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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 04.06.2003
Aktenzeichen: 2 W 50/03
Rechtsgebiete: UmwG, HGB


Vorschriften:

UmwG § 233
HGB § 12
HGB § 108
HGB § 161
Bei einer durch Mehrheitsbeschluss aus einer Aktiengesellschaft entstandenen GmbH + Co. KG genügt für die Anmeldung zur Eintragung des Ausscheidens von Kommanditisten der notariell protokollierte Umwandlungsbeschluss, wenn dieser den Gesellschaftsvertrag für die neue Gesellschaft mit einer Anmeldevollmacht für die geschäftsführende Gesellschafterin enthält.
2 W 50/03 HR A 1613 Amtsgericht Itzehoe

Beschluss

In der Handelsregistersache

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die weitere Beschwerde der Betroffenen vom 13.3.2003 gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen I - des Landgerichts Itzehoe vom 11.2.2003 durch die Richter Lindemann und Schupp und die Richterin Kollorz am 4.6.2003 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird geändert:

Das Amtsgericht wird angewiesen, von seinen Bedenken in der Zwischenverfügung vom 20.9.2002 (wie Verfügung vom 13.11.2002) gegen die Eintragung der Anmeldungen vom 20.8.2002 unter Ziff. II.3 Abstand zu nehmen.

Gründe:

I.

Die Betroffene ist durch Umwandlungsbeschluss der St. T. AG vom 27.4.2001 und Eintragung ins Handelsregister am 5.3.2002 entstanden. Eingetragen wurden 43 Kommanditisten und weitere unbekannte Inhaber von Vorzugsaktien mit einer Kommanditeinlage von insgesamt 201.136 €. Wesentlicher Bestandteil des Umwandlungsbeschlusses war der Gesellschaftsvertrag der Betroffenen, der dem notariellen Protokoll der Hauptversammlung als Anlage beigefügt ist. Sein § 20 enthält eine Vollmacht für die persönlich haftende Gesellschafterin, Anmeldungen zum Handelsregister für die Gesellschaft und jeden Kommanditisten vorzunehmen.

Nachdem einige der Kommanditisten noch nach der Eintragung durch Annahme des Barabfindungsangebots aus der Gesellschaft ausgeschieden sind, hat die persönlich haftende Gesellschafterin der Betroffenen dies (neben weiteren Tatsachen) in notariell beglaubigter Form unter dem 20.8.2002 zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet. Das Amtsgericht hat mit Verfügung vom 20.9.2002 Bedenken dagegen geäußert, die es unter dem 13.11.2002 nochmals präzisiert hat: die Vollmacht in § 20 des Gesellschaftsvertrages sei nicht wirksam, da der Vertrag nicht von allen Gesellschaftern beschlossen, sondern durch Mehrheitsbeschluss zustande gekommen sei. Außerdem fehle die vorgeschriebene Beglaubigung der Vollmacht, sodass die durch § 12 Abs.2 S.1 HGB vorgesehene Identitätsprüfung nicht erfolgen könne. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, dass die Anmeldevollmacht im Gesellschaftsvertrag von allen Kommanditisten hätte erteilt werden müssen, wenn - wie hier - die Anmeldung nicht gemäß §§ 161 Abs.2, 108 Abs.1 HGB durch alle Kommanditisten erfolgen konnte. Auch wenn die formwechselnde Gesellschaft die Satzung der neuen Gesellschaft beschließen könne, mache das nicht die vorgeschriebene Mitwirkung aller Gesellschafter bei der Eintragungsanmeldung und die für eine entsprechende Eintragungsvollmacht vorgeschriebene Form entbehrlich.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde ist begründet, weil der angefochtene Beschluss auf einer Rechtsverletzung beruht (§§ 27 FGG, 546 ZPO). Das Landgericht hat die Vorschriften für die Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister im vorliegenden Fall des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Publikums-KG nach Auffassung des Senats nicht richtig angewendet.

Der Senat übersieht nicht, dass die Grundregeln für die Anmeldung zur Eintragung des Ausscheidens von Kommanditisten (§§ 161 Abs. 2, 108 Abs. 1, 12 HGB) im vorliegenden Fall auch dann nicht eingehalten sind, wenn man die Anmeldung durch einen wirksam Bevollmächtigten zulässt. Anders als bei der originär zustande gekommenen Massenkommanditgesellschaft mit notariell beglaubigten Vollmachten beigetretener Kommanditisten und/oder mit einer gesellschaftsvertraglich vereinbarten Vollmacht aus einem notariell beglaubigten Gesellschaftsvertrag fehlt hier sowohl ein allseitig zustande gekommener Vertrag als auch die Form der notariellen Beglaubigung (vgl. die zutreffende Problemdarstellung bei Meyer-Landrut/Kiem in WM 1997, 1361, 1373).

