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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 13.01.2000
Aktenzeichen: 2 W 126/99
Rechtsgebiete: BGB, RSG, GrdstVG
Vorschriften:
BGB § 504 ff | |
RSG § 4 | |
RSG § 6 I | |
RSG § 8 | |
RSG § 10 | |
GrdstVG § 2 | |
GrdstVG § 9 | |
GrdstVG § 12 | |
GrdstVG § 21 | |
GrdstVG § 22 |
2 W 126/99 4 T 179/ 99 LG Itzehoe
Beschluß
In der Notarbeschwerdesache
betreffend die Amtsführung des Notars,
Beteiligte:
1. die bH, vertreten durch die Geschäftsführer und, 23103 Kiel,
- Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Frank Neumann, Seilerei 2, 24119 Kronshagen -
2. Frau, 25791 Linden,
3. Herr, 257191 Linden,
hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. vom 12.7.1999 gegen den Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 28.6.1999 durch die Richter am 13.1.2000 beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluß wird geändert.
Der Notar wird angewiesen, von seinen Bedenken gegen die rechtswirksame Ausübung des Vorkaufsrechts nach dem Reichssiedlungsgesetz durch die Beteiligte zu 1. betreffend den Grundstückskaufvertrag vom 9.1.1998 - Urkundenrolle des betroffenen Notars - zwischen den Beteiligten zu 2. und 3. abzusehen.
Gründe
I.
Durch Kaufvertrag vom 9.1.1998 (Urkundenrolle Nr. des betroffenen Notars) veräußerte die Beteiligte zu 2. an den Beteiligten zu 3. ihr im Grundbuch von eingetragenes landwirtschaftliches Grundstück in Größe von ca. 6,3 Hektar zum Preis von 94.683,- DM. § 7 Abs. 3 des Vertrages bestimmte:
"Wird eine behördliche Genehmigung versagt oder nur unter einer Auflage oder Bedingung erteilt, so steht den dadurch belasteten Beteiligten ein Rücktrittsrecht zu innerhalb von 14 Tagen ab Zugang".
Gemäß § 7 Abs. 2 des Vertrages wurde der Notar mit der Durchführung des Vertrages beauftragt, insbesondere damit, die erforderlichen behördlichen Genehmigungen einzuholen sowie der Gemeinde den Vertrag zur Erklärung über die Ausübung eines etwa bestehenden Vorkaufsrechts mitzuteilen und Verzichtserklärungen entgegenzunehmen. Mit Schreiben vom 12.1.1998 beantragte der Notar beim Amt für ländliche Räume Husum Außenstelle Heide (Genehmigungsbehörde) - dort eingegangen am 14.1.1998 - die Genehmigung nach § 2 GrdstVG. Die Genehmigungsbehörde kam zum Ergebnis, daß sie die Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG hätte versagen müssen, und leitete gem. § 12 GrdstVG den Vertrag der Beteiligten zu 1. (Siedlungsbehörde) zu, um deren Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 4 RSG herbeizuführen. Die Beteiligte zu 1. übersandte der Genehmigungsbehörde ein Schreiben vom 5.2.1998, in dem sie gegenüber der Beteiligten zu 2. Das Vorkaufsrecht ausübte. Mit Bescheid vom 12.2.1998, auf den im übrigen Bezug genommen wird (Bl. 16 - 18 d. A.), teilte die Genehmigungsbehörde diese Erklärung den Beteiligten und dem Notar unter Erläuterung des Versagungsgrundes mit. Nach Darstellung des Notars ging ihm dieses Schreiben ungesiegelt am 16.2.1998 (Montag) und gesiegelt am 24.2.1998 zu. Ferner gibt es nach seiner Darstellung ein Rücktrittsschreiben des Beteiligten zu 3. (wegen Versagung der behördlichen Genehmigung), dessen Empfang von der Beteiligten zu 2. am 22.2.1998 auf dem Schreiben bestätigt wurde. Den gegen den Bescheid der Genehmigungsbehörde vom 12.2.1998 gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung der Beteiligten zu 2. und 3. hat das Amtsgericht Meldorf - Landwirtschaftsgericht - durch Beschluß vom 27.5.1998 - 55 Lw 114/98 - abgewiesen. Dieser Beschluß ging dem Bevollmächtigten des Beteiligten zu 3. am 19.06.1998 zu. Ein Rechtsmittel ist dagegen nicht eingelegt worden. Mit Schreiben vom 30.06.1998 teilte der Bevollmächtigte des Beteiligten zu 3. dem betroffenen Notar mit, daß gemäß § 7 des Vertrages der Rücktritt erklärt werden solle, da die behördliche Genehmigung versagt worden sei.
