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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 14.08.2003
Aktenzeichen: 2 W 16/03
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 684 Satz 1
BGB § 812
WEG § 21 II
1. § 21 Abs. 2 WEG schließt Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen die übrigen Wohnungseigentümer aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht aus.

2. Bei ungerechtfertigter Geschäftsführung ohne Auftrag kann der Wohnungseigentümer als Geschäftsführer nach §§ 684 Satz 1, 812 ff. BGB von den übrigen Wohnungseigentümern als Geschäftsherren Ersatz von werterhaltenden Aufwendungen für eine ordnungsmäßige Instandhaltung oder - setzung verlangen, die später unausweichlich zu Lasten der Wohnungseigentümergemeinschaft angefallen wären.


Beschluß

In der Wohnungseigentumssache

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-HolsteinischenOberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. vom 23.12.2002 gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 5.12.2002 am 14.08.2003 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 2. haben die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen. Sie haben auch die dem Beteiligten zu 1. darin erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Geschäftswert beträgt 2.273,32 Euro.

Gründe:

Der Beteilige zu 1. erwarb 1998 ein zwangsversteigertes Wohnungseigentum im Erdgeschoß des 8 Wohnungseigentumsrechte umfassenden und Anfang des 20. Jahrhunderts errichteten Wohngebäudes. Vor dem Erwerb hatte die Eigentümergemeinschaft bis auf die Fenster dieser Wohnung und ein Fenster einer anderen ebenfalls im Erdgeschoß gelegenen Wohnung alle Holzfenster durch Kunststoffenster ersetzen lassen. Anfang 1999 ließ der Beteiligte zu 1. in seiner Wohnung ebenfalls neue Kunststoffenster zu einem Preis von 5.046,06 DM einbauen und stellte dies der Eigentümergemeinschaft in Rechnung. Diese lehnte durch Mehrheitsbeschluß vom 24.04.1999 eine Erstattung der Kosten ab. Der Beteiligte zu 1. hat beantragt festzustellen, daß die Beteiligten zu 2. die Einbaukosten gemäß ihren Miteigentumsanteilen zu tragen haben. Dem ist das Amtsgericht nachgekommen. Die hiergegen eingelegte sofortige weitere Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Gegen dessen Beschluß, auf den zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 114 bis 117 d.A.), richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. welcher der Beteiligte zu 1. entgegengetreten ist.

Die nach §§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG, 546 ZPO).

Das Landgericht hat ausgeführt: Ein Eigentümer, der gegen den Willen der übrigen Miteigentümer eine Instandsetzungsmaßnahme außerhalb einer Notgeschäftsführung vornehme, könne gleichwohl nach §§ 684 Satz 1, 812 ff. BGB Erstattung seiner Kosten beanspruchen, wenn die werterhaltenden Aufwendungen für die Eigentümergemeinschaft später unausweichlich angefallen wären und diese wegen der Ersparnis der Kosten bereichert sei. Die Beweisaufnahme - insbesondere die Vernehmung des Zeugen H. in Verbindung mit dessen schriftlichen Unterlagen, der Vermerk auf der Rechnung vom 19.02.1999 und Äußerungen des Zeugen L. gegenüber dem Berichterstatter am Telefon - habe ergeben, daß die Eigentümergemeinschaft für den Austausch der Fenster hätte sorgen müssen, weil diese undicht und die defekten Beschläge nicht mehr austauschbar gewesen seien. Dafür spreche auch, daß mit Ausnahme zweiter Fenster zuvor alle übrigen Fenster des Gebäudes ausgetauscht worden seien.

Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Die Angriffe in der Rechtsbeschwerde führen nicht zu einem abweichenden Ergebnis.

