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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 13.11.2001
Aktenzeichen: 2 W 124/01
Rechtsgebiete: FGG
Vorschriften:
FGG § 16 | |
FGG § 22 | |
FGG § 56 g |
2 W 122/01 2 W 124/01
Beschluss
In der Betreuungssache
betreffend die am 23. Juni 1980 geborene Frau A,
hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. vom 21./25. Juni 2001 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 11. Juni 2001 durch die Richter am 13. November 2001 beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert.
Der Beschluss des Amtsgerichts vom 21. Februar 2000 wird unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Beteiligten zu 2. im Übrigen geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die der Beteiligten zu 1. für die Zeit vom 23. Juni 1998 bis zum 29. November 1999 aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung und zu erstattenden Aufwendungen werden auf insgesamt 3.124,11 DM festgesetzt.
Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1. trägt die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach einem Geschäftswert von 1.029,75 DM. Die im Erstbeschwerdeverfahren und im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1. tragen die Beteiligte zu 1. zu 88 % und die Landeskasse zu 12 %.
Der Geschäftswert wird für das Erstbeschwerdeverfahren und das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 1.168,50 DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 1. wurde durch Beschluss des Amtsgerichts vom 3. März 1998 zur Betreuerin der mittellosen Betroffenen bestellt. Die Betreuung umfasste zunächst die Aufgabenkreise Vermögenssorge einschließlich Sozialleistungsan-gelegenheiten und Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden sowie die Einwilligung in ärztliche Heilbehandlungen. Durch Beschluss vom 28. Juni 1999 erweiterte das Amtsgericht die Aufgaben der Beteiligten zu 1. um die Aufenthaltsbestimmung und die Gesundheitsfürsorge. Die Beteiligte zu 1. ist als Berufsbetreuerin tätig. Sie verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung zur Krankenschwester. Am 1. März 1973 hat sie erfolgreich die Prüfung in der Krankenpflege abgelegt. Außerdem absolvierte sie eine Weiterbildung zur Gestalttherapeutin und legte die Vorprüfung im Studiengang Sozialwesen ab.
Mit Schreiben vom 10. Januar 2000 (Bl. 72 - 80 d. A.), 15. Januar 2000 (Bl. 91 - 99 d.A.) und 12. Februar 2000 (Bl. 81 - 90 d.A.) hat die Beteiligte zu 1. für ihre Betreuungstätigkeit in der Zeit vom 23. Juni 1998 bis zum 29. November 1999 die Festsetzung einer Vergütung in Höhe von 3.340 DM (3.340 Minuten zu einem Stundensatz von 60 DM) und eines Aufwendungsersatzes in Höhe von 480,36 DM begehrt. Das Amtsgericht hat die Vergütung und den Aufwendungsersatz mit Beschluss vom 21. Februar 2000 (Bl. 100 d. A.) antragsgemäß festgesetzt und im Hinblick auf die Mittellosigkeit der Betroffenen eine Erstattung aus der Landeskasse angeordnet.
Mit Schreiben vom 16. Juni 2000 (Bl. 104 - 113 d.A.) hat die Beteiligte zu 1. für die Zeit vom 1. Dezember 1999 bis zum 8. Juni 2000 die Feststellung einer Vergütung in Höhe von 1.334 DM (1.334 Minuten zu einem Stundensatz von 60 DM) begehrt. Das Amtsgericht hat die Vergütung mit Beschluss vom 19. Juni 2000 (Bl. 114 d. A.) antragsgemäß festgesetzt und wiederum eine Erstattung aus der Landeskasse angeordnet.
Die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 21. Februar 2000 und 19. Juni 2000 sind lediglich der Beteiligten zu 1. formlos übersandt worden. Eine förmliche Zustellung ist nicht erfolgt.
