Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 25.01.2008
Aktenzeichen: 2 VollzWs 533/07
Rechtsgebiete: StVollzG
Vorschriften:
StVollzG § 70 |
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht II. Strafsenat Beschluss
2 VollzWs 533/07 (291/07)
in der Strafvollzugssache
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer 5 a des Landgerichts Lübeck vom 1. November 2007, durch den sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung auf Wiederaushändigung der ihm am 6. November 2006 abgenommenen 14 DVD's mit "FSK 18-Freigabe" zurückgewiesen worden ist, hat der II. Strafsenat des Schleswig-Holsteinschen Oberlandesgerichts in Schleswig nach Anhörung des Ministeriums für Justiz, Arbeit und Europa des Landes Schleswig-Holstein am 25. Januar 2008 beschlossen:
Tenor:
1. Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 500,-- € zu tragen.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist Strafgefangener in der Justizvollzugsanstalt L..
Am 6. November 2006 wurden ihm diverse DVD's, die er zunächst mit Zustimmung des Antragsgegners erworben hatte, abgenommen. Da der Besitz derartiger elektronischer Speichermedien zwischenzeitlich innerhalb der Anstalt auf 40 Stück beschränkt worden war, entschied sich der Antragsgegner dafür, 14 DVD's, bei denen es sich um solche mit "FSK 18-Freigabe" handelte, nicht wieder auszuhändigen. Der förmliche Antrag des Antragstellers auf Wiederaushändigung wurde mit Bescheid des Antragsgegners vom 13. Juni 2007 ebenso abgelehnt wie seine hiergegen eingelegte Beschwerde mit Bescheid des Ministeriums für Justiz, Arbeit und Europa des Landes Schleswig-Holstein vom 13. August 2007. Auch sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde mit Beschluss der zuständigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lübeck vom 1. November 2007 - 5 a StVK 134/07 - zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers, mit welchem dieser widersprüchliches Verhalten des Antragsgegners rügt und sich auf "Bestandsschutz" beruft.
Das im Beschwerdeverfahren beteiligte Ministerium für Justiz, Arbeit und Europa des Landes Schleswig-Holstein hält die Rechtsbeschwerde bereits für unzulässig.
II.
Die im Übrigen form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde erfüllt zwar die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen im Sinne des § 116 Abs. 1 StVollzG. Denn mit Beschluss vom 24. Mai 2007 - 2 VollzWs 151 - 154/07 (81 - 84/07) hat der Senat in Ergänzung seiner Entscheidung vom 10. Januar 2006 - 2 VollzWs 453/05 (236/05), veröffentlicht in ZfStrVO 2006, 242 f. - nur ausgesprochen, dass ein Gefangener keine generelle Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von DVD's ohne Altersbeschränkung ("FSK 18-Freigabe") beanspruchen kann. Noch nicht entschieden hatte der Senat hiermit über die - verallgemeinerbare - gegenteilige Rechtsfrage, ob der Antragsgegner den Erwerb oder jedenfalls die Aushändigung von DVD's mit "FSK 18-Freigaben", die im Handel frei erhältlich sind, generell verbieten kann.
In der Sache erweist sich die Rechtsbeschwerde gleichwohl als erfolglos.
Insoweit verbleibt der Senat im Ausgangspunkt bei seinem im erwähnten Beschluss vom 10. Januar 2006 eingenommenen Standpunkt, dass eine Versagung des Erwerbes von DVD-Spielfilmen nicht generell unter Hinweis auf die Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt erfolgen kann, sondern dass aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine Gefährdung konkret darzulegen ist. Gleichwohl kann eine derartige Darlegung dann typisiert werden, wenn aufgrund der besonderen und als solcher typisierbaren Gefährdungslage der Anstalt einerseits und des typisierten Gefährdungspotentials des Inhalts der DVD-Spielfilme andererseits in hinreichend typisierter Weise von einer Gefährdungssituation ausgegangen werden kann. Derartige Typisierungen mit der Folge bereichsspezifischer generalisierter Anordnungen stehen als solche mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht im Widerspruch (BVerfG NstZ-RR 1996, 522, 523; vgl. im Übrigen auch Senatsbeschluss vom 18. Juli 2007 - 2 VollzWs 295/07 (154/07) zur Postkontrolle).
