, 2386 ff) kann der Käufer im Falle eines vorliegend unstreitig gegebenen verbundenen Geschäfts i. S. d. § 9 Abs. 2 VerbrKrG Rückzahlung einer Anzahlung und geleisteter Raten gemäß §§ 9 Abs. 1, 2, 7 Abs. 1, 2 u. 4 VerbrKrG, 3 Abs. 1 S. 1 HWiG nur noch vom Kreditinstitut verlangen, wenn der Nettokreditbetrag dem Verkäufer zugeflossen ist. In diesem Fall, wenn der Nettokreditbetrag dem Verkäufer zugeflossen ist, tritt der Kreditgeber nämlich im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen eines Widerrufes (§ 7 Abs. 4 VerbrKrG) in die Rechte und Pflichten des Verkäufers aus dem Kaufvertrag ein. Nach § 7 Abs. 4 VerbrKrG findet im übrigen § 3 HWiG Anwendung. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 HWiG ist im Falle des Widerrufs jeder Teil verpflichtet, dem anderen Teil die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Ist also - wie hier - der Nettokreditbetrag dem Verkäufer bereits zugeflossen, so findet die Abwicklung nicht nur des Kreditvertrages, sondern auch des Kaufvertrages ausschließlich zwischen dem Kreditgeber und dem Verbraucher statt. Das gilt auch für die Rückgewähr einer von dem Verbraucher aus eigenen Mitteln an den Verkäufer geleisteten Anzahlung (BGHZ aaO S. 73).
Das an die Autohaus ... GmbH gerichtete Widerrufsschreiben vom 15.5.1996 (Bl. 24 - 26 d. A.), mit dem er ausdrücklich auch Rückzahlung geleisteter Kreditraten verlangt, ist dahin auszulegen, daß der Kläger auch seine auf den Abschluß eines Kreditvertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen will (vgl. dazu BGHZ aaO. S. 71 f). Auch in dem vom BGH entschiedenen Fall war das Widerrufsschreiben nicht an die Bank, sondern an das Autohaus gerichtet.
Dem Kläger stand zu dieser Zeit - 15.5.1996 - (noch) ein Widerrufsrecht zu. Die Frist zu dessen Ausübung war damals (noch) nicht abgelaufen:
Nach § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG wird die auf den Abschluß des verbundenen Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung des Verbrauchers erst wirksam, wenn der Verbraucher seine auf den Abschluß des Kreditvertrages gerichtete Willenserklärung nicht nach § 7 Abs. 1 VerbrKrG widerruft. Nach dieser Vorschrift wird die auf den Abschluß eines Kreditvertrages gerichtete Erklärung des Verbrauchers erst wirksam, wenn der Verbraucher sie nicht binnen einer Frist von 1 Woche schriftlich widerruft. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs, § 7 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG. Der Lauf der Frist beginnt nach § 7 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG erst, wenn dem Verbraucher eine drucktechnisch deutlich gestaltete und vom Verbraucher gesondert zu unterschreibende Belehrung über die Bestimmung nach S. 1, sein Recht zum Widerruf, dessen Wegfall nach Abs. 3 sowie Namen und Anschrift des Widerrufsempfängers ausgehändigt worden ist. Nach § 9 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG hat die nach § 7 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG erforderliche Belehrung über das Widerrufsrecht den Hinweis zu enthalten, daß im Falle des Widerrufs auch der verbundene Kaufvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist. Wird der Verbraucher nicht ordnungsgemäß belehrt, so erlischt das Widerrufsrecht erst nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung, spätestens jedoch ein Jahr nach Abgabe der auf den Abschluß des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers, § 7 Abs. 2 S. 3 VerbrKrG.
Ohne Erfolg macht der Kläger insoweit freilich geltend, zur Zeit des Widerrufs im Mai 1996 habe die Widerrufsfrist noch nicht zu laufen begonnen, weil die ihm erteilte Widerrufsbelehrung nicht den "drucktechnisch" erforderlichen Anforderungen des § 7 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG genügt haben soll. Das ist nicht so, weil die Widerrufsbelehrung (Bl. 127 d. A.) abgesetzt, eingerahmt und am Seitenrand mit einem Ausrufungszeichen versehen ist. Mehr ist nicht erforderlich (sh. BGH NJW-RR 1990, 368, 370; BGHZ 125, 56 = NJW 1994, 1800, 1801; NJW 1996, 1964, 1965; OLG Stuttgart NJW 1992, 3245, 3246).