Am 27. Februar 2001 hat das Amtsgericht die Akten im Hinblick auf einen neuen - nicht verfahrensgegenständlichen - Vergütungsantrag der Beteiligten zu 1. zur Stellungnahme an die Beteiligte zu 2. übersandt. Die Akten sind am 1. März 2001 bei der Landeskasse eingegangen. Mit Schreiben vom 8. März 2001 hat die Beteiligte zu 2. die Auffassung vertreten, die Beteiligten zu 1. habe lediglich einen Anspruch auf einen Stundensatz in Höhe von 45 DM. Die Beteiligte zu 2. hat zugleich um nochmalige Übersendung der Akten gebeten - mit dem Hinweis, dass sie beabsichtige, sämtliche bisher ergangenen Vergütungsfestsetzungsbeschlüs-se anzufechten. Eine Abschrift dieses Schreibens hat das Amtsgericht der Beteiligten zu 1. am 15. März 2001 übersandt. Mit Schreiben vom 4. April 2001 - beim Amtsgericht eingegangen am 6. April 2001 - hat die Beteiligte zu 2. sofortige Beschwerden gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 21. Februar 2000 und 19. Juni 2000 eingelegt - mit dem Ziel der Festsetzung eines Stundensatzes von 45 DM. Das Landgericht hat die Beschlüsse des Amtsgerichts mit Beschluss vom 11. Juni 2001 teilweise geändert. Es hat die Vergütung der Beteiligten zu 1. für die Zeit vom 23. Juni "1999" bis zum 29. November 1999 auf 2.505 DM (3.340 Minuten zu einem Stundensatz von 45 DM) und die Vergütung für die Zeit vom 1. Dezember 1999 bis zum 8. Juni 2000 auf 1.000,50 DM (1.334 Minuten zu einem Stundensatz von 45 DM) herabgesetzt. Das Landgericht hat die sofortige weitere Beschwerde zugelassen, soweit es den Stundensatz herabgesetzt hat. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungen des Amts- und Landgerichts wird auf die Beschlüsse vom 21. Februar 2000 (Bl. 100 d. A.), 19. Juni 2000 (Bl. 114 d. A.) und 11. Juni 2001 (Bl. 181 - 184 d. A.) Bezug genommen. Gegen den Beschluss des Landgerichts hat die Beteiligte zu 1. form - und fristgerecht sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
II.
Die vom Landgericht zugelassene sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 56 g Abs. 5 Satz 2, 27 Abs. 1, 29 FGG zulässig. Sie ist jedoch nur in Höhe von 138,75 DM begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts im Übrigen nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO).
Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 2. gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts zulässig waren.
Sie sind insbesondere rechtzeitig eingelegt worden. Die zweiwöchige Frist des § 22 Abs. 1 Satz 1 FGG für die Einlegung der sofortigen Beschwerden ist nie in Lauf gesetzt worden. Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 FGG beginnt diese Frist mit dem Zeitpunkt, in welchem der Vergütungsfestsetzungsbeschluss bekannt gemacht worden ist. Die Bekanntmachung erfolgt gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 FGG durch Zustellung nach den für die Zustellung von Amts wegen geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO). Eine solche förmliche Zustellung der Beschlüsse des Amtsgerichts vom 21. Februar 2000 und 19. Juni 2000 ist nie erfolgt. Die Voraussetzungen für eine förmliche Zustellung sind insbesondere nicht dadurch erfüllt worden, dass das Amtsgericht der Beteiligten zu 2. die Verfahrensakten mit den darin enthaltenen Beschlüssen vom 21. Februar 2000 und 19. Juni 2000 am 27. Februar 2001 zur Stellungnahme zu einem neuen Vergütungsfestsetzungsantrag der Beteiligten zu 1. übersandt hat. Nach § 170 Abs. 1 ZPO reicht es für eine formgerechte Zustellung nicht aus, wenn eine gerichtliche Entscheidung einem Beteiligten nur mit der Maßgabe der Rücksendung übersandt wird; erforderlich ist vielmehr, dass dem Beteiligten eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der Entscheidung zum Verbleib übergeben wird (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 22. Aufl., § 170 Rn. 1). Daran fehlte es im vorliegenden Fall. Der Mangel der förmlichen Zustellung ist hier auch nicht gemäß § 187 ZPO geheilt worden. Eine Heilung von Zustellungsmängeln nach § 187 ZPO kommt nur dann in Betracht, wenn eine förmliche Zustellung überhaupt veranlasst worden ist (Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Aufl., § 16 Rn. 51). Das ist im vorliegenden Fall indessen nicht geschehen.
