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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 17.03.2004
Aktenzeichen: 2 W 37/04
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 67
FGG § 12
FGG § 27
Bei einer Anmeldung zum Vereinsregister nach § 67 BGB obliegt dem Gericht in materieller Hinsicht im allgemeinen nur eine Prüfung dahin, ob die nachgesuchte Eintragung durch den Inhalt der beigefügten Urkunden gerechtfertigt wird oder ob sich insoweit Bedenken ergeben. Begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der in den Urkunden angegebenen Tatsachen hat das Gericht nach § 12 FGG nachzugehen. Für das Rechtsbeschwerdegericht ist die Prüfung dahin eingeschränkt, ob solche Zweifel möglich sind. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Vorstandswahl ungültig ist, wenn nicht alle Mitglieder ordnungsgemäß zu der Mitgliederversammlung eingeladen waren.
2 W 37/04

Beschluss

In der Vereinsregistersache

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die weitere Beschwerde des betroffenen Vereins vom 26. Februar 2004 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 11. Februar 2004 am 17. März 2004 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird nach einem Geschäftswert von 2.500,00 € zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der betroffene Verein ist im Vereinsregister des Amtsgerichts Elmshorn unter der Nummer XY eingetragen. Nach § 12 seiner Satzung wird der Verein durch den Vorstand - bestehend aus dem Vorsitzenden und dessen Stellvertreter - vertreten. Vorsitzender des Vereins ist Herr A.. Stellvertretender Vorsitzender war bis zum 19. Februar 2002 Herr B.. Mit Beschluss vom 19. Februar 2002 wählte die Mitgliederversammlung Frau C. zur neuen stellvertretenden Vorsitzenden. Frau C. nahm die Wahl an. Am 29. Dezember 2003 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Vereins beantragt, die Wahl der neuen stellvertretenden Vorsitzenden in das Vereinsregister einzutragen. Dem Antrag waren die von ihm beglaubigte Anmeldung der entsprechenden Vorstandsänderung durch den Vorsitzenden und die neue stellvertretende Vorsitzende vom 17. Dezember 2003 beigefügt sowie eine Abschrift des Protokolls der Mitgliederversammlung vom 19. Februar 2002. Darin heißt es unter "TOP 1": "Vorsitzender A. stellte fest, dass form- und fristgerecht eingeladen worden ist." Mit Verfügungen vom 6. und 15. Januar 2004 hat das Amtsgericht den Verein aufgefordert, das Einladungsschreiben zur Mitgliederversammlung vom 19. Februar 2002 einzureichen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Vereins hat das Landgericht mit Beschluss vom 11. Februar 2004 zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verfügungen vom 6. und 15. Januar 2004 (Bl. 153, 156 d.A.) und den Beschluss vom 11. Februar 2004 (Bl. 164 - 167 d.A.) Bezug genommen. Gegen den Beschluss des Landgerichts hat der Verein formgerecht weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Die gemäß §§ 27, 29 Abs. 1 FGG zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Rechtsverletzung beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung angenommen, dass es sich bei der Aufforderung des Amtsgerichts, das Einladungsschreiben zur Mitgliederversammlung einzureichen, um eine gemäß § 19 FGG anfechtbare Zwischenverfügung handelt. Die Verfügungen des Amtsgerichts vom 6. und 15. Januar 2004 enthalten den dafür erforderlichen Hinweis auf das seiner Meinung nach vorliegende Eintragungshindernis verbunden mit der Auflage zur Beseitigung dieses Hindernisses; sie bringen auch hinreichend die Absicht des Amtsgerichts zum Ausdruck, den Eintragungsantrag bei Nichtbehebung des Hindernisses zurückzuweisen (zu den Voraussetzungen einer anfechtbaren Zwischenverfügung vgl. grundsätzlich Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 9. Auflage, Rn. 175).

