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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 22.04.2004
Aktenzeichen: 2 W 81/04
Rechtsgebiete: BGB, GG, FGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1906 I
GG Art. 103 I
FGG § 27 I
ZPO § 546
Stützt das Beschwerdegericht seine Feststellung, die Voraussetzungen des § 1906 Abs. 1 BGB lägen weiterhin vor, (auch) auf einen telefonischen Bericht des behandelnden Stationsarztes gegenüber dem Berichterstatter, ohne diesen vor der Entscheidung der Betroffenen zur Kenntnis zu geben, so verletzt das Gericht seine aus Art. 103 Abs. 1 GG folgende Pflicht, einer Entscheidung nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zum Nachteil eines Beteiligten zugrunde zu legen, zu denen dieser sich vorher äußern konnte. Bei dieser Sachlage ist in aller Regel nicht auszuschließen, dass die Entscheidung auf dem Verfahrensfehler auch beruht.
2 W 81/04

Beschluss

In der Betreuungssache (Unterbringung)

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen vom 15. April 2004 gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 31. März 2004 durch die Richter.............................am 22. April 2004 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Auf Antrag des Beteiligten hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 19. März 2004 gestützt auf § 1906 Abs. 1 BGB die Unterbringung der Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung längstens bis zum 30. April 2004 genehmigt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht mit Beschluss vom 31. März 2004 zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungen des Amts- und Landgerichts wird auf die Beschlüsse vom 19. März 2004 (Bl. 166 f d. A.) und 31. März 2004 (Bl. 174 - 181 d. A.) Bezug genommen. Gegen den Beschluss des Landgerichts hat die Betroffene form- und fristgerecht sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 70 m Abs. 1, 70 g Abs. 3 Satz 1, 22, 27 Abs. 1, 29 FGG zulässig. Sie hat in der Sache auch Erfolg, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Rechtsverletzung beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Das Landgericht hat den Anspruch der Betroffenen auf rechtliches Gehör (Artikel 103 Abs. 1 GG) verletzt. Es hat seine Feststellung, die Voraussetzungen des § 1906 Abs. 1 BGB lägen weiterhin vor, auf einen "telefonischen Bericht" des behandelnden ärztlichen Sachverständigen Dr. S. vom 30. März 2004 (Bl. 173 d.A.) gestützt. Dieser "telefonische Bericht" ist der Betroffenen vor der Entscheidung nicht zur Kenntnis gebracht worden. Sie konnte dazu deshalb auch nicht Stellung nehmen. Durch diese Verfahrensweise hat das Landgericht seine aus Artikel 103 Abs. 1 GG folgende Pflicht verletzt, einer Entscheidung nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zum Nachteil einer Beteiligten zugrunde zu legen, zu denen diese sich vorher äußern konnte (vgl. dazu Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Auflage, § 12 Rn. 148 m.w.N.). Außerdem hat das Landgericht nicht in dem erforderlichen Umfang überprüft, ob der "telefonische Bericht" des behandelnden ärztlichen Sachverständigen Dr. S. zur Frage der weiterhin bestehenden Unterbringungslage zutreffend ist. Davon hätte es sich mit Hilfe eines persönlichen Eindrucks von der Betroffenen überzeugen müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Dezember 1993, 2 W 163/93 - BtPrax 1994, 62; BVerfGE 58, 208, 223; NJW 1990, 2309, 2310). Das Landgericht hat zwar ausgeführt, es habe von einer erneuten Anhörung der Betroffenen und eines Sachverständigen abgesehen, weil davon keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten gewesen seien. Aus dem Vermerk über das Telefonat mit dem behandelnden ärztlichen Sachverständigen Dr. S. vom 30. März 2004 ergibt sich demgegenüber aber, dass das Landgericht eine ergänzende Anhörung eines Sachverständigen tatsächlich doch für erforderlich gehalten hat. Auf das Ergebnis dieser Anhörung hat das Landgericht seine Entscheidung auch in mehreren Punkten gestützt. Bei dieser Sachlage ist nicht auszuschließen, dass die Entscheidung des Landgerichts auf den festgestellten Verfahrensfehlern beruht. Deshalb war die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen (vgl. dazu grundsätzlich Keidel/Kuntze/-Winkler aaO, § 27 Rn. 17).

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