Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 12.12.2003
Aktenzeichen: 2 W 186/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1897
Bei der Entscheidung über die Verlängerung einer Betreuung gelten für die Auswahl des Betreuers dieselben Vorschriften wie für die Neubestellung - insbesondere § 1897 Abs. 4 BGB.
2 W 186/03

Beschluss

In dem Betreuungsverfahren

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die weitere Beschwerde der Betroffenen vom 22. Oktober 2003 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 19. September 2003 am 12. Dezember 2003 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Betroffenen wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Verlängerung der Betreuung mit den vom Landgericht bestimmten Aufgabenkreisen richtet.

Im Übrigen (Auswahl des Betreuers) wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht bestellte den Beteiligten mit Beschluss vom 15. Dezember 1997 zunächst zum vorläufigen und mit Beschluss vom 31. August 1998 zum endgültigen Betreuer der Betroffenen. Mit Beschluss vom 8. Februar 2000 verlängerte es die Betreuung und ordnete an, dass spätestens bis zum 1. Februar 2005 über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung zu entscheiden sei. Als Aufgabenkreise des Betreuers bestimmte das Amtsgericht zuletzt die Vermögenssorge, die Gesundheitssorge, die Aufenthaltsbestimmung, die Regelung von Erbschaftsangelegenheiten und die Regelung des Postverkehrs. In der Folgezeit beantragte die Betroffene wiederholt die Aufhebung der Betreuung. Nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. M. zur Notwendigkeit einer weiteren Betreuung hat das Amtsgericht die Betroffene darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Betreuung um 5 Jahre zu verlängern. Dem hat die Betroffene widersprochen und erklärt, sie wolle zumindest einen anderen Betreuer. Sie wolle von dem ihr langjährig bekannten Herrn U. vertreten werden. Mit Beschluss vom 4. Dezember 2002 hat das Amtsgericht die "Einrichtung der gesetzlichen Betreuung" mit den bisherigen Aufgabenkreisen und dem Beteiligten als Betreuer "bestätigt". Zugleich hat es angeordnet, dass spätestens bis zum 1. Dezember 2007 über eine Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung zu entscheiden sei. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts mit Beschluss vom 19. September 2003 teilweise geändert und die Betreuung für die Aufgabenkreise Gesundheitssorge und Aufenthaltsbestimmung aufgehoben. Im Übrigen hat es die Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungen des Amts- und Landgerichts wird auf die Beschlüsse vom 4. Dezember 2002 (Bd. III Bl. 74, 77 d.A.) und 19. September 2003 (Bd. III Bl. 106 - 109 d.A.) Bezug genommen. Gegen den Beschluss des Landgerichts hat die Betroffene formgerecht weitere Beschwerde eingelegt, soweit ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts zurückgewiesen worden ist.

II.

Die gemäß §§ 27 Abs. 1, 29, 20 FGG zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache nur in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO) angenommen, dass die Betroffene für die Aufgabenkreise Vermögenssorge einschließlich wohnungs- und hauswirtschaftlicher Angelegenheiten sowie Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden, Regelung von Erbschaftsangelegenheiten und des Postverkehrs weiterhin eines Betreuers bedarf. Das ergibt sich insbesondere aus dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. M. (Bd. III Bl. 1 ff d.A.). Danach leidet die Betroffene an einer psychischen Erkrankung in Form einer abnormen Persönlichkeitsstruktur mit selektiven, realitätsverzerrenden, fast wahnhaften Gedankeninhalten (Pseudowahn) und pathologischer Sparsamkeit (pathologischer Geiz); die Betroffene ist infolge ihrer Erkrankung in den vom Landgericht festgestellten Angelegenheiten partiell nicht in der Lage, die Tragweite ihres Verhaltens und ihrer Entscheidungen zu überblicken; eine Verbesserung ihres Zustands ist nicht zu erwarten. Gegen die Richtigkeit dieses Gutachtens bestehen keine Bedenken, zumal es im Einklang mit den Vorgutachten und dem in den Akten umfangreich dokumentierten Verhalten der Betroffenen steht. Bei dieser Sachlage war die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nicht erforderlich.