Die Beteiligte zu 2. hat ihr Beschwerderecht auch nicht verwirkt (§ 242 BGB). Die Verwirkung eines Rechtes setzt voraus, dass der Berechtigte es längere Zeit nicht geltend macht (Zeitmoment) und weitere Umstände hinzutreten (Umstandsmoment), die die verspätete Geltendmachung für den Gegner als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheinen lassen (vgl. Palandt/Heinrichs, 60. Aufl., § 242 BGB Rn. 87 ff). Im vorliegenden Fall ist bereits zweifelhaft, ob das erforderliche Zeitmoment erfüllt ist. Diese Frage bedarf indessen keiner abschließenden Erörterung, weil es zumindest an dem erforderlichen Umstandsmoment fehlt. Bei befristeten Rechtsmitteln - wie der sofortigen Beschwerde - kommt eine Verwirkung des Beschwerderechts grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn der Beschwerdeberechtigte von der anzufechtenden Entscheidung Kenntnis erlangt hat (vgl. BGH NJW 1965, 1532 f). Im vorliegenden Fall hat die Beteiligte zu 2. frühestens am 1. März 2001 von den Beschlüssen des Amtsgerichts Kenntnis erhalten. An diesem Tage sind die vom Amtsgericht zur Stellungnahme übersandten Akten bei der Landeskasse eingegangen. Das Amtsgericht hatte die Beteiligte zu 2. zuvor nicht an den Vergütungsfestsetzungsverfahren beteiligt. Nach Kenntnisnahme von den Beschlüssen des Amtsgerichts hat die Beteiligte zu 2. indessen schon mit Schreiben vom 8. März 2001 und damit noch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 22 Abs. 1 FGG mitgeteilt, dass sie beabsichtige, sofortige Beschwerde gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 21. Februar 2000 und 19. Juni 2000 einzulegen. Davon ist die Beteiligte zu 1. unverzüglich unterrichtet worden. Bei dieser Sachlage ist die Annahme einer treuwidrigen Verspätung der Beschwerdeeinlegung grundsätzlich nicht gerechtfertigt. Etwas Anderes hätte zwar dann zu geltend, wenn die Beteiligte zu 2. die Zustellung der Beschlüsse des Amtsgerichts treuwidrig verhindert hätte. Das lässt sich jedoch nicht feststellen.
Es kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass die Bezirksrevisoren bei dem Landgericht Kiel das Amtsgericht "angewiesen" hätten, Beschlüsse in Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen an sie zuzustellen. Die Beteiligte zu 1. vermutet das zwar. Diese Vermutung ist jedoch nicht gerechtfertigt. Die Beteiligte zu 2. hat vielmehr ausdrücklich erklärt, dass entsprechende "Anweisungen" nicht existierten, und es besteht kein Anlass, an der Richtigkeit dieser Angabe zu zweifeln. Die Zustellungspraxis des Amtsgerichts in der vorliegenden Betreuungssache und in der Parallelsache 2 XVII 486/98 spricht vielmehr dafür, dass das Amtsgericht die Zustellungsvorschriften nicht auf "Anweisung" der Beteiligten zu 2., sondern aus Unkenntnis generell unbeachtet gelassen hat. Es hat den in der vorliegenden Betreuungssache am 6. April 2001 erlassenen Vergütungsfestsetzungsbeschluss (Bl. 176 d.A.) und den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 20. Februar 2001 in der Parallelsache 2 XVII 486/98 insbesondere auch der Beteiligten zu 1. nicht förmlich zugestellt, obwohl dagegen auch für sie die sofortige Beschwerde gegeben war. Dieses Versäumnis aber lässt sich nur mit einer generellen Nichtbeachtung der Zustellungsvorschriften erklären und nicht mit einer - ausdrücklichen oder stillschweigenden - Übereinkunft, die Zustellungsvorschriften nur im Verhältnis zu den Bezirksrevisoren nicht einzuhalten.