Der Notar hat die Durchführung des Grundstückskaufvertrages im Verhältnis zur Beteiligten zu 1. abgelehnt. Dagegen hat diese Beschwerde nach § 15 Abs. 1 BNotO eingelegt mit dem Ziel, den Notar zur Durchführung des Grundstückskaufvertrages im Verhältnis zwischen ihr und der Beteiligten zu 2. zu veranlassen. Sie hat die Ausübung des Vorkaufsrechts für wirksam und die Regelung des Rücktrittsrechts in § 7 Abs. 3 des Grundstückskaufvertrages nach §§ 8 Abs. 1 RSG, 506 BGB für unwirksam gehalten. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß, auf den wegen weiterer Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 36 - 40 der Akten) wendet sich die Beteiligte zu 1. mit ihrer weiteren Beschwerde. Die Beteiligte zu 2. und 3. haben im zweiten Rechtszug rechtliches Gehör erhalten.
II.
Die nach §§ 15 Abs. 1 BNotO, 27, 29 FGG zulässige weitere Beschwerde hat Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 Abs. 1 FGG; 550 ZPO).
1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Notar habe die Durchführung des Grundstückskaufvertrages im Verhältnis zur Beteiligten zu 1. zu Recht abgelehnt, weil diese nicht nachgewiesen habe, daß sie ein ihr zustehendes Vorkaufsrecht überhaupt gegenüber der Beteiligten zu 2. ausgeübt hat. Sie habe dem Notar keine Abschrift ihrer - möglicherweise - vom 5.2.1998 stammenden "Vorkaufsrechtsausübungserklärung" gegenüber der Beteiligten zu 2. vorgelegt, auch nicht den Zeitpunkt des Zuganges dieser etwaigen Erklärung bei der Beteiligten zu 2. nachgewiesen.
Diese Ausführungen sind rechtsfehlerhaft, weil - unbeschadet einer möglichen Bindungswirkung des Beschlusses des Landwirtschaftsgerichts vom 27.5.1998 (vgl. Ziff. II 2 a) - das Landgericht jedenfalls § 6 Abs. 1 RSG nicht angewendet hat. Nach dieser Vorschrift ist die Erklärung des Vorkaufsberechtigten - hier der Beteiligten zu 1. - über die Ausübung des Vorkaufsrechts der Genehmigungsbehörde zuzuleiten, die ihr den Kaufvertrag vorgelegt hatte. Das Vorkaufsrecht wird sodann dadurch ausgeübt, daß die Genehmigungsbehörde diese Erklärung dem Verpflichteten - hier der Beteiligten zu 2. - mitteilt; damit gilt für das Rechtsverhältnis zwischen Verkäufer und Vorkaufsberechtigtem die Veräußerung als genehmigt. Dieses Verfahren haben die Beteiligte zu 1. und die Genehmigungsbehörde vorliegend eingehalten, wie sich zweifelsfrei aus dem Schreiben der Genehmigungsbehörde vom 12.2.1998 ergibt. Das vom Landgericht vermißte Schreiben mit der Ausübung des Vorkaufsrechts der Beteiligten zu 1. unmittelbar an die Beteiligte zu 2. ist nach allem weder erforderlich noch ausreichend, so daß die angefochtene Entscheidung schon deshalb keinen Bestand haben kann.
