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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 14.01.2004
Aktenzeichen: 2 W 134/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1908 i Abs. 1
BGB § 1836 Abs. 2 Satz 4

Entscheidung wurde am 21.04.2004 korrigiert: die Entscheidung wurde komplett ersetzt, da die Vorversion nicht zur Veröffentlichung bestimmt war
Die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs nach §§ 1908 i Abs. 1, 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB setzt wenigstens voraus, dass die Zeitansätze einem konkreten Lebenssachverhalt zugeordnet werden können.
2 W 134/03

Beschluß

in dem Betreuungsverfahren (Vergütung)

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligen zu 1. vom 20.08.2003 gegen den Beschluß der 7. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 29.07.2003 am 14.01.2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert beträgt 1.778,89 Euro.

Gründe:

Die Beteiligte zu 1. war vom 3.05.1999 bis zum 7.08.2002 zur Berufsbetreuerin der vermögenden Betroffenen bestellt. Für ihre Tätigkeit hat sie in vier Rechnungen beim Amtsgericht die Festsetzung folgender Vergütungen beantragt:

1. am 02.08.2000 vom 3.05. bis 31.12.1999 48 Std. à 60,- DM zzgl. MWSt. 3.340,80 DM,

2. am 29.03.2001 vom 01.01. bis 31.12.2000 31 Std. à 60,-DM zzgl. MWSt. 1.948,80 DM,

3. am 28.03.2002 vom 01.01. bis 31.12.2001 12 Std. à 60,-DM zzgl. MWSt. 835,20 DM,

4. am 28.03.2003 vom 01.01. bis 31.12.2002 4 Std. à 31 Euro zzgl. MWSt. 143,84 Euro.

Die Rechnungen geben den Umfang der Tätigkeit lediglich mit der Stundenzahl ohne Tätigkeitsnachweis im einzelnen an. Mit Telefonaten bzw. Schreiben vom 18.10.2000, 1.11.2000, 6.12.2000 10.04.2002 und 28.08.2002 - zum Teil unter Fristsetzung - hat das Amtsgericht der Beteiligten zu 1. aufgegeben, jeweils einen detaillierten Stundennachweis zu führen. Mit Schreiben vom 31.10.2002 und 5.11.2002 hat es der Beteiligten zu 1. angekündigt, für den Fall, daß kein detaillierter Stundennachweis geführt werde, pauschal pro (ganzem) Jahr 12 Stunden anzusetzen zuzüglich 6 Stunden für die Anfangsphase. Da die Beteiligte keinen Stundennachweis nachreichte, hat das Amtsgericht am 12.05.2003 (Bl. 179 d.A.) unter Stattgabe der Anträge im übrigen gemäß seiner Ankündigung folgende Vergütungen festgesetzt:

zu 1. 14 Std. à 60,- DM zzgl. MWSt. 974,40 DM, zu 2. 12 Std. á 60,-DM zzgl. MWSt. 835,20 DM.

Hiergegen hat die Beteiligte zu 1. sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie die Festsetzung der weitergehenden zu 1. und 2. geltend gemachten Vergütung erstrebt hat. Erstmals im Beschwerdeverfahren - am 2.07.2003 - hat sie "Stundenaufstellungen" (Bl. 204 bis 208 d. A.) nachgereicht. Das Landgericht hat die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen mit der Begründung, daß die Vergütungsansprüche insoweit nach § 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB erloschen seien, weil sie nicht binnen 15 Monaten nach ihrer Entstehung beim Amtsgericht "geltend gemacht" worden seien. Der Vergütungsanspruch entstehe jeweils mit der Ausführung der Betreuungstätigkeit. Die Wahrung der Frist setze einen Vergütungsantrag voraus, der geeignet sei, die Grundlage für eine Überprüfung und Festsetzung der Vergütung durch das Amtsgericht zu bilden. Das sei hier nicht gegeben. Gegen diesen Beschluß, auf den zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 209 bis 214 d.A.), richtet sich die vom Landgericht zugelassene sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 56 g Abs. 5 Satz 2, 27, 29 FGG zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Die angefochtene Entscheidung läßt eine Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG, 564 ZPO) nicht erkennen. Die Auffassung des Landgerichts, die Beteiligte zu 1. habe die Ausschlußfrist nach §§ 1908 i Abs. 1, 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB versäumt, ist zutreffend.