Die Annahme einer Verwirkung ist hier auch nicht allein deshalb gerechtfertigt, weil die Bezirksrevisoren des Landgerichts Kiel lange Zeit unbeanstandet hingenommen haben, dass ihnen Vergütungsbeschlüsse nicht zugestellt worden sind. Die Zustellung von Vergütungsbeschlüssen ist allein Sache der Gerichte. Die Beteiligten sind daher grundsätzlich nicht verpflichtet, auf eine alsbaldige Zustellung hinzuwirken. Sie dürfen vielmehr grundsätzlich untätig bleiben und die Zustellung abwarten (vgl. BGH aaO.). Etwas Anderes gilt nach Treu und Glauben allenfalls dann, wenn ein Amtsträger eine rechtswidrige Zustellungspraxis der Gerichte monatelang unbeanstandet duldet und nicht dagegen einschreitet, um auf Kosten des Gegners in den Genuss eines unzulässigen Fristvorteils zu gelangen, weil von Amtsträgern grundsätzlich erwartet werden darf, dass sie nicht auf Kosten anderer Beteiligter bewusst unzulässige Vorteile in Anspruch nehmen. Das gilt im Vergütungsfestsetzungsverfahren um so mehr, als Berufsbetreuer regelmäßig ihren Lebensunterhalt mit der Betreuervergütung bestreiten und deshalb rechtzeitig wissen müssen, mit welchen Einnahmen aus ihrer Betreuungstätigkeit sie rechnen können. Deshalb ist die Beschwerde gegen Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse mit den Betreuungsrechtsänderungsgesetz (BtÄndG) vom 25. Juni 1998 (BGBl. I, 1580) auch befristet worden. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigten, dass die neue Regelung erst zum 1. Januar 1999 in Kraft getreten ist. In der Zeit davor war die Zustellungspraxis des Amtsgerichts grundsätzlich nicht zu beanstanden. Eine förmliche Zustellung der Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse war vielmehr erst in der Zeit seit dem 1. Januar 1999 erforderlich. Dabei war im Jahre 1999 auch noch nicht abschließend geklärt, ob das neue Verfahrensrecht auch auf Vergütungen aus der Zeit vor dem 1. Januar 1999 anwendbar war, weil das BtÄndG dazu keine ausdrücklichen Regelungen enthält. Die diese Frage bejahenden Entscheidungen der Oberlandesgerichte sind erst im Laufe des Jahres 1999 ergangen und in den Jahren 1999 und 2000 veröffentlicht worden (Senatsbeschlüsse vom 30. Juni 1999 - 2 W 77/99, SchlHA 2000, 40, 41, und 9. August 1999 - 2 W 132/99, FamRZ 2000, 301; OLG Zweibrücken BtPrax 2000, 40 und MDR 1999, 807). Im Jahre 1999 ist indessen noch eine Vielzahl von "Altfällen" entschieden worden. Außerdem bedurfte es einiger Zeit, um überhaupt festzustellen, dass ein Amtsgericht auch nach der Klärung der vorgenannten verfahrensrechtlichen Frage und einer gewissen anschließenden Übergangszeit weiterhin in der bisher gewohnten Weise verfuhr - also nicht nur einzelne Vergütungsfestsetzungsbe-schlüsse versehentlich nicht, sondern alle Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse generell und dauerhaft nicht an die Landeskasse zustellte, zumal die Bezirksrevisoren noch mit diversen anderen Angelegenheiten betraut sind. Bei dieser Sachlage konnte nach Treu und Glauben frühestens im Jahre 2001 von den Bezirksrevisoren erwartet werden, gegen eine rechtswidrige Zustellungspraxis der Amtsgerichte einzuschreiten. Die ihnen dafür zuzubilligende angemessene Frist war am 8. März 2001 indessen noch nicht überschritten.
Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2. allerdings zu Unrecht in vollem Umfang als begründet angesehen. Es ist versehentlich davon ausgegangen, dass das Amtsgericht mit seinem Beschluss vom 21. Februar 2000 eine Vergütung für die Zeit vom 23. Juni 1999 bis zum 29. November 1999 festgesetzt hat. Tatsächlich umfasste die Festsetzung jedoch den Zeitraum vom 23. Juni 1998 bis zum 29. November 1999. Infolge dieses Versehens hat das Landgericht die Vergütung für die gesamte Betreuungstätigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 BVormVG bemessen. Die Beteiligte zu 1. hat jedoch einen Teil der vom Amtsgericht berücksichtigten Betreuungsarbeit in der Zeit bis zum 31. Dezember 1998 geleistet. Auf diesen Teil ihrer Tätigkeit findet der erst am 1. Januar 1999 in Kraft getretene § 1 BVormVG keine Anwendung (vgl. Beschluss des Senats vom 13. Oktober 1999 - 2 W 155/99, FamRZ 2000, 562; OLG Zweibrücken BtPrax 2000, 40; Chauvistré, Das Problem einer fehlenden Übergangsbestimmung im Betreuungsrechtsänderungsgesetz am Beispiel der Vergütungsfestsetzung für Zeiträume vor dem 31.12.1998, BtPrax 99, 100; Zimmermann, Probleme des neuen Betreuervergütungsrechts, FamRZ 1999, 630, 631). Insoweit sind vielmehr weiterhin die bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Regelungen in § 1836 BGB a. F. (in Verbindung mit § 1908 i Abs. 1 BGB) anwendbar, während nur für die Betreuungsarbeit der Beteiligten zu 1. seit dem 1. Januar 1999 § 1 Abs. 1 Nr. 1 BVormVG gilt.