Unzureichend ist die Belehrung aber im Hinblick auf den Fristbeginn. Daß die Belehrung über den Widerruf der auf den Vertragsschluß gerichteten Willenserklärung auch eine Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist enthalten muß, hat der BGH ausdrücklich entschieden (BGHZ 121, 52 ff = NJW 1993, 1013 ff; BGHZ 125, 46 ff = NJW 1994, 1800, 1801). Die Widerrufsbelehrung muß den Beginn der Widerrufsfrist unmißverständlich kennzeichnen. Der Inhalt der Widerrufsbelehrung muß nicht nur zutreffend, sondern auch unmißverständlich sein und den Käufer über sein Widerrufsrecht klar und eindeutig aufklären. Der mit der Einräumung des befristeten Widerrufsrechts beabsichtigte Schutz des Verbrauchers macht eine möglichst umfassende, unmißverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung erforderlich. Dazu gehört auch, daß es dem Verbraucher - auch mit Rücksicht auf die Kürze der ihm eingeräumte Überlegungsfrist - ermöglicht wird, auf der Grundlage der in seinem Besitz befindlichen Unterlagen den Beginn der Frist ohne weiteres zu erkennen, da sich mögliche Fehlvorstellungen zu seinen Lasten auswirken. Nur wenn der Verbraucher auch insoweit belehrt wird, kann die Widerrufsfrist ihren Sinn wirklich erfüllen (BGHZ 121, 52, 55). Diesen Erfordernissen wird zwar die Widerrufsbelehrung auf dem Darlehensantrag (Bl. 127 d. A.) gerecht. Dort heißt es, "die Frist beginnt, sobald dem Darlehensnehmer eine Durchschrift des Darlehensantrages mit dieser Widerrufsbelehrung ausgehändigt worden ist." Diese Formulierung entspricht der Bestimmung des § 7 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG. Widersprüchlich dazu ist jedoch die am selben Tag unterzeichnete Widerrufsbelehrung auf der "Verbindlichen" Bestellung (Bl. 18 d. A.). Dort heißt es, der Käufer könne seine "Verbindliche Bestellung sowie den an die Bank gerichteten Darlehensantrag binnen einer Woche, gerechnet vom Zeitpunkt der Bestellung/Antragstellung gegenüber der als Verkäufer genannten Firma oder gegenüber der Bank schriftlich widerrufen." Diese Belehrung ist gesetzwidrig. Zeitpunkt der Bestellung/Antragstellung war der 30.11.95. Die Unterlagen sind dem Kläger aber erst im Dezember 1995 ausgehändigt worden. Beide Belehrungen nennen einen unterschiedlichen Fristbeginn. Nimmt man die beiden dem Kläger ausgehändigten Formulare zusammen, so ist die Belehrung über den Fristbeginn völlig widersprüchlich und für den Kläger irreführend (vgl. OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 1525 f). Daraus folgt die Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung im Darlehensantrag vom 30.11.1995. Nach § 7 Abs. 2 S. 3 VerbrKrG beginnt - wie oben ausgeführt - in diesem Fall das Widerrufsrecht erst ein Jahr nach Abgabe der auf den Abschluß des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers. Dies war im November 1996 der Fall gewesen, so daß die "verlängerte" Widerrufsfrist erst im November 1997 ablief. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Autohaus ... GmbH das Widerrufsschreiben vom 15.5.1996 aber schon erhalten. Der Widerruf war daher wirksam.
Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 S. 1 BGB.
Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 1, 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Abs. 2 S. 1 ZPO, 25 Abs. 2 Abs. 1 GKG. Von § 92 Abs. 2 ZPO hat der Senat keinen Gebrauch gemacht, weil im Hinblick auf die geltend gemachte Zinsforderung, die erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat reduziert worden ist, die "Zuvielforderung" nicht mehr als "verhältnismäßig geringfügig" angesehen werden kann.
Ende der Entscheidung
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