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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 05.09.2001
Aktenzeichen: 2 W 154/01
Rechtsgebiete: FGG
Vorschriften:
FGG § 46 | |
FGG § 65 a |
2 W 154/01
Beschluß
In der Betreuungssache
hier: Bestimmung des zuständigen Gerichts
hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die Vorlage der Akten durch das Amtsgericht Pinneberg vom 16./21.08.2001 durch die Richter , und am 5.09.2001 beschlossen:
Tenor:
Die Vorlage ist unzulässig.
Gründe:
Die Betroffene leidet an einem cerebralen Anfallsleiden und Schwachsinn ersten Grades. Das Amtsgericht Pinneberg ordnete durch Beschluß vom 10.11.1986 die Pflegschaft über sie an. Zur Pflegerin wurde ihre Mutter, die jetzige Betreuerin, bestellt mit dem Aufgabenkreis: Aufenthaltsbestimmung und Besorgung vermögensrechtlicher Angelegenheiten. Durch Beschluß vom 15.11.1989 wurde der Kreis um die Einwilligung zu Maßnahmen der Heilbehandlung erweitert, durch Beschluß vom 29.12.1992 um die Besorgung vermögensrechtlicher Angelegenheiten vermindert. Am 9.01.1992 hatte das Amtsgericht die Betroffene im Rahmen eines Antrags auf geschlossene Unterbringung letztmalig persönlich angehört. Seit dem 15.05.1995 lebt sie in der eingangs genannten Einrichtung. Mit Schreiben vom 2.07.2001 hat das Amtsgericht die Betreuerin um Mitteilung gebeten, ob sie mit der Abgabe der Sache "an das für Groß Rheide zuständige Amtsgericht" einverstanden sei. Diese hat eine Abgabe abgelehnt. Nach einem entsprechenden unbeantwortet gebliebenen Schreiben an die Betroffene hat das Amtsgericht Pinneberg die Sache zur Bestimmung des zuständigen Gerichts nach §§ 65 a, 46 Abs. 2 FGG vorgelegt.
Die Vorlage ist aus mehreren Gründen unzulässig, weil die Voraussetzungen nach § 46 Abs. 2 FGG nicht gegeben sind.
Zunächst hat das abgebende Gericht auch in den Fällen, in denen der Betreuer seine Zustimmung zur beabsichtigten Abgabe verweigert hat, vor einer Vorlage der Akten zur Zuständigkeitsbestimmung an das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht zu hören, an das das Betreuungsverfahren abgegeben werden soll, hier also das Amtsgericht Schleswig (BayObLG in st. Rspr., zuletzt FamRZ 2000, 1443; OLG Karlsruhe FamRZ 1996, 498; Keidel/Engelhardt, FGG, 14. Aufl., § 46 Rn. 27, 33; Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 65 a FGG Rn. 13; Damrau-Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 65 a FGG Rn. 19; a.A. LG Ansbach FamRZ 1994, 1188). Das ist hier bisher nicht geschehen. Zwar ist dieses Anhörungsgebot nicht unmittelbar dem Gesetz zu entnehmen, es folgt jedoch aus dem Gebot der Fairneß und vor allem umfassender Aufklärung. Nach der Erfahrung auch des Senats bringen die Amtsgerichte, an die abgegeben werden soll, in dem Bestreben, unzweckmäßige Abgaben zu vermeiden, häufig bisher nicht bekannte Gesichtspunkte ein, die für die Beurteilung der Abgabefrage bedeutsam sind. Dadurch kann vermieden werden, daß eine lediglich nach Anhörung des Betreuers und des Betroffenen getroffene Zuständigkeitsbestimmung nachträglich auf Grund neu zu Tage getretener Umstände gem. § 18 FGG geändert werden muß (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O.). Weiter hat das abgebende Gericht dem Betreuer anläßlich der Anfrage alle Tatsachen mitzuteilen, die die Abgabe aus Zweckmäßigkeitsgründen rechtferigen sollen, nur dann kann der Betreuer, die Frage, ob er der Abgabe zustimmen soll, sachgerecht beurteilen (Engelhardt a.a.O., Rn. 18 m.w.Nw.). Ist ein schriftliche Verständigung schwierig, kann auch eine persönliche Anhörung zweckmäßig sein. Auch das ist hier nicht geschehen. Die Betreuerin konnte hier der Anfrage nicht einmal unmittelbar entnehmen, an welches konkrete Amtsgericht die Sache abgegeben werden sollte. Auch das wird vor einer Vorlage nachzuholen sein. Letztlich gilt der Grundsatz, daß vor einer Abgabe das abgebende Gericht in aller Regel über alle Angelegenheiten abschließend zu entscheiden hat, über die auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen eine Entscheidung zu treffen ist (BayObLG FamRZ 1994, 1189; Engelhardt a.a.O. m.w.Nw.; Senat in st. Rspr.). Das gilt jedenfalls dann, wenn von dem abgebenden Gericht erwartet werden kann, daß es eine längst überfälllige Entscheidung auch angesichts der erforderlichen persönlichen Anhörung der Beteiligten noch selbst trifft (Keidel/Kayser, a.a.O. § 65 a Rn. 9). Vorliegend ist die Entscheidung über die Verlängerung der Betreuung überfällig. Das hat das Amtsgericht auch erkannt, denn es hat offenbar zu dieser Frage das Sachverständigengutachten vom 16.06.1997 (Bl. 170 ff.) eingeholt. Nach Eingang des Gutachtens ist jedoch in dieser Richtung nichts weiter verlanlaßt worden (Bl. 169 R, 174 R d.A.). Die Entfernung zwischen Pinneberg und Groß Rheide ist angesichts der Autobahnanbindung auch nicht so weit, daß eine persönliche Anhörung der Betroffenen durch das vorlegenden Amtsgericht als unzumutbar erscheint. In der Zuständigkeitsfrage selbst wird zu prüfen sein, inwieweit die in Quickborn wohnhafte Betreuerin künftig auf die Hilfe des Vormundschaftsgerichts angewiesen sein wird. Bis zum letzten Wechsel des Aufenhaltsorts der Betroffenen sah das Amtsgericht sich veranlaßt, die Betreuerin wegen auftretender Schwierigkeiten in der Betreuung mehrfach anzuhören. Diese ist tagsüber berufstätig und auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, so daß Reisen nach Schleswig für sie sehr aufwendig wären. Sollte auch künftig mit dem Auftreten derartiger Schwierigkeiten ernsthaft zu rechnen sein, müßte der ansonsten maßgebliche Gedanke, daß die Aufgaben des Betreuers im wesentlichen am "neuen" Aufenthaltsort zu erfüllen sind (§ 65 a Abs. 1 Satz 1 FGG), möglicherweise zurücktreten.
Ende der Entscheidung
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