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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 05.04.2001
Aktenzeichen: 2 W 16/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1836 ff
BGB § 1908 i.
Die BGH-Entscheidung vom 31.08.2000 (BT Prax 2001,30) zur Vergütung der Betreuer ist auch auf Rechtsanwälte anwendbar.

SchlHOLG, 2. ZS, Beschluss vom 05. April 2001, - 2 W 16/01 -


Beschluß

2 W 16/01 3 T 533/00 LG Kiel 2 XVII K 73 AG Kiel

In der Betreuungssache (Vergütung)

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten vom 22.12.2000 gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 14.12.2000 durch die Richter und am 5.04.2001 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert beträgt 3.132 DM.

Gründe

Der Beteiligte ist seit dem 26.05.1978 Pfleger (Betreuer) des Betroffenen mit dem Wirkungskreis der Wahrnehmung vermögensrechtlicher Angelegenheiten. Das zu verwaltende Vermögen besteht in einem Sammeldepot bei der Landesbank Schleswig-Holstein Girozentrale in Kiel mit einem Wert in den letzten Jahren zwischen 185.000 DM und 195.000 DM. Außerdem waren die laufenden Einnahmen und Ausgaben für den Betreuten zu regeln. Aus den Einnahmen konnten die Pflegekosten beglichen werden. Für 1995 und in den folgenden Jahren wurde dem Beteiligten jährlich eine Vergütung von 4.500 DM nebst Mehrwertsteuer bewilligt.

Der Beteiligte hat als Berufsbetreuer für das Jahr 1999 - wie bisher - eine Vergütung von 4.500 DM nebst Mehrwertsteuer (30 Stunden à 150 DM zuzüglich 16%) beantragt. Das Amtsgericht hat eine Vergütung von 2.080 DM (30 Stunden à 60 DM) bewilligt. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten hat das Landgericht unter Zugrundelegung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31.08.2000 (BtPrax 2001,30) zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten. Er macht geltend: Die BGH-Entscheidung sei auf Rechtsanwälte nicht anwendbar. Der Anwalt als Berufsbetreuer im Nebenamt habe viel höhere Betriebskosten als zum Beispiel ein Sozialpädagoge. Eine Vermögensverwaltung für einen vermögenden Bürger, der nicht unter Betreuung stehe, erfolge auf dem allgemeinen Markt nur zu Vergütungssätzen von 300 DM pro Stunde. Ferner habe das Landgericht Vertrauensgrundsätze mißachtet. Das Amtsgericht hätte ihn vor Inkrafttreten des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes auf eine geänderte Bemessung hinweisen und ihm Gelegenheit geben müssen, die Betreuung niederzulegen.

Die zulässige sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung, die das Rechtsbeschwerdegericht hinsichtlich der Bemessung der Vergütung nur auf Ermessenfehler überprüfen kann, läßt auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens keinen Rechtsfehler erkennen (§§ 27 FGG, 550 ZPO). Die Annahme eines Stundensatzes von 60 DM begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Bei der berufsmäßigen Betreuung bestimmt sich die Höhe der Vergütung nach den für die Führung der Betreuung nutzbaren Fachkenntnisse des Betreuers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäfte (§§ 1908 i, 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB). Die im BVormVG geregelten Vergütungsätze stellen nach dem Willen des Gesetzgebers für die Höhe der Vergütung des Betreuers eines vermögenden Betreuten einerseits Mindestsätze dar, andererseits sind sie im Regelfall angemessen und dürfen nur überschritten werden, wenn dies die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte ausnahmsweise gebietet (BGH BtPrax 2001,30,31; BayObLG RPfl 2001, 127; OLG Zweibrücken BtPrax 2001,78). Für eine Bemessung der Stundensätze nach einer vom Betreuer vorgelegten Kalkulation seiner Sach- und Personalkosten ist jedenfalls nach dem neuen Recht kein Raum mehr. Das neue Recht legt fest, mit welchem Stundensatz ein Berufsbetreuer in der Regel auszukommen hat. Nach dieser Vorgabe muß der Aufwand an Sach- und Personalkosten eingerichtet werden (BGH a.a.O. S. 32).

Das Gesetz räumt dem Rechtsanwalt, der im Nebenamt zum Berufsbetreuer bestellt wird, keine Sonderstellung ein. Es knüpft die Vergütungsfolge lediglich an die Feststellung des Gerichts, daß der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führt. Zur Höhe wird die Ausbildung als Qualifikationsmerkmal bei der Eingruppierung nach § 1 BVormVG (hier nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 2: 60 DM) berücksichtigt. Im übrigen sind nur Umfang und Schwierigkeit der zu führenden Geschäfte zu berücksichtigen. Diese Regelung ist verfassungsgemäß und verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 und 12 GG (BVerfG, Beschluß vom 15.12.1999, BtPrax 2000,77 entsprechend: Beschluß vom 16.03.2000, BtPrax 2000,120; Beschluß vom 6.06.2000, BtPrax 2000,212). Danach ist es vertretbar, die Stundensätze des BVormVG für bemittelte Betreute als Orientierungsrahmen heranzuziehen. Bemittelte und unbemittelte Personen mit gleichartigem Bedarf können einen weitgehend identischen Betreuungsaufwand erfordern. Ferner ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, die Betreuervergütung an einer Vergütung im Hauptberuf auszurichten und insbesondere die Kostenstruktur einer Anwaltskanzlei zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 15.12.1999 a.a.O. S. 79 zum Rechtszustand vor dem BtÄndG vom 25.06.1998, die Ausführungen gelten auch für das neue Recht - vgl. Beschluß vom 16.03.2000 a.a.O. S. 122). Dabei ist zu berücksichtigen, daß es Betreuern, die über unterschiedliche berufliche Qualifikationen verfügen, ihrer freien Entscheidung überlassen ist, ob sie als Berufsbetreuer zu den gesetzlichen Konditionen tätig werden wollen (§ 1898 Abs. 2 BGB). Ebenso spricht für die Angemessenheit der Vergütungsregelung, daß sie durch § 1835 Abs. 3 BGB für Ergänzungen offen ist. Insbesondere bleibt es einem Rechtsanwalt vorbehalten, nach der BRAGO abzurechnen, soweit er Aufgaben wahrnimmt, die besondere rechtliche Fähigkeiten erfordern und er deshalb anwaltliche Dienstleistungen erbringt (BayObLG BtPrax 1999,29). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß die wirtschaftliche Existenz von Berufsbetreuern mit den Vergütungsansprüchen gegen die Staatskasse nicht mehr gewährleistet wäre. Dabei ist eine generalisierende Betrachtungsweise geboten, die auf den gesamten Berufszweig abstellt.

Eine abweichende Entscheidung ist auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten. Die vom Gesetzgeber in § 1 Abs. 3 BVormVG getroffene Übergangsregelung ist ausreichend. Übergangsregelungen sind vor allem dann angezeigt, wenn eine geschützte Rechtsposition aufgehoben oder erheblich umgestaltet wird. Bei der im BtÄndG vorgenommenen Verknüpfung von nutzbaren Kenntnissen, formalem Bildungsabschluß und Höhe der Vergütung geht es jedoch nicht um die Sperrung eines Teilbereichs bisher zulässiger beruflicher Tätigkeit. Die bisher von der Rechtsprechung zugebilligte Vergütungshöhe hat nicht zu einer verfestigten Rechtsposition geführt (BVerfG, Beschluß vom 6.06.2000 a.a.O. S. 213). Der Beteiligte mußte damit rechnen, daß die Gerichte ihre Rechtsprechung am neuen Gesetz ausrichten.



Ende der Entscheidung

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