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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 15.11.2006
Aktenzeichen: 2 W 170/06
Rechtsgebiete: VBVG


Vorschriften:

VBVG § 4
VBVG § 5
Ausnahmen von der Pauschalierung sehen §§ 4 und 5 VBVG nicht vor. Auch wenn im konkreten Fall im Abrechnungszeitraum keine oder nur mit geringem Zeitaufwand verbundene Tätigkeiten des Betreuers erforderlich waren, findet eine Überprüfung der Angemessenheit der Stundensätze nicht statt. Gegen die gesetzliche Regelung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (im Anschluss an BayObLG vom 12.10.2006 - 33 Wx 163/06).
2 W 170/06

Beschluss

In der Betreuungssache

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen vom 4. September 2006 gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 19. Juli 2006 am 15. November 2006 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 2.) begehrt die Festsetzung einer Betreuervergütung für den Zeitraum 1.10.2005 bis 31.12.2005.

Mit Beschluss vom 23.12.2004 bestellte das Amtsgericht die Beteiligte zu 2.) zur Berufsbetreuerin der nicht mittellosen Betroffenen mit dem Aufgabenkreis Sicherstellung der privaten Altersversorgung unter Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes für Geschäfte, die die Altersversorgung gefährden könnten. Damit sollte die hauptsächliche Altersversorgung der Betroffenen - eine Privatrente aus einem Grundstückskaufvertrag zwischen dem verstorbenen Ehemann der Betroffenen und deren Sohn - sichergestellt und Streitigkeiten zwischen den beiden Söhnen der Betroffenen entgegengewirkt werden.

Mit Schreiben vom 09.03.2006 beantragte die Beteiligte zu 2.) die Festsetzung ihrer Vergütung für den Zeitraum 1.10.2005 bis 31.12.2005, wobei sie den Status der Betroffenen mit "vermögend/Wohnung" angab und bis zum 23.12.2005 6 Stunden monatlich und ab dem 24.12.2005 4,5 Stunden pro Monat - jeweils mit einem Stundensatz von 33,50 € - ansetzte. Die beantragte Vergütung belief sich auf insgesamt 592,95 €. Diesem Vergütungsanstrag widersprach der Beteiligte zu 1.) im Namen der Betroffenen mit Schreiben vom 02.04.2006, da die Beteiligte zu 2.) im Abrechnungszeitraum keine Leistungen erbracht habe. Das Amtsgericht setzte die geltend gemachte Vergütung mit Beschluss vom 07.04.2006 antragsgemäß fest. Die dagegen vom Beteiligten zu 1.) namens der Betroffenen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht unter Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde mit Beschluss vom 19.07.2006, zugestellt am 22.08.2006, zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Beteiligten zu 1.) im Namen der Betroffenen am 04.09.2006 eingelegte sofortige weitere Beschwerde.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27 Abs. 1, 29, 20, 22 Abs. 1, 56g Abs. 5 Satz 2, 69e FGG zulässig. Sie ist jedoch unbegründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 27 Abs. 2 FGG, 546 ZPO) beruht.

Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Betreuervergütung richte sich nach §§ 4, 5 VBVG, da die Beteiligte zu 2.) trotz des eingeschränkten Aufgabenkreises weder als Betreuerin nach § 1899 Abs. 2 BGB noch als Verhinderungsbetreuerin gemäß § 1899 Abs. 4 BGB bestellt worden sei. Insofern liege ein Sonderfall nach § 6 VBVG nicht vor. Auch die analoge Anwendung dieser Vorschrift wegen des eingeschränkten Aufgabenkreises der Beteiligten zu 2.) komme nicht in Betracht, weil diese nicht wegen einer rechtlichen Verhinderung des Beteiligten zu 1.) an der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben, sondern wegen des heftigen Streites des Beteiligten zu 1.) mit seinem Bruder als neutrale Person zur Betreuerin bestimmt worden sei. Auch wenn die Beteiligte zu 2.) im Abrechnungszeitraum keinerlei Leistung für die Betroffene erbracht haben sollte, sei die in §§ 4, 5 VBVG vorgesehene Pauschalvergütung anzusetzen und nicht nach Zeitaufwand abzurechnen. Der Gesetzgeber habe sich bewusst für eine pauschale, vom tatsächlichen Aufwand im konkreten Fall unabhängige Vergütung des Berufsbetreuers entschieden und damit in Kauf genommen, dass vermögende Betreute an einen Berufsbetreuer einen von vornherein feststehenden und vom tatsächlichen Zeitaufwand unabhängigen Betrag zu zahlen hätten.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.