2. Da der Sachverhalt auch im übrigen hinreichend aufgeklärt ist, kann der Senat über die Notarbeschwerde selbst entscheiden. Der Notar verweigert seine Amtstätigkeit ohne ausreichenden Grund.
a) Die Beteiligte zu 1. hat das ihr nach § 4 RSG zustehende Vorkaufsrecht wirksam nach §§ 12, 21 GrdstVG, 6 RSG ausgeübt mit der Folge, daß gem. §§ 8 RSG, 505 Abs. 2 BGB der Grundstückskaufvertrag zwischen ihr und der Beteiligten zu 2. unter den Bestimmungen zustande gekommen ist, welche diese mit dem Beteiligten zu 3. vereinbart hat. Über Einwendungen gegen das Vorkaufsrecht, die sich darauf gründen, daß die Genehmigung nach § 9 GrdstVG nicht zu versagen gewesen wäre, hat das Gericht durch den Beschluß vom 27.5.1998 nach §§ 10 RSG, 22 GrdstVG (formell und materiell) rechtskräftig und damit bindend (vgl. Keidel/Zimmermann, 14. Aufl., FGG, § 31 RdNr. 20 m. w. N.) entschieden. Damit steht auch fest, daß die Ausübung des Vorkaufsrechts gem. §§ 6 Abs. 2 RSG, 6 Abs. 1 GrdstVG fristgemäß war, so daß dieser Frage im vorliegenden Verfahren nicht nachzugehen war. Der Prüfung durch das Landwirtschaftsgericht im Einwendungsverfahren nach § 10 RSG unterliegt nämlich auch die Frage, ob die Ausübung des Vorkaufsrechts aus verfahrensrechtlichen Gründen wirksam ist (Ehrenfurth, RSG und GrdstVG 1965, § 10 Abschnitt 2 - S. 230, 231). Es wäre unverständlich, wenn das Landwirtschaftsgericht im Einwendungsverfahren eine umfangreiche materiell-rechtliche Prüfung gem. § 9 GrdstVG vornehmen müßte, obwohl mit geringem Aufwand ohne weiteres feststellbar ist, daß wegen Fristversäumnis nach §§ 6 Abs. 2 RSG, 6 Abs. 2 GrdstVG der Vertrag zwischen Verkäufer und Käufer bereits als genehmigt gilt und das Vorkaufsrecht deshalb nicht mehr ausgeübt werden kann.
b) Der zwischen den Beteiligten zu 1. und 2. zustande gekommene Grundstückskaufvertrag wird durch den Rücktritt des Beklagten nach § 7 Abs. 3 des Vertrages nicht berührt, so daß offenbleiben kann, ob der Rücktritt wirksam erklärt worden ist. Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts kommt zwischen dem Vorkaufsberechtigten (Beteiligte zu 1.) und dem Vorkaufsverpflichteten (Beteiligter zu 2.) - neben dem alten bestehenbleibenden Kaufvertrag zwischen diesem und dem Käufer - ein neuer selbständiger Vertrag zustande. Zwar haftet ein dem Käufer vorbehaltenes Rücktrittsrecht auch dem Vorkaufsverhältnis an, denn mit der Ausübung des Vorkaufsrechts kommt der Kauf zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten grundsätzlich unter den Bestimmungen zustande, welche der Verpflichtete mit dem Käufer vereinbart hat (§ 505 Abs. 2 BGB). Dies hat indessen nur zur Folge, daß im Vorkaufsverhältnis der Vorkaufsberechtigte nach Maßgabe des zugunsten des Käufers vereinbarten Vorbehalts berechtigt ist, vom Vorkauf zurückzutreten, und nicht der Käufer (BGH NJW 1977,762,763; Westermann in Münchener-Kommentar, BGB, 3. Aufl., § 506 Rn. 4; Staudinger/Mader, BGB, 14. Aufl., § 504 Rn. 27). Die Beteiligte zu 2. als Vorkaufsverpflichtete hat den Rücktritt hier nicht erklärt, so daß auf § 506 BGB, der (nur) auf diesen Fall bezogen ist, nicht einzugehen ist. Ob zwischen den Beteiligten zu 2. und 3. im Zusammenhang mit den Rüchtrittserklärungen des Beteiligten zu 3. eine Aufhebungsvereinbarung hinsichtlich des Kaufvertrags zustandegekommen ist, worauf der betroffenen Notar hingewiesen hat, kann offenbleiben, weil nach Ausübung des Vorkaufsrechts die ursprünglichen Parteien des Kaufvertrags auch schon vor Rechtskraft des Bescheides gebunden sind und den Vertrag nicht mehr mit Wirkung gegenüber dem Vorkaufsberechtigten ändern oder aufheben, sondern nur noch die Ausübung des Vorkaufsrechts durch Rechtsmittel anfechten können (Ehrenforth, a.a.O., Seiten 185, 186 und 190).
Ende der Entscheidung
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