Nach diesen Vorschriften erlischt der Vergütungsanspruch, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung beim Vormundschaftsgericht geltend gemacht wird. Der Vergütungsanspruch entsteht nach § 614 Abs. 1 Satz 1 BGB jeweils mit der Ausführung der Betreuungstätigkeit (Senat, Beschluß vom 6.02.2002, FGPrax 2002, 175 m.w.Nw.), so daß die Geltendmachung für die letzte Tätigkeit in den Jahren 1999/2000 Ende März 2002 hätte erfolgen müssen. Eine Geltendmachung im Sinne des Gesetzes erfolgte indessen erst am 2.07.2003. Die Vergütungsanträge vom 2.08.2000 und 29.03.2001 reichten dazu nicht aus. Die Geltendmachung setzt nämlich zumindest voraus, daß die geltend gemachte Vergütung einem konkreten Lebenssachverhalt zugeordnet werden kann. Daß vorliegend die Angaben der Beteiligten zu 1. von 48 Stunden bzw. 31 Stunden für 1999 bzw. 2000 - jeweils multipliziert mit Stundensätzen - nicht dieser Mindestanforderung genügen, bedarf keiner weiteren Darlegung. Ob darüber hinaus nach dem Sinn und Zweck der Ausschlußfrist ein Antrag vorliegen muß, der die gesetzlich vorgeschriebene Überprüfung und Festsetzung ermöglicht, also bereits nachvollziehbare Angaben über den Zeitaufwand - oder bei Aufwendungen - deren Art und Umfang im einzelnen enthalten muß (vgl. OLG Frankfurt FGPrax 2001, 243; RPfl 2002, 314 LS; Jürgens/Kröger/Marschner/Winter-stein, Betreuungsrecht, 5. Aufl., Rn. 272) kann hier offen bleiben. Der Auffassung des Senats kann die Beteiligte zu 1. nicht entgegensetzen, das Vormundschaftsgericht sei über ihre Tätigkeit informiert und der zunächst angegebene Zeitaufwand ohne weiteres überprüfbar gewesen. Daß das Vormundschaftsgericht unmöglich über ihre Tätigkeit in der erforderlichen konkreten Ausgestaltung informiert gewesen sein kann, ergibt sich schon aus den erwähnten nachgereichten Stundenaufstellungen in ihren überwiegend konkreten Ausgestaltungen. Eine solche Betrachtungsweise liefe auf eine Pauschalierung der Vergütung nach § 1836 b BGB hinaus. Hier hat die Beteiligte aber ersichtlich die "konkrete" Abrechnung gemäß § 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB nach Zeitaufwand in Verbindung mit den Stundensätzen nach dem Gesetz über die Vergütung von Berufsvormündern (BVormVG) gewählt. Diese mögliche Art des Vorgehens entspricht geltender Rechtsauffassung. Denn auch für den Fall, daß ein Rechtsanwalt Betreuer und der Betreute vermögend ist, ist anerkannt, daß die in BVormVG geregelten Vergütungssätze eine im Regelfall angemessene Vergütung darstellen (BGH BtPrax 2001, 30, 31; Senat, Beschluß vom 5.04.2001, SchlHA 2001, 292). Erforderlich ist dann aber eine Abrechnung, die den Anforderungen - wie ausgeführt - entspricht. Daß das Amtsgericht die Anträge gleichwohl nicht insgesamt zurückgewiesen (hierzu war es nicht verpflichtet), sondern aus Entgegenkommen geschätzte Pauschalen festgesetzt hat, ändert hieran nichts.

Ende der Entscheidung

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