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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 15.03.2007
Aktenzeichen: 2 W 20/07
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1908 i | |
BGB § 1896 | |
BGB § 1835 |
2. Aufwendungsersatz für eine Strafverteidigung kann der Berufsbetreuer (Rechtsanwalt) grundsätzlich nur verlangen, wenn sich der Aufgabenkreis ausdrücklich hierauf erstreckt. Der Aufgabenkreis "Vertretung gegenüber Behörden und anderen Institutionen" reicht nicht aus.
2 W 20/07
Beschluss
In der Betreuungssache (Vergütung)
hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. vom 23.01.2007 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 9.01.2007 am 15.03.2007 beschlossen:
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde wird auf Kosten des Beteiligten zu 1. bei einem Geschäftswert von 440,80 Euro zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Beteiligte zu 1. - ein Rechtsanwalt - war gemäß Beschluss des Amtsgerichts vom 4.02.2003 Berufsbetreuer der Betroffenen mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung sowie Vertretung gegenüber Behörden und anderen Institutionen. Mit Rechnung vom 18.07.2006 hat er Erstattung seiner Gebühren und Auslagen in Höhe von 440,80 Euro für seine Leistungen als Verteidiger für die Betroffene im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kiel ... geltend gemacht. Auf eine Strafanzeige und einen Strafantrag vom 1.03.2005 wegen Hausfriedensbruchs - angeblicher Verstoß der Betroffenen gegen ein Hausverbot wegen Ladendiebstahls- hatte der Beteiligte zu 1. Akteneinsicht in die Ermittlungsakten genommen und sich nach Einstellung des Verfahrens gemäß § 170 Abs. 2 StPO nach dem Sachstand erkundigt. Der Beteiligte zu 1. führt die Einstellung des Verfahrens auf seine Bemühungen zurück. Das Amtsgericht hat die Erstattung abgelehnt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Betroffenen unter Zulassung der nunmehr vom Beteiligten zu 1. eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde zurückgewiesen.
II.
Die nach §§ 56g Abs. 5, 20, 21, 22, 27 und 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG; 546 ZPO). Der Senat schließt sich der Begründung des Landgerichts an.
Der Berufsbetreuer hat nur Anspruch auf Vergütung und Aufwendungsersatz für Tätigkeiten im Bereich der ihm übertragenen Aufgabenkreise. Außerhalb dieses Bereichs scheiden Vergütung und Aufwendungsersatz von vornherein aus. Dabei kommt es darauf an, ob der Betreuer die Tätigkeit zur pflichtgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben für erforderlich halten durfte (BayObLG FamRZ 1999, 740; OLG Hamm NJW 2006, 1144; OLG Frankfurt NJW-RR 2005, 1166; Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Aufl., § 1896 Rn. 16). Mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass der Beteiligte mit der Übernahme der Strafverteidigung für die Betroffene in diesem Sinne außerhalb der ihm übertragenen Aufgabenkreise tätig geworden ist.
Diese Tätigkeit stand unzweifelhaft nicht im Zusammenhang mit der Vermögens- und Gesundheitssorge und der Aufenthaltsbestimmung. Sie fällt auch nicht in den Bereich der Vertretung gegenüber Behörden und anderen Institutionen. Dieser häufig von den Vormundschaftsgerichten vorgesehene Aufgabenkreis hat insoweit keine eigenständige Bedeutung, als die Tätigkeit bereits den konkret benannten Aufgabenkreisen unterfällt, weil der Betreuer schon nach 1902 BGB den Betreuten "in seinem Aufgabenkreis gerichtlich und außergerichtlich vertritt" und eine Vertretung nicht gesondert angeordnet werden muss (vgl. Palandt/Diederichsen a.a.O. § 1896 Rn. 20 unter "Vertretung und Zustimmung"). Eigenständige Bedeutung gewinnt dieser Aufgabenkreis demnach nur als allgemeiner Auffangtatbestand für ansonsten konkret nicht erfasste Angelegenheiten. Wegen seiner Unbestimmtheit ist eine restriktive Anwendung geboten, so dass Angelegenheiten nicht erfasst werden, die für den Betreuten von größerer persönlicher und/oder wirtschaftlicher Bedeutung sind. Hierunter fallen grundsätzlich Strafverfahren. In diesen Fällen ist es erforderlich, dass das Gericht - gegebenenfalls auf eine Mitteilung des Betreuers nach § 1901 Abs. 5 Satz 2 BGB - nach Prüfung der näheren Umstände den Aufgabenkreis unter konkreter Benennung des Verfahrens erweitert (vgl. im Ergebnis ebenso OLG Hamm a.a.O.; OLG Frankfurt a.a.O.). Das ist hier nicht geschehen, so dass schon deshalb ein Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 1 und 3 BGB ausscheidet.
Die vom Beteiligten zu 1. zum Beleg seiner gegenteiligen Auffassung zitierten Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte gebieten keine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG durch den Senat an den Bundesgerichtshof. Der Beschluss des OLG Düsseldorf vom 30.06.1995 RPfl 1996, 81, dessen Auffassung der Senat aus den dargestellten Gründen nicht für richtig hält, erging nicht im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 1 FGG, sondern im Strafverfahren. Das OLG Zweibrücken sah in seinem Beschluss vom 19.01.2001 FamRZ 2001, 1030 die Teilnahme der Betreuerin an einer Hauptverhandlung, zu der sie geladen war, als Bestandteil persönlicher Betreuung, was vorliegend ausscheidet und auch bedenklich ist, weil es bei den §§ 1896 ff. BGB um die rechtliche Betreuung in bestimmten Aufgabenkreisen geht und es keine von ihr losgelöste persönliche Betreuung gibt (vgl. zutreffend die Anmerkung von Bienwald zur vorgenannten Entscheidung a.a.O.). Im Beschluss des BayObLG vom 16.12.1998 FamRZ 1999, 740 (Vollständige Fassung bei juris) handelte es sich um telefonische und schriftliche Kontakte des Betreuers mit Angehörigen der Polizei, der Staatsanwaltschaft und des Gerichts sowie Verteidigern und Gutachtern, die nicht von ihm ausgingen und möglicherweise - dies war nach Zurückverweisung der Sache an das Landgericht noch zu klären - der Sachverhaltsaufklärung im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Betroffenen dienten. Auch dies wich vom vorliegenden Sachverhalt ab. Ob ausnahmsweise in Fällen, in denen ein Eilbedürfnis besteht oder zu einer Hauptverhandlung die Beiziehung des Betreuers zur Aufklärung der persönlichen Verhältnisse erfolgt, eine Vergütungs- oder Erstattungspflicht zu bejahen ist, kann offenbleiben. Solche Fälle liegen hier nicht vor.
Die Entscheidung über die gerichtlichen Kosten folgt aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO. Außergerichtliche Kosten anderer Beteiligter im Sinne des § 13a FGG sind nicht entstanden.
Ende der Entscheidung
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