Das Landgericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass das Amtsgericht zu Recht den Nachweis einer ordnungsgemäßen Einladung zur Mitgliederversammlung vom 19. Februar 2002 gefordert hat. Nach § 67 Abs. 1 BGB muss der Anmeldung einer Vorstandsänderung zwar grundsätzlich nur eine Abschrift des Versammlungsprotokolls mit dem Beschluss über die Vorstandswahl beigefügt werden (Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 7. Auflage, Rn. 1036; Reichert aaO, Rn. 1355). Nach allgemeinen registerlichen Grundsätzen hat das Registergericht grundsätzlich davon auszugehen, dass der beurkundete Beschluss wirksam zustande gekommen ist (Stöber aaO; Reichert aaO, 1356). Es kann und muss gemäß § 12 FGG aber die Vorlage weiterer Urkunden verlangen, wenn begründete Zweifel an der Wirksamkeit der Vorstandswahl bestehen und die geforderten Unterlagen geeignet sind, diese Zweifel auszuräumen (vgl. dazu Stöber aaO, Rn. 1036; Reichert aaO). Entsprechende Wirksamkeitsbedenken bestehen insbesondere dann, wenn nicht ordnungsgemäß zu der Mitgliederversammlung eingeladen war, in der das neue Vorstandsmitglied gewählt wurde. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Vorstandswahl ungültig ist, wenn nicht alle Mitglieder ordnungsgemäß zu der Mitgliederversammlung eingeladen waren (BayObLG NJW-RR 1997, 289). Etwas anderes gilt nur ausnahmsweise dann, wenn der Verein nachweist, dass die Vorstandswahl nicht auf diesem Mangel beruhen kann (BayObLG aaO). Daher kann und muss das Registergericht gemäß § 12 FGG den Nachweis der ordnungsgemäßen Einladung zur Mitgliederversammlung verlangen, wenn es begründete Zweifel an der Einhaltung dieser Voraussetzung hat. Entsprechende Zweifel hat das Landgericht im vorliegenden Fall bejaht. Diese Würdigung ist für den Senat bindend, weil sie keinen Rechtsfehler erkennen lässt (vgl. dazu grundsätzlich Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Auflage, § 27 Rn. 23 ff, Rn. 42 ff). Das Landgericht ist insbesondere zutreffend davon ausgegangen, dass begründete Zweifel an einer ordnungsgemäßen Einladung nicht schon deshalb angenommen werden können, weil allgemein die Gefahr besteht, dass eine ordnungsgemäße Ladung in einem Versammlungsprotokoll unrichtig festgestellt wird. Es müssen vielmehr besondere Umstände vorliegen, die im konkreten Fall Anlass zu Bedenken gegen die Richtigkeit der entsprechenden Feststellung geben; solche Umstände können sich sowohl aus den mit der Anmeldung eingereichten Unterlagen und dem weiteren Inhalt der Registerakten als auch aus Erkenntnissen ergeben, die das Registergericht im Rahmen seiner sonstigen Tätigkeit erlangt hat (vgl. dazu Reichert aaO, Rn. 1356, 2300). Im vorliegenden Fall hat das Landgericht begründete Zweifel an einer ordnungsgemäßen Einladung im Hinblick auf folgende konkreten Umstände bejaht: Die vom Registergericht in der letzten Zeit geprüften Anmeldungen haben ergeben, dass Vereine die Frage der ordnungsgemäßen Ladung zur Mitgliederversammlung nicht mit der notwendigen Sorgfalt behandeln; danach wurde die ordnungsgemäße Ladung in Versammlungsprotokollen häufig ungeprüft festgestellt, obwohl die nach der Vereinssatzung einzuhaltende Form und Frist nicht gewahrt waren. Außerdem ergibt sich aus der vorliegenden Registerakte V 279, dass das Registergericht den hier betroffenen Verein im Jahre 1984 bereits einmal zur Vorlage der Einladung zu einer Eigentümerversammlung aufgefordert hat und bei der Überprüfung der Einladung feststellen musste, dass sie nicht ordnungsgemäß war. Darin war die in der späteren Versammlung beschlossene und beim Registergericht angemeldete Satzungsänderung nicht ordnungsgemäß bezeichnet (Bl. 39, 43 d.A.). Im Übrigen war die Einladung zu dieser Versammlung auch nicht fristgemäß erfolgt. Nach § 9 der seinerzeit geltenden Satzung des betroffenen Vereins (Bl. 8 d.A.) waren die Einladungen zur Mitgliederversammlung mindestens zwei Wochen vor der Versammlung zur Post zu geben. Die besagte Versammlung fand am 4. Oktober 1984 statt. Das Einladungsschreiben hätte daher spätestens am 20. September 1984 zur Post gegeben werden müssen. Es datiert jedoch erst vom 21. September 1984. Demnach ergeben sich aus den konkreten Erfahrungen des Registergerichts im Rahmen seiner täglichen Praxis und aus einem konkreten Vorfall bei dem betroffenen Verein Anhaltspunkte dafür, dass seine protokollierten Beschlüsse in einer Versammlung gefasst worden sein können, zu der nicht ordnungsgemäß geladen worden ist. Bei dieser Sachlage erscheint die Annahme eines begründeten Zweifels an der ordnungsgemäßen Einladung zur Eigentümerversammlung vom 19. Februar 2002 als möglich. Das reicht aus. Mit der Rechtsbeschwerde kann nicht geltend gemacht werden, dass die Würdigung der Tatsachengerichte nicht zwingend sei oder eine andere Würdigung ebenso nahe liege (BGH FGPrax 2000, 130). Im vorliegenden Fall sind keine Umstände gegeben, die zwingend gegen die Richtigkeit der Würdigung des Landgerichts sprechen. Die vom ihm berücksichtigte nicht ordnungsgemäße Einladung zur Eigentümerversammlung vom 4. Oktober 1984 liegt zwar bereits lange Zeit zurück. Das ändert aber nichts daran, dass sie ein konkretes Indiz dafür ist, dass der betroffene Verein seine Mitgliederversammlungen nicht immer ordnungsgemäß einberuft. Die Indizwirkung dieses Umstands wäre zwar dann widerlegt, wenn in der Folgezeit stets ordnungsgemäß zu den Mitgliederversammlungen geladen worden wäre, in denen der betroffene Verein anmeldepflichtige Änderungen beschlossen hat. Das lässt sich jedoch nicht feststellen, weil den Anmeldungen des Vereins regelmäßig keine Abschriften der Einladungen zu den Mitgliederversammlungen beigefügt waren.

Ende der Entscheidung

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