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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 08.11.2006
Aktenzeichen: 2 W 137/06
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 3
WEG § 21 Abs. 4
WEG § 26 Abs. 1
Auch wenn ein wichtiger Grund für die Abberufung eines Verwalters vorliegt, steht der Eigentümergemeinschaft für ihre Entscheidung grundsätzlich ein Beurteilungsermesssen zu. Deshalb lässt sich ein Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers gegen die Gemeinschaft auf Abberufung des Verwalters erst dann bejahen, wenn dessen Nichtabberufung nicht mehr den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen würde, das heisst, nicht mehr vertretbar wäre.
2 W 137/06

Beschluss

In der Wohnungseigentumssache

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.) und 2.) vom 2. August 2006 gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 14. Juli 2006 am 8. November 2006 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 1.) und 2.) tragen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde beträgt 3.000,- €.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1.) und 2.) verlangen die Abberufung des Beteiligten zu 3.) als Verwalter der Wohnungseigentumsanlage . Die vor dem Amtsgericht zunächst ebenfalls beantragte Entziehung des Wohnungseigentums nach § 18 WEG betreffend den Beteiligten zu 3.) wird im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht mehr verfolgt.

Die Beteiligten zu 1.) und 2.) sind - ebenso wie die weiteren Beteiligten - Eigentümer einer Wohnung in der Anlage. Nachdem der Beteiligte zu 1.) in einem vor dem Verwaltungsgericht Schleswig geführten Rechtsstreit die Verurteilung des Amts S zur Rückzahlung von Abwassergrundgebühren für die Jahre 2001 bis 2003 in Höhe von insgesamt 12.152,97 € erwirkt hatte, kam es zwischen den Beteiligten zum Streit über die Abrechnung bzw. Verteilung des auf das Verwalterkonto überwiesenen Rückerstattungsbetrages. Der Beteiligte zu 1.) unterbreitete dem Beteiligten zu 3.) zwei Abrechnungsvorschläge, die auf dem tatsächlichen Wasserverbrauch der jeweiligen Wohneinheiten basierten. Der Beteiligte zu 3.) schlug den übrigen Beteiligten die Abrechnung nach Wohneinheiten (30 WE) vor und bat diese - nach mehrmaliger Korrektur, zuletzt mit Schreiben vom 16.01.2005 - um schriftliche Zustimmung zur Auszahlung eines Betrages von 478,59 € pro Wohneinheit. Nachdem bis auf die Beteiligten zu 1.) und 2.) sämtliche Wohnungseigentümer dieser Vorgehensweise zugestimmt hatten, kehrte der Beteiligte zu 3.) den Gesamtbetrag von 14.357,00 € jeweils anteilig an die Eigentümer aus bzw. verrechnete diesen mit rückständigen Hausgeldzahlungen.

In Zusammenhang mit der Aufteilung des Rückerstattungsbetrages kam es zu umfangreichem Schriftverkehr, in welchem der Beteiligte zu 1.) den Beteiligten zu 3.) mehrfach verschiedener Straftaten bezichtigte, wegen derer er auch Strafantrag stellte. Der Beteiligte zu 1. ) kritisierte weiter die nicht nach Verbrauch vorgenommene Abrechnung und wies die Beteiligten wiederholt darauf hin, dass die Berechnung des Beteiligten zu 3.) falsch sei, weil danach insgesamt ein höherer Betrag ausgekehrt werde, als vom Amt Schwansen erstattet worden sei.

Die vom Beteiligten zu 1.) in der Eigentümerversammlung vom 06.08.2005 beantragte Abberufung des Beteiligten zu 3.) als Verwalter wurde mit einer Ja-Stimme und 28 Gegenstimmen abgelehnt, zudem wurde der Beteiligte zu 3.) als Verwalter ebenfalls mit 28 zu 1 Stimme entlastet.