Nach § 1836 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. ist der Beteiligten zu 1. für ihre Betreuungstätigkeit in der Zeit vom 23. Juni 1998 bis zum 31. Dezember 1998 eine Vergütung zu bewilligen, weil sie die Betreuung der Betroffenen als Berufsbetreuerin geführt hat. Der vom Amtsgericht festgesetzte Stundensatz in Höhe von 60 DM ist für diesen Zeitraum nicht zu beanstanden. Nach § 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. (in Verbindung mit § 1908 i Abs. 1 BGB) entspricht die Vergütung dem Höchstbetrag dessen, was einem Zeugen als Entschädigung für seinen Verdienstausfall gewährt werden kann (25,-- DM pro Stunde - § 2 Abs. 2 Satz 1 ZSEG). Die Vergütung kann gemäß § 1836 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. bis zum Dreifachen erhöht werden, soweit die Führung der Betreuung besondere Fachkenntnisse erfordert oder mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist. Die Beteiligte zu 1. verfügt aufgrund ihrer Ausbildung über besondere Fachkenntnisse, die erforderlich sind, um die Betroffene sachgerecht zu betreuen. Bei der Betroffenen liegt nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Prüsch vom 25. Februar 1998 (Bl. 3 ff d.A.) eine geistige Behinderung vom Grade einer Lernbehinderung im Grenzbereich zur Debilität vor; sie wirkt leicht linkisch, leicht überfordert und beeinflussbar. Nach dem Bericht der Beteiligten zu 1. vom 26. Juni 1999 (Bl. 19 ff d.A.) ist die Betroffene sehr sensibel und reagiert in Fällen von Über- und Unterforderung verbal-aggressiv oder zeigt Tendenzen von sozialem Rückzug. Im Hinblick darauf erfordert eine sachgerechte Betreuung der Betroffenen besondere pflegerische und sozial-therapeutische Fähigkeiten, über die die Beteiligte zu 1. aufgrund ihrer Ausbildung verfügt. Daraus ergibt sich zugleich, dass es sich nicht um eine einfache, sondern um eine Betreuung mit besonderen Schwierigkeiten handelt. Nach ihrer Tätigkeitsdarstellung vom 10. Januar 2000 (Bl. 72 - 75 d.) hatte die Beteiligte zu 1. in der Zeit vom 23. Juni 1998 bis zum 31. Dezember 1998 auch schwierige Betreuungsgeschäfte zu erledigen. Sie musste zunächst einmal ein Vertrauensverhältnis zu der Betroffenen aufbauen und klären, wie ihre Wohnungs- und Arbeitsplatzsituation am besten gestaltet werden konnte, um ihren Wünschen und Fähigkeiten angemessen Rechnung zu tragen. Außerdem musste geklärt werden, ob die Betroffene nach dem Eintritt der Volljährigkeit weiterhin bei ihrer damaligen Pflegemutter Frau Guber leben konnte und wer die Kosten der persönlichen Betreuung der Betroffenen zu tragen hatte - das Jugendamt oder das Sozialamt. Bei dieser Sachlage erscheint ein Stundensatz von 60 DM nach altem Recht als angemessen.