In der Rechtsprechung ist zutreffend anerkannt, daß die Regelung des § 21 Abs 2 WEG Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen die übrigen Wohnungseigentümer aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht ausschließt (BayObLG ZMR 2000, 187, 188; OLG Düsseldorf WE 2000, 129, 130; im Grundsatz wohl auch OLG Köln DWE 1995, 166, 167; Staudinger/Bub, WEG, 12. Aufl., § 21 Rn. 56 a m.w.Nw.). Es ist kein Grund ersichtlich, die anderen Wohnungseigentümer im Verhältnis zu Dritten insoweit zu bevorzugen. Bei unberechtigter Geschäftsführung - wie vorliegend - kann der Geschäftsführer nach §§ 684 Satz 1, 812 ff. BGB vom Geschäftsherrn Ersatz von werterhaltenden Aufwendungen für eine ordnungsmäßige Instandhaltung oder - setzung verlangen, die später unausweichlich angefallen wären (BayObLG und Staudinger/Bub a.a.O.). Das Landgericht hat auf Grund der Beweisaufnahme festgestellt, daß die Eigentümergemeinschaft verpflichtet gewesen wäre, die Fenster auszutauschen, weil diese undicht, wegen defekter Beschläge nicht mehr gang- und schließbar und neue Beschläge nicht zu beschaffen gewesen seien. An diese Feststellungen ist das Rechtsbeschwerdegericht gebunden, weil das Landgericht den Sachverhalt ausreichend ermittelt, sich bei der Beweiswürdigung mit allen wesentlichen Umständen auseinandergesetzt und hierbei nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FGG, 14. Aufl., § 27 Rn. 42). Der Vermerk in der Rechnung der Firma Fenster H., die alten Fenster seien nicht mehr gang- und schließbar zu machen, ihr Austausch sei erforderlich, deckt sich mit dem Hinweis des Sachverständigen N. im Zwangsversteigerungsgutachten bereits per 16.07.1997, wegen Undichtigkeit und aus Altersgründen sei eine Erneuerung der Fenster empfehlenswert. Daß neue Beschläge für derart alte Fenster nicht mehr beschaffbar waren - unwidersprochen hat der Beteiligte zu 1. auf deren Einbau bei Errichtung des Hauses hingewiesen - liegt nahe. Für die Erneuerungsbedürftigkeit spricht ferner der Umstand, daß die Gemeinschaft alle Fenster des Gebäudes mit Ausnahme der Fenster in der Wohnung des Beteiligten zu 1. und eines weiteren Fensters in einer Erdgeschoßwohnung bereits zuvor hatte ersetzen lassen. Die (erstmals in der Rechtsbeschwerde und deshalb an sich grundsätzlich unbeachtliche) Behauptung der Beteiligten zu 2. , die Fenster von Erdgeschoßwohnungen hätten eine beträchtlich längere Lebensdauer als die Fenster der Wohnungen in höheren Stockwerken, vermag jedenfalls im Verhältnis zum 1. oder 2. Stockwerk nicht zu überzeugen, ferner waren bereits Fenster auch im Erdgeschoß schon lange zuvor ausgetauscht worden. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das Recht der Eigentümergemeinschaft, im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG) nach ihr zustehendem Ermessens zu bestimmen, ob und in welcher Reihenfolge Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt werden, dem Anspruch aus unberechtigter Geschäftsführung entgegensteht, kann hier offenbleiben. Durch die Ersetzung der Fenster in der Vergangenheit hatte die Eigentümergemeinschaft ihr Ermesssen bereits eingeschränkt. Zudem waren die Aufwendungen von 5.046,06 DM (2.273,32 Euro) im Verhältnis zu den Aufwendungen, welche die Beteiligten zu 2. für weitere anstehende Instandsetzungsprojekte angeführt haben, verhältnismäßig gering und deshalb erschwinglich. Das gilt insbesondere, wenn berücksichtigt wird, daß sie in der Versammlung vom 24.04.1999 ohnehin angeboten haben, dem Beteiligten zu 1. die Hälfte dieser Aufwendungen zu erstatten.

Es entspricht billigem Ermessen, den Beteiligten zu 2. die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde aufzuerlegen, weil sie darin unterlegen sind. Abweichend vom Grundsatz, daß jeder Beteiligte im Wohnungseigentumsverfahren seine eigenen außergerichtlichen Kosten selbst trägt, erscheint es hier gerechtfertigt, den Beteiligten zu 2. die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 1. aufzuerlegen, weil sie sich ohne Aussicht auf Erfolg gegen zwei übereinstimmende und überzeugend begründete Entscheiden der Vorinstanzen gewandt haben.



Ende der Entscheidung

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