Die Festetzung der Betreuervergütung richtet sich nach dem am 01.07.2005 in Kraft getretenen Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG). Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 VBVG ist der dem Betreuer zu vergütende Zeitaufwand für einen nicht in einem Heim lebenden Betreuten, der nicht mittellos ist, im siebten bis zwölften Monat der Betreuung mit 6 und danach mit 4,5 Stunden monatlich anzusetzen. Danach ist die Vergütung der mit Beschluss vom 23.12.2005 zur Betreuerin bestellten Beteiligten zu 2.) für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 23.12.2005 mit 6 Stunden und ab 24.12.2005 mit 4,5 Stunden richtig festgesetzt worden.

Ausnahmen von dieser Pauschalierung sieht das Gesetz nicht vor. Auch wenn - wie hier - aufgrund der konkreten Umständes des Einzelfalles im Abrechnungszeitraum keine oder nur mit wenig Zeitaufwand verbundene Tätigkeiten der Betreuerin erforderlich waren, findet eine Überprüfung der Angemessenheit der Stundenansätze aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelung nicht statt (vgl. OLG Hamm, FGPrax 2006, 210 für den Fall eines außergewöhnlich hohen Zeitaufwandes). Der Gesetzgeber hat bei der Neuregelung der Betreuervergütung bewusst die Entscheidung für die Pauschalierungsregelung getroffen, um langwierige und schwierige Streitigkeiten über Ausnahmefälle zu vermeiden. Zur Schaffung einer klaren und einfach zu handhabenden Regelung ist dabei in Kauf genommen worden, dass die Pauschalierung im Einzelfall auch zu Lasten des Betreuten gehen kann. In der Begründung des Gesetzentwurfs des Bundesrates zum Zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetz (2. BtÄndG) heißt es betreffend die später in § 5 VBVG aufgenommenen Regelungen :

"Die Pauschalen der Absätze 1 und 2 stehen von Beginn des Betreuungsverfahrens an fest und sind vom tatsächlichen Aufwand im konkreten Fall unabhängig. Von den zahlenmäßig geringen Sonderfällen des §§ 1908m BGB-E abgesehen, gibt es keine Ausnahmetatbestände. Denn jeder Ausnahmetatbestand würde zu Streitigkeiten über seinen Anwendungsbereich und ggf. eine analoge Anwendung führen." (BT-Drucks. 15 / 2494, S. 33)."

Zur Höhe der Vergütung heißt es dort weiter:

"Die Angemessenheit der Vergütung ergibt sich für die Berufsbetreuerinnen und -betreuer aus einer Mischkalkulation zwischen aufwändigen und weniger aufwändigen Fällen innerhalb der Fallgruppen. Auf eine gesetzliche Verteilungsregelung verzichtet der Entwurf bewusst. Denn der Aufwand ist im Einzelfall nicht vorhersehbar und abgrenzbar, sichere Kriterien für "leichte" und "schwierige" Fälle gibt es nicht, und eine gesetzliche Verteilungsregelung könnte zu einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten führen." (BT-Drucks. 15/2494, aaO.)

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzliche Regelung bestehen nicht (vgl. dazu die Ausführungen des BayObLG vom 12.10.2006, Az.: 33 Wx 163/06, denen der Senat sich anschließt). Insofern verbleibt es - wie das Landgericht richtig ausgeführt hat - auch im vorliegenden Fall dabei, dass der vom Betreuer tatsächlich benötigte Zeitaufwand im Rahmen der Vergütungsfestsetzung nicht zu prüfen ist.

Ende der Entscheidung

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