Aus der Kontrollfunktion des Handelsregisters (vgl. hierzu allgemein MüKo-Bokelmann Rdn. 8 ff. zu § 8 HGB; Hüffer in Großkommentar, HGB vor § 8 Rdn. 2 f. und § 8 Rdn. 53 ff.), auch in den vom Gesetz vorgesehenen Ausprägungen der §§ 12 und 108 (161) HGB (dazu: Ulmer in Großkommentar, HGB § 108 Rdn. 1) ist jedoch nach Auffassung des Senats für die vorliegende Konstellation herzuleiten, dass das von der Betroffenen gewählte Anmeldeverfahren für die Eintragung ausreicht (wenn nicht Bedenken aus anderen Gründen entstehen, wofür nach dem Akteninhalt bisher nichts vorliegt). Das Registergericht hat im konkreten Fall zu gewährleisten, dass das zur Eintragung angemeldete Ausscheiden bestimmter Kommanditisten den Tatsachen entspricht. Abgesehen von den praktischen Schwierigkeiten ihrer Beschaffung bedarf es dazu auch nicht sämtlicher Unterschriften der vorhandenen und ausgeschiedenen Kommanditisten. Die dem Ausscheiden zugrunde liegende Umwandlung einer Aktiengesellschaft in die Betroffene steht fest und ist eingetragen worden. Das gilt auch für das beschlossene Barabfindungsangebot nach § 207 UmwG. Es fehlt zwar ein Beleg für die wirksame Annahme mit der Folge des Ausscheidens. Auf dieses Glied in der zu prüfenden Tatsachenkette verzichtet aber das Registergericht auch dann, wenn es sich im vorliegenden Fall wie bei der originär entstandenen Publikums-KG mit einer Vollmacht im notariell beglaubigten Gesellschaftsvertrag und mit Handelsregistervollmachten beigetretener Kommanditisten in der Form des § 12 Abs. 2 HGB der allgemeinen Ansicht entsprechend (vgl. Meyer-Landrut/Kiem aaO. m.w.N.) zufrieden gibt. Die Zulassung der Vollmacht für Gesellschafteranmeldungen führt zwangsläufig dazu, dass das Registergericht grundsätzlich auf die inhaltliche Richtigkeit der Anmeldung vertrauen und sich auf eine Prüfung der Bevollmächtigung beschränken muss.

Die im vorliegenden Gesellschaftsvertrag beschlossene Vollmacht ist als wirksam anzusehen. In diesem Punkt irrt das Amtsgericht. Es wird allgemein für zulässig gehalten, zugleich mit dem Umwandlungsbeschluss den Gesellschaftsvertrag für die neue Gesellschaft mit der in § 233 Abs. 2 UmwG für den vorliegenden Fall vorgesehenen Mehrheit zu beschließen (Lutter-Happ Rdn 11 ff. zu § 234 UmwG; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., 2002, S. 383). Von dieser "Satzungsautonomie", die das Landgericht ebenfalls bejaht hat, ist in Bezug auf Vollmachten ebenso wenig eine Ausnahme zu machen wie für andere die Gesellschafter bindende oder belastende Bestimmungen. Dafür steht den abwesenden, überstimmten oder gar nicht stimmberechtigten Aktionären (späteren Kommanditisten) das Ausscheiden frei. Die Einschränkungen im Umfang, die Gustavus (GmbHRdsch 1978, 219, 220 f.) für die Anmeldevollmacht befürwortet (ihm folgend Martens in Schlegelberger, HGB, 5. Aufl. 1992, Rdn 13 zu § 108) hält der Senat nicht für erforderlich. Sie würden die von Gustavus selbst grundsätzlich befürwortete Abweichung von den gesetzlichen Regelungen bei Massengesellschaften in ihrer Wirkung wieder zunichte machen und mit ihrer Unschärfe außerdem die Rechtssicherheit beeinträchtigen. Eine Einschränkung gerade für das Ausscheiden im vorliegenden Fall ist auch vom Grundgedanken des Gesetzes, der Richtigkeitsgewähr durch die Mitwirkung aller, - wie oben dargelegt - gerade nicht gefordert. Damit entfällt auch das für einen originären Gesellschaftsvertrag aufgestellte Erfordernis der notariellen Beglaubigung der Unterschriften aller Gründungsgesellschafter (und später beitretender Gesellschafter). Die im vorliegenden Fall für die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrages maßgebliche Tatsache eines wirksamen Beschlusses der Hauptversammlung der formwechselnden Aktiengesellschaft wird ausreichend durch das nach §§ 130 AktG, 36 ff. BeurkG zu erstellende notarielle Protokoll belegt.

Geht man damit von der im Gesellschaftsvertrag enthaltenen wirksamen und ausreichend nachgewiesenen Bevollmächtigung der persönlich haftenden Gesellschafterin für die Anmeldung des Ausscheidens bestimmter Kommanditisten aus, kann es auf die vom Landgericht herangezogene Formvorschrift des § 12 HGB für die Einzelvollmacht nicht ankommen.

Schließlich spricht die auch für den Formwechsel einer Kapitalgesellschaft geltende Regelung für die Bezeichnung unbekannter Akltionäre in § 35 UmwG (§ 213 UmwG) ebenfalls für die vorstehende Lösung. Zwar erleichtert diese Regelung zunächst nur die Umwandlung und ihre Registrierung, es liegt aber nahe, den ihr zugrunde liegenden Gedanken offensichtlich notwendiger Erleichterungen jedenfalls auf die registerrechtliche Aktionsfähigkeit des Rechtsträgers der neuen Rechtsform zu übertragen.

Ende der Entscheidung

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