Die Entscheidung des Landgerichts über die Auswahl des Betreuers beruht dagegen auf einer Rechtsverletzung. Gegenstand des mit der Erstbeschwerde angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts ist die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers unter Fortbestand der bisherigen Aufgabenkreise. Mit der Verlängerung hat das Amtsgericht die Betreuung erneut angeordnet und den Beteiligten wiederum zum Betreuer der Betroffenen bestellt. Dadurch ist die vorangegangene Betreuerbestellung insgesamt abgelöst und durch eine neue Einheitsentscheidung über die Bestellung und die Auswahl eines Betreuers ersetzt worden. Bei dieser Einheitsentscheidung sind deshalb die Vorschriften für die Neubestellung eines Betreuers anzuwenden - insbesondere § 1897 BGB (ebenso in vergleichbaren Fällen: BayObLG NJW-FER 2001, 234 und BtPrax 2002, 165; OLG Hamm NJW-RR 2001, 797; OLG Zweibrücken BtPrax 2002, 87). Nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB hat das Gericht dem Vorschlag eines Betroffenen, eine bestimmte Person zum Betreuer zu bestellen, grundsätzlich zu entsprechen, sofern dies seinem Wohl nicht zuwider läuft. Im vorliegenden Fall hat die Betroffene Herrn U. vorgeschlagen. Herr U. wäre daher nur dann nicht zum Betreuer zu bestellen, wenn dies dem Wohl der Betroffenen zuwider liefe. Eine solche Annahme rechtfertigt der bisherige Akteninhalt jedoch nicht. Das Landgericht hat unter Verstoß gegen § 12 FGG keine ausreichenden Ermittlungen zu der Frage angestellt, ob Herr U. als Betreuer geeignet ist. Es hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass die vorliegende Betreuung insbesondere im Hinblick auf die noch ausstehende Erbauseinandersetzung mit der Schwester der Betroffenen einige Schwierigkeiten mit sich bringen kann. Bislang liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Herr U. diesen Problemen nicht gewachsen wäre. Bekannt ist lediglich, dass Herr U. Klempnerrmeister ist (Bd. III Bl. 65 d.A.). Daraus allein ergeben sich jedoch noch nicht einmal ausreichende Informationen über seine berufliche Tätigkeit. Es ist insbesondere ungeklärt, ob Herr U. selbständig tätig und in geschäftlichen Dingen erfahren ist. Erkenntnisse über seine außerberuflichen Aktivitäten liegen bisher überhaupt nicht vor. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass ein Betreuer schwierige rechtliche Auseinandersetzungen auch nicht notwendig allein für den Betreuten führen muss. Er ist vielmehr berechtigt und unter Umständen sogar verpflichtet, hierfür anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Die absehbare Notwendigkeit einer solchen Hilfe spricht deshalb nicht grundlegend gegen die Eignung als Betreuer. Aus alledem ergibt sich, dass die Frage der Eignung des Herrn U. der weiteren Aufklärung bedarf. Seine Eignung lässt sich insbesondere nicht schon aus anderen Gründen - wie etwa einer ablehnenden Haltung gegenüber der Betreuungstätigkeit oder besonderen persönlichen Umständen - verneinen. Herr U. hat sich vielmehr ausdrücklich zur Übernahme der Betreuung bereit erklärt (Bd. III Bl. 105, 111 d.A.). Die Betroffene kennt ihn nach eigenen Angaben schon seit Jahren und scheint ihm zu vertrauen (Bd. III Bl. 63, 65 d.A.), soweit ihr das im Hinblick auf ihre Erkrankung möglich ist. Es ist zwar wahrscheinlich, dass sich das Verhältnis der Betroffenen zu Herrn U. - ebenso wie ihr Verhältnis zu dem Beteiligten - verschlechtern würde, wenn Herr U. als ihr Betreuer Entscheidungen treffen müsste, die nicht ihre Billigung finden. Dieses Problem wird sich wegen der Erkrankung der Betroffenen jedoch voraussichtlich für jeden Betreuer stellen. Es reicht deshalb allein nicht aus, um dem Vorschlag der Betroffenen für die Betreuerauswahl die in § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB grundsätzlich vorgesehene Bindungswirkung ausnahmsweise zu versagen.

Die noch erforderlichen Ermittlungen kann der Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht selbst vornehmen. Deshalb war die Sache wegen der Betreuerauswahl zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

Zurück