Nach der Tätigkeitsdarstellung der Beteiligten zu 1. vom 10. Januar 2000 hat die Betreuung der Betroffenen in der Zeit vom 23. Juni 1998 bis zum 31. Dezember 1998 einen Zeitaufwand von 555 Minuten erfordert. Diesen Aufwand hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 21. Februar 2000 als berechtigt anerkannt. An diese Entscheidung ist der Senat gebunden, weil der Beschluss des Amtsgerichts insoweit nicht angefochten worden ist (zur Zulässigkeit der auf den Stundensatz beschränkten Anfechtung vgl. Senatsbeschluss vom 18. Juli 2001 - 2 W 11/01, MDR 2001, 1169). Bei einem Stundensatz von 60 DM ergibt sich für 555 Minuten eine Vergütung in Höhe von 555 DM. Das Landgericht hat die Vergütung lediglich auf 416,25 (45 DM pro Stunde) festgesetzt. Die Beteiligte kann daher noch einen weiteren Betrag in Höhe von 138,75 DM verlangen.
Dem steht nicht entgegen, dass die Beteiligte zu 1. die Vergütung für die Zeit vom 23. Juni 1998 bis zum 31. Dezember 1998 zum Teil erst nach dem Ablauf der 15-Monats-Frist des § 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB (in Verbindung mit § 1908 1 Abs. 1 BGB) geltend gemacht hat. Denn diese - ebenfalls erst am 1. Januar 1999 in Kraft getretene - Vorschrift findet auf Vergütungsansprüche aus der Zeit vor dem 1. Januar 1999 keine Anwendung (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Oktober 1999 - 2 W 146/99, FamRZ 2000, 315).
Im Übrigen hat das Landgericht dagegen mit zutreffender Begründung angenommen, dass die Beteiligte zu 1. gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 BVormVG lediglich einen Anspruch auf einen Stundensatz in Höhe von 45 DM hat. Das Landgericht hat dazu ausgeführt:
"Nach § 1 Abs. 1 Ziffer 2 BVormVG kann ein Stundensatz von 60 DM nur gewährt werden, wenn die besonderen Fachkenntnisse des Betreuers durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare Ausbildung erworben sind. Diese Voraussetzungen werden von der Betreuerin (der Beteiligten zu 1.) nicht erfüllt. Wertungskriterien für die Vergleichbarkeit einer Ausbildung mit der einer Hochschulausbildung sind u. a. der zeitliche Aufwand der Ausbildung, der Umfang des Lehrstoffes, die Ausgestaltung der Abschlussprüfung sowie die durch die Ausbildung erworbene Qualifikation, die auch in den Zugangsmöglichkeiten zu bestimmten Besoldungs- bzw. Vergütungsgruppen des öffentlichen Dienstes zum Ausdruck kommt (vgl. BayObLG FamRZ 2001, 186). Davon ausgehend entspricht die Ausbildung der Betreuerin nicht einer abgeschlossenen Hochschulausbildung. Ihre Ausbildung zur Sozialpädagogin hat die Betreuerin noch nicht abgeschlossen. Die Zusatzausbildung zur Gestalttherapeutin neben der Ausbildung als Krankenschwester ist schon vom zeitlichen Aufwand und Umfang des Lehrstoffes mit einer Hochschulausbildung nicht gleichzusetzen und ermöglicht auch im öffentlichen Dienst keine Zugangsmöglichkeiten, die mit denen einer Hochschulausbildung zu vergleichen wären."
Diese Ausführungen lassen keine Rechtsfehler erkennen. Ergänzend ist lediglich noch darauf hinzuweisen, dass der Senat bereits in seinem Beschluss vom 25. September 2000 (2 W 136/00, FamRZ 2000, 304) ausgeführt hat, dass die durch Praxis und/oder Fortbildung erworbenen Kenntnisse eines Betreuers nicht mit denen gleichzustellen sind, die auf einer abgeschlossenen Lehre oder einer sonstigen vergleichbaren abgeschlossenen Ausbildung beruhen. Entsprechendes gilt für eine abgeschlossene Hochschulausbildung oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung.
Auch eine Anwendung der Übergangsregelung in § 1 Abs. 3 BVormVG auf die Beteiligte zu 1. kommt nicht in Betracht, weil die Beteiligte zu 1. in der Zeit vor dem 1. Januar 1999 noch keine zwei Jahre berufsmäßig Betreuungen geführt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 131 Abs. 1 KostO, 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.
Ende der Entscheidung
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