So liegt es aber auch im Anschluss an die vom Antragsgegner bereits erstinstanzlich thematisierte Entscheidung des OLG Celle vom 9. Mai 2006 - 1 Ws 157/06 (StrVollz), veröffentlicht Nds.Rpfl. 2007, 18 f. - bei Zusammentreffen der für eine Vollzugsanstalt mit erhöhtem Sicherheitsstandard typischen Gefährdungssituation und den Bezug von Filmen mit "FSK 18-Freigabe", da diesen typischerweise ein entsprechendes Gefährdungspotential für Sicherheit und Vollzugsziele im Sinne des § 70 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG innewohnt. Insoweit hat nämlich das OLG Celle zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei derartigen Filmen nach den Grundsätzen der freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) typischerweise um Filme handele, bei denen eine anderweitige Freigabe deshalb unterblieben ist, weil zu befürchten ist " dass durch die Filme "die Nerven überreizt werden, übermäßige Belastungen hervorgerufen werden, die Phantasie über Gebühr erregt, die charakterliche, sittliche oder geistige Erziehung gehemmt, gestört oder geschädigt wird oder die zu falschen oder abträglichen Lebenserwartungen führen", ungeachtet dessen, ob es sich um pornografische, gewaltverherrlichende oder anderweitig fragwürdige Filme handelt. Dass derartige Filme innerhalb einer Anstalt mit einem signifkanten Anteil von wegen Gewalt-oder Sexualdelikten verurteilten Gefangenen Vollzugsziele und Sicherheit abstrakt-generell gefährden, liegt auf der Hand. Bei den vom Antragsteller beanspruchten Filmen handelt es sich aber unstreitig ebenso um entsprechende DVD's mit nur "FSK 18-Freigabe", wie die Justizvollzugsanstalt Lübeck eine Anstalt mit erhöhtem Sicherheitsstandard und entsprechender Gefangenenbelegung darstellt.
Ob und inwieweit der einzelne Gefangene in einer derartigen Anstalt in besonderem Maße von den DVD's gefährdet konkret wird oder nicht, ist hierbei ohne Belang. Da nämlich - wie bereits im Senatsbeschluss vom 24. Mai 2007 ausgeführt - der Antragsgegner innerhalb der Anstalt ein Konzept größtmöglicher Bewegungsfreiheit verfolgt, kann es aufgrund des dann nicht zu verhindernden Austausches entsprechender DVD nicht mehr auf die Gefährdung einzelner Gefangener ankommen, sondern lediglich auf die Gefährdung der Sicherheitslage der Anstalt insgesamt.
Zu Unrecht wendet der Antragsteller außerdem widersprüchliches Verhalten des Antragsgegners ein oder Aspekte des Bestandsschutzes.
Was zunächst den Bestandsschutz anbelangt, hat der Senat bereits mit seinem erwähnten Beschluss vom 10. Januar 2006 ausgesprochen, dass eine Mengenbegrenzung zur Reduzierung des Kontrollaufwandes zulässig ist, dies gerade auch mit der Folge, dass ein Strafgefangener bei Besitz der höchstzulässigen Zahl von DVD's verpflichtet werden kann, bei Erwerb einer weiteren DVD jeweils eine andere aus seinem Bestand zur Habe zu geben. Bei Inkrafttreten eine Kontingentierungsregelung war und ist es aber aus der Perspektive berechtigter Sicherheitsbelange der Anstalt nicht hinnehmbar, die Nutzung eines schon zuvor erfolgten Erwerbs größerer DVD-Bestände dauerhaft hinzunehmen. Dem Gefangenen ist es vielmehr zuzumuten, größere Altbestände ebenfalls zur Habe zu geben und notfalls einzelne DVD's, die er in seinem unmittelbaren Besitz haben möchte, gegen verwahrte DVD's austauschen zu lassen.
Soweit schließlich der Antragsteller Widersprüchlichkeit im Verhalten des Antragsgegners beanstandet, erklärt sich diese vor dem Hintergrund der seinerzeit noch nicht durch die Rechtsprechung des Senats geklärten Rechtslage. Indes hat der Antragsgegner nicht nur generelle Sicherheitsbelange der Anstalt zu beachten, sondern möglichst auch eine Gleichbehandlung der Gefangenen sicherzustellen. Aus beiden Gründen kann es aber nicht angehen, dass - das als solches nicht zu beanstandende - generelle Verbot des Besitzes von DVD's mit "FSK 18-Freigabe" in Einzelfällen unterlaufen wird, insbesondere nicht in einer Anstalt mit größtmöglicher innerer Bewegungsfreiheit.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 StVollzG, die Festsetzung des Gegenstandswertes erfolgt gemäß §§ 60, 52 Abs. 1 GKG.
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.