Die Beteiligten zu 1.) und 2.) haben wegen der ihrer Ansicht nach fehlerhaften Abrechnung des Rückerstattungsbetrages die Abberufung des Beteiligten zu 3.) als Verwalter beantragt. Das Amtsgericht hat diesen - und den im Beschwerdeverfahren nicht mehr verfolgten Antrag auf Entziehung des Wohnungseigentums - zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, dass hier das Vertrauensverhältnis zwischen den Beteiligten zu 1.) und 2.) und dem Beteiligten zu 3.) als Verwalter zwar tiefgreifend zerrüttet sei. Ein wichtiger Grund für die Abberufung des Verwalters liege gleichwohl nicht vor, da das Zerwürfnis von dem Beteiligten zu 1.) selbst maßgeblich mit herbeigeführt worden sei und nicht auf einem objektiven Fehlverhalten des Beteiligten zu 3.) beruhe. Zudem habe die überwiegende Mehrheit der Wohnungseigentümer dem Beteiligten zu 3.) das Vertrauen ausgesprochen. Gegen den ablehnenden Beschluss des Amtsgerichts haben die Beteiligten zu 1.) und 2.) sofortige Beschwerde eingelegt, die vom Landgericht mit Beschluss vom 14.07.2006 zurückgewiesen worden ist. Gegen diesen Beschluss, auf den zur weiteren Sachverhaltsdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 209 - 213 d.A.), richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.) und 2.), der die Beteiligten zu 3.), zu 15.) und zu 25.) entgegengetreten sind.

II.

Die gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG; 27,29,20,22 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht zwar insoweit auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG, 546 ZPO), als der sich aus den Akten ergebende Sachverhalt inhaltlich teilweise unzureichend gewürdigt worden ist. Im Ergebnis erweist sich die angefochtene Entscheidung dennoch als richtig.

Ohne Erfolg wenden sich die Beteiligten zu 1.) und 2.) zunächst dagegen, dass das Landgericht bereits am 14.07.2006 über die sofortige Beschwerde entschieden hat, obwohl es mit Verfügung vom 03.07.2006 (Bl. 161R d.A.) unter Bezugnahme auf ein versehentlich in diese Akte gelangtes Schreiben aus einem anderen Verfahren mitgeteilt hatte, dass eine Entscheidung nicht vor dem 20.08.2006 getroffen werde. Selbst wenn die - vom Landgericht später selbst als nicht in diese Akte gehörig erkannte - Verfügung vom 03.07.2006 an die Beteiligten übersandt worden sein sollte, ist diesen durch die frühere Entscheidung rechtlich kein Nachteil entstanden. Denn es ist nicht ersichtlich, dass den Beteiligten durch die vorzeitige Entscheidung des Landgerichts die Möglichkeit zu weiterem Vortrag abgeschnitten worden ist. Die Beteiligten zu 1.) und 2.) haben auch im Rahmen ihrer sofortigen weiteren Beschwerde nicht vorgetragen, welche neuen Tatsachen sie im Fall einer späteren Entscheidung durch das Landgericht konkret noch hätten vorbringen wollen und inwiefern sie durch die zu frühe Entscheidung an der Unterbreitung eines außergerichtlichen Lösungsvorschlages in der Eigentümerversammlung am 05.08.2006 gehindert worden sind. Insofern fehlt es an einer kausalen Verletzung rechtlichen Gehörs.

In der Sache hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt, die Beteiligten zu 1.) und 2.) hätten einen Abberufungsgrund nach § 26 Abs. 1 WEG nicht dargelegt. Ein wichtiger Grund sei nur bei schwerwiegenden Pflichtverstößen des Verwalters anzunehmen, die hier nicht vorlägen. Die Abrechnung des Rückerstattungsbetrages im Verhältnis der Miteigentumsanteile sei vom Beteiligten zu 3.) gemäß § 13 Abs. 1 b der Teilungserklärung vom 30.06.1969 vorgenommen worden. Zudem sei diese Art der Abrechnung mit den Wohnungseigentümern diskutiert und von den übrigen Eigentümern mitgetragen worden.

Diese Ausführungen des Landgerichts sind rechtsfehlerhaft, da das Landgericht den Sachverhalt nicht vollständig gewürdigt hat. Das Landgericht hat die Argumentation der Beteiligten zu 1.) und 2.), der Beteiligte zu 3.) habe seine Verwalterpflichten verletzt, indem er an die Wohnungseigentümer insgesamt mehr ausgezahlt habe, als das Amt Schwansen aufgrund des verwaltungsgerichtlichen Urteils erstattet habe, nicht geprüft. Da die Sache hinreichend aufgeklärt ist, kann das Rechtsbeschwerdegericht darüber ohne Zurückverweisung an das Landgericht selbst entscheiden.

Auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten zu 1.) und 2.) angeführten Umstände ist eine Abberufung des Beteiligten zu 3.) als Verwalter nach Auffassung des Senates nicht gerechtfertigt. Gemäß § 26 WEG kann ein Verwalter von der Wohnungseigentümergemeinschaft bei Vorliegen eines wichtigen Grundes abberufen werden. Da hier lediglich ein Wohnungseigentümer gegen die Mehrheit der Eigentümergemeinschaft die Abberufung des Verwalters begehrt, ist allein das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Abberufung noch nicht ausreichend, sondern vielmehr deren unerlässliche Mindestvoraussetzung. Denn selbst wenn ein wichtiger Grund vorliegt, steht der Eigentümergemeinschaft bei ihren Entscheidungen grundsätzlich ein Beurteilungsspielraum zu (BGH NZM 1998,957; OLG Celle, NZM 1999, 841; NJOZ 2002,2044). Deshalb lässt sich ein Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers gegen die Gemeinschaft auf Abberufung des Verwalters erst dann bejahen, wenn die Nichtabberufung des Verwalters nicht mehr den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung i.S.d. § 21 III, IV WEG entspricht, d.h. nicht mehr vertretbar ist (OLG Celle, aaO.).

Danach besteht vorliegend - auch unter Berücksichtigung des Vortrages der Beteiligten zu 1.) und 2.) betreffend die Überzahlung - kein Anspruch auf Abberufung des Verwalters. Zwar ist die Abrechnung des Rückerstattungsbetrages durch den Beteiligten zu 3.) fehlerhaft, weil danach insgesamt ein Betrag ausgekehrt worden ist, der den Erstattungsbetrag übersteigt. Allerdings stellt dies nach Auffassung des Senates keinen so schwerwiegenden Fehler dar, dass das Festhalten der Gemeinschaft an dem Beteiligten als Verwalter nicht mehr vertretbar erscheint. Es handelt sich dabei um einen jederzeit korrigierbaren Fehler, zumal nicht vorgetragen ist, dass der überzahlte Betrag im Gemeinschaftsvermögen nicht vorhanden war. Da die Einzahlung in das Gemeinschaftsvermögen gemäß § 13 Abs. 1 der Teilungserklärung vom 30.06.1969 im Verhältnis der Miteigentumsanteile erfolgt, führt auch die - nach demselben Schlüssel wie die Einzahlung vorgenommene - Überzahlung des Rückerstattungsbetrages nicht etwa zu einer ungleichen Belastung der einzelnen Eigentümer. Daraus ergibt sich zugleich, dass - wie von den Beteiligten zu 1.) und 2.) auch eingeräumt wird - ersichtlich keine persönliche Bereicherung des Verwalters erfolgt ist.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1.) und 2.) verstößt die vom Beteiligten zu 3.) vorgenommene Abrechnung des Rückerstattungsbetrages nach Wohneinheiten nicht gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung. Wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat, entspricht diese Abrechnungsweise zum einen § 13 Abs. 1 b der Teilungserklärung vom 30.06.1969 und zum anderen dem ausdrücklichen Willen der übrigen Wohnungseigentümer. Auch dass der Beteiligte zu 3.) die Auszahlung auf Grundlage des mangels Einstimmigkeit fehlerhaften schriftlichen Beschlusses (§ 23 Abs. 3 WEG; § 14 Abs. 7 der Teilungserklärung vom 30.06.1969) vorgenommen hat, stellt nach Auffassung des Senates einen verzeihlichen Fehler dar.

Der Beteiligte zu 1.) hat die gerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen, weil er unterlegen ist, § 47 Abs. 1 WEG. Angesichts der verfahrensfehlerhaften Entscheidung des Landgerichts besteht kein Anlass, von dem Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, abzuweichen.

Ende der Entscheidung

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